Zeitschrift-Artikel: William Kelly: Der Sühnungstag - Kommentar zu 3. Mose 16

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Titel: William Kelly: Der Sühnungstag - Kommentar zu 3. Mose 16
Typ: Buchbesprechung
Autor: Gerrit Alberts
Autor (Anmerkung):

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Titel

William Kelly: Der Sühnungstag - Kommentar zu 3. Mose 16

Vortext

Text

<p>Ist der Herr Jesus stellvertretend f&uuml;r alle Menschen gestorben? Richtet sich das Evangelium an alle Menschen oder nur an die Erw&auml;hlten? Warum steht in Mk 10,45, dass der Herr sein Leben gab &bdquo;als L&ouml;segeld f&uuml;r viele&ldquo;, in 1Tim 2,6 jedoch, dass er sich selbst gab &bdquo;als L&ouml;segeld f&uuml;r alle&ldquo;? Haben die Calvinisten und die &bdquo;Particular Baptists&ldquo; Recht, dass der Erl&ouml;ser nur f&uuml;r die Erw&auml;hlten starb, oder ist es so, wie die Arminianer und &bdquo;General Baptists&ldquo; behaupten, dass der Heiland f&uuml;r die S&uuml;nden aller Menschen starb? Diese und viele andere Fragen in diesem Zusammenhang haben schon viele Christen besch&auml;ftigt und umgetrieben.<br />Auf der Suche nach dem Verst&auml;ndnis f&uuml;r biblische Zusammenh&auml;nge schenkt Gott manchmal Schl&uuml;sselerlebnisse, die einem ein weites Feld im Verst&auml;ndnis der Heiligen Schrift &ouml;ffnen.<br />Ein solches Schl&uuml;sselerlebnis meine ich vor &uuml;ber 25 Jahren gehabt zu haben, als ich einen Vortrag von Alois Wagner &uuml;ber den S&uuml;hnungstag in 3Mo 16 h&ouml;rte. Alois erkl&auml;rte die Sicht der Br&uuml;der aus der &bdquo;Br&uuml;derbewegung&ldquo; im 19. Jhdt (im Wesentlichen Darbys und Kellys), die beinhaltet, dass die von dem Herrn Jesus bewirkte S&uuml;hnung zwei wichtige Aspekte hat: Gottes v&ouml;llige Genugtuung (propritiation) im Hinblick auf die S&uuml;nde und der stellvertretende Tod des Herrn Jesus f&uuml;r unsere S&uuml;nden (substitution).<br />Diese zwei Aspekte werden durch die beiden Ziegenb&ouml;cke veranschaulicht, die von der Gemeinde der Kinder Israel am Gro&szlig;en S&uuml;hnungstag bereitgestellt wurden. Das Blut des einen Ziegenbockes wurde von dem Hohenpriester in das Allerheiligste gebracht und auf den Deckel der Bundeslade und davor gesprengt. Dieses Opfer spricht davon, dass Gott, der durch die S&uuml;nde verunehrt und beleidigt wurde, durch das Blut des Herrn Jesus und sein Opfer v&ouml;llig verherrlicht und geehrt wurde und Genugtuung erfuhr im Hinblick auf die S&uuml;nde.<br />Als Folge davon ist der Weg zu ihm frei, seine Vergebung wird allen Menschen angeboten. &bdquo;Das Werk der S&uuml;hnung Christi, das unendlich vor Gott ist, &ouml;ffnet als Folge die T&uuml;r zu Gottes Liebe, die ausgeht, um jedes Gesch&ouml;pf auf der Erde zu suchen&ldquo; (S. 52).<br />Der zweite Ziegenbock wurde in die W&uuml;ste geschickt, nachdem der Hohepriester die H&auml;nde auf seinen Kopf gelegt und alle Ungerechtigkeiten der Israeliten auf ihn bekannt hatte. Hier geht es um die Tatsache, dass der Herr Jesus die S&uuml;nden der Erl&ouml;sten stellvertretend getragen hat, aber eben nur der Erl&ouml;sten.<br />&bdquo;Der Mensch ist nicht berechtigt, einem Ungl&auml;ubigen zu sagen: Christus hat deine S&uuml;nden an seinem eigenen Leib auf dem Holz getragen; doch wenn man glaubt, gibt Gottes Wort uns die Gewissheit dar&uuml;ber&ldquo; (S. 52).<br />Diese und noch viele andere wertvolle Wahrheiten, die f&uuml;r unsere Zeit sehr heilsam w&auml;ren, werden in dem B&uuml;chlein vom William Kelly sorgf&auml;ltig aus der Heiligen Schrift entfaltet und begr&uuml;ndet. Dabei kann man staunen und Gott preisen &uuml;ber die Tiefe des Bibelverst&auml;ndnisses und die Genauigkeit in der Auslegung, die uns heute weithin verloren gegangen ist. Allerdings darf man keine leicht verst&auml;ndliche Unterhaltungslekt&uuml;re erwarten, sondern es bedeutet harte, aber lohnenswerte, geistige und geistliche Arbeit, die Gedankeng&auml;nge des Autors nachzuvollziehen und zu verstehen, vor allem, wenn man mit der Ausdrucksweise und Gedankenwelt der &bdquo;Br&uuml;derbewegung&ldquo; im 19. Jhdt nicht vertraut ist.<br />Interessant ist auch, mit welcher Weitsicht sich der Autor mit den damaligen theologischen Str&ouml;mungen auseinandersetzte. Allerdings fand dies auch bei Kelly leider mit &ndash; aus meiner Sicht &ndash; unn&ouml;tiger Polemik statt: Muss man sich wirklich &bdquo;energisch von den unsicheren Theorien, seien sie &auml;lterer oder neuerer Natur, distanzieren&ldquo;, die f&uuml;r den Hebr&auml;erbrief einen anderen Autor als Paulus in Erw&auml;gung ziehen (S. 89), zumal die Heilige Schrift den Schreiber nicht ausdr&uuml;cklich nennt? Ist es tats&auml;chlich so, dass die Arminianer &bdquo;Gottes besondere Gnade f&uuml;r die Auserw&auml;hlten&ldquo;<br />ablehnen und damit &bdquo;b ewu s s t jenen positiven Unterschied von Seiten Gottes gegen&uuml;ber seinen Kindern &uuml;bersehen oder schm&auml;lern&ldquo; (S. 54, Hervorhebung von mir)?<br />Insgesamt ist dem Verlag aber sehr zu danken, diese wertvolle Schrift herausgegeben und im Internet frei zug&auml;nglich gemacht zu haben. Warum allerdings das B&uuml;chlein in gedruckter Form 11,90&euro; kosten muss, ist schwer nachvollziehbar.</p>

Nachtext

Quellenangaben

<p>bibelkommentare.de, Pb., 129 Seiten, &euro; 11,90</p>