Zeitschrift-Artikel: Elisa – einer von Gottes Segensträgern Teil 12

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Titel: Elisa – einer von Gottes Segensträgern Teil 12
Typ: Artikel
Autor: Wolfgang Bühne
Autor (Anmerkung):

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Titel

Elisa – einer von Gottes Segensträgern Teil 12

Vortext

Text

E

lisa aber kehrte nach Gilgal zurück. Und es war Hungersnot im Land. Und die Söhne der Propheten saßen vor ihm. Und er sprach zu seinem Knaben: Setze den großen Topf auf und koche ein Gericht für die Söhne der Propheten. Da ging einer auf das Feld hinaus, um Kräuter zu lesen, und er fand eine wilde Ranke und las davon wilde Koloquinten, sein Gewand voll, und er kam und zerschnitt sie in den Kochtopf, denn sie kannten sie nicht.  Und sie schütteten es aus zum Essen für die Männer. Aber es geschah, als sie von dem Gericht aßen, da schrien sie und sprachen: Der Tod ist im Topf, Mann Gottes! Und sie konnten es nicht essen. Da sprach er: So holt Mehl her! Und er warf es in den Topf und sprach: Schütte es aus für die Leute, damit sie essen. Und es war nichts Schlimmes mehr im Topf. Und ein Mann kam von Baal-Schalischa und brachte dem Mann Gottes Brot der Erstlinge, zwanzig Gerstenbrote, und Jungkorn in seinem Sack. Und er sprach: Gib es den Leuten, damit sie essen! Und sein Diener sprach: Wie soll ich dies hundert Männern vorsetzen? Und er sprach: Gib es den Leuten, damit sie essen! Denn so spricht der HERR: Man wird essen und übrig lassen. Und er setzte es ihnen vor; und sie aßen und ließen übrig, nach dem Wort des HERRN. (2Kö 4, 38–44)

 

Hungersnot im Volk Gottes

In Kapitel 2,19–22 wurde der Tod in Jericho in Form von Fehlgeburten deutlich, die durch eine vergiftete Quelle verursacht wurden. Elisa warf Salz in das totbringende Wasser und es wurde gesund.
Bei der letzten Betrachtung haben wir über den Tod und die Auferweckung des Sohnes der Sunamitin durch Elisas Gebet nachgedacht (4,17–37).
Diese jetzt vor uns liegende merkwürdige Geschichte spielt sich in Gilgal („Abwälzung“) ab, diesem geschichtsträchtigen Ort, wo nach dem Durchzug durch den Jordan und vor dem Sieg über Jericho die Beschneidung der Männer Israels stattfand.
In den ersten Jahren des Volkes Israel in Kanaan unter Josua war Gilgal so etwas wie ein Rückzugsort oder Lagerplatz für das Heer. Typologisch spricht Gilgal vom Selbstgericht. So wie sich die Soldaten Josuas oft nach Siegen über ihre Feinde in Gilgal lagerten, so suchte auch Elisa nach dem gewaltigen Wunder der Totenauferweckung diesen Ort der Besinnung und der Stille vor Gott. Darin liegt eine wichtige praktische Lektion für einen jeden von uns, dem Gott Sieg und Erfolg geschenkt hat: Jeder Sieg in unserem Leben ist immer und einzig allein der Sieg Gottes!
Hier in Gilgal treffen wir wieder die „Söhne der Propheten“, die uns zuletzt im zweiten Kapitel begegnet sind. Inzwischen ist eine Hungersnot über Israel hereingebrochen – ein deutliches Gericht Gottes über allen Abfall und Ungehorsam des Volkes Gottes (5Mo 28,22–23).

 

Kein Ausweichmanöver!

