Zeitschrift-Artikel: Außen hui

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Titel: Außen hui
Typ: Artikel
Autor: Eine Betroffene
Autor (Anmerkung):

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Titel

Außen hui

Vortext

Text

Man wünschte, es wäre nur ein entsetzlicher Alptraum, aus dem man aufgewühlt, aber erleichtert
aufwachen kann. Doch immer mehr wird deutlich, dass es erschütternde, grauenhafte Realität ist –
mittlerweile leider auch in christlichen Gemeinden und Familien: Sexueller Missbrauch!
Um für die tiefen Nöte Betroffener zu sensibilisieren und Opfer zu ermutigen, nach Hilfe zu schreien,
hier das Zeugnis einer Betroffenen, die uns persönlich bekannt ist:
Ist Vater lieb?
Vater, Mutter und die Kinder. Sonntags zur Gemeinde. Schön gekleidet. Freundlich sein.
Über nette Dinge sprechen. Und wenn was daneben geht: Psst!
In der Schule gute Noten schreiben.
Der Vater ist Alkoholiker und pädophil. Psst!
Die Mutter fegt seine Scherben auf und hält die Kinder zum Schweigen an.
„Er hat wieder getrunken.“ Dieser Satz ist immer und immer wieder die Erklärung.
Der Vater ist lieb, wenn er nicht getrunken hat, oder nicht?
„Geht nach oben. Er hat getrunken.“ Schreie!
Die Kinder laufen nach unten. Was macht der Vater mit der Mutter?
Er will sie zum Schweigen bringen. Die Kinder schreien.
Der Vater lässt die Mutter los.
Der Vater hat den Kindern einen richtig guten Bollerwagen gebaut. Boah! Die Kinder staunen.
Ist der Vater doch lieb?
Die Eltern streiten – wieder einmal!
Die arme Mutter. Sie will gehen und nie wieder kommen. Die Kinder halten sie zurück.
„Papa ist schlimm“, sagt die Tochter zur Mutter, „Papa ist schuld!“
„Ihr seid schuld!“ sagt die Mutter zur Tochter. Warum?
Der Vater kauft den Kindern Fahrräder. Der Vater ist lieb, oder?
„Beim nächsten Mal rufe ich dich. Dann sagst du Papa, du musst dringend zu mir“, sagt
die Schwester zur anderen.
„Papa will sich um acht Uhr abends mit mir allein im Heizraum treffen.“
„Geh auf keinen Fall dahin!“ „Ich geh nicht hin.“
Die ältere Tochter ruft die Polizei.
Mitten in der Nacht. Die Polizei durchsucht das Haus.
Die Mutter ist ausgezogen. Die Kinder auch.
Der Vater kauft der Mutter zwei Handys. Der Vater ist doch lieb, oder?
Der Vater will sich ändern. Die Mutter zieht zu ihm zurück.
Mit der jüngsten Tochter – neun Jahre alt.
Der Vater sitzt im Gefängnis. Vielfacher Kindesmissbrauch.
Die Mutter und die zehnjährige Tochter besuchen den Vater im Gefängnis.
Wie konnten die älteren Töchter nur das Schweigen brechen? Das Radio berichtet.
Alle sind aufgebracht: „Am liebsten hätte ich es nie gewusst.“ Die Augen verschließen und so tun als gäbe es das alles nicht?
Das Schicksal gequält erdulden? Keinen Ausweg suchen?
Was wird aus den Kindern?
Wenn es einen Gott gibt, warum lässt er das alles zu?
Die Tochter hat einen neuen Vater gefunden.
Ein Vater, der sich tatsächlich um sie sorgt. Der sie bedingungslos liebt.
Wenn die Alpträume kommen zeigt er ihr, dass der leibliche Vater ihr nichts mehr tun kann.
Der neue Vater hat Verständnis für sie – und viel Geduld.
Wer ist dieser Vater?
Es ist Gott, der Gott der Bibel.
Der Gott, der ein Vater der Witwen und Waisen ist.

Nachtext

»Du hast es gesehen, denn du, du schaust auf Mühsal und
Gram, um zu vergelten durch deine Hand; dir überlässt es
der Unglückliche, der Waise Helfer bist du.« (Ps 10,14)

Quellenangaben