Zeitschrift-Artikel: Die Geschichte eines jungen Mannes, ...

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Titel: Die Geschichte eines jungen Mannes, ...
Typ: Artikel
Autor: William MacDonald
Autor (Anmerkung):

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Titel

Die Geschichte eines jungen Mannes, ...

Vortext

Die Geschichte eines jungen Mannes, der Jesus fand und seine Eltern verlor

Text

Die "Holzhammer-Methode"
"Nachdem ich gerettet war, ging ich heim und ver­suchte, meinen Verwandten das Evangelium reinzupro­pfen. Sie leisteten heftigen Widerstand und ich reagier­te sehr gereizt. Deshalb sagte ich: ich habe versagt, ihr Interesse ausgelöscht.
Hier ist die Vorgeschichte:
Ich wuchs in einem religiösen Elternhaus auf. Wir Kinder lernten den Katechismus, gingen zur Beichte und regelmäßig in den Gottesdienst. Schließlich wurde ich Ministrant. So wie ich es jetzt sehe, bestand unsere Religion aus Ritualen und Zeremonien, aber keiner von uns war wirklich wiedergeboren.
In der Schule geriet ich unter schlechten Einfluß. Ich nahm Drogen, wollte nicht feige sein, besorgte mir einen der üblichen "Schlitten" und begann mit zwielich­tigen Typen herumzuhängen. Trotz vieler Zwischenfäl­le mit der Polizei gelang es mir, vorläufig nicht im Knast zu landen.
Nach der Schule begann ich zu stehlen, um meine Sucht zu finanzieren. Mein Vater mußte mich dreimal gegen Kaution aus der Kiste holen. Aber es blieb doch leichter, sich Geld durch Diebstähle zu besorgen als durch Arbeit.
Natürlich war ich längst von Sex begeistert. Es war nicht schwer, Mädchen zu kriegen. Ich sah mich selbst als Mr. Macho.
So war ich einige Zeit ganz oben. Mein Leben war wie Zucker. Ich sonnte mich in der Bewunderung meiner Freunde, war berauscht von meinem wilden Leben.
Die erste Ernüchterung kam, als mein bester Freund bei einem Unfall draufging. Kurz danach mußte ich wegen Drogen einsitzen. Als ich auf Kaution rauskam, landete ich im Krankenhaus mit Verdacht auf Leukä­mie.
Soweit ich weiß, betete ich im Krankenhaus das erste Mal:"O Gott, wenn es Dich gibt, zeig Dich mir."

Eine Stunde später kam ein ehemaliger Schulkollege. Er wollte den Kerl im Bett neben mir besuchen. Nachdem er sich von der Überraschung erholt hatte, mich zu treffen, erzählte er mir, daß er jetzt Christ sei - daß er sein Leben Jesus übergeben habe. Danach erklärte er ausführlich, wie auch ich ein neues Leben mit Christus anfangen könnte.
Ich war reif. Wir beteten. So gut ich es eben wußte, vertraute ich mich Jesus an als meinem Stellvertreter, Retter und Herrn.
Mein Leben änderte sich total. Gott gab mir eine neue Zunge, die nicht mehr mit Dreck und Schmutz um sich warf. Ich wandte mich ab von Drogen, Alkohol und
Unmoral, womit ich so vertraut war. Meine alten Freunde verließen mich. Einer sagte:"Du bist tot, Mann!" Ich erwartete, daß meine Eltern über die Veränderung in meinem Leben im siebten Himmel schweben würden. Als ich ihnen das Evangelium sagte, dachte ich: "Die bekehren sich sofort." Naja, sie waren nicht so schlimm drauf wie ich, aber sie brauchten den Heiland doch auch. Deshalb begann ich, recht stür­misch Zeugnis zu geben. Ob ich einen Schock bekam? Das kannst Du glauben! Sie zeigten überhaupt keine Begeisterung über meine Veränderung. Sie schienen eher sagen zu wollen, daß sie lieber einen Süchtigen als einen religiösen Fanatiker in der Familie haben möch­ten.
Meine Mutter weinte, weil ich ihre Religion verlassen hatte, nannte mich "Verräter" und "Abtrünniger". Sie lehnten meinen Vorschlag einfach ab, daß sie "wieder-geboren" werden müßten. Sie machten mir deutlich, daß sie "wiedergeboren" wurden, als sie als Baby getauft worden waren. So habe ich es geschafft, den Familienfrieden zu zertrümmern.
Je mehr ich ihnen das Evangelium aufdrängte, desto mehr waren sie gegen mich. Wir schrieen uns an, Beleidigungen und Drohungen kamen vor. Der Graben zwischen mir und meiner Familie wuchs, wurde zur Schlucht. Meine Wut über ihr Verhalten und ihre Einstellung steigerte sich, und ich zog mich mehr und mehr zurück. Nach einer besonders lauten Auseinan­dersetzung zog ich in einem Wutanfall von zu Hause aus
Mein Versagen ist überdeutlich - ich habe erfolgreich jedes Interesse zerstört. Anstatt sie für den Herrn zu gewinnen, habe ich sie nur weggetrieben. Ich liebe sie wirklich, deswegen wollte ich, daß siegerettet werden, daher habe ich mit dem Evangelium auf sie eingehäm­mert. Wahrscheinlich ist das Eifer ohne Erkenntnis. Jetzt bin ich ihnen fremd, und ich bin niedergeschlagen. Was kann ich nur tun, um den Schaden wieder gut zu machen? "
Gerds Erfahrungen sind kein Einzelfall. Viele junge Christen haben wirklich versucht, zum Herrn und zu ihren Verwandten zu halten, aber sich dabei so benom­men, daß das Zeugnis ganz zerstört wurde. Was sollen wir ihm raten?


