Zeitschrift-Artikel: Elisa – einer von Gottes Segensträgern Teil 13

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Titel: Elisa – einer von Gottes Segensträgern Teil 13
Typ: Artikel
Autor: Wolfgang Bühne
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Titel

Elisa – einer von Gottes Segensträgern Teil 13

Vortext

Und es geschah, als Elisa, der Mann Gottes, hörte, dass der König von Israel seine Kleider zerrissen hatte, da sandte er zum König und ließ ihm sagen: Warum hast du deine Kleider zerrissen? Lass ihn doch zu mir kommen und er soll erkennen, dass ein Prophet in Israel ist. Und Naaman kam mit seinen Pferden und mit seinen Wagen und hielt am Eingang des Hauses Elisas. Und Elisa sandte einen Boten zu ihm und ließ ihm sagen: Geh hin und bade dich siebenmal im Jordan, so wird dir dein Fleisch wieder werden, und du wirst rein sein. Da wurde Naaman zornig und zog weg; und er sprach: Siehe, ich hatte gedacht: Er wird gewiss zu mir heraus- kommen und herzutreten und den Namen des HERRN, seines Gottes, anrufen, und wird seine Hand über die Stelle schwingen und so den Aussätzigen heilen. Sind nicht Abana und Parpar, die Flüsse von Damaskus, besser als alle Wasser von Israel? Kann ich mich nicht darin baden und rein werden? Und er wandte sich und zog weg im Grimm. Da traten seine Knechte herzu und redeten zu ihm und sprachen: Mein Vater, hätte der Prophet etwas Großes zu dir geredet, würdest du es nicht tun? Wie viel mehr denn, da er zu dir gesagt hat: Bade dich, und du wirst rein sein! Da stieg er hinab und tauchte sich im Jordan siebenmal unter, nach dem Wort des Mannes Gottes. Da wurde sein Fleisch wieder wie das Fleisch eines jungen Knaben, und er war rein. (2Kö 5, 8 – 14)