Wie gut, dass diese jungen Männer sich nicht wie Abram in Richtung Ägypten orientieren, um überleben zu können (1Mo 12,10). Oder wie Elimelech, der mit seiner Familie Bethlehem („Haus des Brotes“) verlässt, um in Moab der Hungersnot zu entgehen (Rt 1,1–2). Von beiden wissen wir, dass dieses Ausweichmanöver nur noch weitere Probleme und Schande über sie und ihre Familien gebracht hat.
„Eine Hungersnot im Land …“ könnte man heute auch über die gegenwärtige geistliche Situation in Deutschland und Europa schreiben. Wenig geistliche Speise in den Gemeinden – und dadurch „unterernährte“ und geistlich kraftlose Geschwister an vielen Orten. Anstelle von sättigender, auferbauender Nahrung durch das Wort Gottes werden immer mehr philosophische Nichtigkeiten, mystische Erfahrungen, Frömmigkeits-Übungen oder auch Unterhaltung durch Musik, Show usw. angeboten. Aber das mit Vollmacht gepredigte Wort Gottes wird weitgehend weder gesucht noch angeboten.
So ist es ermutigend zu lesen, dass die „Söhne der Propheten“ im Land der Verheißung bleiben, auch wenn es dort ziemlich trost- und brotlos aussieht. Sie suchen die Gemeinschaft mit Elisa, dem Mann Gottes und wir lesen, dass sie „vor ihm saßen“ – offensichtlich in der Erwartung, von ihm das zu bekommen, was zum Überleben nötig ist.
Das ist auch ein starker Trost für unsere Zeit: In allen Gemeinschaften und Versammlungen, wo der Herr Jesus („unser Elisa“) Mittelpunkt ist und Autorität hat, wird es immer – bei aller äußeren Bescheidenheit – geistliche Speise geben!

 

Ein „großer“ Topf!

Der deutliche Befehl Elisas an seinen Diener zeigt etwas von dem in Gott ruhenden Vertrauen des Propheten. Er hat einen Blick für die menschlichen Nöte seiner „Söhne“ und ist nüchtern genug um zu wissen, dass man mit einem knurrenden Magen nicht gut zuhören kann. Und er hat Glauben genug, dass Gott auch in Zeiten der Hungersnot nicht begrenzt ist. Er fordert auf, den „großen“ Topf bereitzustellen und ein Gericht zu kochen – auch wenn keinerlei Lebensmittel in Sichtweite waren. Von einem großen Gott können auch wir in Zeiten großer geistlicher Dürre großen Segen erwarten.
Die Reaktion des beauftragten Dieners wird uns nicht mitgeteilt, wohl aber, dass einer der Prophetensöhne, der dazu keinen Auftrag hatte, sich auf den Weg machte, um auf einem Feld irgendwelches Grünzeug zu suchen, das die jungen Männer sättigen könnte.
Sicherlich hatte er gute Motive, vielleicht auch ein Verantwortungsgefühl und Mitleid für seine hungrigen Brüder. Als ein Mann der Tat konnte er nicht länger passiv bleiben und zeigt Initiative. Aber er hatte keinen Auftrag und offensichtlich auch wenig Ahnung, denn er fand eine „wilde“ Ranke mit „wilden“ Koloquinten, die einigermaßen essbar schienen, obwohl sie weder ihm, noch seinen Freunden bekannt waren.
Kein Auftrag vorhanden und keine Ahnung, aber viel Selbstbewusstsein. Und so kommt er mit einer Ladung undefinierbarem „Grünzeug“ zurück und zerschneidet es erwartungsfroh in den Topf und serviert es ungeprüft den hungrigen Männern mit hungrigen Mägen.

 

Nur ja nicht den Mund halten!

Hungrig und gutgläubig greifen die Männer zu, um sehr schnell zu spüren, dass dieses Gericht nicht nur ungenießbar sondern auch gefährlich war. Ob dieses wilde, gurkenähnliche Gemüse Magen-Schmerzen oder Durchfall bewirkte, wird hier nicht geschildert. Aber das Urteil war eindeutig und einstimmig: „Der Tod ist im Topf!“
Es wird uns im Leben und Dienst des Elisa immer wieder auffallen, dass in seiner Anwesenheit öfters „geschrien“ wurde. Man konnte in seiner Gegenwart ehrlich, offen und deutlich seine Nöte und Gefühle zeigen und artikulieren. Elisa vermittelte keine Atmosphäre eisigen Schweigens. In seiner wohltuenden Gegenwart wagte auch in dieser Situation keiner zu sagen „Was auf den Tisch kommt, das wird gegessen!“ oder „Meckern verboten!“ Nein, hier ging es tatsächlich nicht um Geschmacks- oder Ansichtssachen, über die man verschieden urteilen könnte. Hier war der Tod im Topf – und dazu kann und darf man nicht schweigen!
Welch ein Segen und eine Wohltat wäre es, wenn in unseren Gemeinden und Versammlungen eine solche verantwortungsbewusste und auch zuchtvolle Freiheit herrschen würde, in welcher man sowohl seine Sorgen, Nöte und Freuden mitteilen – also sein Herz ausschütten kann. Aber wo man auch deutlich protestieren kann, wenn z.B. ein von Gott nicht berufener Theologe, Pastor, Prediger oder Verkündiger der Gemeinde irgendetwas vorträgt, was eindeutig liberal, schwärmerisch, unbiblisch und damit für die Hörer ungesund und ungenießbar ist. Welch ein Geschrei würde dann in vielen Kirchen und Gemeinden zu hören sein!

