Zeitschrift-Artikel: Geistliches Muskeltraining

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Titel: Geistliches Muskeltraining
Typ: Artikel
Autor: Paul Tripp
Autor (Anmerkung):

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Titel

Geistliches Muskeltraining

Vortext

Text

Was geschieht, wenn Gott von dir verlangt zu warten? Ist Warten für dich eine Zeit des Stärker- oder des Schwächerwerdens? Hast du jemals innegehalten, um darüber nachzudenken, warum Gott von dir fordert zu warten?
Was passiert mit deinen geistlichen „Muskeln“, wenn Gott dich warten lässt? Wachsen deine „Muskeln“ während du wartest? Werden sie größer und kräftiger oder werden sie schlaff und verkümmern?

Der Ungeduld nachgeben
Ich möchte deine Aufmerksamkeit auf eines seiner Ziele lenken: Warten gibt dir Zeit!
Auf Gott zu warten heißt nicht, dass Gott dich vergessen oder im Stich gelassen hat, noch dass er seinen Verheißungen untreu geworden wäre. Tatsächlich gibt Gott dir Zeit, über seine Herrlichkeit nachzudenken und im Glauben zu wachsen. Denke daran – es geht beim Warten nicht nur um das, was du ersehnst – es geht genauso darum, wie du dich veränderst, während du wartest.
Warten stellt mich immer vor eine geistliche Entscheidung: Lasse ich es zu, dass ich Gottes Güte in Frage stelle und im Glauben stetig schwächer werde, oder werde ich die Gelegenheit ergreifen, die Gott mir gibt und meine geistlichen „Muskeln“ aufbauen (vgl. Ps 27,4)?
Es ist so einfach, am eigenen Glauben zu zweifeln, wenn man nicht sicher ist was Gott tut. Es ist so einfach, Zweifeln nachzugeben, wenn man warten muss. Es ist so einfach, gute Gewohnheiten aufzugeben und Verhaltensweisen des Unglaubens anzunehmen, welche die „Muskeln“ des Herzens schwächen.
Ich möchte auf einige dieser Verhaltensweisen aufmerksam machen, die das Warten zu einer Zeit zunehmender Schwachheit statt aufbauender Stärke werden lassen. Es sind schlechte Verhaltensweisen – aber jeder von uns ist versucht, ihnen nachzugeben.

Dem Zweifel nachgeben
Es liegt nur ein schmaler Grat zwischen dem richtigen Umgang mit geistlichen Wartezeiten und dem Nachgeben der inneren Zweifel. Wenn du warten musst, bist du aufgefordert etwas zu tun, das nicht Teil deines Planes war. Infolgedessen musst du damit ringen, es als gut anzusehen.
Weil du naturgemäß davon überzeugt  bist, dass das, was du möchtest, richtig und gut ist, scheint es nicht besonders liebevoll von Gott zu sein, dass du warten musst. Wie verführerisch ist es dann, Gottes Weisheit, Güte und Liebe in Frage zu stellen.
In der Enttäuschung des Wartens ist man schnell versucht zu glauben, man wäre klüger als Gott.

Dem Ärger nachgeben
Es ist einfach, umher zu blicken und zu denken, dass die schlechten Menschen gesegnet sind und immer die Guten getroffen werden (vgl. Ps 73). Es wird Zeiten geben, in denen es einfach
nicht richtig scheint, dass du auf etwas warten musst, was in deinen Augen offensichtlich gut ist. Es wird sich anfühlen, als wenn man dir Unrecht täte, und wenn dem so ist, scheint dein Zorn gerechtfertigt zu sein.
Deshalb ist es wichtig zu verstehen, dass der Ärger, den du in diesen Momenten fühlst, mehr ist als nur Ärger über die Menschen oder Umstände, die der sichtbare Grund für das Warten sind. Nein, dein Groll ist tatsächlich Zorn auf den Einen, der alle diese Personen und Umstände in seiner Hand hat. Genau genommen lässt du den Gedanken zu, dass du von Gott ungerecht behandelt wirst.

