"Wie, habt ihr keinen Glauben?" (Mk. 4.40)
"Und er verwunderte sich über ihren Unglauben" (Mk. 6,6) Der Herr hat seine Jünger oft und nachdrücklich vor der Sorge um Nahrung und Kleidung gewarnt. Er illustrierte an den Vögeln des Himmels und den Lilien des Feldes die Fürsorge Gottes für die Seinen und ermahnte die Jünger: "Seid nicht besorgt für euer Leben …denn euer himmlischer Vater weiß, daß ihr dies alles bedürfet" (Matth. 6,25-32). Als die 70 Jünger ausgesandt wurden, befahl der Herr ihnen, "weder Börse noch Tasche zu tragen" (Luk. 10,4) und sie konnten rückblickend bekennen, daß sie keinen Mangel gehabt hatten (Luk. 22,36). Als Paulus den Korinthern seine Erfahrungen im Dienst für den Herrn mitteilt, zählt er auf: "in Hunger und Durst, in Fasten oft, in Kälte und Blöße" (2. Kor. 11,27); er erwähnt, daß sie (die Apostel) "keine bestimmte Wohnung haben, und mühen uns ab, mit unseren Händen arbeitend" (1. Kor. 4,11), aber er ruft ihnen auch voll dankbarer Überzeugung zu: "als Arme, aber viele reich machend, als nichts habend und alles besitzend" (2. Kor. 6,10). Erstaunlicherweise geht Paulus noch einen Schritt weiter; er möchte durch das Aufzählen seiner Mängel und Leiden auf gar keinen Fall Mitleid erregen oder gar bei den Korinthern Geld locker machen, sondern ruft ihnen ermahnend zu: "Ich bitte euch nun, seid meine Nachahmer" (1. Kor. 4,16). Armut und zeitweiser Mangel scheinen also etwas Normales für den Nachfolger Jesu zu sein, die ihn allein abhängig von seinem Herrn, seiner Führung und Versorgung halten sollen. Paulus hatte in dieser Schule gelernt "sowohl satt zu sein als zu hungern, sowohl Überfluß zu haben, als Mangel zu leiden" (Phil. 4,12). Niemals aber hat Paulus in diesen Notzeiten zur Feder gegriffen und herzzerreißende Briefe an die Versammlungen geschrieben. Nein, er hat weder auf "rote Zahlen" noch auf Möglichkeiten aufmerksam gemacht, "die nur genutzt werden können, wenn bis zum 31. die erforderlichen 32.000 DM gespendet werden". Paulus maßte sich nicht an, Gottes Geldeintreiber oder Finanzberater zu sein. Ihm genügte es, sich in allem als "Diener Gottes zu erweisen" (2. Kor. 6,4), dessen Aufgabe es ist, gehorsam, treu und fleißig die Befehle seines Herrn zu erfüllen.
Methoden heutiger Missionswerke Wenn man dagegen die Informationsschreiben und Nachrichtenblätter der heutigen Missionswerke liest, dann stellt man betroffen fest, daß dort oft eine ganz andere Haltung in diesen Fragen bestimmend ist. Selbst international bekannte Missionswerke, die sich selbst als "Glaubenswerk" bezeichnen, scheuen sich nicht, in ihren Rundschreiben um Geld zu bitten. Da kann man z.B. folgende Sätze lesen: "Vor allem in den Ferienmonaten sind die Spenden zurückgegangen. Deshalb sind wir gerade jetzt auf Ihre Hilfe angewiesen… "Schließlich brauchen wir Geld . . . Sie sind ein Kanal des Segens Gottes …ohne Ihre Mitarbeit können viele nicht ein einziges Mal von Jesus hören!" Ein nicht nur in Deutschland bekannter Evangelist schreibt in seinem Rundbrief, nachdem er die Preissteigerungen beklagt hat: "Wenn es Ihnen möglich ist, durch ein besonderes Missionsopfer zu helfen, sollen Sie wissen, daß wir sehr dankbar dafür sind," Der bekannte "Weltevangelist" schrieb sogar Ende 81: …als Diener Gottes zögere ich nicht, Sie um ein freigiebiges Weihnachtsopfer zu bitten…" In den weiteren Zeilen ist dann zu lesen, daß jeder, der bis Weihnachten auf diesen Aufruf reagiert, ein wertvolles Taschenbuch zugeschickt bekommt. In den letzten Monaten wurde peinlicherweise bekannt, daß einige Missionswerke Riesensummen von Spendengeldern veruntreut haben. Außerdem sickerte in die Öffentlichkeit, daß hier und da ein gutbezahlter Handel mit Adressen von spendenwilligen Christen betrieben wird. So hatten der "Spiegel" und andere säkulare Blätter, die dem Christentum wirklich nicht positiv gegenüberstehen, wieder einmal Stoff zum Lästern.
