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Typ: Artikel
Autor: Kurt Becker
Autor (Anmerkung):

online gelesen: 2060

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Vortext

das Biblische Muster der Aussendung zum Dienst

Text

Der Befehl unseres Herrn Jesus Christus in Mt9, 38 ist sehr eindeutig und unmissverständlich:

„Bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter aussende in seine Ernte.“


Das heißt für jeden von uns: selber bereit und vorbereitet sein, sich senden zu lassen und beten,
dass noch viele Christen sich vorbereiten und senden lassen.
Doch angesichts vieler menschlicher Praktiken im Zusammenhang mit dem „Aussenden“ kann es hilfreich sein, das NT einmal darauf hin zu untersuchen.


Was bedeutet „aussenden“?

Mehrere Begriffe im Neuen Testament werden mit „senden“ oder „aussenden“ übersetzt (EÜ):

apostello – [mit einer Vollmacht] wegsenden.
Ein Senden, welches vor allem den offiziellen Auftrag und die Bevollmächtigung des Gesandten hervorhebt. Dabei steht die volle Autorität und Vollmacht des Sendenden hinter dem Gesandten – es kommt fast 150 mal vor.
Ausgesandt“ in Joh 20,21a (auf Christus als vom Vater ausgesandt bezogen); 1Kor 1,17 (auf Paulus als von Christus ausgesandt bezogen); Hebr 1,14 (auf die Engel als von Gott ausgesandt bezogen).
Senden“ in Mt 2,16 (Herodes seine Untergebenen); Mt 10,5 (der Herr die Apostel); Mt 11,10 (Johannes der Täufer); Mt 14,35 (führende Männer des Dorfes); Mt 20,2 (der Arbeitgeber); Mt 22,16 (Pharisäer, die ihre Jünger sandten); 1Petr 1,12 (vom Heiligen Geist, als vom Himmel gesandt) usw.

pempo – schicken. Dieser Begriff ist mehr allgemein und weniger offiziell als der erste. Er wird meist mit „senden“ oder „schicken“ übersetzt und kommt fast 100 mal vor.
Schicken“ in Mk 5,12 (die Dämonen bitten: „Schicke uns in die Schweine“); in Lk 15, 15,
(ein Bürger des Landes schickt den verlorenen Sohn zum Schweinehüten); mit „senden“ übersetzt in Apg 10,5 (Kornelius sendet zwei Hausknechte und einen Soldaten zu Petrus, um ihn holen zu lassen); Apg 11,29 (die Versammlung in Antiochien sendet Barnabas und Saulus mit Geldern zur Hilfeleistung nach Jerusalem); Apg 15,25 (die Apostel, die Ältesten und die ganze Versammlung in Jerusalem schicken Judas, Barnabas und Silas mit Barnabas und Paulus zu den Versammlungen in Antiochien, Syrien und Cilicien); 1Kor 4,17 (Timotheus wird von Paulus nach Korinth geschickt) u.a.

ekpempo – hinausschicken.
„Ausgesandt“ in Apg 13,4 (Barnabas und Saulus, vom Heiligen Geist ausgesandt).

ekballo – hinauswerfen.
Meist für Dämonen-Austreibung verwendet.
In Lk 10,2 mit „aussenden“ übersetzt (die Arbeiter im Missionsfeld, vom Herrn ausgesandt).
Doch nirgendwo im Neuen Testament wird gesagt, dass eine Gemeinde jemanden in die Mission
aussendet, ganz gleich welches der in Frage kommenden Worte man darauf hin untersucht.
Das ist auch verständlich, denn die Vollmacht, Menschen zu senden, um für den Herrn zu arbeiten, ist der Gemeinde nicht gegeben. Nur der Herr der Ernte kann Arbeiter in seine Ernte aussenden:
„Bittet nun den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter aussende (apostello) in seine Ernte“ (Mt 9,38).
Und er sendet sie aus durch den Heiligen Geist: „Sie nun, ausgesandt (pempo) von dem Heiligen
Geiste, gingen hinab nach Seleucia, und von dort segelten sie nach Zypern (Apg 23,4).


Wer sendet aus und wer wird ausgesandt?

Der Herr sagt in Joh 20,21:
„Friede euch! Gleichwie der Vater mich ausgesandt hat, sende ich auch euch.“

Wenn sich jemand - statt vom Herrn - von einem Missionswerk oder aber von einer Gemeinde aussenden lässt, so könnte man mit Recht sagen, dass das Werk oder die Gemeinde auch für das Auskommen des von ihnen Gesandten aufkommen soll. Der Gesandte wäre dann nicht alleine seinem Herrn, sondern eben auch seinen Geldgebern für sein Tun verantwortlich.

