Zeitschrift-Artikel: Kurzinformationen zu den "Berliner Bekenntnistagen" Pfingsten 1981

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Titel: Kurzinformationen zu den "Berliner Bekenntnistagen" Pfingsten 1981
Typ: Artikel
Autor: Wolfgang Bühne
Autor (Anmerkung):

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Titel

Kurzinformationen zu den "Berliner Bekenntnistagen" Pfingsten 1981

Vortext

Text

„Berlin 81" – Erweckungswelle oder Schlag ins Wasser ?

Da sehr viele Anfragen betreffs einer Information über die Veranstaltung in Berlin kommen, möchte ich kurz einige Informationen weitergeben.

Möglicherweise werden wir eine ausführliche Stellung­nahme in einigen Wochen veröffentlichen, nachdem wir die Tonbandaufnahmen der verschiedenen Vorträge ausgewer­tet haben,

Besucherzahlen

Spitzers Vision über ein volles Stadion mit 100,000 Besu­chern, die Gott bringen wollte, hat sich als Täuschung erwiesen. Die Angaben über die Teilnehmerzahlen sind sehr unterschiedlich. Die Tageszeitungen berichteten von 6.000, 8.000, am letzten Tag von ca. 10 - 12.000 Besuchern. Nur „idea" (Informationsdienst der Ev. Allianz) berichtet von einer Besucherzahl nach Angaben der Polizei bis zu 30.000
Diese Zahl wird jedoch von allen anderen, die uns von der Veranstaltung berichtet haben, bestritten.
Ein Journalist, der die Polizei fragte, wie sie die Besu­cherzahl ermittelt habe, bekam zur Antwort: „Wir zählen doch nicht die Leute, sondern geben nur Angaben der Veranstalter weiter."
Laut „Tagesspiegel" sagte Spitzer am letzten Tag, als es um die Finanzen ging, daß noch etwa eine Million DM fehle; wenn also jeder 100.-- DM geben würde, wären die Unkosten gedeckt. Demnach haben die Veranstalter selbst etwa 10.000 Besucher gezählt.Umso mehr erstaunt man, daß Spitzer in seinem Rundbrief vom 14.6.81 schreibt:
„Laut Presseberichten waren bis zu 30.000 Menschen versammelt und über 1,000 trafen eine Entscheidung für Christus."

Einige Tage später wurden sogar von „Jesus 81, Berlin Airlift", dem Europabüro der „Berliner Bekenntnisstage" (Internationales Hauptquartier: 1000 Berlin 45, Harwarth­str. 5) folgende Pressenotiz herausgegeben: (London 18, Juni 1981) Mehr als 100.000 Menschen nahmen während des Pfingstwochenendes an den „Berlin 81" Veranstaltungen teil. Ungefähr 2.000 Leute traten öffentlich nach vorn, um ihr Leben Christus zu weihen, Sänger Pat Boone und Astronaut Charles Duke er­öffneten das Programm am Freitagabend vor 16.000 Zuhörern. Trotz des Regens am frühen Samstagmorgen stieg die Besucherzahl während des Wochenendes an.

In der Schlußveranstaltung am Sonntagabend hörten 30,000 Menschen Botschaften des Vorsitzenden der Ver­anstaltungen, Pastor Volkhard Spitzer... "
Hier scheint man wieder einmal mit Zahlen zu schwin­deln.

Referenten

Es sprachen auf der Veranstaltung fast ausschließlich bekannte Charismatiker und Pfingstler, Eine Ausnahme bildete vielleicht Dr. S. Buchholz, IVCG—Mitarbeiter und Vorstand der Studentenmission usw., der sich als„Brücken­bauer" zwischen Evangelikalen und Charismatikern be­zeichnet und den Gegnern von „Berlin 81" einen „Rekord an Lieblosigkeit" vorwarf.
Dr. Buchholz und Pat Boone waren wohl auch die Einzigen, die öffentlich selbstkritische Bemerkungen zur Veranstaltung aussprachen. Ansonsten sprachen Y. Cho, Du Plessis, Edwardsen, P. van Woerden, D. Shakarian, R. Bonnke usw. Weder Gotthilf Fischer noch seine Chöre waren an­wesend, Kivengere war ebenfalls nicht da, ganz abgesehen von den vielen Personen, die Spitzer vor einem Jahr als Redner und Gäste nannte, aber nicht erschienen waren.

