Zeitschrift-Artikel: Kampf oder Krampf - "Befreiungsdienst" und "Geistliche Kampfführung"

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Titel: Kampf oder Krampf - "Befreiungsdienst" und "Geistliche Kampfführung"
Typ: Artikel
Autor: Wolfgang Bühne
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Titel

Kampf oder Krampf - "Befreiungsdienst" und "Geistliche Kampfführung"

Vortext

"Eine herausragende Botschaft des Heiligen Geistes heute an sein Volk ist die, daß wir als Gemeinde Jesu durch kriegerisches Gebet die Fürsten und Gewaltigen in der unsichtbaren Welt und in der Luft unter unsere Kontrolle bringen können"(1). Wolfhard Margies

Der "Befreiungsdienst" und die "Geistliche Kriegsführung" gehören zu den Praktiken, die nicht nur, aber vor allem in der "Dritten Welle" gelehrt und praktiziert werden.
In der Pfingstbewegung werden diese Lehren allgemein abgelehnt. Laut C.P. Wagner hat die größte pfingstliche Denomination, die "Assem­blies of God" in einer Stellungsnahme zum Thema "Können wiedergeborene Gläubige von Dämonen besessen sein?" mit einem deutlichen "Nein!" ge­antwortet (2).
Auch in der deutschen Pfingstbewegung teilt man weithin diese Haltung, auch wenn einige Ge­meinden, Prediger und Verlage unter dem Einfluß von J. Wimber, K. Hagin, W. Margies usw. von der allgemeinen Einstellung abweichen. Einer der Führer der deutschen Pfingstbewegung, R. Ulons­ka, sagt z.B. deutlich: "Eine Besessenheit bei Gläubigen kann vom NT her klar abgelehnt wer­den...weder in den Paulusbriefen noch in der Apo­stelgeschichte gibt es einen Fall, daß ein Gläubi­ger noch von einem satanischen Bann gelöst wur­de, oder wo man ihm Dämonen ausgetrieben hät­te"(3).

 

Zu den bekanntesten Männern, die innerhalb der Charismatischen Bewegung und "Dritten Wel­le" den "Befreiungsdienst" und "Geistliche Kampf­führung" praktizieren, gehören u.a.: P. Yonggi Cho, Michael Harper, Francis MacNutt, Jack Hay­ford, John Wimber, Charles Kraft, Derek Prince, C. Peter Wagner, Lester Sumrall, Omar Cabrera, Kenneth Hagin, Don Basham, Bob Mumford, Rein­hard Bonnke.

Text

Was versteht man unter "Befreiungsdienst"?

Unter "Befreiungsdienst" versteht man in charis­matischen Kreisen die Befreiung von Dämonen und dämonischen Belastungen bei Christen und Nichtchristen.
Im allgemeinen wird gelehrt, daß Christen durch eigene Sünde unter den Einfluß und unter die Herrschaft von Dämonen kommen können, oder aber durch "ererbte" Dämonen, also durch Dämonen, die von Eltern auf Kinder übergehen, gebunden sein können.
Als biblische Belege werden im allgemeinen Saul (1. Sam. 16,14), die verkrüppelte Frau (Luk. 13, 16), Petrus (Luk. 22,31), Ananias und Saphire (Ap. 5,3) usw. genannt, obwohl Männer wie C.P. Wagner zugeben, daß es "keine Textstelle in der Bibel gibt, die sich direkt mit dieser Thematik be­schäftigt"(4).
Fast alle Erkenntnisse auf diesem Gebiet der Besessenheit und Befreiung kommen aus der praktischen Seelsorge, sind also Erfahrungswerte und nicht Ergebnisse von Bibelstudien.

Allgemein wird gelehrt, daß es verschiedene Grade von Besessenheit oder "Dämonisierung" gibt, die dann auch entsprechend der Anzahl und der Hartnäckigkeit der "innewohnenden Dämo­nen" verschieden behandelt werden müssen.

