Zeitschrift-Artikel: Streiflichter aus der Mission

Zeitschrift: 101 (zur Zeitschrift)
Titel: Streiflichter aus der Mission
Typ: Artikel
Autor: Viktor Leskov
Autor (Anmerkung):

online gelesen: 1366

Titel

Streiflichter aus der Mission

Vortext

Text

„Der Herr aber wird um seines

großen Namens willen sein Volk

nicht verstoßen, denn es hat dem Herrn gefallen, euch zu seinem Volk zu machen."

1. Samuel 12,22

 

Wir waren
schockiert über
den Zustand
dieser willenlosen Männer,
die völlig erschöpft waren.

 

... Ich besuche weiterhin die Gefängnisse und führe auch Briefwechsel mit den Gefangenen. Sie schreiben viel über sich selbst und haben natürlich jede Menge Wünsche. Die meisten bitten um Bücher. Das gefragteste Buch bleibt „Jesus unser Schicksal", gefolgt von „Zum Da­sein verflucht!" Leider ist unser Vorrat an diesen Büchern zu Ende. In den Gefängnissen wartet man auf unsere Besuche, aber leider müssen wir feststellen: Je mehr die Gemeinde wächst, um so weniger Brüder sind bereit, in die Ge­fängnisse zu gehen. Es fahren immer diesel­ben, aber dieses Phä­nomen ist sicher nicht nur bei uns zu beob­achten.

Ich möchte euch noch eine interessante Geschichte weitergeben:

Vor einiger Zeit hatte ich mir vorgenommen, allen Verwandten und Bekannten den Heilsplan Gottes zu verkündigen. Das ist mir auch gelun­gen mit einer Ausnahme: ich konnte Alexander, einen alten Freund, mit dem ich vor meiner Bekehrung viel gesündigt habe, nicht ausfindig machen. So habe ich viel für diese Sache ge­betet und eines Tages erfuhr ich durch einen Alkoholiker den Ort, wo mein Freund wohnte. Es war sehr weit ent­fernt in der Taiga. Nachdem wir in der Gemeinde dafür gebetet hatten, machte ich mich auf den Weg. Aber der Satan widerstand mir. Zwei Mal fuhren wir los, mussten aber wieder umkehren, weil der Schnee zu hoch lag, oder die Straßen nicht passierbar waren. Aber ich wußte, dass es vom Herrn war, Alexander aufzusuchen und deshalb fuhren wir ein halbes Jahr später noch einmal los. Diesmal mit einem robusten Auto - und wir kamen an!

Der Ort lag weit entfernt von jeder Zivilisation und mein Freund lebte mit weiteren fünf Män­nern in einem Bauwagen. Alles dunkle Gestalten ohne Heimat, ohne Familie, ohne Papiere, ohne Scham und Gewissen. Ein skrupelloser Förster hatte sie angeheuert. Sie fällten Bäume für ihn und bekamen dafür Zigaretten und täglich eine dünne Kohlsuppe. Ab und zu konnten sie vom Fleisch eines erlegten Elches oder Bären leben. Notfalls wurde ein Hund geschlachtet.

Fast sechs Jahre hauste Alexander schon unter diesen Männern, die dort wie Schweine lebten -keine Betten, nur dieser Bauwagen. Wir waren schockiert über den Zustand dieser willenlosen, dreckigen und hungrigen Männer, die völlig er­schöpft waren. Es war wie zur Zeit der Sklaverei!

Wir bezeugten ihnen das Evangelium und ließen einige Bücher dort. Alexander und seinen leibli­chen Bruder nahmen wir mit. Sein Bruder haute unterwegs ab, aber Alexander hat sich bekehrt. Sein Leben gestaltet sich aber sehr schwer, er hat viele Kämpfe. So, das war eine Episode aus unserem Alltag. Der Herr behüte Euch alle!

Tela ist eine kleine Stadt an der Nordküste von Honduras. Der Strand und die traumhaft schöne Umgebung locken allerdings nur eine bescheide­ne Anzahl Touristen an, weil Tela berüchtigt ist für Überfälle durch sogenannte „Todesschwa­dronen", die plötzlich auftauchen und jemanden erschießen um dann unbemerkt zu verschwin­den. Sorge bereiten auch zwei berüchtigte Ban­den der Stadt, die „18" und „MS", die sich gegen­seitig bekämpfen und dabei vor Mord und Tot­schlag nicht zurückschrecken.

