Zeitschrift-Artikel: VISIONEN: 2. Teil - Visionen im AT

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Titel: VISIONEN: 2. Teil - Visionen im AT
Typ: Artikel
Autor: Andreas Steinmeister
Autor (Anmerkung):

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Titel

VISIONEN: 2. Teil - Visionen im AT

Vortext

Text

1. Göttliche Visionen

Kein bibeltreuer Christ wird verneinen, daß der lebendige Gott Visionen schenken kann.

In 1. Mose 15,1 geschah das Wort Jehovas zu Abram in einem Gesicht also: „Fürchte dich nicht, Abram, ich bin dein Schild, dein sehr großer Lohn." Und dann wird ihm mitgeteilt, daß er einen Sohn erhalten würde. Genau das traf auch ein. Ähnlich erging es Jakob in 1. Mose 4,26: „Und Gott sprach zu Israel (Jakob) in Gesichten der Nacht und sagte: Jakob, Jakob… Ich bin der Gott deines Vaters; fürchte ich nicht…" Die Verheißung, die dann folgte, traf ein.

Wir lesen in beiden Schriftstellen von einem „Geschehen des Wortes Gottes" zu einer Person, in­dem ein „Fürchte dich nicht" damit verbunden wird. In 4. Mose 12,6-7 wird die Gesichte mit ei­nem Traum in Wechselbeziehung gesehen: „Wenn ein Prophet unter euch ist, dann will ich, Je­hova, in einem Gesichte mich kundtun, in einem Traume, will ich mit ihm reden. Nicht also mein Knecht Mose. Er ist treu in meinem ganzen Hause; mit ihm rede ich von Mund zu Mund und deutlich und nicht in Rätseln und das Bild Jehovas schaut er."

Gott kann also in Gesichten, Träumen und von Mund zu Mund mit Menschen reden. Gesichte und Träume entsprechen ursprünglich nicht der göttlichen Mitteilungsweise. Vor dem Sündenfall redete Gott mit Adam und Adam verstand (1. Mose 2,16-17; 3,8ff).

In Elis und Samuels Zeiten redete Gott sehr selten durch Gesichte, deswegen lesen wir: „Das Wort Jehovas war selten in jenen Tagen, Gesichter waren nicht häufig" (1. Sam. 3,1).

Später wurden den Propheten Nathan (2. Sam. 7,17; 1. Chron. 17,15), Iddo (2. Chron. 9,29) und Sekarja (2. Chron. 26,5) Visionen gegeben. Nathan offenbarte die Sünde Davids, Iddo erhielt Gesichte über den König Jerobeam und Sekarja offenbarte den Zustand Judas zur Zeit des Königs Ussija. Auch von den Propheten Jesaja (1,1; 2. Chron. 32,32), Hesekiel, Daniel, Nahum, Habakuk usw. werden uns Gesichter mitgeteilt (vgl. Hes. 1,1; 8,3; Nah. 1,1; Hab. 2,2; Obadja 1,1).

Im Propheten Sacharja finden wir acht Nachtgesichte:

a)    Sach. 1;7-17 das Nachtgesicht von den Myrten und den Rossen

b)   Sach. 1,18-21   das Nachtgesicht von den Hörnern und Werkleuten

c)    Sach. 2,1-13 das Nachtgesicht von der Meßschnur

d)   Sach. 3,1-10             das Nachtgesicht von der Reinigung und Wiederherstellung

e)    Sach. 4,1-14 das Nachtgesicht von dem goldenen Leuchter

f)    Sach . 5,1-4 das Nachtgesicht von der fliegenden Rolle

g)    Sach. 5,5-14 das Nachtgesicht von dem Epha

h)   Sach. 6,1-8 das Nachgesicht von den vier     Wagen

 

In allen acht Nachtgesichten lesen wir folgende Aussprüche:

- Ich schaute des Nachts und siehe (1,8)

- Und ich hob meine Augen auf und sah (1,18; 2,1; 5,1+5; 6,1)

- Ich sehe, und siehe (4,1; vgl. 3,1)

 

Sacharja sah Bilder und fragte nach der Bedeutung

- Mein Herr, was sind diese? (1,9)

- Was sind diese? (1,19)

- Was wollen diese tun? (1,20)

- Wohin gehst du? (2,2)

- Mein Herr, was sind diese? (4,5; 6,4)

- Wer ist es? (5,6)

- Wohin bringen diese das Epha? (5,10)

Die Visionen ließen ihm also Freiheit, nach der Bedeutung zu fragen. Gott, bzw. der Engel antwortete ihm. Die Propheten konnten die Visionen klar wahrnehmen und oft auch verstehen, aber nicht immer deuten, weil sie zukünftige Dinge erfuhren (vgl. Dan. 8,27; 12,8; 1. Petr. 1,11; 1. Kor. 2,9-10).

