Zeitschrift-Artikel: Streiflichter aus Mittelamerika

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Titel: Streiflichter aus Mittelamerika
Typ: Artikel
Autor: Wolfgang Bühne
Autor (Anmerkung):

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Titel

Streiflichter aus Mittelamerika

Vortext

Text

Seit 15 Jahren sind zwei Wochen im Monat Februar für Alois Wagner und mich für eine Reise nach Mittelamerika reserviert. In den ersten Jahren waren wir zu zweit unterwegs. Inzwischen haben sich weitere Brüder angeschlossen, wobei Peter Lüling ein ständiger Begleiter geworden ist. Er besorgt meist noch einen zusätzlichen Bruder als Übersetzer – dieses und letztes Jahr Roland Kühnke, der in Kolumbien als Missionar arbeitet – so dass wir inzwischen mit zwei Teams unterwegs sein können, was bei dem ständig wachsenden Aufgabengebiet hilfreich ist.

Kuba – und die „Kraft der Revolution“
Obwohl wir bereits vor etwa zwei Monaten Kuba besucht hatten, machten wir zu Beginn unserer Reise nochmals einen Abstecher von zwei Tagen in dieses verarmte Land, weil uns viele Geschwister, die von der notvollen Situation gehört hatten, Gaben anvertrauten. So war es uns ein Anliegen, diese materielle Hilfe so schnell wie möglich an Ort und Stelle in die Hände von verantwortungsbewussten Brüdern zu geben, die wir schon seit vielen Jahren kennen. Sie geben diese Gaben an die entsprechenden Gemeinden, Geschwister und für sonstige Bedürfnisse weiter. Auf dem Weg vom Flughafen zu unserem Gastgeber sprang uns eins von den riesigen Plakaten an der Straßenseite ins Auge. Dort konnte man – natürlich in spanischer Sprache – das jeder Realität spottende Zitat Fidel Castros lesen: „Die Revolution ist eine Kraft, die stärker ist als die Gewalt der Natur!“ Unwillkürlich wird man an den Pharao zu Moses Zeiten erinnert, der trotz aller Machtbeweise Gottes sein Herz verhärtete. So haben die Naturkatastrophen der letzten Monate die Ohnmacht der kubanisch-kommunistischen Revolution bewiesen und bewirkten dennoch kein Umdenken in der politischen Führung des Landes. Immerhin hat sich die materielle Not insofern ein wenig gebessert, dass man inzwischen vereinzelt wieder etwas Gemüse ernten und verkaufen kann, was aber kaum etwas an der erschütternden Armut der Bevölkerung ändert. An dieser Stelle nur ein Beispiel von der angepriesenen „Kraft der Revolution“, über das man schmunzeln könnte, wenn es nicht die erschütternde wirtschaftliche Not und die heuchlerische Moral der Revolutionäre wiederspiegeln würde: Vor wenigen Wochen machte sich Bruder Osvaldo, Ältester einer kleinen Versammlung im Osten des Landes und uns durch die Bibelseminare gut bekannt, auf eine Reise. Er wollte u.a. eine 150km entfernte Gemeinde besuchen, die „nur“ aus 15 Schwestern besteht. Verständlicherweise war die Freude der Schwestern groß, dass endlich mal ein Bruder zu Besuch kam, der dort einige Tage Bibelstunden abhielt und sie ermutigte, auf den Herrn und sein Wort zu vertrauen. Als Ausdruck ihrer Dankbarkeit schenkten die Schwestern dem zweifachen Familienvater beim Abschied etwas Kostbares: 10 Stück Seife. Der also reich beschenkte Bruder reiste dann per Bus zurück, geriet aber in eine Polizeikontrolle, welche seinen „Schatz“ entdeckte und den Bruder sogleich verhaftete. Der Grund: Wer mehr als vier Stück Seife besitzt, „häuft Volksgüter auf“ und bereichert sich so auf Kosten anderer. Fünf Tage saß der arme Mann im Gefängnis, ohne seine Familie informieren zu können. Schließlich wurde er entlassen, nachdem man ihm nicht nur die Seife, sondern auch seinen wertvollen Koffer konfisziert hatte. Wie dankbar waren wir, dass wir diesem Familienvater die Gabe einer Schwester übergeben konnten, die diesen Betrag „für eine besonders arme Familie in Kuba“ mitgegeben hatte.

