Zeitschrift-Artikel: Wer oder was genügt?!

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Titel: Wer oder was genügt?!
Typ: Artikel
Autor: Thimo Schnittjer
Autor (Anmerkung):

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Titel

Wer oder was genügt?!

Vortext

Text

In 2. Timotheus 3,1 ff. beschreibt der Apostel Paulus von Gottes Geist geleitet den Zustand der Generation der letzten Tage. In Vers 5a kennzeichnet er die Menschen als solche, „die eine Form der Gottseligkeit haben, deren Kraft aber verleugnen“.1 Bei allem Respekt für die vielen eifrig brennenden Christen und dem auch heute noch mächtigen Wirken Gottes ist meine Beobachtung, dass auf immer mehr Menschen in unserem Kulturkreis dieser Vers zutrifft. Auch solche, die sich als Christen bezeichnen, haben zwar eine gewisse Frömmigkeit, verleugnen aber letztendlich deren Kraft. Eine Art „Glaube“ mag vorhanden sein, aber das Ver- trauen, dass Gott und sein Wort für unser Leben genügen und uns die Kraft und den Sieg schenken, ist nicht mehr gegeben. Wir leben heute in einer sogenannten „Jesus+X“- Generation, die ein wenig Jesus mit vielen anderen Heils- und Glücksbringern vermischt. Der wahrhaftige Gott und sein Wort werden der Einzigartigkeit und Hinlänglichkeit beraubt. Der Heiland allein reicht anscheinend nicht mehr für das Heil! Wenn wir unseren Blick auf Matthäus 16 und Johannes 6 richten, machen diese Bibelstellen uns deutlich, dass unser Herr von uns ein deutliches Bekenntnis zu der Einzigartigkeit und auch zur Genügsamkeit seiner Person und seines Wortes erwartet. Die Bekenntnisse von Petrus können eine Hilfe dafür sein, wie wir zu unserem Herrn stehen sollten. Zunächst fallen drei Fragen auf, die der Herr Jesus den Jüngern stellte: • Wer sagen die Menschen, dass ich, der Sohn des Men- schen, sei? (Mt 16,13) • Ihr aber, wer sagt ihr, dass ich sei? (Mt 16,16) • Wollt ihr etwa auch weggehen? (Joh 6,67) Diese Fragen gelten auch uns! Wir werden auch heute noch von unserem Herrn in derselben Weise gefragt. Genügen der Herr und sein Wort uns oder brauchen wir zusätzliche Offenbarungen und Hilfsmittel für unser Glaubensleben? Verbringen wir unser Leben in einem falschen Vertrauen auf Menschen, auf uns selbst, auf andere Lebenskonzepte und zusätzliche Philosophien oder können wir mit David sagen: „Nur auf Gott vertraut still meine Seele, von ihm kommt meine Rettung.“? (Ps 62,2) Und wo suchen wir unsere Erfüllung, unser Glück und unsere Freude? In den Angeboten Satans, der Welt oder im Herrn allein? Drei Punkte können bei der Beantwortung dieser Fragen helfen.