Missionsgesellschaften und Verbände versprechen solchen, die in die Mission gehen, ihnen für die eigentliche Missionsarbeit „den Rücken frei zu halten“. Ohne Zweifel können die Erfahrungen,
die Möglichkeiten und die vorhandenen Strukturen solcher Werke von großem Nutzen sein. Aber was für ein Gottesbild vermittelt man den Männern und Frauen, wenn man sie zunächst dazu anleitet „erfolgreich“ Freundesbriefe zu gestalten, für die einfachsten Bedürfnisse, wie Nahrung und Kleidung, einen Trägerkreis aufzubauen und in möglichst vielen Gemeinden für „ihr Projekt“ zu werben, damit man darüber hinaus später auch sozial abgesichert ist? Wie will man Fernstehende davon überzeugen, sich in den wichtigsten Fragen des Lebens dem Herrn anzuvertrauen, wenn man selbst ihm nicht einmal in den einfachsten Dingen des Alltags vertraut?

Die „Backpacker“ (Rucksack-Touristen) in aller Welt machen sich heute anscheinend weniger Sorgen über ihre Bedürfnisse und über ihre Zukunft als die Jünger des Herrn!
Auch wenn wir unsere Brüder und Schwestern deshalb nicht verurteilen und ihr Wirken für den Herrn sehr schätzen, ist es nach der Schrift aber nicht die Gemeinde die aussendet, und auch nicht die Freunde – deshalb können sie auch nicht dazu herangezogen werden, für ein geregeltes Einkommen inklusive aller Sozialabgaben zu sorgen.

Der Herr sendet, und er ist somit auch für seine Gesandten verantwortlich, und das will er auch sein! Die Geschwister der Heimatgemeinde sollten für die Missionare und ihren Dienst beten und ihnen auch mit materiellen Mitteln weiterhelfen, so oft der Herr ihnen das aufs Herz legt und besonders wenn Not eintritt. Doch eine Zahlungsverpflichtung wie zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Daueraufträge, Bankeinzüge und sonstige feste Zusicherungen sind nicht Bestandteil einer göttlichen Aussendung.

Das haben auch die Männer und Frauen so gesehen und konsequent praktiziert, die Gott mit großem Segen gebrauchen konnte. Sie haben nicht mit Menschen über ihre finanziellen Bedürfnisse gesprochen, sondern immer nur mit Gott, und er hat sie vielleicht nicht immer verwöhnt und verhätschelt, aber er hat sie treu versorgt, bis zum letzten Tag (siehe z.B. Hudson
Taylor, Georg Müller, Charles Studd, Jim Elliot, Bakht Singh usw...). Keiner von ihnen wollte diese
Erfahrung missen und jeder würde es wieder so praktizieren.

Wer also vom Herrn ausgesandt wird, dem sollte klar sein, was die Worte bedeuten: „Friede euch! Gleichwie der Vater mich ausgesandt hat, sende ich auch euch“ (Joh 20,21). Es ist seine Zusicherung,
dass einerseits die Gesandten trotz aller Angriffe, Unruhen, Schwierigkeiten und Kämpfen einen wunderbaren Frieden im Herzen haben, anderseits aber auch der Knecht nicht größer ist als der Herr und der Gesandte nicht größer als der ihn gesandt hat (Joh 13,16). „Gleichwie der Vater mich ausgesandt hat, sende ich euch“ heißt nicht nur: Nachdem der Vater mich ausgesandt hat sende ich jetzt auch euch aus, sondern es bedeutet genau auf diese Weise, geradeso sende ich auch euch! Es ist dasselbe Wort wie z.B. in Mt 21,6, „als die Jünger getan hatten so wie Jesus ihnen aufgetragen hatte…“ oder Mt 26,24: „so wie über ihn geschrieben steht“ oder Mt 28,6: „so wie er (Jesus) gesagt hatte.“


Was beinhaltet das?

Das bedeutet: Verzicht - so wie unser Herr in Armut ausgesandt wurde, so sendet auch er.

Das bedeutet: Erniedrigung - so wie der Herr in Niedrigkeit ausgesandt wurde, so sendet auch er.

Das bedeutet: Gehorsam - so wie der Herr den Willen des Vaters vollbrachte, so sendet auch er.

Das bedeutet: Abhängigkeit - so wie der Herr in vollkommener Abhängigkeit vom Vater ausgesandt wurde, so sendet auch er.

Das bedeutet: Aufopferung - so wie der Herr zum Heil der Menschen und zum Dienst für die
Menschen ausgesandt wurde, so sendet auch er.

Das bedeutet: Selbstverleugnung - so wie der Herr mit dem Ziel gesandt wurde, am Kreuz zu sterben und zunächst nichts zu haben (Dan 9,26), so sendet auch er.

Aber das bedeutet auch seine Gegenwart und Fürsorge so zu erleben, wie man es nicht intensiver erfahren kann, denn der Herr selbst geht mit (Mt 28,20) und wird für alles sorgen!

 

Und die Gemeinde?

