Zeitschrift-Artikel: Gott kann!

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Titel: Gott kann!
Typ: Artikel
Autor: Dietrich Müller
Autor (Anmerkung):

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Titel

Gott kann!

Vortext

Text

 

Es waren nur noch wenige Stunden bis zum Aus­laufen der „Inge" aus Narvik.

Einige Jahre fuhr ich nun schon zur See und hatte oft erfahren: „Gott kann." Und so murmelte ich vor mich hin: „Herr, du kannst mir auch jetzt Gemeinschaft schenken mit Menschen, die an dich glauben."
Mein lieber Freund, kennst du Zeiten in deinem Leben, wo dein Innerstes leer ist und du dich nach gleichgesinnten Menschen, nach echten Christen, nach wirklichen Brüdern sehnst? Vielleicht muß Gott uns manchmal die Geborgen­heit etwas wegnehmen, damit wir wieder klare Sicht bekommen. Ich war leer, allein und einsam in dieser nor­wegischen Stadt. Weit von allen Lieben entfernt, schlenderte ich durch die Straßen dieses für mich noch fremden Erzumschlaghafens. Damals wußte ich nicht, daß ich ca. 2 Jahre, oft mehrere Male im Monat, auf Narvik fahren würde.

„Herr, du kannst", kam es immer wieder aus meinem Mund, „und du weißt, ich brauche jetzt einen Bruder, schenk es doch bitte!"

In weniger als einer halben Stunde saß ich bei Swere Oevergaard, dem Bürgermeister von Narvik, am Tisch. Er war ein an Jesus Christus glaubender Mann mit seinem ganzen Haus. Ein Missionar aus dem Kongo war auch zu Gast und wir hatten eine herzliche Gemeinschaft mitein­ander.
„Erkenne ihn auf allen deinen Wegen", heißt es in den Sprüchen. Wie oft hat Gott sich in mei­nem Leben erwiesen als der allmächtige Herr. Ihm zu Ehre möchte ich es hier sagen.

Gott bleibt treu! Es war auf der „Esperanza". Knapp 14 Tage dauerte die Reise von einem der europäischen Häfen bis zum Panamakanal. Ununterbrochen ratterte die große Hauptmaschine unten im „Berg­werk", wie die Leute vom Deck den Arbeits­platz der Maschinisten bezeichnen. Dann kam der Kanal mit jeweils 3 Schleusen auf der Atlan­tik— und 3 Schleusen auf der Pazifik—Seite, mit vielen Vorwärts—, Halt— und Rückwärtsmanövern. Einwandfrei lief unser großer Sulzer Dieselmotor. Ohne Mucken sprang er an und war hundert­prozentig zu steuern. Nur noch ein paar Stunden und wir waren am Ziel in Puntarenas/Costa Rica.
Neun Jahre Seefahrtszeit hatte ich hinter mir, ich war also kein Neuling mehr. Durch viele Gefahren von innen und außen hatte Gott mich hindurchgetragen und mich bewahrt. Eine der größten Gefahren für den Seemann ist die Hure­rei.
Die Seeleute nennen es „An Land gehen", wenn sie zu den Mädchen wollen. Neun Jahre hatte ich diesem Treiben tapfer widerstanden. Dieser Kampf mit den Kameraden gehörte zum täglichen Brot. Doch wehe dem, „der schwach ist am Tage des Kampfes". Ich war es. Ich hatte mir vorgenommen: Heute gehst du mit an Land.

Doch Gott ist treu, auch wenn wir untreu sind.
Der „Haken", das ist der Anker, geht zu Wasser. Die Maschine steht. Wir warten auf den Lotsen, der das Schiff in den nächsten Hafen bringen soll. Der Lotse geht an Bord und der Anker wird gelichtet. Und jetzt… müßte eigent­lich die Maschine wieder kommen.
Ich hatte Freiwache, stand an Deck und be­obachtete die Lotsenübernahme. Die Maschine sprang nicht mehr an. „Das gibt es doch nicht, was ist denn los, 14 Tage hat sie doch 100 % ge­laufen und in den Schleusen lief alles einwand­frei!" Mit einer Notsteuerung brachten wir das Schiff an die Pier.

Nachts um 24.00 Uhr kroch ich müde in die Koje. Die Maschine war noch defekt, wir hatten den Fehler nicht finden können. Mit „Landgang" war es vorbei.
Am nächsten Morgen wurde der Fehler inner­halb einer halben Stunde gefunden und behoben. Ich war sehr erstaunt, jedoch nicht kuriert.

Abends lagen wir in La Union auf Reede vor Anker. Doch weil ich immer noch „an Land gehen" wollte, ließ Gott uns die ganze Nacht draußen auf den Lotsen warten. Man sollte mei­nen, daß ich nun endlich die Sprache Gottes verstanden hätte. Aber unser Herz ist ein trotzig Ding und der Herr hat viel Mühe mit uns Men­schen. Zweimal hatte Gott deutlich durch diese Erlebnisse zu mir gesprochen und dennoch ging ich nachmittags mit einem Kameraden an Land. Mein Ziel war böse.

Der Weg führte teilweise durch den Urwald, teilweise an Baumwollplantagen vorbei, wo sich auch ein junger Mann zu uns gesellte, der auch vom Schiff kam, aber nicht unser Ziel hatte. Kurze Zeit später standen wir vor einem der berüchtigten Häuser. Während der eine Kamerad sich in die Sünde stürzte und der andere weiter­gehen wollte, stand ich an der Tür vor der letzten Entscheidung.

Haben damals fern in der Heimat Eltern für ihren Jungen die Hände gefaltet? Ich weiß es nicht. Tatsache war, daß mein Gewissen schlug und ich an den Preis dachte, mit dem der Herr Jesus mich erkauft hatte. Ich kehrte um und folgte dem anderen Kameraden.
Um ein paar Häuserecken standen zwei kleine Pferde, wie für uns bereitgestellt. Mit zwei Einge­borenen, die uns begleiteten, ritten wir durch die Urwälder und Berge der Pazifikküste und bekamen Eindrücke von Gottes wunderbarer Schöpfung, an die ich heute noch gerne zurückdenke.

„Ich aber - wenig fehlte, so wären meine Füße abgewichen, um nichts wären ausgeglitten meine Schritte . " (Ps. 73,2)

 

Wie gnädig ist der Herr!

Nachtext

Quellenangaben