› 1. Jesus Christus genügt

Die Frage Jesu, wer er für die jüdische Gesellschaft sei, beantworten die Jünger gewissenhaft: Die einen sehen ihn als Johannes den Täufer, andere als Elia und wiederum andere als Jeremia oder einen anderen Propheten (Mt 16,14). Sicher, Propheten waren wichtige, von Gott erwählte und von ihm gebrauchte Persönlichkeiten, aber auch sie können niemals auch nur annähernd den Stellenwert Jesu erreichen. Das macht Gott selbst deutlich, als er auf dem Berg der Verklärung seinen Sohn über Mose und Elia stellt, die das Gesetz und die Propheten repräsentieren, und seine Einzigartigkeit mit den Worten bestätigt: „Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe; ihn hört.“ (Mt 17,5) Später sehen die Jünger niemand außer Jesus allein (Mt 17,8). Aus Hebräer 1,1+2 erfahren wir, dass Gott ehemals durch die Propheten zu uns geredet hat, nun aber durch bzw. in dem Sohn zu uns geredet hat und noch redet. Damit werden die Worte des AT nicht abgewertet, sondern die Einzigartigkeit der Person Jesu in der Heilsge- schichte in den Vordergrund gestellt. William MacDonald drückt es folgendermaßen aus: „Die zeitgebundenen, teilweisen und aufeinanderfol- genden Prophezeiungen des AT sind nun durch Gottes hauptsächliche und endgültige Offenbarung ‚im Sohn‘ überschattet ...“2 Er ist der Sohn Gottes und in ihm haben wir volles Genüge. Gott hat sich endgültig durch ihn gezeigt und es ist keine weitere außerbiblische Offenbarung notwendig. Nun zu dem ersten Bekenntnis von Petrus. Er bekennt die Einzigartigkeit Jesu auf wunderbare Weise mit den Worten „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ (Mt 16,16) und „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens; und wir haben geglaubt und erkannt, dass du der Heilige Gottes bist.“ (Joh 6,68+69). Petrus betont, dass Jesus der Christus, der Messias, der wahre Heilsbringer ist. Es gibt keinen anderen, zu dem sie gehen können. Nur er allein hat Worte ewigen Lebens und nur er ist von Gott selbst ausgegangen. An einer anderen Stelle gibt Philippus zu bedenken, dass Jesus doch einfach den Vater zeigen solle, denn schließlich genüge dieser (Joh 14,7). Aber er muss lernen, dass der Vater im Sohn sichtbar ist und dass Gott selbst in ihm wohnt (Joh 14,9; vgl. auch 1Jo 5,20; Joh 19,29 und Kol 2,9). Wenn der Herr volles Genüge beansprucht, geht dies daher niemals zulasten der Ehre des Vaters. Was bedeutet das für dich und mich? Es gibt keinen anderen Weg, keine andere Lebensphilosophie und keine andere Person, die im Leid trägt und die Erfüllung und Heil gibt außer unserem Herrn allein! Er ist das Brot des Lebens, das den Lebenshunger stillt (Joh 6,35). Er ist das Licht der Welt, das Weisung und Erkenntnis gibt (Joh 8,12). Er ist die Himmelstür zum Vaterhaus und verspricht Leben im Überfluss (Joh 10,9+10). Er ist der gute Hirte, der uns umsorgt und nie verlässt (Joh 10,11 ff.). Er ist der Einzige, der die Auferstehung und das Leben ist und das Anrecht auf das Leben nach dem Tod gibt (Joh 11,25 f.). Er ist als Einziger der Weg, die Wahrheit und das Leben (Joh 14,6). Er ist der wahre Weinstock und in ihm können und werden wir ein fruchtbares Leben zur Ehre Gottes leben (Joh 15,1 ff.). Nicht zuletzt ist er das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte (Offb 1,8). Ja, in ihm sind wahrhaftig verborgen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis (Kol 2,3).

› 2. Das Wort Gottes genügt

Mittlerweile möchten manche Christen gerne einen Keil zwischen den Herrn Jesus und sein Wort treiben. Mit klu- gen Sätzen wie „Jesus ist für mich am Kreuz gestorben, nicht die Bibel!“ versuchen sie, zwischen der Person und den Worten Jesu zu unterscheiden.3 Dabei vergessen sie jedoch, dass die Worte Jesu mit der Identität und Persönlichkeit unmittelbar verbunden sind und eine Differenzie- rung gerade nicht möglich ist.4 So ist beispielsweise Jesus Christus selbst das Leben (Joh 14,6 uvm.), seine Worte allerdings ebenso (Joh 6,63). Außerdem erfahren wir von der Person des Heiland-Retters erst durch die Bibel. Ohne dies noch weiter auszuführen, dürfen wir schon jetzt folgern: Das Wort Gottes genügt. Nun wieder zu Petrus. In Johannes 6,68 weist Petrus einerseits auf die Einzigartigkeit und Genügsamkeit der Person Jesu, andererseits aber auch auf die Einzigartigkeit und Genügsamkeit seiner Worte hin: „Du hast Worte ewigen Lebens“. Nur Jesu Wort, Gottes Wort, genügt. Es vermittelt allein das Heil (Röm 10,17) und weist auf den Heilsbringer hin. Aus 2. Timotheus 3,15 ff. zum Beispiel dürfen wir wissen, dass die Bibel uns zum Heil in Jesus Christus führt, von Gott eingegeben und nützlich zur Lehre, Überführung, Zurechtweisung und Unterweisung in der Gerechtigkeit ist. So ist der Mensch Gottes vollkommen und zu jedem guten Werk völlig ausgerüstet. Eine modernistische Unterscheidung zwischen Jesusworten und Paulusworten und einer daraus folgenden unterschiedlichen Gewichtung derselben muss als unbiblisch angesehen werden.5 Darüber hinaus spricht die Bibel an dieser Stelle davon, dass ausschließlich sie selbst zum Heil führt, von Gott eingegeben und nützlich ist. Das bedeutet für uns, dass Gottes Wort genügt. Wir benötigen keine Ergänzung, keine zusätzlichen Hilfsmittel oder Offenbarungen, wenn es um das Heil und das tägliche Glaubensleben in der Beziehung mit unserem Herrn geht.6 Daraus ergeben sich einige persönliche Fragen: • Vertrauen wir im Alltag Gottes Wort und leben wir danach – oder ist die Bibel für uns ein wahrhaft „sonntägliches“ Buch? • Benötigen wir außerbiblische Beweise, um den Ge- schehnissen der Bibel zu glauben oder genügt uns die Schrift allein? • Glauben wir der Gesellschaft oder der Bibel? • Wenn wir in der Stillen Zeit die Bibel lesen, haben dann „die Worte des Lebens“ oberste Priorität oder nehmen Bibelkommentare, Lexika etc. einen höheren Stellenwert ein? Ich stimme von Herzen mit Warren W. Wiersbe überein, der erklärt: „Wenn Sie Andachtsbü- cher lesen, dürfen diese niemals als Ersatz für die Bibel herhalten.“7 An anderer Stelle bemerkt er zur Stillen Zeit: „Aber in die Andacht gehören keine Kommentare, Konkordanzen und Synopsen.“8 • Wie groß ist die Gefahr, dass wir beim Bibelstudium von der Bibel abschweifen und uns mit theologischen Fragestellungen beschäftigen, die in erster Linie gar nicht zur Schrift gehören oder auf die Gott offenbar in seinem Wort gerade nicht den Stellenwert legt? • Entsteht womöglich Bibelkritik?

