Zeitschrift-Artikel: Erlösung!

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Titel: Erlösung!
Typ: Gedicht
Autor: Eva von Tiele Winckler
Autor (Anmerkung): "Mutter Eva", wie sie liebevoll genannt wurde, lebte im Dienst für andere. Bereits in ihrer Jugend widmete sich die Adelstochter den Ärmsten ihres Heimatortes. 1890 begann sie mit der Einrichtung eines Kinderheims (Friedenshort). Spätere Arbeitsgebiete ihrer Schwesternschaft: Kinder- u. Obdachlosenarbeit, Kranken- u. Gemeindepflege, Mission.

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Titel

Erlösung!

Vortext

Text

Lang müht' ich mich, wie ich die eignen Kräfte zum Sterben an das Holz des Kreuzes hefte. Doch stets, wenn auch nach langem Todesschweigen, gelang es mir, vom Kreuz herabzusteigen. Ob schwer der Kampf auch war, ob heiss das Ringen, es wollt' mir nie und nimmermehr gelingen. Bis gänzlich Mut und Hoffnung mir entfiel, und dann gewann der Feind ein leichtes Spiel. Da trat mir Einer vor mein Geistesauge und zeigte mir, wie doch so gar nichts tauge das eigne Ringen und das eigne Wollen, und wie wir niemals werden, wie wir sollen. Wenn wir nicht völlig unser Eigenleben ganz dem Gerichte Gottes übergeben, dass ER das Todesurteil selbst vollstrecke und uns zum neuen Leben auferwecke. Und wunderbar! Sobald ich das erkannte, und von mir selbst mich ab zu Christus wandte, da sah ich, wie in SEINEM Tod am Holze auch ich gekreuzigt ward mit meinem Stolze. Ganz abgetan, gerichtet und begraben, braucht ich nun nichts mit mir zu schaffen haben. Ich bin gekreuzigt, bin in Christus tot! Gelobt sei Gott! So endet meine Not. O wunderbar Geheimnis ohne Gleichen. Das konnte Gottes Allmacht nur erreichen! Nicht mehr ich selbst! Nein Christus ist mein Leben! ER hat in SICH nun alles mir gegeben, was ich vergeblich in mir selbst erstrebte, als ich noch in den eignen Kräften lebte. ER wohnt in mir nun durch den Heilgen Geist, und schafft, dass IHN mein neuer Wandel preist. Ja, Ehre, Preis und Ruhm allein dem Lamme, das für mich einst erblich am Kreuzesstamme! Nun weiss ich von mir selber nichts zu sagen, als dass ER alle meine Schuld getragen, und dass ER in mir lebt und wirkt und waltet, und durch den Geist mich in SEIN Bild gestaltet, dass ich ein Lobpreis Seiner Gnade sei. Nun spricht ER: „Sieh, ich mache alles neu!“ Doch will ich wieder je mich selbst bemühen, und will am alten Joche ziehen, So weicht mir gleich der tiefe sel'ge Friede. Es ist, als ob mich was von Jesus schiede. Nein, ich will meine eignen alten Fetzen nicht mehr an Stelle SEINES Lichtkleid's setzen! Drum lass ich IHN nur alles in mir tun, und darf als sel'ges Kindlein in IHM ruhn!

Nachtext

Quellenangaben