So sagt Jesaja: „Ein hartes Gesicht ist mir kundgetan..." (Jes. 21,2). Daniel hatte Verständnis für alle Gesichte und erfuhr dabei seine ganze Ohnmacht (vgl. Dan. 1,17; 10) Jeremia klagt in Klagelieder 2,9: „... auch ihre Propheten erlangen kein Gesicht von Jehova" und der Prophet Micha prophezeit: „Darum soll es auch Nacht werden ohne Gesicht..." (Micha 3,6).

Tatsächlich offenbarte sich Gott diesem Propheten und tat ihm prophetische Dinge kund, man suchte von dem Propheten Gesichte.

Diese Gesichte sollten das Volk vor Zügellosigkeit bewahren. Spr. 29,18: „Wenn kein Gesicht da ist, wird das Volk zügellos". Die „Zügel" des Volkes Israel waren im Gesetz verankert und die­sem Gesetz sollten sie Gehorsam leisten. Durch Gesichte unterwies Gott die Propheten, das Volk zum Gehorsam gegenüber dem Gesetz zurückzurufen.

So ließ Gott durch Hosea sagen: „Und ich habe zu den Propheten geredet, ja, ich habe Gesichte vermehrt und durch die Propheten in Gleichnissen geredet (Hos. 12,11).

Zusammenfassend wollen wir folgendes festhalten:

1)     Gesichte wurden den Patriarchen gegeben, um Verheißungen Gottes bekannt zu machen.

2)     Gesichte dienten der Sendung von Propheten, anfangend mit Mose, obwohl dieser selbst mit Jehova von Mund zu Mund redete.

3)     Durch Gesichte offenbarte Gott die Sünde bestimmter Menschen oder die Sünde des Volkes.

4)     In Gesichten erfuhren Propheten zukünftige Ereignisse.

5)     Gesichte bestätigten das Gesetz, widersprachen diesem aber niemals.

Es gab aber auch andere Gesichte

2. Menschliche Gesichte

„…die da weissagen,…, welche in ihrem Herzen weissagen: Höret das Wort Jehovas! So spricht der Herr Jehova: Wehe den törichten Propheten, welche ihrem eigenen Geiste nachgehen und dem, was sie nicht gesehen haben ... Sie schauten Nichtiges (Falsches) und Lügenwahrsa­gung, die da sagen: Spruch Jehovas, obwohl Jehova sie nicht gesandt hat, und sie ließen hoffen, daß ihr Wort erfüllt würde. Schautet ihr nicht ein falsches Gesicht und sprachet ihr nicht Lügen­wahrsagung, als ihr sagtet: Spruch Jehovas! und ich hatte doch nicht geredet?" (Hes. 13,2ff). „… sie wankten beim Gesicht, schwankten beim Rechtsprechen..." (Jes. 28,7) „... sie reden das Gesicht ihres Herzens. ..." (Jer. 23,16).

Falsche Propheten ahmten wahre Propheten nach. Wie gefährlich das ist, zeigt 1. Kön. 13. Der Mann Gottes aus Juda hatte einen klaren göttlichen Auftrag erhalten, ließ sich aber von dem al­ten Propheten in Bethel bereden, weil dieser auch von einem göttlichen Befehl sprach. Hieraus wird deutlich, daß ein klarer Ausspruch Gottes nicht durch Gesichte oder „Offenbarungen" er­setzt werden kann. Vielleicht war der Prophet aus Juda deswegen auf den alten Mann hereinge­fallen, weil dieser von einer Begegnung mit dem Engel Jehovas sprach. Von Gott geschenkte Ge­sichte heißen „Gesichte Gottes", während menschliche Gesichte mit dem Eigenschaftswort „falsch, eitel, nichtig" verbunden wurden (Lügenwahrsagung). Es galt also auch in Israel, daß alles geprüft werden mußte und ganz besonders solche, die Gesichte bekamen (5. Mose 18,18-21).