Als Kennzeichen dämonischer Gebundenheit werden von John Wimber u.a. folgende Symtome genannt:
- Drogen - oder Alkoholsucht
- Zwänge wie Begierde, Unzucht, Masturbation, Stehlen, Lügen, Eßsucht
- Gebundenheit durch Gefühle wie Furcht, Angst, Depression, Zorn
- Selbsthaß, Unversönlichkeit, Bitterkeit, Groll, Verachtung
- Chronische körperliche Krankheiten

So spricht man teilweise von Dämonen der Lust, der Müdigkeit, der Armut, des Zorns, der Häßlichkeit und sogar der "satanisch nachge­machten Zungenrede"(5).

Wolfhard Margies zählt zu den bereits genann­ten Symptomen noch folgende Krankheiten hinzu, die seiner Überzeugung nach Folgen dämoni­scher Belastung sind:
- Vegetative Störungen und Krankheiten (Schlafstörungen, Magersucht, psychosoma­tische Herzbeschwerden)
- Alle Formen einer chronischen rheumatischen Arthritis, alle chronischen Ekzeme, Allergien, Asthma, Neurodermitis
- Tumor, Krebs
- Schizophrenie, Epilepsie, Psychosen (6)

Die "Therapie"

Über die Befreiung von angeblichen Dämonen gibt es verschiedene Anweisungen. John Wimber erwähnt vier Arten von Befreiung: "Selbstbefrei­ung", "Brüderliche Befreiung", "Pastorale Befrei­ung" und Befreiung durch solche, die eine "beson­dere Gabe zur Unterscheidung der Geister, sowie die besondere Vollmacht haben, den Teufel und die bösen Geister dort zu besiegen, wo ihre Akti­vität am intensivsten ist"(7).

Der in charismatischen Kreisen bekannte und viel gelesene Francis MacNutt empfiehlt, vor der eigentlichen Befreiung um Schutz für alle Beteilig­ten zu beten:
"Ich bete, daß die Kraft des Blutes Christi alle Anwesenden umgibt und beschützt. Dann bete ich, daß Maria, die Mutter Gottes, und der heilige Erzengel Michael, alle Engel und Heiligen und auch die himmlischen Heerscharen mit uns für den Betreffenden einzustehen"(8).
Danach werden im allgemeinen die Dämonen aufgefordert, ihre Namen zu nennen. John Wim­ber pflegt zuerst den Dämonen zu gebieten ihm zuzuhören und anschließend seinen Namen zu nennen: "In Jesu Namen gebiete ich dir, deinen Namen zu nennen"(9).
Es offenbaren sich dann Dämonen mit Namen wie "Schmerz", "Angst", "Lust", "Häßlichkeit", "Tod", "Müdigkeit", "Gefräßigkeit", "Wollust" (so Wimber, Wagner und Basham), deren Namen oft unter würgen, spucken usw. ausgesprochen wer­den. Anschließend werden diese "Dämonen" durch Befehle ausgetrieben, oft unter Begleiter­scheinungen wie "Hinfallen, Schreien, Stöhnen, tiefes Ausatmen, faulige Gerüche"(10) usw.

W. Margies beschreibt seine Praxis, Dämonen auszutreiben so:

"Im Namen Jesu ergehen unsere Befehle der­art, daß wir zunächst den Feind bei seinem Na­men ansprechen und ihn in der Autorität unseres Herrn binden. Unter Binden verstehe ich, daß wir die uns vom Herrn gegebene Macht über alle Ge­walt des Feindes erklären und damit die einzelne dämonische Macht lähmen und inaktivieren. Sie ist uns also jetzt untertan und muß gehor­chen..."(11)

Der Exorzismus wird als erfolgreich beendet betrachtet, wenn sich auf Befragen keine Dämo­nen mehr melden, oder - wie Wimber berichtet -"Prickeln in den Händen, Wärme, übernatürlicher Friede aufhören"(12).

Interessant ist, daß der "Befreiungsdienst" in dieser oder ähnlicher Form auch von Nichtcharis­matikern und auch von Anticharismatikern ver­schiedenster Schattierungen praktiziert wird, wäh­rend "Geistliche Kampfführung" meines Wissens nach ausschließlich von Charismatikern gelehrt und praktiziert wird.

