Zeitschrift-Artikel: Hiskia

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Titel: Hiskia
Typ: Artikel
Autor: Wolfgang Bühne
Autor (Anmerkung):

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Titel

Hiskia

Vortext

Text

Bibeltext: 2Chr 32,1-8

Zu dieser Zeit befand sich Hiskia mit seinem Volk in einer außenpolitisch äußerst schwierigen
Situation. Die Übermacht Assyrien hatte bereits alle „festen Städte“ Judas eingenommen und
belagerte Jerusalem. Die Stadt, und damit auch der Tempel und der Palast des Königs, standen
in Gefahr zerstört zu werden.
Dazu kam die plötzliche Krankheit Hiskias mit der erschütternden Botschaft des Propheten Jesaja, sein „Haus zu bestellen“, weil er die Krankheit nicht überleben würde. Nach dem ergreifenden und tränenreichen Gebet Hiskias verlängerte Gott ja das Leben des Königs um 15 Jahre und ermutigte ihn durch das sichtbare „Zeichen an der Sonnenuhr Ahas“, sein Vertrauen
auf die Allmacht Gottes zu setzen.
Auf übernatürliche Weise genesen und im Glauben gestärkt, konnte sich Hiskia nun dem Feind stellen, der vor den Toren Jerusalems lagerte und für den es scheinbar eine Kleinigkeit war, mit seinem gewaltigen Heer diese Stadt dem Erdboden gleichzumachen.
Gott ließ diese Belagerung sicher auch deshalb zu, um Hiskia eine weitere Möglichkeit zu
geben, seinen Glauben und sein Vertrauen auf Gott unter Beweis zu stellen und um zu zeigen,
dass er aus seinem Fehltritt (2Kö 18,13-16) gelernt hatte.
Es ist nun sehr aufschlussreich – und auch ein lehrreicher Anschauungs-Unterricht für uns – zu sehen, welche Maßnahmen Hiskia ergreift, um dem geplanten Angriff des Königs von Assyrien
zu widerstehen:
• Er berät sich mit seinen Obersten und Kriegshelden (Vers 3)
• Er sorgt dafür, dass alle Wasserquellen außerhalb der Stadt verstopft werden (Verse 3 und 4)
• Er lässt die Stadtmauer Jerusalems ausbessern, wo sie eingerissen ist (Vers 5)
• Er rüstet das Waffenarsenal seines Heeres auf (Vers 5)
• Er ermutigt seine Obersten und das Volk, nicht auf „Fleisch“, sondern auf den Gott Israels zu vertrauen (Verse 7 und 8).
Diese fünf Maßnahmen angesichts des Feindes geben uns eine eindrückliche Lektion, wie wir uns schützen und verteidigen können, wenn Gott in unserem Leben Situationen zulässt, in welchen unser Glaubensleben und unser Bekenntnis angefochten und auf die Probe gestellt werden.