El Salvador – und die Früchte guter Literatur
Bereits zwei Tage später saßen wir im Flugzeug auf dem Weg nach El Salvador, einem kleinen, aber etwas wohlhabenderen Land. Als wir kurz vor Mitternacht dort eintrafen, erklärte unser Gastgeber Vicente, dass wir uns am nächsten Morgen schon in aller Frühe auf den Weg machen müssten, weil in San Miguel – zwei Autostunden entfernt – ab 9.00 Uhr eine Tageskonferenz mit den 11 Versammlungen des östlichen Teils des Landes geplant sei. Die Hoffnung auf eine erholsame Nacht war zwar dahin, wir erlebten aber dann eine von etwa 250 aufmerksamen und dankbaren Geschwistern besuchte Bibelkonferenz. Auf dem darauf folgenden Sonntag trafen wir uns nach den Versammlungsstunden mit einer Anzahl verantwortlicher Brüder aus den neun Gemeinden der Hauptstadt und des westlichen Landesteils, die uns baten, doch auch in El Salvador – ähnlich wie in Honduras – 15 weitere Gemeindebibliotheken einzurichten, um die Geschwister mit bibeltreuer Literatur bekannt zu machen. Die Erfahrungen mit den fünf bereits bestehenden Bibliotheken in diesem Land waren sehr mutmachend. Die dort ausgelegten Kommentare, Nachschlagewerke, Biographien und Sachbücher wurden eifrig genutzt und haben das geistliche Niveau der Geschwister nachhaltig verändert.

Honduras – wo Reiche arm dran sind
Auch unser Besuch in El Salvador dauerte nur drei Tage und dann wurden wir an der honduranischen Grenze von unseren Freunden Santos Mena und Jesús Manchado abgeholt, mit denen wir dann in den folgenden Tagen mehrere
kleinere und größere Versammlungen besuchten. Dabei hatten wir auch Gelegenheit einige Geschwister zu treffen, die wir schon vor Jahren als Pionier-Missionare in diesem bisher recht wenig evangelisierten Teil des Landes kennen gelernt hatten. Darunter auch Juan Carlos und Reina Amaya, die vor etwa acht Jahren nach San Pedro Copán gezogen sind, wo sie nach wie vor mit ihrer Familie in der jämmerlichen Kapelle zum „Heiligen Antonius“ wohnen und von dort aus in den umliegenden Dörfern und Städten Hausbesuche, Schulunterricht und andere evangelistische Aktionen durchführen.
Richard Dawkins, der umstrittene Autor des Buches „Der Gotteswahn“ und einer der Geldgeber für die Beschriftung zahlreicher Busse in London, die mit der Aufschrift „Wahrscheinlich gibt es keinen Gott …“ Reklame für den Atheismus
machen sollen, würde sich wahrscheinlich genervt die Augen reiben, wenn er die Busse und Autos in Honduras sehen würde. Viele von ihnen tragen von weitem sichtbare Aufschriften wie „Der Herr ist mein Hirte“, „Gott ist meine Kraft“,
„Löwe aus Juda“ usw. Das liegt aber nicht daran, dass die Besitzer für diese „Reklame“ bezahlt werden und kann auch nicht als ein persönliches Bekenntnis gewertet werden. Honduras ist ein christianisiertes Land. Biblische Namen für Hotels wie „Bethanien“, „Elim“, „Eden“ oder „Bethesda“ sind durchaus üblich, bewahren aber nicht davor, übers Ohr gehauen zu werden. Hinter dieser christlichen Fassade verbirgt sich eine dramatisch wachsende Kriminalität, von der wir auf den zum Teil recht langen Autofahrten durch das schöne, bergige Land erfuhren. Drogen- und Mafia-Banden verunsichern und verängstigen die Menschen. Blutrache, Erpressungen und Morde sind an der Tagesordnung und haben in einem Fall sogar eine kleine Gemeinde ausgelöscht. Auch unser Fahrer Jesús erzählte, wie er vor wenigen Monaten in seinem Auto von zwei Männern gewaltsam gestoppt wurde, als er einen 78jährigen Bruder von einer Brüderstunde nach Hause fahren wollte. Die beiden Gangster zogen ihre Pistolen, hielten sie an die Schläfen der beiden Brüder, forderten dann den alten Bruder auf, sich auf die Rückbank zu legen, während Jesús auf dem Beifahrersitz Platz nehmen musste. Sie rasten dann mit dem Wagen in die Pampa, mussten sich allerdings auf dem Weg dahin eindringliche Bußpredigten der beiden Brüder gefallen lassen, die angesichts ihres möglicherweise nahen Todes sowohl ernst wie freudig ihren Herrn bezeugten. Unbeeindruckt von diesen mahnenden Worten wurden sie dann irgendwo aus dem Auto gejagt, nachdem man ihnen vorher alle Wertsachen wie Handy usw. abgenommen hatte. Wer also zur Zeit in Honduras materiell arm ist, kann relativ unbekümmert sein … Ein Höhepunkt unserer Reise war die Jugendkonferenz am Wochenende in der Industriestadt San Pedro Sula. In dieser zweitgrößten Stadt des Landes mit einer hohen Quote Aids-Infizierter waren etwa 650 nicht nur jugendliche Besucher gekommen, denen wir Gottes Wort auslegen und die wir zu einem hingegebenen Leben aufrufen durften.

