Zeitschrift-Artikel: Die Brüderbewegung Ein historischer Abriss (H.A. Ironside)

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Titel: Die Brüderbewegung Ein historischer Abriss (H.A. Ironside)
Typ: Buchbesprechung
Autor: Gerrit Alberts
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Titel

Die Brüderbewegung Ein historischer Abriss (H.A. Ironside)

Vortext

Text

Die Originalausgabe dieser Geschichte der Brüderbewegung erschien 1942 in den USA. Dementsprechend beschreibt sie die Entwicklung dieser kirchengeschichtlichen Strömung bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Aus mehreren Gründen ist sie bis zum heutigen Tag sehr lesenswert, auch wegen der großen Sachkenntnis des Autors, dem Bemühen fair und unparteiisch in der Darstellung zu sein und seiner Würdigung des großen Segens, den Gott durch diese Bewegung gab. Auch die Beschreibung der Schwächen und Fehlentwicklungen und der sich daraus ergebenden Aktualität regt den Leser an, aus der Geschichte Lehren zu ziehen und sie auf die heutige Zeit anzuwenden. Eine amerikanische Ausgabe trägt den Untertitel: Ein Bericht über ihren Beginn, ihre Ausbreitung, ihre Grundsätze, ihr Versagen und die Lehren für das heutige Glaubensleben. Ironside lebte von 1876 bis 1951. Im Alter von 16 Jahren wurde er Prediger bei der Heilsarmee. Mit 20 schloss er sich einer Offenen Brüdergemeinde in San Francisco an. Bereits damals erlebte er in kondensierter Form die Licht- und Schattenseiten der Bewegung, indem er einerseits nach monatelangen, inneren Kämpfen wegen der Heiligungsbewegung durch die Bibelkenntnis der Geschwister entscheidende Hilfe erfuhr, andererseits jedoch in drei Jahren zwei Gemeindespaltungen miterlebte. (Siehe dazu die Biographie von E. Schuyler English, Henry Allan Ironside – ein Leben lang unterwegs für Christus, CLV, 1995, und das sehr lesenswerte, teils autobiographische, teils dogmatische Buch von H. A. Ironside, Heiligung – Zerrbild und Wirklichkeit, im Downloadbereich von www.clv.de). Er kam in Gemeinschaft mit einer Geschlossenen Brüdergemeinde der sogenannten Grant-Gruppe, der er drei Jahrzehnte angehörte. Im Anschluss daran war er 18 Jahre Pastor der Moody Church in Chicago. Bis unmittelbar vor seinem Heimgang war er ein viel gefragter Konferenz-Redner, Prediger, Buchautor und Straßenprediger. Und er war ein sorgfältiger Lehrer des Wortes Gottes und ein begabter Evangelist. Sein Biograph schreibt über seine Predigten in der Moody Church: „Ich glaube, man kann mit ­Sicherheit sagen, dass es in all den Jahren seit 1930 kaum einen Sonntag gab, der ohne Umkehr eines Sünders zu Ende ging.“ (S. 182 f.). Er verfasste über 100 Bücher, einschließlich Kommentare zu 51 Büchern der Bibel. William MacDonald nennt ihn unter den zehn Menschen, die sein Leben am meis­ten beeinflusst haben. „Was ihn wirklich für die meisten von uns sympathisch machte, war seine Vers-für-Vers-Auslegung der Heiligen Schrift. Er konnte die schwierigsten Bibeltexte so erklären, dass ein Baby-Christ sie verstehen konnte. Ein jüdischer Geschäftsmann erfuhr von diesem ‚großen Prediger‘ in Chicago und hörte ihn. Als er die Kirche verließ, meinte er: ‚Hm, was war daran so großartig? Ich habe jedes Wort, das er sagte, verstanden.‘ Dann dämmerte ihm: Dr. Ironsides Größe war seine Einfachheit. Ich glaube, der Mann hatte ein photographisches Gedächtnis. In späteren Jahren, als seine Sehfähigkeit fast erloschen war, hielt er eine Predigtreihe über Jesaja. Er zitierte das Buch aus dem Gedächtnis mit nur gelegentlicher Unterstützung seiner Frau, die neben ihm stand.“ (W. MacDonald, Ten Highlights in an ­Ordinary Life, unveröffentlichtes Typoskript). Ironside schreibt mit großer Hochachtung und Liebe über die Bewegung. Der Leser spürt seine Begeisterung über das Wirken des Heiligen Geistes. Andererseits geht er ausführlich auf die Schattenseiten ein, die sich vor allem in den zahlreichen Spaltungen zeigen. Er zitiert W.H. Griffith Thomas, einen Pastor und Autor, der viel von den Brüdern gelernt hat und sie charakterisierte als „bemerkenswerte Leute, die das Wort der Wahrheit recht teilen, sich selbst aber immer wieder falsch teilen“ (S. 182). Ein anderer Kritiker formulierte es noch spitzer: „Die Brüder sind Leute, die es mit dem Brechen des Brotes sehr ernst nehmen, aber mit dem Brechen der Herzen leicht bei der Hand sind“ (S. 139). Das Buch will einen Überblick geben und ist somit nicht die detailgenaueste geschichtliche Darstellung der Brüderbewegung, aber vielleicht die ausgewogenste. Ein Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung der lehrmäßigen Auseinandersetzungen und die sich daraus ergebenden Folgen für den bekenntnismäßigen Status der Gemeinden. Die erstaunlichen Entwicklungen in der Evangelisation und Mission, in der Diakonie und auch die Wirkungsgeschichte über den Rahmen der Brüderbewegung hinaus kommen leider, wenn überhaupt, nur am Rande vor. Der Text ist mit über 500 ebenso kenntnis- wie hilfreichen erläuternden Fußnoten des Übersetzers Alois Wagner versehen, die den Inhalt auch für Leser mit geringem oder gar keinem Hintergrundwissen über die Geschichte der Brüderbewegung verständlich machen.

Nachtext

Quellenangaben

CLV, Paperback, 352 S., € 12,90