Aber im Zentrum dieser Stadt gibt es auch eine große Gemeinde, zu der wir schon seit etwa 10 Jahren einen herzlichen Kontakt haben und von wo aus manche evangelistischen und missiona­rischen Impulse in die Umgebung ausgehen.

Einer unserer Freunde dort ist Walter Altimira­no, der uns sehr in der Literaturarbeit hilft und schon seit Jahren das Gefängnis in Tela besucht und dort evangelistisch arbeitet.

Einen Tag vor unserer Rückreise nach Deutsch­land machten wir im Februar dieses Jahres mit ihm einen Besuch in diesem Gefängnis, wo etwa 320 Gefangene untergebracht sind, die dort auf engstem Raum zusammenleben - teilweise in Zellen, wo jeweils etwa 60 Gefangene schlafen, wohnen und arbeiten müssen und eine Menge Hängematten in verschiedenen Höhen ange­bracht sind, um alle unterzubringen.

Für 10 Dollar Aufschlag kann man in einen Saal umziehen, wo sich „nur" etwa 20 Betten befin­den und die Luft entsprechend besser ist.

Die einzige Bewegungsfreiheit bietet ein kleiner Innenhof, wo die Sträflinge ihre Wäsche selbst waschen müssen. Auch gekocht wird selbst, wo­bei es nicht zimperlich zugeht: die Bananen wer­den meist mit Schale gekocht und zubereitet.

Die Gefangenen selbst sehen recht abenteuer­lich aus: die Bandenmitglieder erkennt man an der Tätowierung, ansonsten tragen viele wegen der Hitze nur eine kurze Hose. Arbeit gibt es kaum, einige wenige knüpfen Hängematten, aber die meisten lang­weilen sich - ein guter Nährboden für interne Bandenkriege, Messersteche­reien usw.


Wer ein Huhn klaut…

Man kommt übrigens in Honduras recht schnell ins Gefängnis: Wer z.B. ein Huhn klaut und dabei erwischt wird, kann mit einigen Jahren Haft rechnen. Man wird vom Untersuchungsrichter ins Gefängnis gesteckt, wartet dort - wenn man Pech hat bis zu zwei Jahren - auf die Verhandlung, bei der man dann - wenn man Glück hat - freigesprochen wird.

Aber in diesem Gefängnis hat man Zeit und freut sich auf Besuch und Abwechslung und so sind Christen sehr willkommen, weil sie etwas Farbe in den eintönigen Alltag bringen. Wenn Walter jeden Dienstag ab 17 Uhr seine Bibel­gruppe startet, erscheinen etwa 80 Gefangene, die sich dann in fünf Gruppen aufteilen, wobei man acht geben muss, dass sich keine „18er" und „MSer" in einer Gruppe befinden.

Ein Mörder leitet die Bibelgruppe

Inzwischen haben sich etwa 60 Gefangene be­kehrt - also ca. 20 % der Insassen - die sich jeden Tag zum Bibellesen und Austausch treffen. Leiter dieser Bibelgruppe ist ein ehemaliger Mörder, der noch ca. 12 Jahre Haft vor sich hat. Er hatte seinen leiblichen Bruder vor den Augen seiner Mutter ermordet und ist im Gefängnis zum Glauben gekommen. Jetzt versucht er mit großer Freude, seine Mitgefangenen zum Herrn zu führen. Viele Gefangene haben Angst vor der Entlassung, weil sie dann damit rechnen müssen, von feindlichen Bandenmitgliedern getötet zu werden. Aber sie haben auch Angst vor der eige­nen Gruppe, wenn es um die Bekehrung geht. Auf jeden Fall liegt ein erstaunlicher Ernst auf den versammelten Zuhörern, wenn Walter oder einer seiner Mitarbeiter das Wort Gottes ver­kündigen. Hier geht es wirklich in jeder Be­ziehung um Leben und Tod.

 

Betet bitte für diese wichtige Arbeit!     

Nachtext

Quellenangaben