Tela – und auch die Moskitia
Die letzten vier Tage unserer Reise verbrachten wir in der Hafenstadt Tela, wo es seit über 110 Jahren eine große Versammlung gibt. Sie unterhält ein bescheidenes Altenheim, eine sehr wertvolle Jüngerschafts-Schule, eine gesegnete
Gefängnis-Arbeit, unterstützt die Verbreitung der Emmaus-Fernbibelkurse und betreibt eine große Freizeit-Arbeit. Viele dieser hingegebenen Brüder sind uns inzwischen zu wertvollen Freunden geworden, darunter Omar Ortíz, Walter Altimirano, Escolastico Euceda und Jorge Rosa, von denen wir gelegentlich berichtet haben und die zum Teil als Pionier-Missionare unter den Garifunas und Moskitas in den von der Außenwelt völlig abgeschnittenen Regenwald-Gebieten arbeiten. In Puerto Lempira, der einzigen etwas größeren Stadt in diesem Gebiet, wo man nur durch den Drogen-Umschlag Geld verdienen kann, ist durch den Dienst von unseren Brüdern eine kleine, aber wachsende Gemeinde entstanden. Mit Hilfe von Gaben der fest+treu-Leser haben sie nun auch ein geräumiges „Sala Evangélica“ (Versammlungshaus) zur Verfügung. Ceferino, der einige Monate in einem winzigen Seitenzimmer dieses Hauses wohnte und von dort aus evangelisierte und auch die jungen Gläubigen im Glauben ermutigte, musste leider wegen einer Malaria-Erkrankung die Gegend verlassen. Das junge Ehepaar Ebal und Sara Euceda haben sich nun zur Verfügung gestellt, um diese Lücke zu füllen. Die 23jährige Sara erwartet Ende April ihr zweites Kind, trotzdem werden sie bereits in Puerto Lempira wohnen, wenn diese Ausgabe von fest+treu erscheint. Im Vertrauen auf den Herrn, ohne Absicherung,
ohne Krankenversicherung, aber mit den Gebeten ihrer Heimatversammlung fühlen sie sich von Gott geführt und zubereitet, in diesem Gebiet durch Wort und Tat zu missionieren. Inzwischen ist für sie eine kleine Wohnung an das Versammlungs-Haus gebaut worden, auch Wasserversorgung und Elektrizität sind mittlerweile vorhanden. Ebal sieht neben der geistlichen Versorgung der Geschwister und den evangelistischen Möglichkeiten auch die Aufgabe, den jungen Gläubigen zu zeigen und sie anzuleiten, mit ihren eigenen Händen zu arbeiten und ihren Lebensunterhalt auf legale Weise zu bestreiten. Sara möchte sich besonders um die Frauen und Mütter in der neuen Umgebung kümmern.