Rettung durch die Menge der Ratgeber
Drei Mal finden wir in den Sprüchen die Empfehlung, Hilfe oder Rettung bei „der Menge der Ratgeber“ zu suchen (Spr 11,14; 15,22; 24,6).
Das setzt natürlich voraus, dass diese Ratgeber bewährt, weise und gottesfürchtig sind.
Es gab und gibt in der Geschichte des Volkes Gottes immer wieder Ausnahme-Situationen, in denen es töricht wäre, den Rat von anderen einzuholen.
Kein einziger menschlicher Ratgeber hätte David ermutigt, gegen Goliath anzutreten.
Und es war weise, dass Jonathan und sein Waffenträger den König Saul nicht um Rat fragten, ob sie zu zweit gegen ein Heer von Philistern kämpfen sollten. Viele Glaubenshelden mussten einsame Entscheidungen allein vor Gott treffen, weil im Volk Gottes niemand bekannt war, der
einen gottesfürchtigen Rat hätte geben können.
Aber unter normalen Umständen ist man immer gut beraten, vor Entscheidungen, die nicht durch das Wort Gottes eindeutig geklärt sind und in denen Gott die Entscheidung einem verantwortungsbewussten, geheiligten Menschenverstand überlässt, den Rat von erfahrenen,
gottesfürchtigen Brüdern und Schwestern zu suchen.
Hiskia tat sehr gut daran, sich mit „seinen Obersten und Helden“ zu beraten – also solchen, die sich in der Vergangenheit durch Treue, Gottesfurcht und Hingabe bewährt hatten.
Die Lebensadern des Volkes Gottes dürfen nicht in die Hände der Feinde geraten!
Die Wasserversorgung einer Stadt oder eines Dorfes war in allen Zeiten absolut lebensnotwendig
für die Menschen und ihr Vieh. Daher zielten feindliche Angriffe immer auch darauf, die Quellen und Brunnen der belagerten Stadt zu vergiften oder zu zerstören. Im Leben der Patriarchen
versuchten die Philister, die Brunnen des Volkes Gottes mit Erde zuzuschütten (1Mo 26,15).
Zur Zeit Elisas war die Wasserqualität der Stadt Jericho derart schlecht, dass Unfruchtbarkeit und Fehlgeburten die Folge waren (2Kö 2,19-22).
Daher war es strategisch weise, die Quellen außerhalb der Stadt zu verstopfen bzw. unkenntlich zu machen und durch einen 512m langen, durch die Felsen geschlagenen Tunnel das Wasser der Gihonquelle in die Stadt Jerusalem umzuleiten (2Chr 32,30). Damit war die Wasserversorgung der Stadt gesichert und man hatte dem Feind buchstäblich das Wasser „abgegraben“.
Die Anwendungen für die Gesundheit und das Wachstum unseres geistlichen Lebens liegen auf der Hand: Unsere Lebensquelle ist der Herr Jesus, der von sich sagt: „Wenn jemand dürstet, so komme er zu mir und trinke!“ (Joh 7,37)
In Ps 87,7 singen die Söhne Korahs: „Alle meine Quellen sind in dir!“ Die Gemeinschaft mit unserem Herrn, das Reden mit Ihm und das nachdenkende Lesen Seines Wortes sind unsere
Lebensquellen, ohne die unser geistliches Leben austrocknen und unfruchtbar werden wird.
Der Feind möchte uns das „Wasser abgraben“ und unsere „Quellen“ verunreinigen. Er versucht,
durch schädliche Zusätze oder Abstriche die Gemeinschaft mit unserem Herrn zu trüben oder
zu unterbinden. Deswegen sollten wir keine Mühe scheuen, um verschüttete „Brunnen“ aufzugraben oder uns – wie die Knechte Hiskias – mit großer Ausdauer, Konzentration und harter
Arbeit durch alle Hindernisse hindurch zu kämpfen, um den Fluss des „Wassers“ in unser Leben
und in das Leben unserer Mitchristen möglich zu machen und abzusichern.

Beschädigte Mauern bedeuten Gefahr!
Hiskia und seine Obersten wussten, dass eine geschlossene, stabile Stadtmauer für den Schutz
und das Leben der Bewohner Jerusalems dringend notwendig war. Die Mauern schützten vor
feindlichen Angriffen und bildeten eine deutliche Grenze. Es gab ein „Drinnen“ und „Draußen“ – eine unübersehbare Abgrenzung und Absonderung.
Daher ließen sich Hiskia und seine Mitarbeiter nicht durch lügnerische Propaganda irreführen, denn sie hatten die Absicht des Feindes genau erkannt: Die Assyrer würden den Tempel in Jerusalem stürmen, die Tempelschätze rauben, das Heiligtum Gottes zerstören und den Gottesdienst unmöglich machen.
Starke Mauern sollten das verhindern und dort, wo die Mauer beschädigt war, musste sie unbedingt ausgebessert und verstärkt werden.
In unserer immer mehr globalisierten Welt verlieren Grenzen ihre Bedeutung. Manches wird dadurch erleichtert – die Ein- und Ausreise ist nicht mehr mit Kontrollen verbunden – aber die
negativen Auswirkungen dieser „Grenzenlosigkeit“ sind auch nicht zu übersehen: Zerstörerische
Elemente haben freien Zugang, die innere Sicherheit ist stark gefährdet, die nationale Identität geht mehr und mehr verloren.
Ähnliche Probleme bekommen wir zunehmend, wenn wir als Gemeinde Gottes „grenzenlos“ werden, in dem wir die Absonderung nicht mehr ernst nehmen oder sogar aufgeben. Die Folgen: Wenn geistliche Mauern und „Grenzkontrollen“ abgeschafft werden, haben feindliche Ideologien, Irrlehren, ein ausgehöhltes Evangelium und Unmoral freien Zugang. Damit verlieren wir unsere geistliche Identität und auch unsere geistliche Kraft. Sünde wird nicht mehr beim Namen genannt, Irrlehrer und Irrlehren nicht mehr abgewiesen, Gemeindezucht ist nicht mehr möglich – es gibt kein „Drinnen“ und kein „Draußen“ mehr.
Es ist unbedingt wichtig und notwendig, dass in unserer Zeit Führer in den Gemeinden ein wachsames Auge darauf haben, an welcher Stelle der Feind durch mangelhafte Abgrenzung
Möglichkeiten bekommt, zerstörerischen Einfluss auf das Gemeindeleben auszuüben. Sätze wie: „Wir wollen uns nicht mehr durch Abgrenzung definieren!“ hört und liest man immer öfter. Das klingt zwar positiv und ist sicher auch gut gemeint. Wenn diese Haltung aber zum Standard in unseren Gemeinden wird, dann hat der Feind schon einen Fuß in der Tür.
Es ist dann nur noch eine Frage der Zeit, bis die Gemeinde ihre Bestimmung aufgegeben und
ihre geistliche Kraft verloren hat.