Der Entmutigung nachgeben
Es ist der Punkt, an dem ich beginne, mein Herz mit dem „Wenn nur …“, „Was wenn …“ und „Was wird geschehen, wenn …“ davonlaufen zu lassen. Ich fange an, meinen Verstand einem Denken preiszugeben, das sich nur darum dreht, was passiert, wenn meine Bitte nicht bald oder vielleicht überhaupt nicht beantwortet wird.
Diese Art von Nachsinnen führt schließlich zu dem Gefühl, dass mein Leben außer Kontrolle geraten ist. Und ich bin fähig zu denken, dass mein Leben außer Kontrolle ist, weil ich Gottes
weise und gnädige Kontrolle über jeden Teil meiner Existenz vergessen habe.
Anstatt dass mein Herz mit Freude erfüllt ist, wird es von Sorge und Furcht überflutet. Meine
Gedanken füllen sich mit dem Ausmalen meiner dunklen Zukunft – mit all der Entmutigung, die
immer daraus resultiert.

Dem Neid nachgeben
Wenn ich warte, ist es sehr verführerisch, über den Zaun zu schauen und sich das Leben eines
anderen zu wünschen, der anscheinend nicht warten muss. Es ist sehr einfach, eine „Ich wünschte ich wäre dieser dort“–Lebenshaltung anzunehmen. Aber du kannst nicht dem Neid nachgeben ohne Gottes Weisheit und Liebe in Frage zu stellen!
Die Logik ist immer die folgende: ‚Wenn Gott mich wirklich genauso liebt wie den anderen, hätte ich das, was der andere hat.‘ Neid ist das Gefühl, vergessen und im Stich gelassen zu sein, verbunden mit dem Verlangen, das zu haben, was dein Nächster genießt.

Der Untätigkeit nachgeben
Wenn man all den genannten Dingen nachgibt, folgt als Ergebnis Untätigkeit. Wenn Gott nicht so gut und weise ist, wie ich einst von ihm dachte, wenn er gute Dinge von seinen Kindern zurückhält, wenn er manche bevorzugt – warum sollte ich ihm dann weiter nachfolgen? Möglicherweise bringen mir die Gewohnheiten des Glaubens letzten Endes doch nichts – vielleicht
habe ich mir etwas vorgemacht?!
Traurigerweise ist das die Richtung, die viele Leute einschlagen, während sie warten. Anstatt im Glauben zu wachsen, ist ihre Motivation zu geistlichen Übungen durch Zweifel, Ärger, Entmutigung
und Neid zerstört und ihre geistlichen „Muskeln“, die einst robust und stark waren, sind jetzt verkümmert und schwach.

Ein wirksames „Werkzeug“!
Die Realität ist, dass „Warten müssen“ ein Ausdruck von Gottes Güte und nicht ein empirischer
Beweis dagegen ist.
Er ist weise und liebevoll. Sein Zeitplan ist immer richtig und sein Hauptaugenmerk liegt nicht so sehr auf dem, was du erfahren und genießen wirst, sondern darauf, was du werden sollst. Er hat sich verpflichtet, jedes ihm zur Verfügung stehende Werkzeug zu nutzen, um dich vor dir selbst zu retten und dich in das Bild seines Sohnes zu formen. Tatsache ist, dass Warten eines seiner wirksamsten „Werkzeuge“ ist.

Der „Kraftraum des Glaubens“
Wie baust du deine geistlichen „Muskeln“ in der Wartezeit auf? Nun, du musst dich selbst dazu
verpflichten, den Verhaltensweisen des Unglaubens zu widerstehen und mit Disziplin eine rigorose Routine in den geistlichen Übungen verfolgen.
Was ist die Ausrüstung in Gottes „Kraftraum des Glaubens“? Die folgenden Dinge hat er für den Aufbau deiner „Herzmuskeln“ und die Stärkung deiner Entschlossenheit vorgesehen:
Ein regelmäßiges Studium seines Wortes; beständige, gottesfürchtige Kameradschaft; das tägliche Suchen der Herrlichkeit Gottes in der Schöpfung; der Besuch guter Wortverkündigungen
und Wertschätzung gesunder biblischer Lehre; ruhige Zeiten des Nachdenkens über die Güte Gottes (z.B. wenn du zu Bett gehst); das Lesen wertvoller christlicher Bücher und ausgedehnte
Zeiten im Gebet. Alle diese Dinge werden zu geistlicher Stärke und Lebendigkeit führen.
Fordert Gott dich auf zu warten? Nimm die Herausforderung an!

Nachtext

Quellenangaben

http://www.desiringgod.org/blog/posts/spiritual-muscledevelopment

(Desiring God Blog, 26.01.2011);


Übersetzung: Christoph Grunwald