Literatur-Arbeit – ein Fass ohne Boden
Durch die inzwischen recht umfangreiche christliche Literatur-Arbeit in diesen Gemeinden, die durch Spenden aus Deutschland und Österreich stark subventioniert wird und dadurch Bücher auch für ärmere Geschwister erschwinglich macht, ist besonders unter jungen Geschwistern ein echter Leseeifer entstanden, der sich sehr positiv auf das geistliche Leben auswirkt. In den meisten der knapp 300 Versammlungen in Honduras gibt es inzwischen Gemeinde-Bibliotheken und vereinzelt auch Büchertische. An evangelistischen Büchern für Gefängnisse, Schulen und Universitäten ist ein großer Bedarf vorhanden, auf den wir in den nächsten Monaten reagieren möchten. Einige Neuerscheinungen sind in Druck, andere in der Vorbereitung und viele Bücher müssen nachgedruckt werden, weil nun auch Anfragen aus Kolumbien und Guatemala kommen. Wir sind sehr dankbar, hier helfen zu dürfen und möchten den Dank der Geschwister aus Mittelamerika an alle weitergeben, die geholfen haben, die Arbeit durchzuführen. In Kuba versuchen wir erstmals, ein evangelistisches Buch im Land selbst drucken zu lassen und zu verbreiten, was mit gewissen Schwierigkeiten und Hindernissen verbunden ist. Betet bitte auch dafür, denn in Kuba ist alle Literatur einer staatlichen Zensur unterworfen.
Abschließend ein Dankesbrief, der uns in San Salvador überreicht wurde, der aber vorrangig als Information und Dank für alle dienen soll, die durch Gebet und Gaben diese Hilfe möglich gemacht haben.

Nachtext

Christen, die sich im Namen unseres Herrn Jesus Christus versammeln (Mt 18,20)
EVANGELIUMSLOKAL
Colonia Scandia, Ayutuxtepeque
San Salvador, El Salvador,
San Salvador, Februar 2009
Geschätzte Brüder,
Hiermit tun wir Euch kund, geliebte Brüder, dass wir Euch im Herrn lieben, und wir freuen uns
im Wissen, dass wir Euch bald wieder sehen werden. Durch Seine Gnade schenkt Gott uns diese
Gelegenheit, wieder einmal mit Euch zusammen zu sein. Wir danken dem Herrn, dass Er Euch
gebraucht hat, uns solche wichtigen Bücher zukommen zu lassen, denen wir viele geistliche Erkenntnisse
entnehmen konnten. Wir versuchen die Bücher möglichst wirkungsvoll zu verwenden,
denn wir führen ein Buch über die Ausleihe und Rückgabe der Bücher – der dafür verantwortliche
Bruder ist Oscar Juárez – und außerdem legen wir es unseren Geschwistern aufs Gewissen, dass
sie die Bücher nach der ersten Ausleihe möglichst selbst einbinden, damit sie immer ordentlich
bleiben.
Die Geschwister sind für die Bücher sehr dankbar und wir schätzen all die hilfreichen Informationen,
die diese Bücher enthalten.
Der Herr Jesus möge auf dieser Reise Seinen Segen auf Euch ausgießen und Euch bewahren!!
„Damit der Name unseres Herrn Jesus Christus verherrlicht werde in euch, und ihr in Ihm, nach der
Gnade unseres Gottes und des Herrn Jesus Christus“ 2Thess 1,12
Oscar Armando Juárez
Gilberto Alvarado
José Castro Zavalo
Simón Castro Zavala

Quellenangaben