Zeitschrift-Artikel: Entschiedenheit ist nötig

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Titel: Entschiedenheit ist nötig
Typ: Artikel
Autor: Charles Haddon Spurgeon
Autor (Anmerkung):

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Titel

Entschiedenheit ist nötig

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Eine Sache ist entweder wahr oder sie ist falsch - dieser Satz ist meiner Ansicht nach selbstverständlich; aber es gibt viele, die ihn nicht für richtig halten.

Die herrschende Ansicht unserer Zeit ist die: "Eine Sache kann wahr oder falsch sein, je nach dem Standpunkt, von dem man sie betrachtet. Schwarz ist weiß und weiß ist schwarz, je nach den Umständen, und es ist ziemlich einerlei, ob man es so oder so nennt. Die Wahrheit ist natürlich wahr, aber es wäre doch unhöflich, wenn man das Gegenteil der Wahrheit Lüge flennte. Wir dürfen nicht unduldsam sein, sondern müssen an das Sprichwort denken: Viele Köpfe, viele Sinne!"

Die Schule des modernen Gedankens spottet über die lächerliche Strenggläubigkeit der Reformatoren und Puritaner. Sie schreitet voran in herrlichem Freisinn und wird bald eine großartige Verbindung von Himmel und Hölle verkündigen, oder vielmehr eine Verschmelzung auf Grund gegenseitiger Zugeständnisse, so daß dann Lüge und Wahrheit nebeneinander liegen, wie der Löwe neben dem Lamm.

Ich habe aber noch die veraltete Ansicht, daß einige Lehren wahr sind und daß das Gegenteil davon nicht wahr sein kann. Wenn "nein" richtig ist, dann muß "ja" falsch sein und umgekehrt.

Wir haben einen bestimmten Glauben zu predigen, meine Brüder, und Gott hat uns einen ganz bestimmten Auftrag gegeben. Wir dürfen uns nicht unterwegs selbst den Auftrag ausdenken. Unser Herr hat uns nicht ganz im allgemeinen gesagt: "Wie es euch Kopf und Herz eingeben, so predigt. Haltet Schritt mit der Zeit. Was die Leute gerne hören, das sagt ihnen, und sie werden selig werden." Wahrlich, so steht es nicht geschrieben.

Die Wahrheit der Schrift ist nicht ein Wachsklumpen, dem man eine beliebige Form geben, oder ein Stück Zeug, das man nach der jeweiligen Mode zuschneiden kann.

Ich bin noch von der alten Schule und kann vor dieser Ansicht nicht niederfallen und sie anbeten. Was die Bibel sagt, ist gewiß; es ist kein "aber", oder "wenn", oder "vielleicht", oder "mag sein" davor, es sind keine 50.000 Verklausulierungen dahinter, so daß am Ende etwas anderes wahr wäre. Es ist mir geoffenbart als eine unumstößliche Tatsache, und das Gegenteil davon ist ein tödlicher Irrtum und kommt von dem Vater der Lügen.

Wenn wir also glauben, daß es ein Ding gibt, das sich Wahrheit, und ein Ding, das sich Lüge nennt, wenn wir glauben, daß die Bibel Wahrheiten enthält und daß das Evangelium etwas Gewisses ist, das die Menschen glauben sollen, so ziemt es uns, entschieden zu wissen, was wir lehren wollen, und es klar und entschieden zu lehren. Die Menschen, mit denen wir es zu tun haben, gehen entweder verloren oder sie werden selig, und sie werden gewiß nicht selig durch eine falsche Lehre. Außerdem gereicht es auch nicht zu Gottes Ehre, dessen Diener wir sind, wenn wir Lügen predigen; er wird uns auch nicht belohnen und sagen: "Recht so, du frommer und getreuer Knecht, du hast das Evangelium so geschickt verdreht, wie nur je einer vor dir." Wir sind in einer sehr ernsten Lage und wir sollten fühlen und sprechen wie Micha: "So wahr der Herr mein Gottl ebt, vor dem ich stehe, was der Herr mir sagen wird, das will ich reden."

Weder weniger noch mehr als Gottes Wort sollen wir reden, aber dieses Wort sollen wir so predigen, daß die Menschen, sie mögen davon denken, was sie wollen, überzeugt sind, wir glauben an Gott und lassen uns in unserem Glauben nicht erschüttern.

Nachtext

Quellenangaben