Zeitschrift: 33 (zur Zeitschrift) Titel: ZUM HOCHZEITSMAHL GELADEN Typ: Artikel Autor: Thomas, Bernd, Ulrich Rinke, Schäfer, Hügenberg Autor (Anmerkung): online gelesen: 2236 |
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Titel |
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ZUM HOCHZEITSMAHL GELADEN |
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„ ... Und er sandte Knechte aus, um die Geladenen zur Hochzeit zu rufen; und sie wollten nicht kommen ... dann sagt er zu den Knechten: die Hochzeit ist zwar bereit, aber die Geladenen waren nicht würdig; so gehet nun hinaus an die Hecken und Zäune, und so viele ihr finden werdet, ladet zur Hochzeit ... " Matth. 22,1 ff. Treffpunkt: 19.00 Uhr, Brandenburger Str. 29, Alle geladenen Gäste sollten einen großen Appetit mitbringen, denn von einer Hochzeitsfeier des Vortages mußten reichlich übriggebliebene Köstlichkeiten, wie Nudel-, Kartoffel-, Rindfleisch-, Kraut- und Obstsalat, Fleischaufschnitt, Käsehappen und Kuchen, verzehrt werden. Wie bei dem Gleichnis des Herrn Jesus sind auch hier nicht alle Gäste erschienen, und ein anderer Teil hatte sich schon zu Hause sattgegessen, so daß wir auf unseren Speisen sitzenblieben. Wir hatten schon bei der Hochzeitsfeier den - Gedanken gehabt, Gäste von der Straße einzuladen, um die Reste zu vertilgen, und so machte Bernd aus unseren Gedanken Wirklichkeit. Er fuhr mit dem Bräutigam Erwin zum nahegelegenen „Pennertreff", wo sich zahlreiche „Berber und Stadtratten" (wie sie sich selbst nannten) herumtrieben. Auf die Einladung zum Reste-schmaus reagierten sie sehr erfreut, einer jedoch war sehr mißtrauisch. Nach einigern Hin und Her waren sie einmütig dafür mitzukommen - und kamen - ! In der Brandenburger Str. machte sich Panik breit, als Erwin mit seinem Auto vorfuhr. Er stieg aus und half zwei verwegen aussehenden Gestalten aus dem Wagen. Einige Zeit später hatten die beiden, Kralemann und sein Mädchen Inge, den Weg ins Wohnzimmer gefunden und Erwin verkündete uns, daß Bernd mit weiteren sieben Personen im Anmarsch sei. Jetzt wurden schnell Teller und Bestecke aus der Küche gebracht. Inzwischen war die andere Gruppe auch eingetroffen, und alle hatten Platz genommen. Da war einmal Hans, der bei der Einladung sehr im Gesicht, Egon, ein zahnloser Greis mit Filzbart und hochhackigen Cowboystiefeln, der sich dauernd mit Kralemann in den Haaren lag, Mon Cherie, eine Frau, die wir alle für einen Mann hielten. Dann war da noch Günter, der gar nicht so richtig in die Gruppe hinein paßte. Er war ziemlich ruhig und äußerlich sauberer als die anderen. Der andere Hans war dagegen um so schlimmer, aber er erlaubte sich den Luxus eines Spazierstockes. Zum Schluß dann noch Walter, „ein Edelpenner", der auf seiner Fahrradtour von Berlin nach Mönchengladbach in Bielefeld gelandet war. Er brachte von seinen letzten Groschen 2 Tafeln Schokolade und einen Flachmann für die Braut mit, der allerdings unterwegs schon auf die Braut getrunken worden war. Jetzt begann die Schlacht am Kalten Büffet. Die Forderung nach Bier und Apfelkorn wiesen wir entschieden zurück und brachten dafür Cola und Fanta auf den Tisch. Walter forderte Kralemann auf, seinen Hut zu lüften, wogegen sich dieser aber energisch wehrte, weil er sich seiner Glatze schämte. Irgendwann, nach einigen oberflächlichen Gesprächen, kam dann auch die Frage auf, warum wir gerade