„Gemäßigtes" Auftreten

Man gab sich offensichtlich alle Mühe, nicht „charis­matisch" aufzutreten, um einen seriösen Eindruck zu hinterlassen. Zungenrede wurde offiziell nur einmal zuge­lassen und anderen „charismatischen" Gepflogenheiten wurde Einhalt geboten,
Die Vorträge bestanden zum großen Teil aus Zeug­nissen und evangelistischen Ansprachen. Bei der Überset­zung bemühte sich V. Spitzer, Redewendungen wie „bap­tised with the Holy Spirit" wiederzugeben mit „Erfüllt mit dem Heiligen Geist".
Etwas Aufsehen erregte Artur Blessit, „der Mann mit dem Kreuz", der ein drei Meter langes Kreuz, an dessen Ende ein Rad zum leichteren Transport befestigt ist, von Bonn nach Helmstedt und schließlich ins Olympiastadion trug. Spitzer berichtet von ihm, daß er ansonsten Moderator einer Fernsehstation in Los Angeles ist und von Papst Johannes Paul II. empfangen und für seinen „einmaligen" Dienst gesegnet wurde.
Was aus Vorsichtsgründen verschwiegen wurde, lag jedoch auf den Büchertischen und Informationsständen ausgebreitet: Bücher von Carothers, Bittlinger, Pethrus, Ulonska, Margies, Bennett, Shakarian, Y. Cho usw. über die Themen „Geistestaufe", „Göttliche Heilung", „Die vierte Dimension" und andere wurden empfohlen, Schriften von Osborn (!) wurden sogar kostenlos verteilt.

Wer es bisher nicht glaubte, konnte sich durch die Publikationen der Afrika—Mission Reinhard Bonnke von der Realität der „Heilige—Geist— Nacht" überzeugen: Fotos zeigen die 3.500 Personen, die mit ausgestreckten Händen die Taufe mit dem „Heiligen Geist" begehren und Se­kunden später auf dem Boden liegen, allerdings zum großen Teil nicht mit dem Angesicht, sondern dem Rücken zur Erde.

„Charismatisch" waren allerdings die Methoden, Geld zu sammeln. Dazu zwei Zeitungsberichte:

„Geld spielte eine große Rolle. Aufgefordert, sich an der 'Glaubwürdigkeit des Herrn, der diese Veranstaltung einberufen hat, zu beteiligen, ließen viele der Besucher Scheine in die immer wieder durchgereichten Eimer flat­tern. Spitzers engl. Koordinator Thomas forderte zum Spenden auf, 'damit wir nicht am Ende der Veranstaltung V. Spitzer im Gefängnis besuchen müssen. Der Veranstalter hat nach eigenen Angaben zwei bis drei Millionen Schul­den.” (Tagesspiegel v. 10.6.)

„Für eine Million glaube er noch, ruft er (Spitzer) ins Mikrofon. Und meint damit D—Mark. So viel nämlich fehle noch zur Finanzierung der Veranstaltung. Wieder hätten sich tausend Menschen bekehrt. Möglich sei das nur ge­wesen, weil einige tausend Menschen Geld gespendet hätten, um diese Evangelisation auszurichten. Zwar sei das Evangelium umsonst, aber die Eimer, in denen es unters Volk getragen werde, müßte man bezahlen. Während Spitzer die geretteten Menschen und die Finanzen gegen­einander aufrechnet, kommt Tetzel in den Sinn: ,Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt.' Am nächsten Tag wird bekannt, daß Spitzers Spendenruf 170.000 DM erbracht hat." (Deutsches Allgern, Sonntagsbl. v, 14.6.)