Visionen im NT
1. Die Verbindung von Joel 2,28 und Apg. 2,16ff
Joel 2,28: „Und danach wird es geschehen, daß ich meinen Geist ausgießen werde über alles Fleisch; und eure Söhne und eure Töchter werden weissagen, eure Greise werden Träume haben und eure Jünglinge werden Gesichte sehen.“
Das Wort „danach" bezieht sich auf Vers 27, wo es heißt: „Ihr werdet wissen, daß ich in Israels Mitte bin, und daß ich, Jehova, euer Gott bin, und keiner sonst. Und mein Volk soll nimmer­mehr beschämt werden." Jehova wollte also in der Mitte seines Volkes sein, das ist Israel, und danach sollte der Geist über alles Fleisch ausgegossen werden. Das trat tatsächlich ein. Der Herr Jesus kam zu seinem Volk und wohnte in ihrer Mitte, aber sie verwarfen ihn, sie kannten ihn nicht (Joh. 1,11).
„Danach", zu Pfingsten, wurde der Geist auf den jüdischen Überrest, dargestellt in denen, die in dem Obersaal beteten, ausgegossen. Der Apostel Petrus sagt in Apg. 2,16: „. . . dies ist es, was durch den Propheten Joel gesagt ist: Und es wird geschehen in den letzten Tagen, spricht Gott, daß ich von meinem Geiste ausgießen werde auf alles Fleisch."
„Alles Fleisch" bezieht sich nach Joel 2,28 auch auf die Nationen (vgl. Jes. 49,26; Sach. 2,11-13; Ps. 145,4.9.11-13.21, usw.). die in die Segnungen des 1000-jährigen Reiches ein­geführt werden, weil sie dem Evangelium des Reiches glaubten (Mt. 24,14). In Apg. 2 wird über den Überrest der Geist ausgegossen (sie bilden nur einen Teil von allem Fleisch) und diejenigen, die dann den Geist erhalten, sind ausschließlich Juden. Petrus redet sie mit „Männer von Israel" (Vers 22), „Männer von Juda" (Vers 24), „Brüder" (Vers 29), „das ganze Haus Israel" (Vers 36) an. Wir finden hier also nur eine teilweise Erfüllung dessen, was Sach. 12,10; Hes. 39,29; Jes. 32,15; 44,3 prophezeit. Später, nachdem die Gläubigen (die Braut des Lammes) von dieser Erde entrückt sind und damit auch der Geist nicht mehr auf dieser Erde anwesend ist (Apg.10,45b; 11,16-17; 1. Kor. 3,16; 12,13; Gal. 3,14; 4,6; Eph. 1,13; 2.Thess. 2,7b; Offb. 22,17), wird der Geist im Reich auf alles Fleisch ausgegossen. Dann werden „eure Töch­ter, eure Söhne Träume haben, eure Jünglinge werden Gesichte sehen". Das Wort „eure" scheint auch mehr auf Israel hinzuweisen als auf die Nationen.
Damit dürfte klar sein, daß Joel 2 jedenfalls nicht als Beweis für „Gesichte" in unserer Zeit herangezogen werden darf. Wer also die Gesichte und Träume aus Joel 2 auf unsere Zeit anwen­den will, liegt von der Lehre her völlig daneben. Er hat das Wesen des Christentums nicht ver­standen.

2. „Gesichte" in den Evangelien
Der Herr Jesus selbst erwähnt „Gesichte" weder als Verheißung für künftige Zeiten, noch als mögliches Erkennungszeichen des Willens Gottes. Auf dem Berge der Verklärung sagt Er den drei Jüngern: „Saget niemand das Gesicht, bis der Sohn des Menschen aus den Toten auferstan­den ist" (Mt. 17,9). In 2.Petrus 1,16-19 erwähnt der Apostel Petrus dieses Gesicht, indem er von der herrlichen Größe der Person Jesu erzählt.
Zacharias hatte im Tempel ein Gesicht und empfing die Verheißung eines Sohnes (Lk. 1) und auch von den Frauen, die nach der Auferstehung am Grabe waren, heißt es, daß sie ein Gesicht von Engeln gesehen hatten (Lk. 24,23).
Aus den Evangelien können wir sonst nicht ableiten, daß Gesichte durch den Herrn Jesus ange­kündigt oder verheißen wären.

 

3.Der Empfang von Aufträgen Gottes durch Gesichte in der Apostelgeschichte (Apg. 9,10+12; 10,1.3.17+19; 11,5; 12,9; 16,9; 18,9; 26,19) Als Ananias, ein gewisser Jünger in Damaskus, den Auftrag bekam, zu dem Christenverfolger Saulus zu gehen, um ihm die Hände aufzulegen, da geschah das durch ein Gesicht, in welchem der Herr mit ihm redete. Dieser Auf­trag war außergewöhnlich. Ananias hatte Furcht vor Saulus und sprach zu dem Herrn: „Herr, ich habe von vielen von diesem Mann gehört, wieviel Böses er deinen Heiligen in Jerusalem getan hat. . ." Doch das Gesicht und das Wort des Herrn gaben Ananias Mut, so daß er ging. Das Pro­phezeite traf ein. Saulus selbst hatte Ananias bereits in einem Gesicht gesehen (Apg. 10,12, vgl. 26,19) und war dem Herrn, der zu ihm gesprochen hatte, sofort gehorsam: „Daher, König Agrippa, war ich nicht ungehorsam dem himmlischen Gesicht. . ." In dieser Begebenheit zeigt es sich, daß Gott durch ein Gesicht sein Werkzeug Saulus (später Paulus) beruft. Ähnliches geschah mit Kornelius und Petrus. Kornelius, ein gottesfürchtiger Mann, sah in einem Gesicht wie ein Engel Gottes zu ihm hereinkam und ihm die Erhörung seiner Gebete mitteilte. Anschließend beauftragte ihn der Engel, nach Joppe senden zu lassen, um den Apostel Petrus zu holen, der ihm das Evangelium verkündigen sollte. 
(Fortsetzung im nächsten Heft
)

Nachtext

Quellenangaben