 

Der Schrei um Hilfe

Auch das können wir von den Prophetensöhnen lernen: Sie schrien nicht, um auf sich selbst aufmerksam zu machen, oder um einfach für Furore zu sorgen. Ihr Geschrei richtet sich an die richtige Adresse: „Der Tod ist im Topf, Mann Gottes!“
Öffentliche Proteste mögen manchmal auch angebracht und nötig sein, um auf bedrohliche politische, ethische oder theologische Entwicklungen und Missstände aufmerksam zu machen.
„Wir haben nicht geschrien, wie wir hätten schreien sollen!“ bekannte Pfarrer Wilhelm Busch 1965 rückblickend auf die Nazi-Zeit, obwohl er einer der wenigen war, die damals (zur Beschämung der meisten Freikirchler!) durch ihr mutiges Zeugnis Kopf und Kragen riskiert haben.
Aber noch wichtiger ist es, unsere Stimme persönlich und auch als Gemeinde zu Gott zu erheben und Ihm alle Sorgen und Nöte im Gebet vorzutragen.

 

Das Heilmittel

In Jericho wurde Salz gebraucht, um die totbringende Quelle zu reinigen. In dieser notvollen Situation befiehlt Elisa, Mehl zu bringen, um es in den Topf zu werfen und damit das schädliche Gift zu neutralisieren.
Mehl, oder „Feinmehl“, ist in der Bildersprache des AT oft ein Bild von der Reinheit und der vollkommenen Sündlosigkeit unseres Herrn Jesus. Dieses Bild wird auch von vielen Auslegern an dieser Stelle aufgegriffen:
Wilhelm Busch: „Auch das Mehl können wir ansehen als einen Hinweis auf den Herrn Jesus. Er vergleicht sich ja selber mit dem Weizenkorn und dem Brot. Das Mehl macht das Ungenießbare zu einer guten Mahlzeit.

Wo Jesus hinkommt, wird das Ungenießbare gut … Die Zeiten, die ich in den Gefängnissen des Nazi-Reiches zubrachte, waren schrecklich. Aber Jesus machte sie zu den gesegnetsten Wochen meines Lebens. Er war selbst das hineingeschüttete Mehl, das den ‚Tod‘ aus dem ‚Topf‘ nahm.“1
Hamilton Smith: „Spricht dieses Mehl nicht von Christus? Die Gedanken der Natur, die Philosophie des Menschen, die Elemente der Welt, die Religion des Fleisches – Dinge, durch die der Mensch sucht, der Vorsorge Gottes für sein Volk etwas hinzuzufügen – sie alle werden entlarvt und gebrandmarkt, wenn Christus den Seelen vorgestellt wird.“2
Gott schenke, dass wir gerade in Zeiten geistlicher Dürre uns selbst am Vorbild unseres Herrn Jesus geistlich auferbauen und Ihn auch unseren Geschwistern groß und wichtig machen können.
Im Leben von Elia (1Kö 17,11–17) genügte „eine Hand voll Mehl im Topf“, um die Witwe in Zarpat, ihren Sohn und Elia in einer äußerst harten und langdauernden Hungersnot am Leben zu erhalten.

 

Der Mann aus Baal-Schalischa

Interessant, dass direkt im Anschluss diese Geschichte der Brotvermehrung geschildert wird. Fast hat man beim Lesen den Eindruck, als wäre dieser namenlose, gottesfürchtige Mann aus einer offensichtlich gottlosen, dem Baal ergebenen Umgebung bereits unterwegs gewesen, als die Prophetensöhne noch ihre Probleme mit dem „Tod im Topf“ hatten.
Erstaunlich auch, dass dieser fromme Israelit, der nicht im Südreich Juda lebte, wo die Opfer und Erstlingsgaben zum Tempel nach Jerusalem gebracht wurden, dennoch die Vorschriften Gottes nicht nur gut kannte, sondern auch in einer Zeit der Hungersnot umsetzte. Konnte er diese Erstlingsgabe auch nicht zum Tempel bringen, so brachte er sie doch zu dem Mann Gottes. Nicht nur zwanzig Gerstenbrote, sondern auch einen Sack „Jungkorn“, das eigentlich zur Aussaat bestimmt war und seinen Lebensunterhalt in notvollen Zeiten hätte absichern können.