Der bessere Weg

Der Herr hat klar gesagt, daß sein Kommen Zwie­tracht und Spaltungen in die Familie bringt. Zum Beispiel sagte er:
"Denn ich bin gekommen, den Menschen zu entzwei­en mit seinem Vater und die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter; und des Menschen Feinde werden seine eigenen Haus­genossen sein" (Mt 10,35.36).
Der Herr wollte damit nicht ausdrücken, daß es der Zweck seines Kommens sei, Familien zu entzweien, sondern daß dies manchmal die unvermeidbare Folge sein würde. Wenn jemand ihm folgt, kann er den erbitterten Widerstand von Freunden und Verwandten erwarten. In gewissem Sinn kam der Herr nicht um "Frieden zu bringen, sondern das Schwert" (V 34).

Aber dadurch wird Gerds Zorn und Wut auf die Familie nicht gerechtfertigt. Es ist Gott wohlgefällig, wenn wir wegen unserer Beziehung zum Herrn ausge­lacht, verfolgt oder schlecht behandelt werden. Aber es ist nichts Großartiges, wenn wir wegen unserer eigenen Dummheit, Fleischlichkeit oder wegen unseres lieblo­sen Verhaltens leiden.
Gerd muß nicht aufgeben. Er muß jetzt seinen Ver­wandten zeigen, daß Jesus wirklich einen Unterschied im Leben macht. Wie? Als erstes kann er zurückgehen und für seinen Zornausbruch und seine Bitterkeit um Vergebung bitten. Es ist hart, sich zu demütigen, aber es ist notwendig. Und er soll sich dabei nicht herausreden:"Falls ich euch verletzt habe, tut es mir leid. Bitte verzeiht mir."

