Zeitschrift-Artikel: Adoniram Judson bedr

Zeitschrift: 143 (zur Zeitschrift)
Titel: Adoniram Judson bedr
Typ: Artikel
Autor: Christoph Grunwald
Autor (Anmerkung):

online gelesen: 2728

Titel

Adoniram Judson bedr

Vortext

„Wir fühlen uns völlig allein in der Welt – ohne einen Freund, außer uns selbst – niemanden, auf den wir uns verlassen können – außer Gott. […]

Die Abkehr von unseren früheren Meinungen hat uns mehr Schmerzen verursacht als alles andere, was uns jemals im Leben geschehen ist.“

Ann Judson (1)

Text

Die Überfahrt nach Indien begann alles andere als ruhig. Kurz nach dem Auslaufen wurden sowohl Harriet Newell als auch Ann Judson sehkrank und nach nur fünf Tagen entdeckte man ein Leck in der Caravan. Nur mit äußerster Mühe konnte das einströmende Wasser ausgepumpt und das Loch geschlossen werden – danach entspannte sich die Reise jedoch. Die frisch verheirateten Paare genossen die Zweisamkeit und die Zeit mit den Freunden. Zuerst entdeckten sie kurioserweise das Seilspringen und später das Tanzen als Beschäftigung auf der fünf Monate währenden Reise.
 

Die Tauf-Frage

Adoniram verbrachte die Überfahrt außerdem mit der Fortsetzung einer Bibelübersetzung aus dem Griechischen, die er im College in Andover, vermutlich zu Übungszwecken, begonnen hatte. Mitte April blieb er bei der Bedeutung des griechischen Wortes baptizo („taufen“) hängen. Als Kongregationalist war er als Kind getauft worden und stand bislang auch theologisch hinter dieser Praxis. Bei seinen Untersuchungen schien es ihm nun aber, dass der Begriff im Neuen Testament ein Untertauchen und nicht nur ein Besprengen mit Wasser meint – und damit im Widerspruch zur kongregationalistischen Praxis stehe.

Aber nicht nur dieser etymologische Aspekt ließ ihn seine bisherige Position überdenken. Er stellte sich neben der Frage nach dem „Wie“ auch die Frage „Wen“? Adoniram ging etwas naiv davon aus, dass sich schon bald die ersten Heiden bekehren würden. Ihm war klar, dass die gläubig Gewordenen getauft werden sollten – aber was war mit ihren Familien, insbesondere den Kindern? In welcher Beziehung standen sie zur Gemeinde, wenn ihre Eltern gläubig geworden den waren? Sollten sie auch getauft werden?

Letzteres war Praxis und Lehrmeinung der Kongregationalisten, aber je mehr Adoniram diese Frage durchdachte, desto mehr stellte er diese Meinung in Frage, zumal Markus 16,16 die Taufe ausdrücklich mit dem Glauben verknüpft. Außerdem fehlte jeglicher Schriftbeleg in Fürsprache der Kindertaufe:

„Wir sollten natürlich erwarten, dass die Kindertaufe – wenn sie denn vorgeschrieben wäre – in dem Gebot, dass die Anordnung der christliche Taufe eingeführt hat, vorgeschrieben wäre. Aber dieses Gebot schweigt in Bezug auf Kinder. Hat aber nicht Christus uns irgendein anderes Gebot gegeben, was die Kindertaufe vorschreibt? Nicht ein einziges! Haben nicht die Apostel, denen weitere Anweisungen des Willens Christi anvertraut wurden, einige Gebote den waren? Sollten sie auch getauft werden?

Letzteres war Praxis und Lehrmeinung der Kongregationalisten, aber je mehr Adoniram diese Frage durchdachte, desto mehr stellte er diese Meinung in Frage, zumal Markus 16,16 die Taufe ausdrücklich mit dem Glauben verknüpft. Außerdem fehlte jeglicher Schriftbeleg in Fürsprache der Kindertaufe:

„Wir sollten natürlich erwarten, dass die Kindertaufe – wenn sie denn vorgeschrieben wäre – in dem Gebot, dass die Anordnung der christliche Taufe eingeführt hat, vorgeschrieben wäre. Aber dieses Gebot schweigt in Bezug auf Kinder. Hat aber nicht Christus uns irgendein anderes Gebot gegeben, was die Kindertaufe vorschreibt? Nicht ein einziges! Haben nicht die Apostel, denen weitere Anweisungen des Willens Christi anvertraut wurden, einige Gebote immer sie über die Taufe gesprochen haben, oder über die, denen sie gewährt wurde, macht ihre Sprache deutlich, dass Taufe ein freiwilliger Akt der Anbetung war und der Getaufte ein bekennender Gläubiger.“(2),(a)