"Geistliche Kampfführung"

In den letzten Monaten sind einige Berichte und Erfahrungen veröffentlicht worden, die teilweise großes Aufsehen erregt haben und zu einer neuen "Welle" in verschiedenen charismatischen Kreisen geworden sind.

Diese neue "Welle" wird "Geistliche Kampffüh­rung" genannt und man versteht darunter einen erweiterten Befreiungsdienst, der sich nicht zu­nächst auf Menschen, sondern auf "Territorien" bezieht. Es geht darum, die "territoriale" Gewalt Satans über Länder, Städte, Bezirke, Straßen und Häuser im "kosmischen Raum" zu brechen.

C.P. Wagner berichtet z.B. von dem argentini­schen Pastor Omar Cabrera, der "Erfahrung im Umgang mit örtlich begrenzt wirksamen Dämonen hat"(13), die er auch in körperlicher Form zu se­hen bekommt, deren Namen er erkundet und ihre Macht über ein Territorium bricht. Gemeinsam mit anderen "hervorstechenden christlichen Leitern in Argentinien" fordern sie "Satan direkt heraus und verfluchen ihn".

C.P. Wagner weist auch auf den Psychiater McAli hin, der endlich die Ursache für das rätsel­hafte Verschwinden vieler Schiffe am berüchtigten "Bermuda-Dreieck" erkannt zu haben glaubt: Dort hätten früher Sklavenhändler etwa 2 Mill. Sklaven über Bord geworfen, die Versicherungsgelder da­für kassiert und damit einen Fluch mit Spuker­scheinungen auf dieses Gebiet gelegt. 1977 habe dann eine "Jubiläums-Eucharistiefeier" von vielen Priestern und Bischöfen stattgefunden, um den Fluch aufzulösen und die Befreiung der Seelen zu erlangen, die am Bermuda-Dreieck ein vorzeitiges Ende gefunden haben (14).

In der Praxis kann "Geistliche Kampfführung" so aussehen:

"Bei evangelistischen Einsätzen unserer Ge­meinde auf der Frankfurter Zeit binden wir aus diesem Grund die Mächte und Kräfte am Ort, die wir durch den Geist Gottes erkannt haben. Die Luft, die eben noch zum Schneiden war, wird dünner, geistliche Widerstände werden gebro­chen, und Menschen finden schneller und leich­ter zum Herrn. Das Lösen und Binden im Namen Jesu (Mattb. 16,19) bezieht sich nicht nur auf dä­monisierte Personen. Manchmal müssen ganze Gebäude von Spuk und Belästigungsphänome­nen freigebetet werden, manchmal ein über­schaubarer Bezirk einer Stadt"(15).

Als biblische Begründung für diese Praxis wird Eph. 6,12 zitiert, wo es uni unseren Kampf gegen die "Weltbeherrscher dieser Fin­sternis, wider die geistlichen Mächte der Bos­heit" geht. Einen weiteren Beleg sieht man in Dan. 10, wo die Kämpfe zwischen satanischen und göttlichen "Fürsten" geschildert werden, die für bestimmte Gebiete (Territorien) zustän­dig sind.

Was lehrt die Bibel?

1. Zum Thema "Befreiungsdienst"

Im NT finden wir kein einziges Beispiel von dä­monischer Besessenheit bei Gläubigen und daher auch kein Beispiel von einem Exorzismus an Wie­dergeborenen.

Natürlich kann ein Christ von Dämonen und vom Teufel beeinflußt, verführt und betrogen wer­den - viele Personen und Gemeinden des NT sind dafür ein warnendes Beispiel - aber es steht im Widerspruch zu den Lehren des NT, daß ein Christ, der ein "Tempel des Heiligen Geistes"(1. Kor. 6,19) ist und unter der Herrschaft Christi steht, vom Satan "besessen" sein kann und daher einen Exorzismus oder einen "Befreiungsdienst" nötig hat.
Wenn z.B. jemand in den "Fallstrick des Teu­fels" geraten ist, dann soll er "zurechtgewiesen" werden (2. Tim. 2,24-26). Da ist keine Rede von Dämonenaustreibung.
Auch die oft zitierten Textstellen Matth. 16,19 und 18,18 ("Lösen und Binden im Namen Jesu") haben absolut nichts mit Dämonen, sondern mit Aufnahme in die Gemeinde bzw. Gemeindezucht zu tun, wie der Kontext eindeutig zeigt. In dieser Frage hat sich eine Erfahrungstheologie entwik­kelt - was zahlreiche Exorzisten auch freimütig zu­geben - die in keiner Weise biblisch begründet werden kann.