Das wird bei seinen Eltern Eindruck hinterlassen und bei seinen Geschwistern. Sie werden denken: "Gerd hat sich noch nie so entschuldigt. Und wir tun es auch nicht, wenn wir im Unrecht sind. " Und dann, anstatt ihnen das Evangelium reinzupropfen, sollte Gerd eine abwarten­de Haltung einnehmen. Er kann warten, bis sie das Thema anschneiden. Sie werden es anschneiden, darauf kann er sich verlassen. Das wird ihm Gelegenheit geben, ihnen freundlich und ohne Druck zu antworten.
Sofern er dazu eingeladen wird, kann es sehr gut sein, wenn Gerd wieder nach Hause zurückzieht. Dort sollte er dann bei der Arbeit mithelfen, die Dinge sehen, die getan werden müssen und sie erledigen, ohne daß man ihn darum bitten muß. Sein Zimmer sollte aufgeräumt und sauber aussehen, nicht mehr wie das Sperrgebiet nach einem Bombeneinschlag.
Gerd könnte den anderen verschiedene Freundlich­keiten erweisen, die seinem früheren Wesen ganz entgegenstehen. Dazu kann gehören, daß er sich an Geburtstage und Hochzeitstage erinnert. Oder auch Geschenke, die keinen anderen Zweck haben, als nur seine Liebe auszudrücken. Er sollte dafür beten, origi­nell und erfinderisch zu sein, um seine Zuneigung zu zeigen.
Gerd sollte seine Eltern respektieren, indem er ihnen gehorcht bis zu dem Punkt, wo ihr Rat bedeuten würde, daß er dem Herrn ungehorsam ist. Dann muß er sich still weigern, ohne einen Streit zu provozieren. Es ist immer richtig, den Eltern zu danken, da sie niemals genug Dank erhalten für alles, was sie getan haben. Anstatt einfach Pralinen zu Mutters Geburtstag oder zum Muttertag zu schenken, wird Gerd herausfinden, daß ein selbst geschriebener Brief viel mehr Freude bereitet.
Er könnte ungefähr so aussehen:

"Meine liebe Mutter,

heute, an dem Tag, der ganz besonders für Dich da ist, möchte ich gerne dem Dank Ausdruck geben, den ich für alles habe, was Du für mich bedeutest. Du hast mich zur Welt gebracht, und heute weiß ich, daß es Dir sehr viel Leid und Schmerzen bereitet haben muß. Aber Du hast es sehr schnell vergessen wegen der Freude, daß Du einen Sohn geboren hast.
An die folgenden Jahre kann ich mich noch besser erinnern, an die Tage, Wochen und Monate, die Du meiner Erziehung gewidmet hast. Oft denke ich an die Zeiten, als ich krank oder verletzt war, und all die schlaflosen Nächte und das ängstliche Warten, die sie Dir einbrachten. Ich weiß nicht, ob ich Dir jemals für die einsamen Wachen danken kann, wo es schien, als ob der Tod eines von uns Kindern wegnehmen würde. Danke, Mutti, für all das Kochen, Waschen, Nähen, Flicken, Saubermachen. Danke auch dafür, daß Du uns bestraft hast, wenn es nötig war. Wir wußten, daß Du es aus Liebe zu uns tust.
Es gibt viel, was ich noch sagen könnte, aber ich denke Du weißt jetzt, wie sehr ich all das schätze, was Du für mich getan hast.
Ich will, daß Du weißt, daß ich Gott für Dich danke und daß ich dafür bete, daß wir als Familie nicht nur in diesem Leben vereint sind, sondern auch in der Ewig­keit.

Dein Sohn Gerd"


Ein solcher Brief wird Mutter mehr wert sein als ein Original Rembrand.
Und Gerd sollte versuchen, einen ähnlichen Brief hei Gelegenheit an seinen Vater zu schreiben. Der Vater wird dagegen ankämpfen, daß seine Augen feucht wer­den, aber der Brief wird ihn tief beeindrucken.
Eltern wollen gerne um Rat gefragt werden, auch wenn die Kinder schon erwachsen sind. Das ist eine andere Möglichkeit, wie Gerd seine Eltern ehren und achten kann.
Hoffentlich werden diese drastischen Veränderungen bei Gerd nicht zum Herzinfarkt der Eltern führen. Aber wenn ihre Herzen auf andere Weise angegriffen wer­den, war es der Mühe wert, nämlich dann, wenn die Herzen von der Liebe des Herrn Jesus überwältigt werden.
Und noch etwas, Gerd. Wenn Deine Eltern Fragen stellen oder dankbar sind für die Veränderung in Deinem Leben, dann benutze es als Gelegenheit, um auf den Herrn Jesus hinzuweisen. Hilf ihnen zu erkennen, daß es nicht Du bist, sondern Christus in Dir.

Gott will ganze Familien retten, Gerd. Du kannst mit Ihm ''zusammenarbeiten", indem Du ihnen täglich das Leben Jesu vorlebst. Du kannst sie durch Gebet und Liebestaten gewinnen, ohne sie zu nerven oder unter Druck zu setzen. Gottes Segen!

Nachtext

Quellenangaben