Zeitschrift-Artikel: Gott, der Allmächtige

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Titel: Gott, der Allmächtige
Typ: Artikel
Autor: William MacDonald
Autor (Anmerkung): Übersetzung: Marita Lindner

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Titel

Gott, der Allmächtige

Vortext

Text

"DENN DER HERR, UNSER GOTT, DER ALLMÄCHTIGE, HAT DIE HERRSCHAFT ANGETRETEN."

Offenbarung 19,6

Wenn wir Gott den Allmächtigen nennen, dann nennen wir ihn bei seinem Namen, denn ihm gehört alle Macht. Alle Gewalt untersteht ihm. Es gibt nichts, was er nicht tun könnte. Er ist der allmächtige Gott und Herr. Die Allmacht Gottes ist ohne Frage ein herausragendes Thema der biblischen Schreiber. Vergleiche beispielsweise die folgenden Stellen:

- Ich bin Gott, der Allmächtige. Lebe vor meinem Angesicht und sei untadelig. (1Mo 17,1)

- Sollte für den HERRN eine Sache zu wunderbar sein? (1Mo 18,14)

- Ich habe erkannt, daß du alles vermagst und kein Plan für dich unausführbar ist. (Hi 42,2)

- Eines hat Gott geredet, zwei Dinge sind es, die ich gehört, daß die Macht bei Gott ist. (Ps 62,12)

- Ach, Herr, HERR! Siehe, du hast die Himmel und die Erde gemacht durch deine große Kraft und deinen ausgestreckten Arm: kein Ding ist dir unmöglich. (Jer 32,17)

- Bei Gott aber sind alle Dinge möglich. (Mt 19,26)

- Denn kein Wort, das von Gott kommt, wird kraftlos sein. (Lk 1,37)

Stephen Charnock schrieb: "Die Macht Gottes ist seine Fähigkeit und Kraft, durch die er alles geschehen lassen kann, was auch immer ihm gefallen, was seine unendliche Weisheit anordnen und was die grenzenlose Reinheit seines Willens beschließen mag."

Er hat die Kraft, uns aufzuerbauen und "ein Erbe unter allen Geheiligten zu geben" (Apg 20,32). "Gott aber vermag euch jede Gnade überreichlich zu geben" (2Ko 9,8). "...nach der wirksamen Kraft, mit der er vermag, auch alle Dinge sich zu unterwerfen" (Philp 3,21). "Er kann denen helfen, die versucht werden" (Hebr 2,18). "Daher kann er die auch völlig erretten, die sich durch ihn Gott nahen" (Hebr 7,25). Und er "vermag uns ohne Straucheln zu bewahren und vor seine Herrlichkeit tadellos mit Jubel hinzustellen" (Jud 24).

Wenn wir sagen, daß Gott alle Dinge tun kann, so liegt es auf der Hand, daß wir damit alles das meinen, was mit seinen moralischen Tugenden und Wesenszügen über einstimmt. Gott kann zum Beispiel nicht lügen (4Mo 23,19; Hebr 6,18). "Er kann sich selbst nicht verleugnen" (2Tim 2,13). "Er kann nicht vom Bösen versucht werden" (Jak 1,13). Er kann Böses nicht gutheißen oder mit Freude darauf blicken (Hab 1,13). Weil er zeitlos und unsterblich ist, kann er nicht altern oder sterben. Er kann bei keinem Größeren schwören (Hebr 6,13), weil es ganz einfach keinen Größeren gibt. Aber diese Einschränkungen beeinträchtigen seine Allmacht nicht im Geringsten. Sie kann auch nicht in Frage gestellt werden durch so törichte Fragen wie: Kann Gott einen Stein machen, der so schwer ist, daß er ihn selbst nicht heben kann? Solche Fragen sind absurd und nicht wert, daß man sie ernsthaft erwägt.

Gottes Allmacht in der Schöpfung

Die Kraft Gottes wird in der Schöpfung des Universums und der Erschaffung des Menschen wahrgenommen. Er schuf die Himmel und die Erde in einem Augenblick aus dem Nichts 2), ohne Werkzeug durch ein Wort. Denke nach über die Macht, die den Himmel mit Sternen übersät und die Sternhaufen und Galaxien im All über Milliarden von Lichtjahren hin ausgebreitet hat. Denke an die Kraft, die den menschlichen Körper im Mutterleib bildet (Ps 139,13-18). Versuche, dir die Kraft vorzustellen, welche die Materie zusammenhält, die Kraft Gottes, die das Universum erhält (Kol 1,17; Hebr 1,3), welche die Planeten in ihren Bahnen lenkt, die seine Geschöpfe behütet und Gebete erhört. Wir sehen göttliche Allmacht auch in Überflutungen, Feuersbrünsten, Erdbeben, Vulkanausbrüchen, Stürmen, Wind und Wellen. Wir sehen sie in der Errettung von Sündern, in der Heilung von Krankheiten und im Gericht über die Bösen.