Kannte er den weisen und wichtigen Rat Salomos?:
„Ehre den HERRN von deinem Vermögen und von den Erstlingen all deines Ertrages; so werden deine Speicher sich füllen mit Überfluss, und deine Fässer werden von

Most überfließen.“ (Spr 3,9–10)

 „Geben ist seliger als Nehmen!“

   Jedenfalls beschämt mich dieser Mann – der wahrscheinlich nur            wenige Teile des AT

   kannte oder davon gehört hatte – mit seiner selbstlosen Liebe und      Hingabe. Er praktizierte, was Jahrhunderte später unser Herr Jesus      sagte: „Geben ist seliger als Nehmen!“

 

In einer Zeit der Hungersnot gibt er das Wertvollste dem Herrn. Welch ein Glaube und welch eine Bruderliebe praktiziert dieser Mann! Und wie wird er auch Elisa ermutigt haben, der in dieser Gabe die Fürsorge seines Gottes erkannte.
Aber auch Elisa zeigt in dieser Situation die gleiche selbstlose Gesinnung. Bei aller Freude über diese überraschende und persönliche Gabe hortet er diese Brote und den Sack Korn nicht irgendwo als Privatbesitz, sondern reicht diese Gabe weiter an seinen Diener, der damit die Prophetensöhne sättigen sollte: „Gib es den Leuten, dass sie essen!“
Dieser schöne Charakterzug leuchtet im Leben Elisas immer wieder auf. Sein Dienst begann damals damit, dass er sein Joch Rinder schlachtete, das Fleisch seinen bisherigen Mitarbeitern zu essen gab und sich aufmachte, um ohne materielle Absicherung und „mit leichtem Gepäck“ Elia nachzufolgen und ihm zu dienen (1Kö 19,21).
Von dem Pioniermissionar Hudson Taylor stammt das schöne Zeugnis: „Je weniger ich für mich selbst ausgab und je mehr ich für andere investierte, desto glücklicher war ich und desto mehr Segen erfüllte mein Herz.“3

Gott kann das Wenige, das wir ihm  aus Dankbarkeit und Gehorsam übergeben,  zum Segen für viele vermehren.

Überströmender Segen

Diese zwanzig Brote waren Fladenbrote und nicht vergleichbar mit unseren heutigen 2-Pfund-Broten. Und natürlich konnten davon normalerweise keine 100 junge, hungrige Männer satt werden.
Die verständliche, aber ungläubige Frage des Dieners Elisas: „Wie soll ich dieses hundert Männern vorsetzen?“ erinnert stark an die Reaktion der Jünger Jesu, als die Speisung der Fünftausend bevorstand und nur fünf Gerstenbrote und zwei Fische zur Verfügung standen (Mt 14, 16–21).
Damals reagierte Elisa auf den Einwand seines Dieners mit dem Befehl: „Gib es den Leuten, dass sie essen!“ Und unser Herr Jesus befahl seinen Jüngern: „Gebt ihr ihnen zu essen!“ Beide Begebenheiten enden mit der wunderbaren Erfahrung: „… und sie aßen und ließen übrig.“
Gott kann das Wenige, das wir ihm aus Dankbarkeit und Gehorsam übergeben, zum Segen für viele vermehren.
„Da ist einer, der ausstreut, und er bekommt noch mehr; und einer, der mehr spart, als recht ist, und es ist nur zum Mangel. Die segnende Seele wird reichlich gesättigt, und der Tränkende wird auch selbst getränkt.“

(Spr 11,24–25)  

Nachtext

Quellenangaben

Quellenangaben

1    W. Busch, „Elisa“, Neukirchen-Vluyn, Aussaat 2006, S. 75

 

2    Hamilton Smith, „Elia und Elisa“, Neustadt, Ernst Paulus-Verlag, S. 154 3 Zitat aus Randy Alcorn: „Wo dein Schatz ist …“, Bielefeld, CLV 2016, S. 24