Zeitschrift-Artikel: Gilbert Morris: Die gefangene Braut

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Titel: Gilbert Morris: Die gefangene Braut
Typ: Buchbesprechung
Autor: Wolfgang Bühne
Autor (Anmerkung):

online gelesen: 2280

Titel

Gilbert Morris: Die gefangene Braut

Vortext

Text

"Eine historische Erzählung voller Spannung, Dramatik und Gottvertrauen" - so lautet der Klappentext.
Was mich jedoch beim Lesen dieses Buches beunruhigte, ist die Darstellung von spannender Erzählung im Rahmen historischer Er­eignisse (z.B. die Verhaftung John Bunyans und die Verfolgung der Puritaner), wobei allerdings Bunyan und seinen puritanischen Glaubensbrüdern eine derart oberflächlich-tolerante Haltung in Fragen Liebe und Sexualität unterstellt werden, daß jeder, der die Schriften und das Leben der Puritaner kennt, empört ist. Dem unkritischen Leser wird hier eine völlig falsche Vorstellung von den Moralauffassungen der Puritaner vermittelt. Dazu kommt noch, daß diesen Puritanern charismatische Praktiken (Heilungen, Zungenreden usw.) unterschoben werden, die nun wirklich nicht historisch nachweisbar sind.
Sollten Bücher wie dieses weite Verbreitung unter den Evangeli­kalen finden, braucht man sieh nicht zu wundern, wenn Fünfzehn­jährige ohne Gewissensnöte Zärtlichkeiten austauschen und Er­wachsene, "gottvertrauende" Christen, die weder verlobt noch verheiratet sind, sich intensiv küssen und diese Praxis mit "brüder­lichem Kuß" bagatellisieren.
So halte ich dieses Buch für einen sicher gut gemeinten, aber verhängnisvollen Versuch eines begabten Autors, kirchengeschicht­lich sehr interessante und wichtige Zeiten und Ereignisse erzähle­risch darzustellen. Da lese man lieber Romane von Dreisbach oder Hübner, die sich auf jeden Fall nicht darin schuldig machen, die laschen und leichtsinnigen Moralauffassungen unserer Zeit ver­gangenen Generationen anzudichten.

Nachtext

Quellenangaben

Francke, Pb., 242 S., DM 24.80