Wir Menschen messen Kraft in Megatonnen, einer Zahl, die der Explosionskraft von einer Million Tonnen TNT entspricht. Aber unser menschlicher Wortschatz hat keinen Begriff, um die Kraft Gottes auch nur annähernd zu beschreiben.

Jesus und die Allmacht Gottes

Als die Heiligen des Alten Testaments an die Kraft Gottes dachten, schauten sie auf den Auszug zurück, als Gott sie "mit starker Hand und mit ausgestrecktem Arm" aus Ägypten herausführte (5Mo 26,8). Im Neuen Testament wurde die größte Entfaltung der göttlichen Kraft in der Auferstehung Christi offenbar. Paulus spricht davon als von der "überragenden Größe seiner Kraft an uns, den Glaubenden, nach der Wirksamkeit der Macht seiner Stärke. Die hat er in Christus wirksam werden lassen, indem er ihn aus den Toten auferweckt und zu seiner Rechten in der Himmelswelt gesetzt hat" (Eph. 1,1920). Es scheint, als ob Satan und alle seine Dämonen sich am Grab außerhalb Jerusalems versammelt hätten, mit der Absicht, die Auferstehung des Herrn Jesus auf jeden Fall zu verhindern. Dann kam Gott mit erschreckender Macht hernieder, schlug die Armee der Hölle zurück und brachte Christus als Auferstandenen und Lebenden heraus. Diese Macht Gottes wird in Psalm 18,7-19 lebendig geschildert.

Manchmal wird gelehrt, daß Jesus seine Allmacht aufgab, als er auf die Erde kam. Oder, wenn er sie nicht aufgab, so habe er sie doch nie benützt. Der Gedanke ist dann, daß er alle seine Wunder durch die Kraft des Heiligen Geistes vollbrachte. Ich gebe zu, daß es Zeiten gab, in denen er sich entschloß, seine Macht nicht zu gebrauchen. Zum Beispiel hätte er jederzeit seine Feinde vernichten können, aber zu diesem Zweck war er nicht gekommen. Er war gekommen um zu erretten, nicht um zu verderben. Außerdem konnte er nichts tun, was im Widerspruch zum Willen seines Vaters stand, denn er war moralisch vollkommen (Joh 5,19).

Die Tatsache, daß er die Wunder in der Kraft des Heiligen Geistes vollbrachte (Mt 12,28), berührt seine Allmacht nicht, denn genau zur gleichen Zeit trug er das Universum durch das Wort seiner Macht (Hebr 1,3). Manchmal sprach er davon, seine eigene Macht einzusetzen. Er sagte: "Brecht diesen Tempel ab, und in drei Tagen werde ich ihn aufrichten" (Joh 2,19; Hervorhebung durch den Autor). Als er von seinem Tod und seiner Auferstehung sprach, sagte er: "Darum liebt mich der Vater, weil ich mein Leben lasse, um es wiederzunehmen. Niemand nimmt es von mir, sondern ich lasse es von mir selbst. Ich habe Vollmacht, es zu lassen, und habe Vollmacht, es wiederzunehmen" (Joh 10,17.18; Hervorhebung durch den Autor).

Jesus gab seine Allmacht nicht auf, als er auf die Erde kam. Sie war zeitweise den Augen der Menschen verborgen, aber sie war immer aktiv im Erschaffen, Erhalten, Versorgen, Führen und Herrschen.

Unsere Herzen sollten mit Anbetung und der Furcht des Herrn erfüllt sein, wenn wir über die Allmacht unseres Herrn nachdenken. Wir sind meistens geneigt, an seine physische Kraft zu denken, aber wir dürfen ebenso auch seine moralische Kraft nicht übersehen. E. Stanley Jones sagte dazu: "Die Welt liegt zu den Füßen des Mannes, der die Macht hatte, zurückzuschlagen, aber auch die Macht, nicht zurückzuschlagen. Das ist Macht - die höchste Form der Macht." Er hatte die Macht, mehr als zwölf Legionen Engel herbeizurufen, und doch sogar der Allmächtige konnte sich selbst nicht retten, wenn Sünder befreit werden sollten. Albert Midlane richtet die Aufmerksamkeit auf diesen Punkt, wenn er dichtet:

Sich selbst konnt' Er nicht retten,

sterben mußt' Er am Kreuz, sonst gäb' es keine Gnade für die verlorenen Sünder.

Ja, Christus, der Sohn Gottes, mußte bluten, damit Sünder von der Sünde befreit werden konnten.

Gottes Allmacht für uns

Man kann aus der Allmacht Gottes sehr viel Praktisches lernen. Die erste Lektion ist die, daß ein Mensch nicht erfolgreich gegen Gott ankämpfen kann. Das wäre etwa so, wie wenn eine Mücke versuchen wollte, gegen einen Stahlkonverter in einem Stahlwerk anzukämpfen: "Es gibt keine Weisheit und keine Einsicht und keinen Rat gegenüber dem HERRN" (Spr 21,30).