Am 17. Juni 1812 lief die Caravan in den Hafen von Kalkutta ein – an Bord zwei Missionare, die von den Kongregationalisten ausgesandt waren und von denen einer nun im Begriff stand, die Standpunkte der Baptisten anzunehmen! Ann stand „zwischen den Stühlen“ – sie wusste genau, was auf sie und ihren Mann zukommen würde, wenn sie wirklich ihre bisherige Sicht verwarfen! Es war in keiner Weise realistisch, weiterhin die finanzielle Unterstützung des „Board of Foreign Mission“ zu erwarten. Was zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz klar war, aber kurze Zeit später offensichtlich wurde: auch die Zusammenarbeit mit den Newells und den noch auf der Harmony nachkommenden Paaren würde unmöglich werden. Wenn sie in einem so wichtigen, praktischen Punkt verschiedenartig dachten, würde es auf Dauer zu schwerwiegenden Problemen in der Missionsarbeit kommen.
In Kalkutta angekommen trafen Adoniram und Samuel Newell (die Frauen blieben vorerst an Bord der Caravan) den altgedienten William Carey, der sie auf die Missions-Station nach Serampore (etwas nördlich von Kalkutta) einlud.

Die Begegnung mit den englischen Missionaren war schon vor der Abreise geplant worden – auch das war für Adoniram ein Anstoß sich mit der Tauf-Frage zu beschäftigen, da er damit rechnete, mit den Baptisten in Diskussionen gedrängt zu werden. In diesem Punkt lag er aber falsch. Die Missionare in Serampore vertraten das schöne Prinzip, dass sie nie mit einem anders denkenden Gast bzw. einem Mitglied einer anderen Denomination eine Diskussion über abweichende Lehrmeinungen vom Zaun brachen.

Hindernisse

Neben den geistlichen Umbrüchen brach die unbarmherzige Realität des von den Briten besetzten Indiens über die Missionare herein.

Am 18. Juni – also einen Tag nach der Ankunft – erklärten die USA dem britischen Empire den Krieg.(b) Das die Ost-Indien-Kompanie, der die Verwaltung der indischen Kolonie oblag, dies zu diesem Zeitpunkt wusste, ist natürlich kaum vorstellbar, aber die der Kriegserklärung vorausgegangenen langjährigen politischen Spannungen waren selbstverständlich auch in Indien wahrgenommen worden. Insofern hatten die amerikanischen Missionare bei den Briten keinen besonders guten Stand.

Sie erreichten nur eine kurzfristige Aufenthaltsgenehmigung. Nach nur wenigen Tagen wurden sie von Serampore nach Kalkutta auf die Polizeistation gerufen, wo man ihnen mitteilte, dass sie schnellstmöglich das Land verlassen sollten. Nur wohin? Zurück in die USA war keine Option. Indien und Ceylon (Sri Lanka) war ihnen durch die Behörden verwehrt. Adoniram wollte ohnehin schon seit er über Mission nachdachte nach Burma. Er hatte damals den Reisebericht eines britischen Offiziers gelesen, der aus politischen Gründen in Burma gewesen war. Dieser Offizier Syme beschrieb Burma in den schillerndsten Farben und so hatte sich Adoniram ein recht romantisches Reiseziel vorgestellt. In Kalkutta wurde er aber durch aktuelle und vor allem unvoreingenommene Reiseberichte eines Besseren belehrt. Schnell stellte sich heraus, das Syme nicht die Realität beschrieben hatte und das ganz Burma über den offensichtlich naiven und leicht zu täuschenden Offizier lachte. Tatsächlich – so berichteten Seeleute, die aus Burma kamen – war Burma nichts weiter als eine despotisch geführte Tyrannei, die zur Zeit in einem heftigen Krieg mit Siam lag. An den Aufenthalt eines Ausländers war gar nicht zu denken. William Carey bestätigte diese Gerüchte. Sein eigener Sohn Felix lebte in Burma – er hatte dort mit drei weiteren Missionaren eine Missionsstation aufbauen wollen.