"Krieg der Spendenhaie"? Man versteht gut, daß der Präses des Gnadauer Verbandes angesichts dieser Tatsachen empört fordert: "Es ist ein Skandal, wie manche sich christlich nennende Organisationen mit Spenden umgehen und um sie werben … den Praktiken dieser Werke muß deshalb mit Nachdruck entgegengetreten werden". Doch wird man etwas stutzig, wenn man weiter liest, daß man genau prüfen soll, wem man eine Spende anvertraut. Kriterien könnten dabei sein, ob eine Organisation mit anderen zusammenarbeitet und sich entsprechenden Richtlinien unterwerfe wie beispielsweise in der "Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen". Diese Aussagen boten wiederum den "Glaubensnachrichten" Gelegenheit, einen "gepfefferten" Artikel über den "Krieg der Spendenhaie" zu schreiben, womit sie nicht einmal ganz unrecht haben.
Welches Verhalten erwartet der Herr von uns? Vielleicht dienen die genannten Auswüchse dazu, daß wir uns neutestamentliche Grundsätze neu bewußt machen und zu praktizieren suchen. Wenn der Herr uns eine Aufgabe in Seinem Weinberg zugewiesen hat, dann wird Er auch für die Mittel zur Durchführung dieser Arbeit sorgen. Wir würden unserem Arbeitgeber eigentlich ein schlechtes Zeugnis ausstellen, wenn wir Menschen um Unterstützung bitten würden. Alle Nöte und Bedürfnisse sollten wir allein unserem Herrn im Gebet vorlegen. Bakht Singh sagte einmal sehr schön: "Wenn Er dir dann nicht mehr zu helfen vermag, dann magst du Menschen um Hilfe angehen! Hält Gott dann aus irgendwelchen Gründen die Mittel zurück, dann werden wir genötigt, ins Gebet und Selbstgericht zu gehen. Vielleicht ist der Herr mit unserem Dienst oder dem Zeitpunkt des Dienstes nicht einverstanden. W. MacDonald schreibt: "Dein Gebetsleben ist kraftlos, weil du soviel besitzt. Du spürst gar keine tiefe Not. Bring dich selbst in eine Lage, wo du Gott vertrauen mußt. Das würde dein Gebetsleben revolutionieren". Weitere Folgen dieser Glaubenshaltung würden sein:
- der Herr würde geehrt werden - Mitchristen würden durch positive Vorbilder angespornt, sich auch auf Gottes Verheißungen zu verlassen - Kritikern des Christentums würde der Anlaß zu berechtigtem Spott und Lästerung genommen - die Gefahr, Knechte von Geldgebern zu werden, die versuchen, mit ihren Gaben "Politik" zu machen, würde eingeschränkt (ich habe festgestellt, daß fast alle Missionswerke, die um Unterstützung bitten, keinen Mut haben, sich abzugrenzen und eine deutliche Sprache zu sprechen) - unser persönlicher Lebensstil würde bescheidener werden.
Positive Beispiele aus der Kirchengeschichte Karl Studd (1860 - 1931) begann 1910 in Inner-Afrika den bisher unerreichten Volksstämmen das Evangelium zu verkünden. Er gründete den "WEK", der unter anderem nach folgendem Grundsatz arbeitet: "Die Mittel für dieses Werk sollen von Gott allein erbeten werden. Niemand sonst soll um irgendeine Schenkung oder Zeichnung angegangen werden. Bei keiner Versammlung, die von dieser Gemeinschaft veranstaltet oder von ihr anerkannt wird, soll eine Sammlung für ihre Arbeit stattfinden. Wenn wir am ersten nach dem Reiche Gottes und nach seiner Gerechtigkeit trachten, so haben wir die Verheißung Christi, daß Gott uns zufallen lassen wird, was wir brauchen. Wenn wir abtrünnig werden und irgendetwas anderes suchen, dann wäre es für uns selbst, für die Welt und die Sache Christi am besten, daß wir so bald wie möglich aufhörten zu bestehen". Georg Müller (1805 - 1898) litt darunter, daß unter den Christen wenig Vertrauen auf Gott und Seine Verheißungen zu sehen war. Ihm wurde es aufs Herz gelegt, der Gemeinde Gottes und der Welt den Beweis zu liefern, daß Gott sich nicht im geringsten verändert hat. "Wenn nun ein armer Mann, bloß durch Gebet und Glauben, ohne einen einzigen Menschen anzusprechen, die Mittel erhielte, ein Waisenhaus zu gründen, so würde das etwas sein, was unter Gottes Segen dazu dienen könnte, den Glauben der Kinder Gottes zu stärken, würde aber auch den Gewissen der Unbekehrten die Wirklichkeit der Dinge Gottes bezeugen. Dies war der hauptsächliche Grund, weshalb ich ein Waisenhaus errichten wollte." Mit diesen Grundsätzen begann G. Müller seine gesegnete Arbeit, in welcher später ca. 2000 Waisenkinder täglich versorgt wurden. Am Ende seines Lebens konnte er sagen:"Siebenzig Jahre lang versuchte ich, der Gemeinde vor Augen zu stellen, daß ein Mensch sich nichts nehmen kann, es werde ihm denn von oben gegeben, und daß daher der große Geber und nicht der arme Empfänger zu verherrlichen ist."