Eine zweite Lektion macht deutlich, daß solche, die Freunde Gottes sind, sich auf der Seite der göttlichen Allmacht befinden und deshalb auf der Seite des Siegers stehen. Zu gewissen Zeiten mag es scheinen, daß die Wellen gegen uns anlaufen, aber der Wechsel der Gezeiten kann dadurch nicht aufgehalten werden. Wir brauchen uns nicht davor zu fürchten, was andere uns antun könnten. Nichts kann uns ohne seine Zustimmung zustoßen. Wir Gläubigen sind unsterblich, bis unsere Arbeit getan ist. Gott kann die Gefühle, den Verstand und den Willen unserer Feinde unter Kontrolle halten, so daß sie kein Haar unseres Hauptes krümmen können. In 2.Mo 34,23 befahl Gott, daß alle Männer in Israel den jährlichen Festen in Jerusalem beiwohnen sollten. Aber ihre Frauen und Kinder würden sie in dieser Zeit, ungeschützt vor feindlichen Angriffen, zu Hause lassen müssen. Deshalb gab ihnen Gott in Vers 24 eine ungewöhnliche Verheißung: "...niemand wird dein Land begehren, wenn du dreimal im Jahr hinaufziehst, um vor dem Angesicht des HERRN, deines Gottes, zu erscheinen." Nur ein allmächtiger Gott kann garantieren, daß er den Willen seiner Feinde lenken wird.

Die Macht Gottes ist seine Fähigkeit und Kraft, durch die er alles geschehen lassen kann, was auch immer ihm gefallen, was seine unendliche Weisheit anordnen und was die grenzenlose Reinheit seines Willens beschließen mag.

Eine weitere Lektion, die wir als Gläubige lernen müssen, besteht darin, daß wir selbst niemals allmächtig sein werden. An dieser Eigenschaft Gottes können wir nicht teilhaben. Aber Gott stellt uns seine Kraft in gewissem Maß zur Verfügung. Wir brauchen nicht zu kriechen, wenn wir fliegen können. Wenn wir aus unserer eigenen Kraft leben, werden wir uns niemals über Fleisch und Blut erheben können. Aber wenn wir seinem Geist erlauben, uns auszurüsten, werden aus unserem Leben übernatürliche Funken schlagen. Jemand sagte einmal, daß die Menschen nie näher mit der Allmacht in Berührung kommen, als wenn sie im Namen des Herrn Jesus beten. Dieses Zeugnis ist wahr. Wenn wir in Jesu Namen beten, so ist es genauso, wie wenn der Herr Jesus diese Bitten an den Vater richten würde. Angesichts dieser Tatsache ist es erstaunlich, daß wir nicht mehr beten!

Die letzte Lektion, von der ich sprechen möchte, ist die, daß die Allmacht Gottes zum Trost und zur Ermutigung der Seinen dient. Wie tröstlich ist es, zu wissen, daß unser Gott alles tun kann, daß Ihm nichts unmöglich ist! Oswald J. Smith erinnert uns daran, daß Gott, obwohl er selbst keine Probleme hat, doch mit jedem Problem fertig wird, dem wir uns gegenüber sehen:

Der Retter kann jedes Problem lösen, die Verstrickungen des Lebens entwirren. Es ist nichts zu schwer für Jesus; es gibt nichts, das Er nicht tun könnte.

Elisabeth Elliot berichtet von einem Motto an der Wand eines Hauses der China Inland Mission:

Die Sonne stand still. Das Eisen schwamm. Dieser Gott ist unser Gott für immer und ewig.Er wird uns leiten bis an den Tod.

Sie erklärt:

"Dieser Gott, der Eine, der auf die Gebete eines einfachen Mannes hin die Sonne in ihrem Lauf anhielt, der Gott, der sein eigenes Gesetz der Schwerkraft aufhob und eine Axt zum Schwimmen brachte, das ist der Gott, an den ich mich wende. Dieser Gott ist der Einzige, dessen Verheißungen für mich zählen. Kann er mir aus meiner mißlichen Lage heraushelfen? Wie schwierig meine Lage auch sein mag, sobald ich sie mit den Umständen vergleiche, die zu den Wundern mit der Sonne und der Axt führten, erscheinen mir meine Zweifel einfach lächerlich." 3)

 

 

Nachtext

Quellenangaben

Anmerkungen:

1)        Stephen Charnock, The Existence and Attributes of God, Seite 364.

2)        Es ist wohl richtiger zu sagen, daß Gott die ganze Schöpfung "aus sich selbst heraus" erschuf (ohne daß vorher außer Ihm etwas existiert hätte), und das ist nicht "Nicht". Denn aus "Nichts" kann auch nichts entstehen. So auch Hebt- 11,3 in der unrevidierten Elberfelder Übersetzung

3)        Elisabeth Elliot, A Slow and Certain Light, Seiten 33-34.