Einer der Missionare, Brain, war inzwischen tot, ein anderer, Pritchett, war nach Vizagapatam aufgebrochen und Chater, der dritte, arbeitete inzwischen in Ceylon! Nur Felix Carey selbst war noch in Burma. Dort wurde er geduldet, da er eine burmesische Frau geheiratet hatte und zeitweilig für die Regierung arbeitete.

Eine Ausreise nach Burma schien schlichtweg unmöglich!

Die Bibliothek des Mr. Rolt

Die Missionare standen unter großem Druck. Sie waren unmissverständlich aufgefordert worden, das Land zu verlassen. Allerdings gab es zu diesem Zweck auch nicht unendlich viele Möglichkeiten.

Ein Schiff musste gefunden werden, welches die Missionare als Gäste mitnehmen würde. Nach eifrigem Suchen fand sich eines, welches bereit war, wenigstens ein Paar als Passagiere mit nach Mauritius zu nehmen. Die Missionare entschieden sich dafür, dass die Newells die Passage annehmen sollten, da Harriet in nur drei Monaten ihr erstes Kind zur Welt bringen sollte. Judsons würden in Kalkutta auf die Notts, Halls und Luther Rice warten, die noch immer mit der Harmony auf See waren. Anschließend würden sie über weitere Schritte beraten.

Ein freundlicher Engländer, Mr.Rolt, bot den Judsons für die Wartezeit sein Haus als Wohnung an. Da Judsons eigentlich nichts zu tun hatten, beschäftigte sich Adoniram erneut mit der Tauf-Frage, um endgültige Klarheit zu bekommen. Mr. Rolt hatte eine üppige Bibliothek, die seine Frau, Witwe eines Baptisten-Missionars, mit in die Ehe gebracht hatte. Ann studierte nun ihrerseits die Schrift. Sie hatte ihrem Mann schon angedroht, dass er gerne Baptist werden könne, sie aber um nichts in der Welt von ihrer Position weichen würde. Nach einiger Zeit des Studiums stiegen aber auch in ihr Zweifel auf, bis sie sich am Ende eingestand, dass ihr Mann – und mit ihm die Vertreter der Erwachsenen-Taufe – die biblischere Position vertraten.

Kurz darauf traf die Harmony ein und nach einem herzlichen Willkommen wurde das Thema unter den Missionaren diskutiert. Besonders Luther Rice versuchte die Judsons vehement von der kongregationalistischen Sicht zu überzeugen. Seine Lautstärke überspielte dabei gekonnt seine eigene Unsicherheit bezüglich der Position, die er vertrat …

Für Adoniram war die Sache inzwischen klar: Die Baptisten hatten Recht, die Kongregationalisten Unrecht. Das hatte aber zur Folge, dass er selbst noch keine „biblische“ Taufe erlebt hatte.

Daher entschied er sich, einen Brief an die Baptisten in Serampore zu schreiben:

„Meine Untersuchungen […] haben mich zu der festen Überzeugung geführt, dass das Untertauchen eines bekennenden Gläubigen die einzige christliche Taufe ist. […] Mrs. Judson hat ein ähnliches Studium durchgeführt und ist zur gleichen Schlussfolgerung gekommen. Da wir uns daher in einem noch nicht getauften Stand sehen, wünschen wir unseren Glauben durch die Taufe, in Gehorsam seinen heiligen Geboten gegenüber, bekennen.“(3)

Am 06. September 1812 wurden Ann und Adoniram in Kalkutta getauft. Luther Rice ließ sich am 01. November ebenfalls taufen. Adoniram predigte drei Wochen nach seiner Taufe, am 27. September, seine bekannte Predigt „Sermon on Christian Baptism“(4), – nach William Carey die beste Predigt über Taufe, die er je gehört hatte. Es ist die einzige Predigt Judsons, die in Druck ging und veröffentlicht wurde.

Zusammen mit einem Brief an seine Heimatgemeinde, in welchem er sich erklärte, ist das Buch auch heute noch als Reprint verfügbar.