sie, die von der Gesellschaft Verworfenen, eingeladen hätten. Wir durften ihnen bezeugen, daß Jesus Christus unser Herr und Retter geworden ist, unser Leben neugemacht hat und auch ihr Leben neu machen will. Und das seine Liebe uns dazu drängt, allen Menschen diese Frohe Botschaft zu verkünden. Schon nach kurzer Zeit bildeten sich unter den Gästen drei Gruppen: die einen, die auch an die Existenz Gottes glaubten, die anderen, welche wirklich Atheisten und Spötter im wahrsten Sinne des Wortes waren, und dann die dritte Gruppe, die keine Meinung hatten. Walter berichtete uns, daß er im Kirchenchor gesungen habe, und daß er viele Lieder auswendig könne. Auf unseren Wunsch hin sang er das Lied : Wie mit grimm'gen Unverstand Wellen sich bewegen! Nirgends Rettung, nirgends Land, vor des Sturmwinds Schlägen! Einer ist's, der in der Nacht, einer ist's, der uns bewacht: Christ Cyrie, ja Dir gehört die See. Nachdem Walter das Lied zu Ende gesungen hatte, wünschte Kralemann, daß wir noch zusammen ein Lied singen sollten. Otto, der gerade gekommen war, holte seine Gitarre und dann sangen wir das Lied: „Noch dringt Jesu frohe Botschaft in die dunkle Welt". Es sangen alle, so gut wie sie konnten, mit, und obwohl Kralemann vorher noch gespottet hatte, war er sehr gerührt und wollte immer wieder die 1. Strophe hören, in der es heißt: „Das es einen Weg aus Schuld und Elend gibt". Zum Abschluß sangen wir dann noch „0 die tiefe Liebe Jesu". Dann verabschiedeten sie sich, waren sehr gerührt über das Erlebte, und Kralemann gab Bernd sogar einen Abschiedskuß. Es war kurz vor Mitternacht, und wir verspürten in uns eine unbeschreibliche Freude. Am nächsten Tag besuchte Bernd einige von ihnen am Pennertreff, auch Knochenpark genannt, weil dort ein alter Friedhof mit Parkanlage ist. Er ließ sich dann erzählen, warum sie auf der Straße liegen. Walter: 40 Jahre, schweizer Nationalität, von Leben auf der Straße. Er stammt aus einer kath. Familie.
Inge: 39 Jahre, verwitwet seit 1974, 1964 verlor
Egon: ein echter Stadtstreicher, Alter nicht zu schätzen, geht jeden Sonntag nach seinen Aussagen in die Ecclesia-Gemeinde zum Gottesdienst. Günter: ca. 45 Jahre, hat vor einiger Zeit eine Entziehungskur mitgemacht, lebt zur Zeit im Quellenhof (Bethel) und arbeitet dort für DM 2.-- Taschengeld pro Tag. Er schaffte es, ein halbes Jahr ohne Alkohol auszukommen, es wurde ihm eine Arbeit vermittelt und er durfte für DM 600.--Miete in einem Wohnheim wohnen. Aus finanziellen Schwierigkeiten heraus wurde er rückfällig, er möchte gerne frei sein, aber weiß keinen Ausweg. Kralemann: 39 Jahre, davon ca. 20 Jahre im Gefängnis verbracht und dem Alkohol total verfallen. Hans: ca. 28 Jahre, war zeitweise im Gefängnis, seine Eltern und 5 Geschwister, alles gutbürgerliche Leute, schlossen ihn aus der Familie aus. Nun ertränkt er seine Probleme im Alkohol. Diese Menschen, wo immer sie auch auf den Straßen liegen mögen, haben oft den Wunsch, davon loszukommen. Aber in ihrem Zustand haben sie keine Chance auf Arbeit und so auch nicht auf ein ordentliches Leben. Möge Gott doch Christen bereit machen, die an diesen Menschen eine Aufgabe sehen und auch eine offene Tür für sie haben. |
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Nachtext |
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Quellenangaben |
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