Zu weich unsinnigen Ansichten eine solche Er­fahrungstheologie führt, zeigt das Beispiel von dem Jesuitenpater Rodewyk, der bei seinen Be­freiungsdiensten Weihwasser, den Rosenkranz, das "Bild" des Erzengels Michael, Sakramentalien und Reliquien einsetzt (16).
Kann man aus Rodewyks angeblich erfolgrei­chen Befreiungsdiensten schließen, daß der Teu­fel das Weihwasser fürchtet und von Sakramenta­lien geheimnisvolle Kräfte ausgehen? Benutzt nicht Satan vielmehr diese Erfahrungen, um Men­schen in ihrem Aberglauben zu bestätigen? Satan ist ein Lügner (Joh. 8,44) und das, was Dämonen sagen und vortäuschen, darf niemais als Wahrheit ernstgenommen werden. Wieviel Unheil ist da­durch entstanden, daß man Dämonen befragt und ihren Auskünften und Reaktionen Glauben ge­schenkt hat. Selbst wenn Dämonen etwas äußern, was der Wahrheit entspricht (vgl. Ap. 16,17), hat Paulus sich diese 'Propaganda" entschieden ver­beten.

Dazu kommen noch einige seelsorgerliche Pro­bleme: Es ist viel leichter, sich in einem "Befrei­ungsdienst" von angeblichen Dämonen befreien zu lassen, als Sünde im eigenen Leben zu erken­nen, zu bekennen, zu verurteilen und zu beseiti­gen. In vielen Fällen wird die Verantwortung für Sünde und Fehlverhalten auf innewohnende Dä­monen oder belastete Vorfahren geschoben und damit eine biblische Buße und Umkehr erschwert oder sogar verhindert.
Auffallend oft entsteht auch eine sehr starke Bindung an einen "vollmächtigen" Seelsorger, der unter Umständen weit entfernt wohnt und manch­mal über Jahre aufgesucht wird, um schubweise von Dämonen befreit zu werden. Diese Praxis ver­hindert biblische Seelsorge, die möglichst am Ort geschehen sollte und niemals zu einer starken Bindung an den Seelsorger führen darf.

Biblische Befreiung hat immer dieses Muster: Sünde erkennen, bereuen, verurteilen, bekennen und beseitigen. Die Christen in Ephesus, die of­fensichtlich vor ihrer Bekehrung aktiv okkulte Praktiken getrieben hatten, "bekannten und ver­ kündeten ihre Taten" und verbrannten öffentlich ihre Bücher (Ap. 19,18-20). Von Dämonenaustrei­bung oder einem "Befreiungsdienst" von seiten des Apostels lesen wir kein Wort.

2. Zum Thema "Geistliche Kampfführung"

An keiner Stelle im NT werden Christen aufge­fordert, die "territoriale Gewalt" Satans über Bezir­ke, Städte und Länder im kosmischen Raum" zu brechen. Die Gefahr ist groß, daß man mit diesen Praktiken und der damit verbundenen Dämonen­befragung und Teufelsverfluchung in die Nähe des Spiritismus gerät.
Fehlten dem Erzengel Michael Erkenntnisse in "Geistlicher Kampfführung", als er in der Ausein­andersetzung mit dem Teufel um den Leib Mose kein "lästerndes Urteil über ihn zu fällen" wagte (Jud. 9)?
Geistlicher Kampf nach Eph. 6 hat absolut nichts mit Dämonenbefragung usw. zu tun, wohl aber mit Wahrhaftigkeit, Gerechtigkeit, Evangeli­sation, Wort Gottes, Glaube und Gebet.

Haben wir "Vollmacht über den Teufel''?