Erwartete Reaktionen

Judson ahnte, wie die amerikanischen Kongregationalisten reagieren würden. Er schrieb ihnen einen Brief, indem er klar machte, dass er keine Unterstützung vom „Board“ erwartete: „Nun liegt vor mir die Aussicht, allein zu einer fernen Insel zu gehen, mit keiner gegenwärtigen Gesellschaft verbunden, von der ich

Mitarbeiter oder finanzielle Unterstützung erwarten könnte. Ob sich die baptistischen Gemeinden in Amerika über meine Situation erbarmen, weiß ich nicht. Ich hoffe daher, dass während meine Freunde das verurteilen, was sie als Abkehr von der Wahrheit erachten, sie am Ende doch Mitleid mit mir haben und für mich beten.“(5)

Gleichzeitig hielt er fest: „Das Lob Christi ist besser als das Lob der Menschen. Lasst mich bei allen Ereignissen an Christus festhalten und seine Gunst meiner höchsten Freude vorziehen.“(6)

In Amerika löste Judsons Umdenken gelinde formuliert einige Irritationen aus. Viele fühlten sich verraten und zurückgestoßen. Es kursierten sogar Gerüchte, Judson hätte sich aus „Rache“ von den Kongregationalisten abgewandt. Um das zu verstehen muss man wissen, dass sich Judson nach seiner Rückkehr von der Londoner Mission Society den amerikanischen Brüdern gegenüber, welche die Ausreise noch zögern empfahlen (s. Teil 1), anscheinend recht ungehalten benommen haben muss. Er wurde dafür offiziell gerügt – erkannte sein Fehlverhalten aber sofort und bereute es. Wahrscheinlich hat er selbst die Sache damit auch als erledigt angesehen und vergessen. Auf Anfrage schrieb er nämlich später, dass er nie eine derartige Rüge erhalten habe. Das „Board of Mission“ hingegen stellte schriftlich klar, dass es tatsächlich eine Zurechtweisung gab – was Judsons Gegner gierig aufgriffen und seine Erinnerungslücke als absichtliches Vertuschen seiner wahren Motive darstellten.(c),(d)

Eine neue geistliche Heimat

Hilfesuchend wandten sich die Judsons an die Missionare in Serampore. Diese empfahlen den amerikanischen Baptisten, die zu diesem Zeitpunkt verstreut waren und kaum als geschlossene Denomination auftraten, die jungen Missionare als „Vorsehung Gottes“ anzusehen, die es ihnen möglich machen sollte, „am Eifer der kongregationalistischen missionarischen Brüder … teilzuhaben“(7). Auch Adoniram schrieb einige Briefe an führende Brüder in den USA, die daraufhin in Bosten begeistert eine Organisation mit dem Namen „Society for propagating the Gospel in India and other Foreign Parts“(8) zur Unterstützung der jungen Missionare gründeten.

Über verworrene Pfade war nun die zweite Missionsgesellschaft in den USA gegründet worden – und Adoniram trug in beiden Fällen maßgeblich dazu bei!

Abreise

Nach kurzer Zeit wurde ein Schiff gefunden, welches ebenfalls nach Mauritius segelte. Nach einigen Schwierigkeiten und dramatischen Zwischenfällen bestiegen die Missionare die Creole und trafen am 17. Januar 1813 in Port Louis ein.

Dort wartete Samuel Newell auf sie – allein! Harriet war tot – genauso wie das Kind, das sie erwarteten. Da sich ihre Reise wegen ungünstiger Winde verzögert hatte, gebar sie das Kind mitten auf Hoher See. Zwei Tage nach der Geburt kamen sie in einen schweren Sturm, der dazu führte, dass alle auf dem Schiff völlig durchnässt wurden. Das Baby bekam eine Lungenentzündung und starb nur drei Tage später. Harriet selber bemerkte kurz darauf erste Anzeichen einer Tuberkulose – der Krankheit, die schon mehreren ihrer Angehörigen das Leben genommen hatte. Sie starb drei Wochen nach der Ankunft in Port Louis und ließ den gebrochenen Samuel allein zurück.(e)

Den jungen Missionaren wurde langsam bewusst, dass ihre romantischen Vorstellungen von der Mission, denen sie im heimischen Andover so gerne nachgehangen hatten, an der rauen Wirklichkeit zerbrechen mussten …

Aufbruch nach Burma

In Port Louis waren die Missionare zwar von offizieller Seite gern gesehen – aber hier gab es kein Arbeitsfeld. Auf der kleinen Insel fanden sich fast nur Sklaven und deren Besitzer. Gerade letztere waren nicht besonders an Evangelisations- Veranstaltungen interessiert.