Die Armee muss aufgerüstet werden!
Eine starke, geschlossene Stadtmauer allein war nicht ausreichend, um die Bevölkerung zu schützen. Der Feind konnte die Mauer rammen, übersteigen oder unterhöhlen – wenn nicht
Soldaten auf den Mauern und Türmen der Stadtmauer Wache hielten und in der Lage waren, mit
dem Bogen oder auch mit dem Schwert den Feind auf Abstand zu halten.
Jeder Einzelne musste also in der Lage sein, dem Feind zu widerstehen. Das war der Grund, warum Hiskia sein Heer aufrüstete und „Waffen und Schilde in Menge“ anfertigen ließ.
Die Anwendung auf unser geistliches Leben ist wiederum offensichtlich: Die „Mauer“ einer gesunden, biblischen Theologie oder eines biblischen Glaubensbekenntnisses reicht nicht aus,
um die Gemeinde zu schützen. Jeder Einzelne muss in der Lage sein, seinen Glauben und auch
den Glaubensinhalt persönlich zu verteidigen.
Judas ermahnt in seinem Brief, „für den einmal den Heiligen überlieferten Glauben zu kämpfen“ (Jud 3). Damit ist das Glaubensgut, der Glaubensinhalt gemeint, den wir persönlich
kennen sollten. Aber wir sollten auch darin geübt sein, ihn biblisch zu begründen und zu verteidigen.
Spurgeon sagte einmal treffend: „Der Heilige Geist setzt niemals seine Unterschrift unter ein leeres Blatt. Das würde schon unklug von einem Menschen sein, und der Herr wird niemals eine solche Torheit begehen.
Wenn wir nicht eine klare Lehre in deutlichen Worten vortragen, wird der Heilige Geist nicht seine Unterschrift unter unser leeres Geschwätz setzen […]
Es gibt einige, die irrtümlicherweise ihr Glaubensbekenntnis für eine der Schrift entsprechende
Waffe halten, doch das kann es nicht sein […] Oh, lest das Wort und betet um die Salbung des Heiligen Geistes, damit ihr die Bedeutung des Wortes lernt, denn dann werdet ihr gegen den Feind mächtig sein.“(1)
Bekanntlich zeigt uns Eph 6,11-17 das „Waffenarsenal“ Gottes, das er uns für den guten Kampf des Glaubens zur Verfügung stellt.

Die Ermutigung darf nicht fehlen!
Die Kurzpredigt, die Hiskia dann seinen Obersten und dem Volk auf dem Platz vor dem Stadttor
hielt, ist ein nachahmenswertes Musterbeispiel für Ermutigung:
„Und er versammelte sie zu sich auf den Platz am Stadttor und redete zu ihren Herzen und sprach: ‚Seid stark und mutig! Fürchtet euch nicht vor dem König von Assyrien und vor all dieser Menge, die mit ihm ist; denn mit uns sind mehr als mit ihm. Mit ihm ist ein Arm des Fleisches; aber mit uns ist der Herr, unser Gott, um uns zu helfen und unsere Kämpfe zu führen!‘ Und das Volk verließ sich auf die Worte Hiskias, des Königs von Juda.“ (2Chr 32,6-8)
• Hiskia redet zum „Herzen“ des Volkes. Er appelliert nicht nur an ihren Verstand oder ihre Emotionen, sondern spricht das Herz, die Entscheidungszentrale des Menschen, an.
• Er stellt den Feind des Volkes in das Licht Gottes. Hiskia leugnet oder unterschätzt den Feind nicht – das wäre Torheit gewesen. Aber er beurteilt ihn aus der Perspektive Gottes: „… mit ihm ist ein Arm des Fleisches.“
• Schließlich richtet er die Aufmerksamkeit auf die Größe des Gottes Israels, der ihre Hilfe und ihr Führer im Kampf gegen den Feind ist. Mit anderen Worten: Er zeigt die Ohnmacht des Feindes und verherrlicht die Macht Gottes!

Nach einer solchen Art der Ermutigung wundern wir uns nicht über das Ergebnis: „Das Volk verließ sich auf die Worte Hiskias, des Königs von Juda.“

Nachtext

Quellenangaben


1) C.H. Spurgeon „Es steht geschrieben“, CLV, S. 68 und 93