Zeitschrift-Artikel: Stimmen der Väter: Hans Dannenbaum

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Titel: Stimmen der Väter: Hans Dannenbaum
Typ: Artikel
Autor: Hans Dannenbaum
Autor (Anmerkung):

online gelesen: 1832

Titel

Stimmen der Väter: Hans Dannenbaum

Vortext

Text

Hans Dannenbaum

 

(1895 — 1956)
„Knorrig und kernig, klar und vollmächtig", so beschreibt Kurt Raeder in seinen Erinnerungen Hans Dannenbaum, den Evangelisten, Pfarrer und späteren Direktor der Berliner Stadtmission.
Wilhelm Busch, der während des Kirchenkampfes Freundschaft mit ihm schloß, sagte von ihm: „Diesem Mann ging es unerbittlich um die Wahrheit Gottes!"

In jener Zeit, als die NS—Presse Dannenbaum persönlich angriff: („Zur Heilung Ihrer geistigen Fäulnis dürfte es auf der ganzen Welt kein Sanatorium geben…, in jedem Fall scheint lebenslange Sicherheitsverwahrung angebracht… er gehört ins KZ"), sammelten sich sonntäglich 1600 — 1800 Men­schen in der Stadtmissionskirche, um diesen unerschrockenen Zeugen Jesu zu hören.
Der folgende Auszug aus seinem vergriffenen Buch „Sieghaftes Christentum", welches 1938 (!) erschien, macht etwas deutlich von seiner „knorrigen und kernigen" Verkündigung, die auch uns heute nottun.

Christentum ist Krieg
Es gibt immer noch Leute, die meinen, der Glaube sei eine stimmungsvolle, erbauliche Sache für fromme Ge­müter, eine Art sanfte Musik, die nach einem lauten All­tag den stilleren Feierabend durchsummt.
Diese Leute hätten hundert Jahre früher leben müssen. Dieser Traum ist ausgeträumt. Das Christentum ist alles andere, nur keine gemütliche Ofenbank, auf der man es sich behaglich machen kann, um sich für ein verträum­ tes Schummerstündchen aufzuwärmen nach des Tages Kälte. Wer träumen möchte, muß nicht Christ werden.

Die Kirche ist kein Traumland für solche, die All­tags Heiden sind und Sonntags einmal gern für ein Stünd­chen Christen wären. Auch kein Schmollwinkel, in den man sich gelegentlich zurückzieht, wenn es einem draußen in der bunten Welt gegen den Strich gegangen ist. Kein Konzertsaal, in dessen durchklungene Räume man sich flüchtet, damit das Schluchzen der eigenen Seele über­tönt werde und die Seele selber auf den Schwingen der Musik sich in andere Welten träume.
Der Glaube des Neuen Testamentes ist kein Rausch­mittel zum Vergessen der harten Wirklichkeit. Er reicht uns weder das Lethe der Griechen, noch das Nirwana der Inder. Er ist keine Morphiumapotheke.

Das Christentum ist eine tapfere und helle Sache für angriffsfreudige Menschen, die bereit sind, gegen den Strom zu schwimmen, nicht Sonntagsvergnügen, sondern alltäglicher Kampf. Aber kein mehr oder weniger harm­loses Wortgefecht, sondern Kampf bis aufs Blut wider Hölle, Tod und Teufel. Die Kirche Jesu Christi, die den Namen Kirche ver­dient, ist nicht Erbauungsstündchen, sondern Kaserne. Ein Haus, in dem die Kampftruppe der Freischaren ausge­bildet wird, die gewillt sind, nicht nur sich gelegentlich kirchlich versorgen zu lassen, sondern für Jesus Christus zu streiten.
Der Glaube ist nie und nimmer ein Ruhebett, sondern ein unermüdlicher Mahner zum heiligen Krieg gegen die Sünde.
Daß das Christentum eine Religion sei, die wie Musik das Leben begleitet, ist ein Traum, der vorbei ist.
Die gute, alte Zeit, die angeblich so seligen Tage unserer Vorväter sind unwiederbringlich dahin. Früher mochte man geruhsam schlafen, denn man träumte von einem christlichen Staat, wohnte in einem christlichen Volk, schickte seine Kinder in eine christliche Schule, glaubte an das Vorhandensein einer christlichen Gemeinde. Der Dienst des Pfarrers war der eines treuen Hirten, der seine Herde weidete und nur ab und zu ein räudiges oder saumseliges Schäflein zurückführen mußte zu der im übrigen braven Christenherde. Die ganze Kirche schien eine Gärtnerei zu sein, in der alles aufs beste blühte, nur daß gelegentlich das allzu üppige Wuchern mancher Triebe ein wenig beschnitten werden mußte. War einmal ein richtiger Freidenker im Dorf, einer, der aus Amerika zurückgekommen war oder sonstwo in der bösen Welt sich solche neue Weisheit geholt hatte, der wurde wie ein Wundertier angestaunt. Wer nicht zum Abendmahl kam, wurde mit Fingern gekennzeichnet. Aus der Kirche Ausgetretene gab es überhaupt nicht. Widersacher? Chri­stenverfolgung? So etwas kannte man nur aus Büchern.

