Zeitschrift-Artikel: VISIONEN - Schauen oder Glauben? 1. Teil

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Titel: VISIONEN - Schauen oder Glauben? 1. Teil
Typ: Artikel
Autor: Andreas Steinmeister
Autor (Anmerkung):

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Titel

VISIONEN - Schauen oder Glauben? 1. Teil

Vortext

Text

In einer Zeit visueller Medienüberschwemmung bleibt es nicht aus, daß auch Christen, wahre Kinder Gottes, das Sichtbare überbewerten und dadurch der wirklich christlichen Stellung ver­lustig gehen.

„Denn wir wandeln durch Glauben, nicht durch Schauen" (2. Kor. 5,7), „… indem wir nicht das anschauen, was man sieht, sondern das, was man nicht sieht" (2. Kor. 4,18).

Zur Zeit des Herrn Jesus wollten die Volksmengen Zeichen sehen, so z.B. in Joh. 6,2: „Es folgte ihm eine große Volksmenge, weil sie die Zeichen sahen, die er an den Kranken tat" oder in Mth. 12,38: „Dann antworteten etliche der Schriftgelehrten und Pharisäer und sprachen: „Lehrer, wir möchten ein Zeichen von dir sehen. Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Ein böses und ehebrecherisches Geschlecht begehrt ein Zeichen und kein Zeichen wird ihm gegeben werden, als nur das Zeichen Jonas, des Propheten." Vergleiche dazu Luk. 11,29: „Dieses Ge­schlecht ist ein böses Geschlecht, es fordert ein Zeichen, …" (Mt. 16,4 und Mk. 8,11-12).

Es ist interessant zu untersuchen, wo die beiden Wörter „sehen" und „glauben" zusammen ge­nannt werden.

a)    Mk. 15,32: Die Hohenpriester und Schriftgelehrten riefen dem gekreuzigten HErrn zu: „Der Christus, der König Israels, steige jetzt herab vom Kreuze, auf daß wir sehen und glau­ben."

b)   Joh. 6,30: Die Volksmengen fragten den Herrn Jesus: „Was sollen wir tun, auf daß wir die Werke Gottes wirken?" Der Herr antwortete: „Dies ist das Werk Gottes, daß ihr an den glaubet, den er gesandt hat." Die Reaktion der Volksmenge war: „Was tust du nun für ein Zeichen, auf daß wir sehen und dir glauben? Was wirkst du?"


Daraufhin bezeichnet der Herr Jesus sich als das wahrhaftige Brot des

Lebens und sagt: „Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, hat ewiges

Leben!" Kein Zeichen geschah. Da­raufhin antworteten viele Jünger: „Diese

Rede ist hart, wer kann sie hören?" (6,60) Dann wandten sich viele Jünger

von Ihm ab, worauf der HErr die zwölf Jünger fragte: „Wollt ihr etwa auch

weggehen? Da antwortete Petrus: Herr, zu wem sollen wir gehen? du hast

Worte ewigen Lebens und wir haben geglaubt und erkannt, daß du der Heilige

Gottes bist."


c)    Joh. 20,8: Petrus kommt zu der Gruft und sieht das leere Grab: „...und er sah und glaub­te!"
Warum?
Joh. 20,9 gibt die Antwort: „Denn sie kannten die Schrift noch nicht, daß er
aus den Toten auferstehen mußte." Hätte Petrus die Schrift gekannt, so hätte er sofort der Maria Magdalena geglaubt.

d)   Joh. 20,24-29: Thomas wollte sich mit seinen Augen überzeugen, daß der vor ihm stehende Herr wirklich der Herr Jesus war. Der Herr ließ es ihm zu und sagte: „Weil du mich gesehen hast, hast du geglaubt. Glückselig sind, die nicht sehen und geglaubt haben."

Schlußendlich schreibt der Apostel Johannes in Kap, 20,30-31, daß die beschriebenen Zeichen in dem Evangelium dazu dienen sollten, „daß ihr glaubet, daß Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, auf daß ihr glaubend Leben habt in seinem Namen."

„Glaube" kennzeichnet das Christentum.