Text

Dieses hochdramatische, interessante Kapitel war zu allen Zeiten ein beliebtes Predigt-Thema und zugleich eine der oft benutzten Geschichten im A.T. für eine evangelistische Verkündigung. Tatsächlich könnte man eine Serie von Predigten allein über die fünf Hauptpersonen in diesem Drama halten und es verwundert, dass bisher – wie es scheint – noch kein Filmemacher auf die Idee gekommen ist, diesen spannenden Stoff zu verfilmen. Allerdings würde es den Rahmen unserer Betrachtungen sprengen, wenn wir auf alle Einzelheiten dieses Textes eingehen würden. Daher möchte ich die ergreifende Vorgeschichte nur kurz erwähnen, um dann ausführlicher auf Elisa einzugehen, dessen geistliche Weisheit im Umgang mit Menschen verschiedenster Kategorien in diesem Kapitel besonders deutlich aufstrahlt und auch für uns vorbildlich ist. › Ein armer, reicher, syrischer Kriegsheld Dieser syrische Verteidigungsminister hatte all das, wovon heute die meisten Menschen träumen: Erfolg, Ehre, Macht und Geld. Würde er heute leben, dann stünde er wahrscheinlich auf der Beliebtheitsskala der Politiker auf Platz 1 und als Idol vieler junger Menschen würde sein Poster zahlreiche öffentliche und private Wände zieren. Falls dieser mit vielen Auszeichnungen dekorierte Volksheld mit seinem Gefolge abends auf einer Promenade anierte, könnte keiner seiner Verehrer ahnen, dass dieser Mann in Wirklichkeit nur ein Häufchen Elend war. Er trug ein dunkles Geheimnis mit sich herum, das bei allem äußeren Glamour sein Leben überschattete und Verzweiflung gebar: Aussatz! Offensichtlich befand er sich noch im Anfangsstadium, so dass er nicht isoliert werden musste. Aber sein Zustand war vor seiner nächsten Umgebung nicht zu verbergen und wurde wahrscheinlich von seinen intimsten Ärzten längst diagnostiziert. „Hinter den Kulissen sieht es anders aus als auf der Bühne“ – schreibt treffend ein Autor1 und beschreibt so mit einem Satz das Elend vieler Promis und der meisten Menschen ohne Gott. › Ein armes, reiches Dienstmädchen Irgendwann wurde dieses junge Mädchen von syrischen Soldaten auf ihren Streifzügen in Israel geraubt und landete schließlich als Sklavin und Kriegsbeute im heidnischen Haushalt des Generals. Wahrscheinlich mit traumatischen Erlebnissen belastet, aber dennoch ohne Bitterkeit und mit einem herzlichen Erbarmen und Mitleid gesegnet, wird sie mit einem Stoßseufzer zur Überbringerin der rettenden Botschaft: „Ach, wäre doch mein Herr vor dem Propheten, der in Samaria wohnt! Der würde ihn von seinem Aussatz befreien!“ Wie treu, vorbildlich und glaubwürdig muss das Mädchen im Haushalt dieses Heiden gelebt und gedient haben! Keine Predigt, sondern nur ein schlichter, aber von Erbarmen geprägter Satz und der General packt nach Rücksprache mit seinem König die Koffer, verschnürt seine gefüllten Geldbeutel reisefest und mobilisiert einige seiner Soldaten und Knechte, um sich auf die Reise nach Samaria zu dem Propheten Elisa zu machen. › Ein mächtiger aber hilfloser König Gut gerüstet steuert Naamans Karawane das Königshaus Jorams in Samaria an, in dessen Umgebung der General den besagten Propheten vermutet. Nach diplomatischem Gebrauch legt er das Empfehlungs-Schreiben seines Herrn dem erstaunten König Israels vor, der vermutlich nach der Lektüre bleich wird. In seiner Hilfosigkeit zerreißt er seine königlichen Kleider, weil er eine Finte der Syrer vermutet, die wieder einmal einen Anlass suchen, um einen Krieg gegen Israel anzuzetteln. Joram hatte keine guten Erinnerungen an Elisa, wie man aus 2. Könige 2,13 deutlich schließen kann. Und den verhassten Mann Gottes – der ihm damals einen gehörigen Marsch geblasen hatte – in dieser heiklen Situation um Rat und Hilfe zu bitten, ließ sein Stolz nicht zu. Was helfen königliche Gewänder, wenn sie einen Mann schmücken, dessen Charakter alles andere als „königlich“ ist und der in dieser Szene einen jämmerlichen Anblick bot. Sein Stuhl wackelt – und das beunruhigt ihn mehr als der Aussatz eines heidnischen Generals. › Ein königlicher Mann ohne Krone Genau zu diesem Zeitpunkt erscheint ein Bote, dessen Auftreten und Botschaft sicher nicht den hö schen Gebräuchen entsprach. Gesandt vom Propheten Elisa, der selbst nicht vorstellig wird, um den mächtigen General zu begrüßen, sondern der dem König Joram durch seinen Boten einen Denkzettel verpasst: „Warum hast du deine Kleider zerrissen? Lass ihn doch zu mir kommen [...]“ Noch einmal Hans Dannenbaum: „Propheten verschließen ihren Mund nicht vor Königen, aber sie machen ebenso wenig ihren Rücken krumm vor Generälen.