Watchman Nee (1903 - 1972) beschreibt in seinem Buch "Zur Ehre Gottes leben", wie er als junger Christ seine ersten wunderbaren Erfahrungen mit den Verheißungen Gottes machte. Im Anschluß daran schreibt er:"Ich möchte nicht mehr darüber sagen und nur das eine bezeugen: Seit 1923 war ich oft total mittellos und ohne jegliches Geld - öfters wahrscheinlich als manch anderer Bruder in China. Ich rede also aus eigener Erfahrung und weiß, was es bedeutet, nur noch einen Pfennig in der Tasche zu haben. Aber jedesmal, wenn es mir an etwas mangelte, erinnerte ich mich an die Zusage des Herrn und ich darf bezeugen, daß er zu seinem Wort steht".
Bakht Singh dient heute noch im Alter von ca. 80 Jahren dem Herrn in großer Treue. Gott gebrauchte ihn, um viele Inder zum Herrn zu führen und ihnen neutestamentliche Grundsätze klar zu machen. Als Gott ihn in Seinen Dienst rief, gab Er ihm klar zu verstehen, daß er - wenn er Sein Knecht sein wollte - nie auch nur andeutungsweise von irgendeinem finanziellen oder materiellen Bedürfnis reden durfte.
Er schreibt: "Heute befindet sich ein Großteil der Christen in der Klemme. Sie müssen das Geld zusammenbetteln. Dies geschieht durch Berichte, Briefe und noch auf manch andere Weise. Sie betteln und erhalten, worum sie bitten. Ein Betteln um Geld läßt sich auch nicht damit rechtfertigen, daß es um des Werkes Gottes willen geschehe. Wir glauben an einen lebendigen Gott und predigen auch einen lebendigen Gott! Wenn Gott Sünden vergeben kann, dann vermag Er auch für uns zu sorgen. Es ist mir kein einziger Fall bekannt, daß Gott uns während der vergangenen dreißig Jahre des Dienstes nicht geholfen hätte. Wir haben nie und niemandem gegenüber auch nur eine Andeutung gemacht oder irgendeinen Wink gegeben, weder brieflich noch durch beiläufige Bemerkungen oder Aufrufe. Oft hatten wir um viele Tausende von Rupien größere Zahlungen zu begleichen, als sie selbst ein Missions-Direktorium zu begleichen hat. Gott hat uns nie enttäuscht. Ich bin jedesmal schockiert, wenn ich einen Knecht Gottes um Geld bitten höre." Hudson Taylor (1832-1905) arbeitete als Missionar in China in großem Segen und gründete die "China-Inland-Mission". Als er 19 Jahre alt war, machte er seine ersten Erfahrungen mit den Verheißungen Gottes für das tägliche Leben. Als er 6 Jahre später bereits als Missionar in China arbeitete, trennte er sich von der Missionsgesellschaft, die ihn bisher finanziell unterstützt hatte, weil diese Schulden machte. Er begründete das so: "Geld am falschen Fleck und Geld aus falschen Beweggründen gegeben ist nur zu fürchten. Wir können es ertragen, so wenig davon zu haben, als der Herr es für gut befindet. Aber wir können es nicht ertragen, ungeheiligtes Geld zu besitzen. Besser gar keins haben, selbst nicht für die nötigen leiblichen Bedürfnisse! Es gibt genug Raben in China und Gott ist es ein Kleines, sie mit Brot und Fleisch zu denen zu schicken, die es nötig haben. Unser Vater ist reich an Erfahrungen, er weiß sehr wohl, daß seine Kinder jeden Morgen mit gesundem Appetit erwachen. Er hat drei Millionen Israeliten in unwirtlicher Wüste während 40 Jahren gespeist. Wir erwarten kaum, daß er ebenso viele Missionare nach China senden wird, aber wenn Er's täte, hätte Er auch sicher die Mittel und Möglichkeit, sie durchzubringen. Laßt uns Gott nur vor Augen behalten, daß wir in Seinen Wegen wandeln und Ihm in großen und kleinen Dingen zu gefallen suchen. Gottes Werk, auf Gottes Weg und Weise getan, wird Gottes Beistand nie zu entbehren brauchen.“ Abschließend ein letztes Zitat von Taylor, welches uns Mut machen sollte, den vor uns liegenden Glaubenskampf in einer glaubensarmen Christenheit vertauensvoll und fröhlich anzutreten:"Das Wort Gottes lehrte mich, nichts mit Schulden zu tun zu haben. Ich konnte nicht glauben, daß Gott arm sei, daß Er keine Hilfsmittel hätte oder die Bedürfnisse Seiner Kinder nicht befriedigen wolle, wenn ihr Werk wirklich das Seine war. Es schien mir, wenn zu einer Zeit keine Geldmittel vorhanden waren, um ein Werk auszuführen, dann war dasselbe auch nicht von Gott gewollt. Mein Gewissen zwang mich deshalb zum Austritt."
|