Luther Rice‘s Leberprobleme, die schon die ganzen letzten Monate nicht zu leugnen gewesen waren, begannen sich zu verschlimmern. Er reiste nach einigen Beratungen zurück in die USA.

Doch was sich den Missionaren als Verlust darstellte, zeigte sich im Rückblick als unglaubliche Fügung! Rice reiste zwar nie wieder auf das eigentliche Missionsfeld, aber dafür unermüdlich durch die USA. Dort sammelte er unentwegt Gelder für die Mission und trieb maßgeblich die Gründung der „General Missionary Convention of the Baptist Denomination in United States of America for Foreign Missions“(9) voran – einem Zusammenschluss aller kleineren Missionsgesellschaften, die in den zwei vorausgegangenen Jahren entstanden waren.(f)

Darüber hinaus gründete Rice außerdem das Columbia College, welches heute unter dem Namen „George Washington University“ immer noch existiert.

Die Judsons kehrten indes zurück nach Madras, Indien. Dort wurden sie erneut mit der Ost- Indien-Gesellschaft konfrontiert und wieder zu einer schnellen Ausreise angehalten. Judson trieb sich täglich im Hafen herum, um ein Schiff zu finden. Schließlich stieß er auf die Georgiana – ein „gebrechliches, altes Fahrzeug“(10). Am 22. Juni 1813 bestiegen Adoniram und seine inzwischen schwangere Frau eineinhalb Jahre nach ihrer Ausreise und unzähligen bereisten Seemeilen das Schiff, welches sie – trotz aller menschlicher Warnungen – in ihre neue Heimat bringen sollte: Rangoon, Burma.

Nachtext

Quellenangaben

a) Dieses „Argument des Schweigens“ drehten Judsons Gegner einfach um: Da die Juden ihre Kinder beschneiden ließen und die Gemeinde die Fortsetzung des abrahamitischen Bundes darstellt, sei davon auszugehen, dass die Christen automatisch auch ihre Kinder taufen ließen (vgl. Apg 21,21). Wenn also Jesus bzw. die Apostel gegen die Kindertaufe gewesen wären, hätten sie ausdrücklich Stellung nehmen müssen. Da sie dies aber an keiner Stelle tun, dulden sie damit den allgemeinen Usus. (vgl. Pond, Enoch; „A treatise on the mode and subjects of Christian baptism, in two parts“; 1819; S 116)

b) Dieser Krieg ist unter verschiedenen Bezeichnungen bekannt: „Krieg von 1812“, „Mr. Madisons Krieg“ oder „2. Unabhängigkeitskrieg“ sind die verbreitetsten Bezeichnungen. Der Krieg endete am 24. Dezember 1814 mit dem „Frieden von Gent“. Am Ende konnte sich keine der beiden Parteien als wirklichen Sieger bezeichnen. (Mehr Infos unter wikipedia.org > „Britisch- Amerikanischer-Krieg“.)

c) Federführend scheint hier ein Theologe aus Ward namens Enoch Pond, später Rektor des Bangor College, gewesen zu sein. Er veröffentlichte als Reaktion auf Judsons Predigt ein Büchlein mit dem sperrigen Titel „Eine Abhandlung über die Art der Taufe und die zu Taufenden, in zwei Teilen. Entworfen als Antwort zu den Behauptungen und Argumenten des Rev. Adoniram Judson“ (Manning; 1819) Darin verteidigt er vehement die pädobaptistische Sicht. Das Buch ist zwar nicht frei von (z.T. auch scharfsinnigen) Argumenten, besticht jedoch leider viel mehr durch eine hässliche Polemik gegenüber Judson. Obwohl Judsons Denominationswechsel nun schon sieben Jahre zurücklag, skizziert Ponds ausführlich Judsons „Rüge“ und schließt auf die o.g. niederen Motive bei Judsons Gesinnungswechsel. Kleinkariert wird aufgearbeitet, wer was wann wusste und warum Judson seine Bedenken angeblich auch vor seinen Missionarsfreunden bis zu seiner Taufe streng geheim hielt usw. Samuel Nott, der mit der Harmony Kalkutta erreichte, machte jedoch deutlich: „Vom Zeitpunkt meiner Ankunft in Kalkutta an war ich in seine inneren Kämpfe eingehend eingeweiht; und ich gebe meiner vollen Überzeugung Ausdruck, wenn ich sage, dass er die Frage aufs gründlichste und sehr ernsthaft untersuchte, dass er sie mit gläubigem Sinn durchdachte, und dass er in allen Gesprächen über das Thema von einem ehrfürchtigen, tiefreligiösen Geiste durchdrungen war“ (Warburton, Stacy, R.; „Ostwärts!“; Ev. Buchhandlung St. Gallen, 1947; S. 82f)

d) Adonirams Vater, Adoniram Judson Senior, überdachte die Frage nach der Taufe ebenfalls und kam einige Jahre später zur gleichen Überzeugung wie sein Sohn. 1817 musste er deshalb sein Pastorat in Plymouth niederlegen.

