Zeitschrift-Artikel: Schicht im Schacht?

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Titel: Schicht im Schacht?
Typ: Artikel
Autor: Michael Bühne
Autor (Anmerkung):

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Titel

Schicht im Schacht?

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183 Steinkohle-Zechen hat es in Deutschland einmal gegeben; heute sind es noch acht. Im Ruhrgebiet, das einst wie keine andere deutsche Region für Montanindustrie stand, wird lediglich noch an drei Standorten Kohle gefördert. Erdöl, Erdgas, billige Importkohle und Kernkraft haben dem ‚schwarzen Gold‘ nach und nach den Rang abgelaufen. „Zechensterben“ wird diese industriegeschichtliche Entwicklung auch genannt. 2018 wird sie – mit dem Ende der staatlichen Subventionierung des Kohleabbaus – beendet sein. Dann wird die letzte Zeche schließen – Schicht im Schacht! FBNC im Ruhrgebiet In Oberhausen-Sterkrade fand vom 18. bis 31. August die FBNC („Ferien-Bibelschule Next Chapter“) statt. Wir waren in dieser Freizeit mit jungen Erwachsenen und einigen Ehepaaren zusammen und haben intensives Bibelstudium mit praktischem, missionarischem Einsatz vebunden. Die FBNC wurde von Peter Lüling und Markus Nietzke geleitet und war dieses Mal bewusst für das Ruhrgebiet geplant. Der Grund: Die magere geistliche Situation dort. Es ist nicht so, dass es gar keine Gemeinden gäbe – doch die kleine Anzahl erscheint völlig unverhältnismäßig angesichts der fast 10 Millionen Menschen, die in der Metropolregion Rhein-Ruhr leben. Markus, der mit seiner Frau Eliane in Oberhausen wohnt, erzählte uns: „Das Ruhrgebiet ist unsere Heimat. Hier sind wir aufgewachsen, hier leben wir seit sechs Jahren wieder, weil uns die Not berührt. Hier bei uns im Ruhrgebiet gibt es sehr großen Mangel in der Reich-Gottes-Arbeit. Fast alle Gemeinden sind überaltert, kaum noch lebendig, schrumpfen statt zu wachsen, ... einige haben sich schon aufgelöst!“. Zu Beginn stellte er uns in einer Präsentation das Ruhrgebiet vor und teilte uns mit, was ihm wichtig geworden war: „Gott sieht nicht nur den einzelnen Menschen – den sieht er auch, aber nicht nur. Gott hat auch einen Blick für einzelne Städte. In den Evangelien sieht man immer wieder, dass der Herr bewusst in einzelne Städte geht, dass Er einzelne Städte anspricht, dass Er sogar über eine Stadt weint. Städte sind Ihm wichtig. So ist auch uns das Ruhrgebiet wichtig. Viele einzelne Städte sind hier auf engstem Raum und die allermeisten Menschen, die hier leben, kennen Gott nicht.“ Ein „FBNC-Tag“ Ein FBNC-Tag begann mit „Stiller Zeit“ in Kleingruppen. Nach dem gemeinsamen Frühstück ging es mit einer Andacht weiter, die jeweils von einem der Teilnehmer vorbereitet wurde. Diese Andachten sollten nicht nur der Ermutigung, Ermahnung und Zurüstung dienen, sondern sie wurden auch durch die anderen Teilnehmer bewertet. Diese positive Kritik „schleift“ natürlich, und das war auch Sinn der Sache: Anhand der Rückmeldungen zu lernen, wie man es noch besser machen könnte. Der weitere Vormittag war mit biblischem Unterricht gefüllt. Es ging darin um Themen wie „Lebe dein Leben als Christ verbindlich!“, „Wie präsentiere ich das Evangelium?“ und es gab eine Einführung ins Buch der Richter. Am Nachmittag stand eine Gebetszeit auf dem Programm mit besonderem Fokus auf der geistlichen Situation im Ruhrgebiet. Außerdem gab es Zeiten, in denen die Mitarbeiter persönliche Gespräche mit den Teilnehmern führten.