Wir wandeln nicht durch Schauen. Das Wort im Grundtext ist eidos und bedeutet: „Gestalt, äußere Erscheinung, Aussehen" und kommt in Luk. 3,22; 9,29; Joh. 5,37 (Gestalt); 1. Thess. 5,22 (Art) und in 2. Kor. 5,7 vor. Es ist die durch das Gesicht vermittelte Sinneswahr­nehmung (vgl. e i d o l o n —Apg. 7,41; Offb. 9,20; 2. Kor. 6,16— =Götzenbild).;

Es handelt sich also um „sichtbare Erscheinungen",

Wahres Christentum wurzelt somit nicht im Schauen, im Fordern von Zeichen, denn „die Juden fordern Zeichen" (1. Kor. 1,22), sondern im „Glauben", der durch das „Hören des Wortes" ge­schieht.

a)            Gal. 3,2: „Habt ihr den Geist aus Gesetzeswerken empfangen oder aus der Kunde (a k o e = das Gehörte) des Glaubens?"

b)           Gal. 3,5: „Der euch nun den Geist darreicht und Wunderwerke unter euch wirkt, ist es aus Gesetzeswerken oder aus der Kunde des Glaubens?

c)            1. Thess. 2,13: „… daß, als ihr von uns das Wort der Kunde Gottes empfinget, ihr es nicht als Menschenwort aufnahmet, sondern, wie es wahrhaftig ist, als Gotteswort, das auch in euch, den Glaubenden, wirkt."

d)           Hebr. 4,2: „… das Wort der Verkündigung (hier steht auch a k o e) nützt jenen nicht, weil es bei denen, die es hörten, nicht mit dem Glauben vermischt war."

e)            Rö. 10,16-17: „Herr, wer hat unserer Verkündigung (a k o e) geglaubt?"

„Also ist der Glaube aus der Verkündigung (a k o e)1, die Verkündigung aber durch Gottes Wort." (s. Anm. Elb. Übers.)

Das „Hören" und der „Glaube" stehen somit in engster Beziehung und nicht das „Sehen" und der „Glaube" (vgl. Lk. 16,27-31).

Hören, Glauben und Gehorsam

Der Herr Jesus ließ sich „Ohren bereiten" (Ps. 40,6), jeden Morgen das „Ohr wecken" (Jes.50,4) und „öffnen" (Jes. 50,5), „damit ich höre gleich solchen, die belehrt werden" (Jes. 50,4). Obwohl der Herr Sohn war, hat Er doch als abhängiger Mensch den Gehorsam gelernt. Im Ge­gensatz zu den Hebräern, die im Hören träge geworden waren, war der Herr Jesus gehorsam bis zum Tode am Kreuze (vgl. Hebr. 5,8-11; Phil. 2,8). Die hörenden Ohren des Herrn Jesus werden (bildlich) schließlich am Kreuz mit einem Pfrieme durchbohrt (2. Mose 21,6).

Er ist das vollkommene Vorbild eines hörenden, glaubenden und gehorsamen Menschen.

Das Wort „Gehorsam" heißt h y p a k o e, es ist also verwandt mit „Hören", „Kunde" (a k o e). Wir lesen von diesem Gehorsam in Verbindung mit dem Hören und Glauben in Rö.1,5; 16,26; Hebr. 5,8; 1. Petr. 1,14. 21-22.

Im Kolosserbrief finden wir die drei Begriffe vereinigt. Sie erweisen sich als Grundlagen für ge­festigtes Glaubensleben.


1)     Sie sollten im Glauben fest gegründet bleiben und nicht abbewegt werden von der Hoff­nung des Evangeliums, welches sie gehört hatten (Kol. 1,23; vgl. Kol. 1,4).

2)     Paulus freute sich über ihre Ordnung und die Festigkeit ihres Glaubens an Christum (Kol. 2,5)

3)     Die Kolosser sollten in diesem Glauben wandeln, gewurzelt sein und auferbaut werden (Kol. 2,7).

4)     Sie waren als mit Christus Gekreuzigte auch mit Ihm auferweckt durch den Glauben an die wirksame Kraft Gottes (Kol. 2,12),

Wenn der Apostel also positiv von dem Glauben spricht, so fügt er hinzu: „Laßt niemand euch um den Kampfpreis bringen, der seinen eigenen Willen tut in Demut und Engelverehrung, indem er auf Dinge eingeht, die er nicht gesehen hat, eitler Weise aufgeblasen von dem Sinne seines Fleisches und nicht festhaltend das Haupt..."
(Kol. 2,18-19).

Da „nicht" in vielen Handschriften fehlt, so übersetzen andere: der, was er geschaut hat (d.h. das Gebiet von Gesichten betreffend; vgl. Anm. Elb. Übers.).

Heißt das nun, daß es Visionen nicht mehr gibt? Wir wollen versuchen, mit des Herrn Hilfe diese Frage zu beantworten. Zunächst fragen wir: Was sagt die Schrift im AT und NT über „Vi­sionen" (Gesichte), dann beschäftigen wir uns kurz mit der medialen Affinität (Kontaktfähig­keit) so z.B. das Problem des Hellsehens. Schließlich wollen wir das geschichtliche Zeugnis kurz untersuchen und fragen, inwiefern Visionen dem Aufbau der Versammlung Gottes in der Vergangenheit und Gegenwart dienten und dienen.

 (Fortsetzung im nächsten Heft)

Nachtext

Quellenangaben