e) Harriet Newell starb im Alter von 19 Jahren am 30. November 1812. Teile ihres Tagebuches und ihrer Korrespondenz wurden  kurze Zeit später als „Memoiren“ veröffentlicht und prägten in den USA eine Vielzahl von Christen. Kurz bevor sie erkrankte schrieb Harriet: „Ich hoffe, dass ich unser Ziel in guter Gesundheit erreiche. Aber ich sorge mich deswegen nicht. Ich weiß, dass Gott alle Dinge in der bestmöglichen Weise anordnet. Wenn er anordnet, dass ich Schmerzen leiden sollte und auf dem stürmischen Ozean krank und ohne Freundin den größten Unbequemlichkeiten ausgesetzt bin, soll ich dann murren und denken, dass er mich hart behandelt? Oh nein. Sollen die heftigsten Prüfungen und Enttäuschungen zu meinem Los werden, schuldig und schwach wie ich bin, dennoch denke ich, dass ich im Herrn jubeln und mich am Gott meiner Errettung erfreuen kann.“ („Memoirs of Mrs Harriet Newell“; Edinburgh 1817; S. 187). Ihr Mann hielt die letzten Szenen fest: „Als ich ihr sagte, dass sie den nächsten Tag nicht überleben würde, erwiderte sie, ‚Was für erfreuliche Nachrichten: ich sehne mich danach aufzubrechen.‘ Einige Zeit später fragte ich sie: ‚Wie erscheint dir der Tod?‘ Sie antwortete: ‚Herrlich, wahrhaft willkommen.‘“ (Ebd. S.191)

f) Judsons Hilfegesuch hatte nicht nur die Gründung der o.g. Organisation in Bosten zur Folge, sondern im ganzen Land wurden kleinere Gesellschaften gegründet, die dann 1814 zusammengeführt wurden, so dass die Baptisten erstmals offiziell als Denomination organisiert waren. Schon 1845 spalteten sie sich jedoch im Vorfeld des Bürgerkrieges. Die Diskussion um die Haltung von Sklaven ließ auch die Christen nicht unberührt und die meisten Christen in den Südstaaten befürworteten die Sklavenhaltung, während die Baptisten im Norden sie nicht gutheißen konnten. Der allgemeine amerikanische Konflikt führte also nicht nur zur politischen Spaltung in Süd- und Nordstaaten, sondern auch in Süd-Baptisten („Southern Baptist Convention“) und Nord-Baptisten („American Baptist Missionary Union“)!

 

QUELLENANGABEN

1) Brief an eine Freundin; 07.09.1812 bzw. Brief an ihre Eltern 14.02.1813; Wayland, Francis; „A Memoir Of The Life And Labors Of The Rev. Adoniram Judson“, Vol I und II; Phillips, Sampson and Company; Boston; 1853 (Reprint) S. 106 / 108

2) „A Sermon on Christian Baptism“; Boston 1846; S. 34

3) 27.08.1812; Wayland, a.a.O. S. 109

4) „Predigt über die christliche Taufe“

5) Judson, Edward; „Adoniram Judson, A Biography“; Anson D.F.Randolph & Company; New York; 1883; S. 42.43

6) Brief an die Gemeinde in Plymouth, Massachusetts; Wayland, a.a.O. S. 102

7) Brief von Rev. Marsham an Rev. Baldwin, Bosten, 01. September 1812; Wayland, a.a.O. S. 113

8) „Gesellschaft zur Verbreitung des Evangeliums in Indien und anderen fremden Teilen“

9) „Allgemeiner Missionsbund der baptistischen Denomination in den USA für Außenmission.“

10) Edwards, a.a.O. S.48 Bild S. 11 aus: Warburton, Stacy R.; „Ostwärts!“; Ev. Buchhandlung St. Gallen, 1947;