“2 › Unterwegs mit großen Erwartungen Naamann wird diese peinliche Szene am Königshof mit gemischten Gefühlen verfolgt haben. Aber immerhin fällt der Name des Propheten und es wird zum Aufbruch geblasen. Gut vorgesorgt mit etwa 350 kg Silber, 70 kg Gold und zehn kostbaren Gewändern, dazu begleitet von einem beeindruckenden Tross von Soldaten, bereitet er sich auch innerlich auf die Begegnung mit dem Propheten vor. Er hat manches von ihm gehört, aber nun wird er ihn hoffentlich persönlich erleben. Geprägt von heidnischen Ritualen und geheimnisvollen Zeremonien stellte er sich unterwegs vielleicht vor, wie der Mann Gottes – feierlich gekleidet, leise murmelnd, unter Weihrauchwolken und Schellengeklimper – seine magischen Hände über den Aussatz schwingen und unter tosendem Beifall der Zuschauer heilen würde. Eine Welle von spiritueller Wärme würde womöglich seinen Körper durchdringen und heilen ... Wahrscheinlich wurde er aus seinen Träumen aufgeschreckt, als die Karawane plötzlich stoppte und der Bote Elisas aus einer bescheidenen Behausung gelaufen kam und eine sehr ernüchternde Kurzpredigt des Propheten weiter gab. Und die muss Naaman aus allen religiösen Tagträumen gerissen haben: „Geh hin und bade dich sie- benmal im Jordan, so wird dir dein Fleisch wieder werden, und du wirst rein sein.“ Keine persönliche, ehrenvolle Begrüßung, kein würdevoller Empfang, keine die Sinne berauschende Zeremonie, keine respektvolle Verbeugung vor dem dekorierten General, kein Austausch von Orden und Geschenken. Nur ein gesandter Bote mit einem verstörenden Befehl, ausgerechnet in dem lächerlichen Fluss Jordan siebenmal unterzutauchen und sich zu waschen. Das war doch der Gipfel aller Peinlichkeit! Der verletzte Stolz ließ nur noch einen zornerfüllten Befehl zu, begleitet von abfälligen Bemerkungen über „alle Wasser Israels“! Die Bibel berichtet: „Und er wandte sich um und zog weg im Grimm.“ Diese emotionsgeladene Szene ist eine treffende Illustration von dem, was Paulus den Korinthern schrieb: „Wir aber predigen Christus als gekreuzigt, den Juden ein Ärgernis und den Nationen eine Torheit [...]“ (1Kor 1,23). Der religiöse Mensch ist bereit, Unsummen für seine Erlösung zu zahlen, körperliche Qualen und Bußübungen bis zum Umfallen zu erleiden. Aber der schlichte, deutliche Befehl, an den gekreuzigten Herrn Jesus zu glauben, ist ihm eine empörende, entwürdigende und äußerst anstößige Botschaft. Und doch muss sich jeder, der von dem Aussatz seiner Sünde befreit werden möchte, vor dem Gekreuzigten beugen. Hoch zu Ross – wie Naaman in dieser Szene – ist noch keiner durch die „enge Pforte“ gekommen. › Eine unerwartete Wende Während der General mit Wut im Bauch den Befehl zum Rückmarsch gibt, scheinen seine Knechte sehr nachdenklich geworden zu sein. Man kann fast zwischen den Zeilen lesen, wie sie sich leise unterhalten und schließlich zu einer Erkenntnis und zu einem Entschluss gekommen sind, den man am wenigsten von ihnen erwarten würde. Sie treten unterwürfig, aber doch mutig vor ihren Befehlshaber und legen ihm eine gut durchdachte, intelli- gente Frage vor, auf die es eigentlich nur eine vernünftige Antwort geben kann: „Hätte der Prophet etwas Großes zu dir geredet, würdest du es nicht tun? Wie viel mehr denn, da er zu dir gesagt hat: Bade dich, und du wirst rein sein!“ Doch erstaunlicher Weise leiten sie zuvor ihre Frage mit der für Knechte sehr ungewöhnlichen Anrede ein: „Mein Vater!“ Welcher ranghöchste Befehlshaber ist jemals von seinen Untergebenen so angeredet worden? Wilhelm Busch schreibt dazu: „Das ist eine liebliche Szene! Sie spricht ebenso für die Knechte, wie für Naamann. [...] Welch ein schönes Verhältnis muss dieser Feld- hauptmann zu seinen Untergebenen gehabt haben, dass sie ihn ‚Lieber Vater‘ anzureden wagten!“3 Man wird unwillkürlich an Salomo erinnert, der in Sprüche 25,15 sagt: „Ein Fürst wird überredet durch Langmut, und eine milde Zunge zerbricht Knochen.“ Hier wird ein „harter Knochen“ durch milde Zungen gebrochen und so kommt es, dass sich ein General durch eine liebevolle und weise Frage und Argumentation seiner Knechte umstimmen lässt. › Im „Tal der Demütigung“ „Das Tal der Demut steht für die erniedrigenden Erfahrungen, die Gott in unserem Leben zulässt, um die Sünde des Stolzes auszulöschen und uns zu helfen, göttliche Demut zu entwickeln“4, schreibt Wayne A. Mack. Sein Dienstmädchen hatte Naaman – vermittelt durch seine Frau – ein Zeugnis gegeben. Elisa gab durch seinen Boten eine kurze, deutliche und demütigende Anweisung mit der unmissverständlichen Verheißung: „[...] und du wirst rein sein.