Dann hatten wir Zeit zur Vorbereitung von Andachten, Kinderstunden, Predigten, Besu- chen, sowie zur Planung. Was musste geplant werden? Gott hat uns überrascht Zwei große Arbeitsaufträge bekamen wir zu Beginn. Einerseits sollte ein Flyer mit unseren Zeugnissen erstellt und bei mehreren Gelegenheiten verteilt werden. Außerdem sollte am Mittwoch in der zweiten Woche ein Start-Abend zum Vertikal-Kurs stattfinden. Wir hatten in Oberhausen kaum Bekanntschaften, sodass eine besondere Herausforderung darin bestand, völlig unbekannte Menschen „abzuholen“. So erstellten, druckten und verteilten wir Einladungen, schalteten eine Zeitungsannonce und luden persönlich im Stadtzentrum ein. Die Menschen ließen sich einladen, sowohl durch die persönlichen Begegnungen, als auch durch Flyer und die Zeitung. Der altbackene Gemeinderaum wurde mit viel Liebe und Mühe vollständig umgestaltet und dekoriert, Jahrzehnte alte dunkle Vorhänge wurden durch neue, helle ersetzt. So entstand eine warme, einladende Atmosphäre. Tatsächlich erschienen etwa 25 Gäste, viele Gespräche wurden geführt und eine ganze Reihe Bücher wurden mitgenommen. Einige der Gäste erschienen auch zu den weiteren Vertikal-Abenden, die inzwischen stattgefunden haben. Ein Großteil der gesamten Veranstaltung fand in den Räumen der EFG in Oberhausen- Sterkrade statt, die uns dankenswerterweise aufnahm. Diese Geschwister zu ermutigen und zu stärken war ein Anliegen, das uns durch die ganze Freizeit begleitete. Wir nahmen an den regelmäßigen Gemeindeveranstaltungen teil und besuchten die Geschwister zu Hause. Das FBNC empfanden die Geschwister als sehr große Bereicherung. Sie freuen sich über den neu gestalteten Gemeinderaum und wir sind auch ein weiteres Mal in der Gemeinde herzlich willkommen. Für September 2013 ist folglich eine weitere FBNC in Oberhausen geplant. Was zählt unterm Strich? • Nun, vorallem bekamen wir eine Sichtweise auf das Ruhrgebiet, die über Bergbau, Bundesliga und Ballungsraum hinausgeht: Eine arme und verarmende Gemeindelandschaft, insbesondere gemessen an den Millionen von Menschen. Diese Sichtweise wurde uns erfolgreich vermittelt. • Die FBNC ist keine „Kaffeefahrt“–für Süßholzgeraspel und dergleichen sind die Leiter nicht zu haben. Liebenswert, aber sehr offen und ehrlich wurde Kritik geübt. Es bleibt nun die Eigenverantwortung, veränderungsbereit zu sein. • Unter dem Strich steht für uns ebenfalls die Erinnerung an eine kleine Gemeinde in Oberhausen, die um das Überleben kämpft – oder die bereits die Waffen gestreckt hat!? Diese Gemeinde ist in den vergangenen Jahrzehnten stetig kleiner geworden. Aus den unterschiedlichsten Gründen verlassen Geschwister die Gemeinde nach und nach. Einige Fotos in einer Vitrine erinnern noch an den „Ruhm vergangener Tage“: Als nach den Zerstörungen durch den Zweiten Weltkrieg die Gemeinde neu aufgebaut wurde, gehörten ihr etwa 120 Geschwister an. Heute sind sie noch rund 20 – damit sind sie eine Gemeinde von vielen, die dieses Schicksal teilen. Was tun? Der Bergbau ist nach China gewandert. Die Mengen, die heutzutage dort gefördert werden, lassen den Kohlestandort Deutschland völlig unbedeutend erscheinen. Manchmal scheint es, als sei auch geistliches Wachstum nach China abgewandert. Dort kommen täglich viele Menschen zum Glauben an Jesus Christus, es entstehen Gemeinden, geistliches Leben blüht vieler orts. Wollen wir uns nicht ermutigen lassen, der geistlichen Verarmung hierzulande entgegenzuwirken? Wie? Indem wir für dieses Land beten – insbesondere für das Ruhrgebiet mit seinen Millionen von Menschen – oder auch indem wir uns von Gott im Ruhrgebiet gebrauchen lassen. Das Zechensterben muss man hinnehmen – die Steinkohlevorkommen sind schlichtweg nicht unendlich. Wie gut, dass es mit der Allmacht und dem Reichtum Gottes anders ist! Eindrücke Annika: „Das, was ich besonders mitgenommen habe, ist der Blick für die geistliche Not in Deutschland. Im Ruhrgebiet ist es besonders schlimm: [....] es hat mich total angespornt und erfrischt, intensiver für Unerrettete zu beten und die beste Botschaft nicht zu bunkern.“ Sebastian: „An der FBNC gefällt mir vor allen Dingen, dass ich nicht nur im Kopf gefordert werde, sondern auch in praktischen Aufgaben und in meiner Persönlichkeit. Die enge Verzahnung mit einer Gemeinde schafft einen persönlichen Bezug und einen realistischen Einblick in Gemeindearbeit, den ich in vielen Freizeiten so nicht bekam.“ Bei Fragen melde Dich unter: markus.nietzke@gmx.net

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Quellenangaben