Zeitschrift-Artikel: Erlebnisse /Zeugnisse - Aus Nacht zum Licht

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Titel: Erlebnisse /Zeugnisse - Aus Nacht zum Licht
Typ: Artikel
Autor: Anke
Autor (Anmerkung):

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Titel

Erlebnisse /Zeugnisse - Aus Nacht zum Licht

Vortext

Text

"Du weißt nicht, was wir eben erlebt haben - ich wollte, ich wüßte es auch nicht. Uwe, mein sonst so stiller Bruder, den ich am liebsten habe, ist durchge­dreht. Aber das war so:
Er ist ja immer mit Jungen zusammen, die trin­ken, rauchen und sich gerne in Spielhöllen herumtrei­ben. Und in Uwes Schule haben sie herausbekommen, daß Uwe auch säuft. Sie haben mit Mama geredet und die mit Papa. Der hat dann dem Uwe jeden wei­teren Kontakt zu seinen Freunden verboten. Mama hat heute morgen mit Uwe geredet, aber er wollte nicht hören. Heute mittag hat Papa mit ihm geredet. Du weißt ja, wie Papa ist: er motzt, er verbietet, er motzt, er verbietet.

Heute abend hat er Uwe gefragt, ob er die Haus­aufgaben gemacht hat. Als Uwe verneinte, da hat Pa­pa ihn angeschrien:

P.: Wo warst du den ganzen Nachmittag?
U.: Mit H. B. in der Stadt.

P.: Was wolltet ihr da (er schreit wütend)?
U.: Platten hören.

P.: Platten hören? Ich zertrümmere dir noch einmal dein Ding (Kassettenrecorder) da oben!

Da hat Uwe rot gesehen. Er hat alles vom Tisch gefegt. Papa hat ihm eine

gelangt. Uwe begann zu schreien und ist dann rausgelaufen. Papa hinter

ihm her.

Teller, kaputte Schüsseln, das Essen, - alles lag auf dem Boden zerstreut.

Uwe ist freiwillig wieder zurückgekehrt. Papa hat ihm eine voll ins Gesicht

gehauen und dann hat er Uwe fast erwürgt. Uwe hat ge­heult, ich habe

geschrien und Gerd geschluchzt. Da­nach war die Rede vom Jugendamt.

Jetzt ist alles ruhig. Papa hat sich wieder beru­higt. Uwe soll morgen zu

meiner Oma kommen. Dort soll er wohnen und zur Schule gehen. Papa will

ihn nicht mehr sehen. Und wer ist schuld daran??"

 

Diese Eintragung habe ich am Dienstag, dem 17.2.81, in mein Tagebuch

gemacht. Seitdem habe ich meinen Bruder nicht mehr gesehen. Jeder

Kontakt wurde mir verboten. Sein Name darf bei uns zu Hau­se nicht mehr

erwähnt werden. Er ist tot in den Au­gen meines Vaters.

 

Wenn ich an die erste Zeit nach Uwes Weggang denke, an all die

verzweifelten Versuche Liebe zu er­fahren und an die unterdrückte

Sehnsucht nach mei­nem Bruder, an die Tränen und an den Kummer, so

muß ich bekennen, daß ich mehrmals versucht habe, Selbstmord zu begehen.

Ich begann zu stehlen, zu lügen, habe vor mir ei­ne Mauer aufgestellt und

mich dahinter zurückgezo­gen.

Mein Vater machte mir oft das Leben schwer. Im­mer wieder machte er mir

klar, daß er mich nicht ha­ben wollte, - nie haben wollte, denn eigentlich

sollte ich abgetrieben werden.

 

Ich habe dann krampfhaft versucht, mich an Men­schen, an Freundinnen

festzuklammern. Doch ich wur­de enttäuscht und einsam zurückgelassen.

Den ständigen Kampf um mein Dasein gab ich auf. Ich fand den Sinn

meines Lebens nicht.

In der Schule wurde ich schlechter und schlech­ter. Ein Verhältnis zu

meinen Mitschülern entstand nicht. Ich hatte nie Geld, mein Vater trank,

meine Mutter mußte arbeiten und keiner bemühte sich um mich.

 

Doch im Sommer '81 wurde alles anders, denn ich fand den Einen, der

sich um mich sorgte. Ich wur­de zu einer Freizeit eingeladen, in welcher von

Jesus Christus, Seiner Liebe zu uns, von Seinem Tod am Kreuz geredet

wurde. Am 4. August erlebte ich den schönsten Tag meines Lebens: meine

Bekehrung!

Ich erzählte dem Herrn Jesus alle meine Sünden und La­sten, die mich

drückten. Der Herr vergab mir. Mein bisher sinnloses Leben wurde völlig

verändert, weil ich nun Den kannte, der aus Liebe zu mir in den Tod

gegangen ist und verheißen hat, alle Tage bei mir zu sein.

Ich ging freiwillig ein Schuljahr zurück und holte auf. Ich begann mit

großer Freude die Bibel zu lesen. Oft stehe ich vor Schwierigkeiten, doch

dann bete ich immer wieder um Kraft und ich weiß, der Herr erhört nach

Seiner Verheißung mein Gebet.

"Alles, um was irgend ihr betet und bittet, glau­bet, daß ihr es empfanget

und es wird euch werden!"  (Mark. 11,24)

 

Jetzt verbringe ich meine freie Zeit mit Bibelle­sen und Gebet, außerdem

singe ich gerne und lerne zur Zeit Gitarre spielen. Ich versuche nun nicht

mehr alles so dunkel zu sehen und bete für meine Eltern, daß der Herr

Jesus sie zur Umkehr bringen möchte.

Irgendwie weiß ich, daß der Herr dieses Gebet er­hören wird. Nicht gleich

"postwendend", aber zur rechten Zeit; wahrscheinlich dann, wenn ich ganz

und gar nicht damit rechne, denn dann wird die Freude noch größer sein.

 

Anke, 15 Jahre

Nachtext

Quellenangaben