“ Schließlich haben ihn seine Untergebenen freundlich ermutigt, den Worten des Propheten Gehorsam zu leisten. „Da stieg er hinab!“ Mit diesem kurzen Satz beschreibt die Bibel einen inneren Kampf, den man auch mit vielen Worten nicht erklären kann. Aber dieser umgesetzte Entschluss, den Worten Elisas zu folgen, ist der erste und entscheidende Schritt zu seiner Reinigung. „Er stieg hinab“ – zuerst von dem hohen Roß seines Stolzes. Dann hinunter zum Ufer des Jordan, wo er alle äußeren Zeichen seiner Würde und seines Selbstwertes ablegt. Dort im Untergewand versteckt er nicht länger die Hässlichkeit seines Aussatzes vor den Augen seiner Untergebenen. Er sieht sich und lässt auch andere sehen, wie es wirklich um ihn steht. Nicht mehr Orden- und Ehrenzeichen zieren ihn, sondern die Zeichen der Krankheit zum Tod werden für alle erschütternd sichtbar. Und dann das letzte „hinab“ in die Fluten des Jordan, wo er siebenmal untertaucht „nach dem Wort des Mannes Gottes“. Sicher von „tausend Zweifeln oft geplagt, vom Feind bedroht und sehr verzagt“, als er beim sechs- ten Untertauchen weder Heilung spürt noch sieht. Aber das Wort des Mannes Gottes gilt und nach dem letzten Untertauchen lesen wir die schlichten Worte: „Da wurde sein Fleisch wie das Fleisch eines jungen Knaben, und er war rein.“ Keine Blitze zuckten, kein Donner grollte von den Bergen wider. Die Wasser des Jordan färbten sich nicht rot oder gelb, sondern ossen dahin wie immer. Aber aus dem Wasser stieg ein Mann, der wie von neuem geboren war. Naaman hatte dem Wort des Propheten vertraut und die Verheißung hatte sich erfüllt – er war rein. „Zuerst verlor Naaman seine Geduld; dann verlor er seinen Stolz; und dann verlor er seinen Aussatz. Das ist im Allgemeinen die Reihenfolge, in der die Umwandlung von stolzen, rebellischen Sündern geschieht“ – so schreibt D.L. Moody an dieser Stelle.5 › Die „Heilung“ des John Wesley (1703 – 1791) Die Erfahrungen von John Wesley, dem späteren Erweckungsprediger, illustriert sehr deutlich die geistliche Bedeutung der Heilung Naamans für uns: Am Mittwochabend, dem 24. Mai 1738, stimmte John Wesley seinem Londoner Gastgeber James Hutton widerwillig zu, ihn zu einem Treffen der „Herrnhuter Brüder“ zu begleiten. Er war inzwischen 35 Jahre alt und bereits viele Jahre lang ordinierter Priester der Anglikanischen Kirche. Sein jahrelanges Bemühen, ein heiliges Leben in äußerster Disziplin und Selbstkasteiung zu führen, war gescheitert. Noch Tage vorher hatte er seinen Entschluss erneuert, „sich ernsthaft und ganz Gott zu weihen und beschloss sogar, niemals mehr zu lachen, außer wenn er dazu genötigt würde.“ Aber inzwischen hatte Peter Böhler, einer der Herrnhuter Brüder, mit ihm im griechischen NT die Worte Paulus’ an den Gefängnis-Aufseher studiert: „Glaube an den Herrn Jesus und du wirst errettet werden!“ Doch Wesley konnte nicht glauben. Sein Verstand stimmte zu, doch sein Herz weigerte sich, den Glauben zu wagen. Aber jetzt waren Wesley und Hutton unterwegs zu der Zusammenkunft in der Aldersgate Street, worüber John Wesley in seinem Tagebuch schrieb: „Am Abend ging ich widerwillig zu einer Gruppe in die Aldersgate Street, wo jemand Luthers Vorrede zu dem Brief an die Römer vorlas. Ungefähr um viertel vor neun, als er über die Veränderung des Herzens sprach, die Gott durch den Glauben an Jesus Christus wirkt, fühlte ich mein Herz seltsam erwärmt. Ich fühlte, dass ich Christus vertraute, ganz allein der Erlösung durch Jesus Christus; und plötzlich hatte ich die Gewissheit, dass er meine, gerade meine Sünden hinweggenommen und mich vom Gesetz der Sünde und des Todes befreit hatte.“ Vom nächsten Morgen schrieb er: „Gleich beim Erwachen war Jesus, der Herr, in meinem Herzen und in meinem Mund. Und ich fand, dass alle meine Stärke darin lag, meine Augen auf ihn gerichtet zu halten.“6 Gott schenke, dass alle Leser in ihrem Leben diesen rettenden Glauben erfahren und allein auf Gottes Wort und Zusage ihre Heilsgewissheit gründen.

Nachtext

Quellenangaben

Quellenangaben 1 Hans Dannenbaum, Alte Brunnen, Gladbeck: Schriftenmissions Verlag 1956, S. 71 2 Ebd., S. 75 3 Wilhelm Busch, Elisa, Gladbeck: Schriftenmissions Verlag 1961, S. 89–90 4 Wayne A. Mack, Demut – die vergessene Tugend, Bielefeld: CMV 2013. S. 15 5 Zit. in: Warren W. Wiersbe, Sei anders, Dillenburg: CV 2007, S. 53 6 John Pollock, John Wesley, Stuttgart: CVH 1990, S. 102–103