Bezeichnend war auch das „Gotteswort" zum Ab­schluß der Bekenntnistage. Aril Edwardsen 'sprach das Schlußgebet. Während er betete, bekam er eine „Einge­bung", seine Stimme veränderte sich und sprach: „Das, das sagt der Herr: Ich habe in diesen Tagen zu euch gesprochen. Diese Tage waren in meinem Plan, spricht der Herr. Es war mein Plan für Europa. Ein neuer Tag dämmert für Europa. Die Sonne wird wieder vom Himmel über Europa scheinen. Inmitten aller Unruhe und Probleme möchte ich, daß ihr wißt, daß ich meine Hände auf Europa halte. Und mein Geist wird hervorbrechen und er wird durchbrechen und ein neuer Tag wird kommen. Und ihr seid ein Teil davon, denn ihr habt meine Botschaft gehört und ihr sollt gehen und meinen Sonnenschein und meine Macht und meine Liebe zu jeder Nation in Europa bringen.

Reaktionen

Während die Springer—Presse sehr positiv berichtete, war das Echo der übrigen Zeitungen meist negativ: „Ein Schlag ins Wasser" (Volksblatt), „Vor dem Bekenntnis schon mal 50.-- DM kassiert" (Neue), „Für 50 Mark Gott als Wind­hose" (Berliner Stimme).
Den bisher einzigen Kommentar aus dem evangelikalen Lager konnte man in „idea" lesen. Unter dem Titel „Berlin 81: Es kam alles anders" schildert Helmut Matthies ziem­lich unkritisch den Ablauf der Veranstaltung und beendet seinen Kommentar mit folgenden Worten:
„Fazit: Spätestens seit „Berlin 81" wird man V. Spitzer und den pfingstlerisch-charism. Kreisen nicht mehr einfach mit Warnungen begegnen können. Das theol. Gespräch muß bald und intensiv beginnen, weil die geist­liche Aufbruchstimmung von „Berlin 81" auch die Ge­meinden erreichen wird, die bisher keine Notwendigkeit sahen, das Gespräch mit dieser evangelikalen Richtung zu führen."

Dieser Kommentar zeigt, daß Spitzer das Ziel seiner Strategie anscheinend erreicht hat. Man kann nur bedauern, daß viele Evangelikale offensichtlich nicht durchblicken, sondern theologische Gespräche mit Männern empfehlen, die bis heute weder ihre Lehren über die „Babylonische Ge­fangenschaft" der Kirche seit der „Berliner Erklärung" 1909, noch die falschen Lehren über „Geistestaufe", „Zungenrede" usw. zurückgenommen haben.
Leider hat man bisher von Spitzer keine Bemerkungen gehört, die darauf schließen lassen, daß ihn die nicht eingetroffenen Visionen und sonstigen phantastischen Vor­stellungen zur Buße geführt haben. Bisher war nur zu lesen:
„Die Berliner Bekenntnistage Pfingsten 81 'Jesus Christus: Hoffnung für die 80er Jahre' sind vorüber. Wir meinen, es waren gesegnete, unvergeßliche Tage." (V. Spitzer in einem Rundbrief vom 14.6.81)

Kein Wort der Demütigung, keine Anzeichen von Betroffenheit oder gar Buße. Schade!
„Denn es wird eine Zeit sein, da sie die gesunde Lehre nicht ertragen, sondern nach ihren eigenen Lüsten sich selbst Lehrer aufhäufen werden, indem es ihnen in den Ohren kitzelt; und sie werden die Ohren von der Wahrheit abkehren und zu den Fabeln sich hinwenden. Du aber sei nüchtern in allem, leide Trübsal, tue das Werk eines Evangelisten, vollführe deinen Dienst." (2. Tim. 4,3-5)

Nachtext

Quellenangaben