Aufgrund der Worte Jesu an die Jünger "Siehe, ich gebe euch die Gewalt (Vollmacht), auf Schlan­gen und Skorpione zu treten, und über die ganze Macht des Feindes..."(Luk. 10,19) schließen be­sonders Männer der "Glaubensbewegung" oder der "Wort-des-Glaubens" Bewegung, daß wir in gleicher Weise Autorität über den Teufel ausüben können.
Kenneth Hagin, der "Vater" dieser Bewegung, die innerhalb der Charismatischen Bewegung gro­ßen Einfluß hat, aber - wie Dave Hunt und D.R. McConnell nachgewiesen haben - stark vom "Neuen Denken", "Unitarismus" und der "Christli­chen Wissenschaft" beeinflußt worden ist und de­ren Theorien teilweise übernommen hat, äußert sich dazu folgendermaßen:

"Die Vollmacht über den Teufel gehört dir"(17),
"...du hast Macht über all diese unsichtbaren Kräfte. Du kannst sogar über andere Autorität ausüben, solange sie sich in deiner Gegenwart befinden...lch weiß von Ehefrauen, die dem Teu­fel vollmächtig gebieten, wenn ihre Ehemänner nach Hause kommen und ihnen die Hölle heiß machen. Sie bedrohen Satan und nehmen ihre Autorität über ihn in Anspruch"(18).

"Gottes Plan für dich ist, im Leben zu herr­schen und zu regieren - über Umstände, Armut, Krankheit und alles, was dich bedrückt. Du herrschst, weil du Autorität hast"(19).

Wolfhard Margies, der das deutsche Sprach­rohr von Kenneth Hagin zu sein scheint, dessen Bücher jedenfalls Hagins "Theologie" zum Aus­druck bringen, äußert sich ähnlich:

"Wir sind dem Satan und seinem Reich überlegen... wir haben aktive Vollmacht über ihn"(20).

Dieser anmaßende Irrtum führt konsequenter­weise dazu, daß Margies ein vernichtendes Urteil über die Christen im Ostblock fällt, die seiner Mei­nung nach jahrzehntelang nicht von ihrer Voll­macht Gebrauch gemacht haben:

"Märtyrer zu sein und Verfolgungsleid auf sich zu nehmen ist nicht die erste Priorität des Christen. Wer dennoch diesen unbiblischen Akzent setzt, schadet sich selbst... Unsere kostbaren und hinge­gebenen Brüder und Schwestern im osteuropä­ischen Raum haben sich die Tradition des Unter­drücktwerdens und des Leidens selbst verordnet... haben durch ihre unbiblischen, dem Willen Jesu zuwiderlaufenden Leidensprioritäten die Obrigkeit indirekt in die jahrhundertelangen antigöttlichen Herrschaftsformen getrieben. Mit ihrem verkehrten Verständnis haben sie dann schließlich das geern­tet, was sie gesät haben"(21).

Wenn man diese Ausführungen liest, muß man davon ausgehen, daß dem Apostel Paulus diese Vollmacht fehlte, als er den Thessalonichern schrieb: "Deshalb wollten wir zu euch kom­men...einmal und zweimal, aber der Satan hat uns verhindert"(1. Thess. 2,18).

Es würde mich sehr interessieren, welche Er­klärung W. Margies parat hat, um die eindeutigen Worte in 2. Tim. 3,12 umzudeuten: "Alle aber auch, die gottselig leben wollen in Christus Jesus, werden verfolgt werden."
Hatte Stephanus - trotz Geistesfülle - unbibli­sche Leidensauffassungen, die seine Steinigung zur Folge hatten?
Fehlte dem Apostel Jakobus Unterricht in "Geistlicher Kampfführung", daß er von Herodes getötet wurde?

Wenn es so selbstverständlich ist, daß man "Mächte und Kräfte am Ort bindet", warum hat dann Jesus nicht von dieser Möglichkeit während der Versuchung in der Wüste Gebrauch gemacht, um uns damit praktische Anleitung für den Um­gang mit dem Teufel zu geben?
Wenn wir uns einbilden, "Vollmacht über den Teufel" zu haben, erliegen wir einer tragischen Selbsttäuschung. Die Bibel und auch der Lebensall­tag von Charismatikern zeigt, daß wir diese Voll- macht eben nicht haben und es wäre besser, die­sen Tatbestand demütig anzuerkennen und "stark in der Gnade"(2. Tim. 2,1) zu sein, als derart un­nüchtern auf vermeintliche Autorität zu pochen.