› 3. Gottes Bestätigung genügt!

Was ist nun, wenn Christen (oder solche, die sich Christen nennen) in unserem Umfeld eine andere Erkenntnis zu dieser Frage haben? Was, wenn sie nicht daran glauben, dass der Herr Jesus genügt und dass die Bibel genügt? Auch hierzu geben uns die Bibelstellen eine Antwort. In Matthäus 16,17 gibt unser Herr zu dem Bekenntnis des Petrus zu bedenken: „Fleisch und Blut haben es dir nicht offenbart, sondern mein Vater, der in den Himmeln ist.“ Gott allein schenkt diese Erkenntnis. Für uns Gläubige bedeutet dies mindestens zweierlei: Erstens dürfen wir gewiss sein, dass Gott seine Wahrheit durch den Heiligen Geist in unser Herz gelegt hat. Jeder, der – wie Petrus – bekennt, dass der Herr und sein Wort genügen, bestätigt hiermit, dass Gott dies in ihm gewirkt hat. Das ist keine Anmaßung, sondern eine fol- gerichtige Anwendung dieses Verses. Wir dürfen gewiss sein: Wenn wir dem Herrn und seinem Wort allein Glauben schenken, hat Gott dies in uns gewirkt. Zweitens sollten wir in Demut darum bitten, dass noch viele Menschen diese Wahrheit erkennen. Viele, die sich als Christen bezeichnen, erkennen sie nicht an. Charles Henry Mackintosh bemerkt: „Verhältnismäßig klein ist die Zahl derer, die sich mit der Bibel begnügen, um aus ihr das Material für ihren Dienst zu schöpfen.“9 Manche gehen sogar so weit den Herrn zu verlassen, der ihnen zugerufen hat: „Wollt ihr etwa auch weggehen?“ (Joh 6,67) Bitten wir den Herrn doch darum, dass er uns allen diese Erkenntnis gibt, dass er und sein Wort genügen – für unser Leben hier und in alle Ewigkeit!

Nachtext

Quellenangaben

1 Anm.: Sämtliche Bibelstellen dieses Artikels sind der Elberfelder Übersetzung 2003 entnommen. 2 William MacDonald: Kommentar zum Neuen Testament. Bielefeld: Christliche Literatur-Verbreitung 2001, S. 1192 3 Anm.: Aktuell hat beispielsweise der Evangelist Ulrich Parzany auf dieses Problem hingewiesen. Er bemerkt hierzu: „Der selbst erdachte Jesus wird (...) gegen die konkreten Aussagen der Bibel ausgespielt.“ (vgl. ideaSpektrum Nr. 24/2016, S. 29) 4 Vgl.hierzuu.a.JohnWenham:JesusunddieBibel.Autorität,Kanon und Text des Alten und Neuen Testaments. Holzgerlingen: Hänssler Verlag 2000, bes. S. 45–46. Siehe auch 2Sam 12,9–10 und 4Mo 15,30– 31 als weitere Beispiele für diesen untrennbaren Zusammenhang. 5 Vgl. dazu z.B. Michael Kotsch: Mehr Jesus weniger Paulus? – Wenn Gottes Wort gegen Gottes Wort ausgespielt werden soll. Online abrufbar unter https://bibelbund.de/2016/03/mehr-jesus-weniger- %c2%adpaulus-wenn-gottes-wort-gegen-gottes-wort-ausge- spielt-werden-soll/ (Stand: 15.06.2016) 6 Vgl. dazu u.a. John MacArthur, Die Autorität und Hinlänglichkeit der Schrift anerkennen, in: John F. MacArthur/Richard L. Mayhue/John A. Hughes (Hrsg.): Verändertes Denken. Zurück zu einer biblisch-christ- lichen Weltanschauung. Bielefeld: Christliche Literatur-Verbreitung 1. Au . 2005, S. 21 ff. 7 Vgl. Warren W. Wiersbe: Gott kennt keine Eile ... und andere Impulse für ein ausgeglichenes Leben. Dillenburg: Christliche Verlagsgesell- schaft 2014, S. 48 8 Ebd. 9 Charles Henry Mackintosh: Nimm Gott beim Wort. Eine Heraus- forderung für dich und mich. Zürich: Beröa-Verlag 2012, S. 118