Zeitschrift-Artikel: Der heilende Blick auf Jesus

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Titel: Der heilende Blick auf Jesus
Typ: Artikel
Autor: John Newton
Autor (Anmerkung):

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Titel

Der heilende Blick auf Jesus

Vortext

Text

Liebe Fr. M…
Seien Sie nicht überrascht, dass Sie immer noch Auswirkungen der in Ihnen wohnenden Sünde finden – es muss und wird so sein. […] Während wir in dieser Welt sind, werden wir unter dieser Last stöhnen.
Ich wünsche Ihnen zwar, dass Sie sich nach einem größeren Maß an Heiligung sehnen, aber manchmal werden wir auch von einem gesetzlichen Geist betrogen, der uns dazu führt, mit dem größten Eifer zu arbeiten und nur sehr wenig Nutzen zu erreichen. Wenn wir merken, dass uns Leblosigkeit und Trockenheit beschleicht, ist unsere einzige Hilfe, auf Jesus zu schauen – auf sein Blut zur Vergebung – auf seine Gnade zur Stärkung; wir können nichts aus uns selbst heraus. Über unseren eigenen Bosheiten zu brüten wird sie nicht heilen; aber er, der mit der bronzenen Schlange verglichen wurde, ist immer da – im Lager aufgerichtet – um auf ihn zu blicken. Ein glaubender Blick auf ihn wird mehr dazu beitragen unser Gewissen zu befriedigen und unsere Tugenden zu beleben als all unser Gejammer und unsere guten Vorsätze.
Die Freiheit des Evangeliums zu kennen, aber sie nicht zu missbrauchen, ist eine Sache, die großer Weisheit bedarf: Zu sehen, dass unsere Hoffnung sicher und unabänderlich ist, fern von allen Veränderungen, die wir empfinden, dass wir angenommen sind nicht weil wir uns wohl fühlen und aktiv sind, sondern weil Jesus uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben hat; aber doch, zur gleichen Zeit, in unseren Herzen nach dem Licht seines Antlitzes und einem erneuerten Gespür seiner Liebe zu verlangen und zu dürsten.
Vor zwei Dingen sollten wir uns immer schützen und dafür beten: dass das Wissen um unsere Akzeptanz uns nicht sorglos macht, und andererseits unsere Anstrengungen, seinem Willen gemäß zu leben, uns nicht einem Geist der Sklaverei unterwirft.
Der Apostel, der das Wesen unseres Kampfes nur zu gut kannte, ermahnte, „uns a l l e z e i t im Herrn zu freuen“. Er wusste, auf welche Konflikte wir durch Drangsal, Unzulänglichkeiten, Versuchungen und Verlassenheit stoßen würden; aber er sagt „allezeit“; was nur von solchen getan werden kann, die erkennen und sich ständig daran erinnern, dass sie in Christus vollkommen sind; dass er alles in allem für sie ist: ihre Gerechtigkeit, Weisheit und Stärke; ihre Sonne und ihr Schild; ihr Freund und Vertreter vor dem Thron; ihr Hirte und ihr Bräutigam.
Wenn ich meine eigene Erfahrung ansprechen darf: für mich ist das einfache, andauernde Blicken auf Jesus, der mein Friede und mein Leben ist, der weitaus schwerste Teil meiner Berufung. Durch sein Erbarmen erlaubt er mir [zwar] Dinge zu vermeiden, die in den Augen der Menschen falsch sind – aber es scheint mir einfacher, mich in tausend Gelegenheiten durch rein äußerliches Verhalten selbst zu verleugnen, als die unablässige Anstrengung aufzubringen, aus der Gerechtigkeit und Kraft [Gottes] zu handeln.
John Bunyan hat in seinen fortgeschrittenen Jahren bemerkt, dass in seinem Herzen immer noch so viele Abscheulichkeiten waren; eine von ihnen – sagte er – sei das verborgene Anhängen am Bund der Werke.
Ich bin sicher, dass das keine kleine Abscheulichkeit in einem Gläubigen ist; aber ‚Ach‘ – es klebt so sehr an mir wie meine eigene Haut, und kostet mich viele Seufzer.

Nachtext

Quellenangaben

John Newton; The Works of the Rev. John Newton; Vol. 6; Richard Cecil (Hrsg); London 1824; S. 43-45


Übersetzung: Christoph Grunwald