Christentum ist Krieg. Kein Krieg mit Mord und Totschlag! Wir rufen nicht auf zum Religionskrieg mit Kanonen und Handgranaten. Der Krieg, von dem wir reden, wird mit geistlichen Waffen geführt, die wir aus der Waffenkammer der Bibel holen. Wir wollen nicht töten, sondern lebendigmachen, nicht verwunden, sondern heilen, nicht berauben, sondern beschenken.

Es gibt mancherlei Frontabschnitte und Waffengat­tungen in diesem Krieg. Familie, Hausbewohner, Nachbars­leute, Büro, Fabrik, Eisenbahnabteil, Untergrundbahn, Frühstückspause. Wir müssen nur die Augen aufmachen, dann steht überall der Feind, den wir zum Gefangenen Jesu machen könnten. Wer heute nicht Gewehr bei Fuß steht, ist ein fauler und lässiger Soldat in der Armee Jesu.
Nicht jeder mag schon fähig sein zum Nahkampf der Infanterie, zum persönlichen Angriff von Mund zu Mund, Auge in Auge. Zwar darf man getrost manchen ermuntern: Heraus mit der Sprache! Nur mutig heran an den Feind! Allerdings kann oft ein Narr mehr fragen, als zehn Weise antworten können. Aber wenn wir auch nicht alle Zweifelsfragen der Gegner beantworten können, so können wir doch sagen, was Jesus uns geworden ist.

Die Artillerie schießt — aus gegen Sicht geschützter Deckung — ihre Granaten hinüber gegen den Feind. Wer nicht Aug in Auge reden kann, der schieße auf dem Wege der Blättermission Brandgranaten in das Gewissen der anderen hinein.
Schließlich gibt es auch noch den stillen Dienst der unbewaffneten Krankenträger. Es gibt Fälle, wo kein gesprochenes Wort mehr verfängt, wo ein überreichtes Blättchen zerrissen oder — was ebenso schlimm ist —mit höflicher Redensart genommen, aber nicht gelesen wird. Da hilft dann nur noch das Tatzeugnis des Wandels. Die Leute müssen merken, daß wir anders sind als andere, daß uns Ewigkeitsluft umweht, daß wir um unseres Glau­bens willen im wahrsten und tiefsten Sinne beneidens­werte Menschen sind!
Wo und auf welche Weise wir streiten für den Glau­ben, ist in jedem Fall und je nach Zeit, Veranlagung und Lage der Verhältnisse abhängig von dem besonderen Be­fehl unseres Gottes. Niemand ist geeignet zu diesem hei­ligen Kriegsdienst in der Freischar Jesu, der nicht in einem treuen Gebetsleben und eifrigem Umgang mit der Bibel sich täglich die Augen öffnen läßt für die Aufgaben des Tages.

„Laßt euch in keinem Weg erschrecken vor den Widersachern." Wir brauchen eine mutige Schar von Männern und Frauen. Menschen, die Hoffnung zu ver­kaufen haben, die nicht unterzukriegen sind trotz der tausendfachen Enttäuschungen, die gerade dieser Krieg um die Seelen der verirrten Brüder mit sich bringt. Woher solcher Mut? Wir haben einen König, der un­besiegbar ist, dessen Fahnen heut nach zweitausend Jah­ren noch gerade so hell im Winde flattern wie seinerzeit im Kampf mit der sterbenden Antike. Wieviel Könige sind seitdem gestorben, wieviel Nationen verdorben, wieviel Staatsformen haben sich gegenseitig widerlegt! Nur das Volk der Jesusstreiter trägt heute wie damals die gleichen Züge, ehrt denselben König, schreitet von Sieg zu Sieg. Trotz der Scheiterhaufen und Martern der gottlosen Ver­folger in den Jahrhunderten ein Volk, das nicht totzu­kriegen ist.

Hallig-Hooge
Wie eine Warft auf Hallig—Hooge sei,
Umspült vom Meer, umbraust vom harten Wind,
Ein freier Mann inmitten Tyrannei,
In feiger Welt ein mutig Gotteskind.
Und lerne von den Halligfischem dies:
Gar salzig ist das Wasser um dich her,
Im tiefen Brunnen nur ist's Wasser süß,
Verdursten muß, wer nichts hat als das Meer.
H
. Dannenbaum    

Nachtext

Quellenangaben