Zeitschrift-Artikel: "LIES JUNGE, SOLANGE DU ZEIT HAST…"

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Titel: "LIES JUNGE, SOLANGE DU ZEIT HAST…"
Typ: Artikel
Autor: N.P. Chrapow
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Titel

"LIES JUNGE, SOLANGE DU ZEIT HAST…"

Vortext

Text

Vater und Sohn Wladykin arbeiteten von früh bis spät; aber was sie verdienten, reichte kaum für die Ernährung der Familie, und dabei mußten sie „inoffiziell" arbeiten. Geistlich jedoch ließen die Wladykins trotz allem nicht nach.

Pawlik hatte auch sein Teil zu tragen, und er verstand seine Verantwortung.
Zum Umherlaufen blieb ihm wenig Zeit. Schon als er etwa 12 Jahre alt war, hatte ihn der Vater beständig gebeten, aus der Bibel vorzu­lesen, weil er selbst nur mit Mühe zu lesen ver­mochte. So las der Junge im Laufe der Jahre Kapitel für Kapitel vor, der Reihe nach ein Buch nach dem anderen. Hatte er seine Arbeiten ausge­führt, schickte der Vater ihn nach der Bibel. Und man muß billigerweise festhalten, daß Pawel zwar manchmal nicht gern las, dem Vater aber seinen Wunsch nie abschlagen konnte.
Für immer blieben ihm in der Erinnerung die Augenblicke haften, als er einst die letzten Kapitel des Propheten Maleachi, des letzten Buches im Alten Testament, zu Ende las und dabei dachte: Na, gleich bin ich fertig und laufe ins Freie. Da ist auch endlich der letzte Vers.
„So, hast du alles beendet?" fragte der Vater. „Ja, alles", antwortete Pawel feierlich.
„Nun, so schlag wieder vorne auf. Lies, Junge, solange du Zeit und Gelegenheit hast, lies mög­lichst viel und fleißig. Es werden Tage in deinem Leben kommen, in denen du gern wenigstens eine Seite aus der Bibel lesen würdest und das nicht kannst. Und ohne sie zu leben ist doch un­möglich. Du wirst nicht immer mit Vater und Mutter zusammensein. Es wird eine Zeit kommen, da du unter fremden Leuten sein wirst, schlechten und gemeinen; du wirst selber auf Fragen über Leben und Tod, Gut und Böse, Rettung und Verderben antworten müssen, und es wird niemand da sein, bei dem du Rat holen könntest.
Denk daran, daß die Bibel dich immer aus der Not erretten wird. Wie in einem Urwald kannst du unerwartet dich auch inmitten fremder Leute verloren fühlen, nicht wissend, wohin du gehen und was du wählen sollst.

Denk dann daran: deine besten Ratgeber sind die Weisheit Salomos, der Glaube Abrahams, die Treue Moses und Samuels, die Reinheit Josephs, die Selbstaufopferung des Paulus, die Festigkeit Daniels und die Worte Christi. Die Bibel lehrt dich zu lieben und zu leiden, zu leben und zu sterben, zu kämpfen und zu siegen, und das ist es ja, was das Leben ausmacht.
Lies sie so, daß sie für dich nicht nur eine Kopfsache bleibt; eine Taschen- und Tischbibel brauchst du nicht unbedingt zu besitzen, aber du bist verpflichtet, eine im Herzen zu haben. Deshalb lies, solange du Zeit und Gelegenheit dazu hast, lies für mich, für dich und für andere."
Diese väterliche Belehrung, wohl eine der längsten, die Pawel vom Vater erhielt, sollte sich später als prophetisch erweisen.

 

 

(Auszug aus dem Buch von N.P. Chrapow: „Das Glück des verlorenen Lebens", Friedensstimme/Brockhaus-Verlag, siehe Buchbesprechung FuT 36, S. 24)

Nachtext

Quellenangaben