Man kann nur hoffen, daß diese unbiblischen Theorien und Praktiken, die - wie mir scheint - in vielen Kreisen die "Wellen" der "Inneren Heilung" und des "Ruhens im Geist" ablösen, von vielen durchschaut werden und einer Rückbesinnung auf die unveränderlichen Grundlagen eines bibli­schen Evangeliums Platz machen.

Nachtext

Schlußfolgerungen

 1. Für den "Befreiungsdienst" in Form von Dämonen­austreibungen bei Gläubigen gibt es im NT weder ein Beispiel noch eine Aufforderung. Daher ist diese Art Seelsorge als unbiblisch abzulehnen.

2. Da der Teufel der Vater der Lüge ist, müssen alle Be­gleiterscheinungen beim Exorzismus und alle Aussa­gen angeblicher Dämonen als Täuschungsmanöver ge­wertet und die Möglichkeit in betracht gezogen werden, daß die Beteiligten dadurch irregeführt werden.

3. Da zahlreiche Christen, die aus Unwissenheit ver­geblich Hilfe beim "Befreiungsdienst" gesucht ha­ben, durch eine nüchterne, biblische Seelsorge Hilfe bekommen haben, zeigt auch die Erfahrung, daß der "Befreiungsdienst" ein Irrweg ist.

4. Die angebliche Autorität über den Teufel ist eine tra­gische Fehleinschätzung, die entweder zu Hochmut und Vermessenheit oder bei Nichterfolg zu Depres­sionen und zur Resignation führt.

5. Der in charismatischen Kreisen geführte "Geistliche Kampf" gegen territoriale Dämonen und Mächte ist eine Verzerrung dessen, was das NT über geistli­chen Kampf lehrt und rückt in die Nähe des Spiritis­mus.

6. Immer dann, wenn unser Interesse und unsere Blickrichtung von unserem Herrn Jesus weg auf an­dere Personen, Mächte oder Dinge gerichtet wird, verlieren wir geistliche Kraft und erliegen einem Be­trug.
Wir sollten den Teufel nicht dadurch ehren, daß wir ihm mehr Beachtung schenken, als unbedingt nö­tig ist.

Quellenangaben

Quellenangaben

1. W. Margies: Das Kreuz der Gesegneten, Aufbruch, Berlin 1990, S. 68
2. C.P. Wagner: Der gesunde Aufbruch, W. Simsen Verlag, Lörrach 1989 , S. 172
3. R. Ulonska: Kann ein Christ besessen sein? (Kassettennachschrift)
4. C.P. Wagner, a.a.O., S. 177
5. ebd., S. 166
6. W. Margies: Befreiung, Aufbruch, Berlin 1988, S. 41-42, 211-212
7. J. Wimber: Heilung in der Kraft des Geistes, Projektion J, Hochheim 1987, S. 125
8. F. McNutt: Die Kraft zu heilen, Styria/Franz, 1986, S. 147
9. J. Wimber, a.a.O., S. 222
10. ebd., S. 224
11. W. Margies: Befreiung, a.a.O., S. 201
12. J. Wimber, a.a.O., S. 225
13. C.P. Wagner, a.a.O., S. 181
14. C.P. Wagner: Territorial spirits and world missions, EMO, 1989, S. 284
15, A. Hermann, in Gemeindewachstum 42/1990, S. 6
16. W. Nietsche/B. Peters: Dämonische Verstrickungen - Biblische Befreiung, Schwengeler, Berneck, S. 110
17. K. Hagin: Die Autorität des Gläubigen, Verlag Lebendiges Wort, Hohenschäftlarn, 1982, S. 47
18. ebd., S. 45
19. ebd., S. 31
20. W. Margies: Über den Umgang mit einem besiegten Feind, Aufbruch, Berlin, 1987, S. 7
21. W. Margies: Das Kreuz der Gesegneten, a.a.O., S. 46-47