Nachdem deutlich geworden ist, dass der Herr derjenige ist, der Jünger in die Mission aussendet,
stellt sich die Frage, ob die Gemeinde dabei völlig unbeteiligt ist.
Apg 13,2-3 zeigt, dass z.B. die Brüder der Gemeinde in Antiochien in dreierlei Hinsicht beteiligt
waren:

Sie beteten gemeinsam
Sie legten den Ausgesandten die Hände auf, das heißt sie identifizierten sich mit ihnen und mit
ihrem Dienst und erkannten die Sendung als „vom Herrn“ an.

Sie entließen sie (apoluo = los-, freilassen, siehe z.B. Apg 16,35, wo dasselbe Wort steht.)
Wir reden irrtümlicherweise davon, dass die Gemeinde jemand aussendet und laden zu einer
Aussendungsfeier ein.
Wenn der Herr jemanden aus unserer Gemeinde sendet, wäre es biblischer, einem solchen zu
sagen und zu zeigen: „Wir stehen hinter dir, wir machen uns mit dir und Deinem Dienst eins, wir
lassen dich gerne ziehen!“
Solch eine Abschiedsfeier könnte geprägt sein von Motivation und Ermutigung für den Missionar
und die Gemeinde, von Abschiedsworten, einer Beschreibung des zukünftigen Arbeitsfeldes und der Bekräftigung der Ältesten, dass sich die Gemeinde mit dem Weg und dem Dienst der Gesandten eins macht und sie dafür frei lässt.
Dank für die zurückliegende Zeit der Gemeinschaft und Gebet für den Auftrag und die Sendung,
für den anstehenden Dienst, für Bewahrung und Segen sollte ein wesentlicher Bestandteil einer solchen Zusammenkunft sein.
Power-Point-Präsentationen, Fotoshows, Quiz usw. zum Einsatzland, zum Thema Mission, zur Biographie eines bekannten Missionars oder zur Missionsgeschichte (auch für Kinder), Büchertische mit Thema Mission und Unterlagen zum Zielland usw. können solch eine Zusammenkunft bereichern und den Missionsauftrag des Herrn neu vor Augen führen.


Und was ist mit den Finanzen?

Ich habe niemandes Silber oder Gold oder Kleidung begehrt. Ihr selbst wisset, dass meinen Bedürfnissen und denen, die bei mir waren, diese Hände gedient haben.“ (Paulus, in Apg 20,33-34)

Das heißt nicht, dass Paulus nie etwas von anderen bekommen hätte. Es bedeutet, dass er von
keinem Menschen etwas verlangt hat und selbst für seinen Unterhalt gearbeitet hat.

Denn auch in Thessalonich habt ihr mir einmal und zweimal für meine Notdurft gesandt.“ (Paulus, in Phil 4,16)
Die Philipper haben Paulus diese Zuwendungen unverlangt zukommen lassen, denn in Apg 20, 33-34 sagt Paulus, dass er von keinem Menschen Silber, Gold oder Kleidung verlangt hat. (Ganz im Gegensatz zur heutigen Praxis der unzähligen Spenden-Aufrufe und der Freundeskreis Suche).

So seid nun nicht besorgt, indem ihr sagt: Was sollen wir essen? Oder: Was sollen wir trinken? Oder: Was sollen wir anziehen? Denn nach diesem allem trachten die Nationen; denn euer himmlischer Vater weiß, dass ihr dies alles nötig habt. Trachtet aber zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit und dies alles wird euch hinzugefügt werden.“ (Mt 6,31-33)

Über allem steht die unendlich liebevolle Fürsorge des Herrn, der dies alles nicht nur ermöglicht,
sondern ein großzügiger Geber ist. Er ermuntert jeden von uns, von dem zu geben was wir von ihm empfangen haben:

Prüft mich doch dadurch, ob ich euch nicht die Fenster des Himmels auftun und euch Segen in
überreicher Fülle herabschütten werde!
“ Mal 3,10

Wir wollen freudige Geber sein, persönlich und als Gemeinde! Da wo man uns persönlich bittet,
wollen wir gerne geben. Lk 6,30 lehrt uns: „Gib jedem, der dich bittet, und von dem, der das
Deinige nimmt, fordere es nicht zurück.“ In welcher Form das die Einzelnen tun, müssen sie vor dem Herrn entscheiden.

Wo wir aber als Gemeinde Gelder weiterleiten, die dem Herrn gehören, ist es unser Wunsch, in
jedem einzelnen Fall immer wieder den Herrn zu bitten uns zu zeigen, wem wir wann wieviel auf
welche Weise zukommen lassen sollen. So bleibt die Abhängigkeit aller vom Herrn gewahrt, und
der Missionar bleibt in seinem Dienst allein dem Herrn verantwortlich.

Wir sind überzeugt, dass in dem Maß, wie sich Missionarinnen und Missionare wieder vom Herrn selbst aussenden lassen, anstatt von Freunden, Gemeinden und Werken, auch solche, die sie erleben, wieder Mut bekommen würden, ihr Leben bedingungslos dem Herrn der Ernte anzuvertrauen!

 

 

 

 

Nachtext

Quellenangaben