Zeitschrift-Artikel: Philippus das Vorbild eines Predigers 2. Teil

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Titel: Philippus das Vorbild eines Predigers 2. Teil
Typ: Artikel
Autor: J-Ph. Fijnvandraat
Autor (Anmerkung): Übersetzt aus "Bode van het heil in Christus" von A. Peratoner

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Titel

Philippus das Vorbild eines Predigers 2. Teil

Vortext

Text

V. Ein Mann mit der Fähigkeit, sich „einzufiihlen"

Philippus berücksichtigte das Niveau der Menschen, mit denen er zu tun hatte, und versetzte sich in ihre Situa­tion. Das ergibt sich aus zwei Stellen. In Apg. 8,5 lesen wir: "…und predigte ihnen den Christus" und in Vers. 35: "verkündigte er ihm das Evangelium von Jesu".

Philippus hatte eine Botschaft, aber er wandte ver­schiedene Methoden an, diese Botschaft zu bringen! Er war keine Schallplatte, die überall dieselbe Geschichte abspielte. Er sprach nicht überall in der "Sprache Kana­ans". In einer Straßenpredigt wurde ich einmal durch ei­nen Glaubensbruder wie folgt angekündigt: "Jetzt wird Bruder Fijnvandraat das Wort an Sie richten". Ich sah mich verpflichtet, den Zuhörern klarzumachen, daß ich kein Krankenpfleger wäre! Unter Gläubigen ist es selbstverständlich, daß man einander mit "Bruder" oder "Schwester" anredet. Aber in Evangelisationsversamm­lungen und gegenüber "Fremden" tut man gut daran, sei­ne Glaubensgeschwister mit dem üblichen Titel anzure­den oder vorzustellen. Also ganz normal als "Herr" oder "Frau".

Etliche tun sich schwer zu erkennen, daß außerhalb des kleinen Kreises, in dem sie sich bewegen, auch noch ei­ne Menschenwelt besteht, wo die "Sprache Kanaans" vollkommen unbekannt ist und deshalb vielfach nicht verstanden oder sogar mißverstanden wird.

Philippus war sich dieser Schwierigkeiten sehr wohl be­wußt. Er lebte nicht egozentrisch, aber er trachtete da­nach,- sich in die Denkwelt und Denkweise der Men­schen, mit denen er zu tun hatte, einzufühlen.

Aus Joh. 4,25 geht hervor, daß selbst irgendeine Frau aus dem Volk von Samaria Kenntnis von der Tatsache hatte, daß einmal ein Messias käme, der auf Griechisch "Christus" genannt würde. Den Samaritern verkündigte Philippus also den "Christus", wobei er ansetzte bei der Kenntnis und der Zukunftserwartung, die bei ihnen be­stand.

Beim Kämmerer von Äthiopien konnte Philippus jedoch diese Kenntnis nicht voraussetzen. Hier war etwas ande­res notwendig. Hier mußte ausführlich über IHN gespro­chen werden, Der Fleisch geworden war, um in tiefer Erniedrigung zu sterben…er verkündigte diesen Mann "Jesus"!

Möchten Sie etwas für den Herrn tun - dann prüfen Sie, wie die Menschen denken, unter denen Sie arbeiten möchten.

VI. Philippus förderte die Eintracht

Leider hat es in der Geschichte Prediger gegeben, die unter den Gläubigen und Ungläubigen Zwietracht gesät haben. Natürlich, auch wenn man Christus predigt, kann Zwietracht die Folge sein.

Wir lesen in Joh. 7,43, daß Uneinigkeit entsteht um die Person des Herrn Jesus, in Joh. 9,16, daß Zwietracht entsteht um Sein Werk, und in Joh. 10,19 lesen wir von der Zwietracht um Seine Worte. Daß nun auch Zwie­tracht unter den Zuhörern entsteht um die Person, das Werk oder das Wort des Christus; wenn man IHN pre­digt, weiß jeder Prediger wohl aus Erfahrung.

Aber es ist etwas anderes, wenn die Person des Predi­gers oder die Undeutlichkeit der Predigt die Ursache von Zwietracht wird! Ein großer Fehler, den ein Diener des Herrn machen kann, ist, daß er die Menschen an sich selbst bindet, anstatt an seinen Meister! Das führt unweigerlich zu Zwietracht unter den Hörern.

Das Schöne am Dienst des Philippus war, daß die Men­schen lernten, sich zu halten - "einträchtig zu halten"! -an das WORT, das er predigte.

Es geht nicht um Philippus und es geht nicht um Gottes Diener! "Wer ist denn Apollos und wer ist Paulus

(1. Kor. 3,4-9).

E i n Mann war es unter vielen, mit dem es anders war. Von ihm lesen wir "er blieb fortwährend bei Philip­pus".

Aber d a s war dann auch Simon, der Zauberer, mit dem es verkehrt ging!

VII. Er wirkte Gottes Werk

Philippus kam mit einer messianischen Predigt zu einem Volk, das die Botschaft des kommenden Messias kannte. So kam auch Paulus mit einer besonderen Botschaft zu den Juden in der Diaspora (= Zerstreuung). Damals galt noch der Grundsatz: "erst die Juden und dann die Grie­chen". Den Juden im Land Kanaan wurde - trotz der Er­mordung des Messias - aufs neue das messianische Heil angeboten: wenn sie bereuen und sich bekehren würden, würde Gott immer noch Seinen Knecht Jesus vom Him­mel senden, und das Königreich, von dem die Propheten gesprochen hatten, und der Thron Davids zu Jerusalem würden wiederhergestellt werden (Apg. 3,19-23).

Der Feigenbaum (Israel) erhielt auf Bitte des Weingärt­ners nach drei fruchtlosen Jahren noch ein Jahr, in dem eine besondere Mühe aufgewendet wurde. Die Zei­chen und Wunder, die die messianische Predigt der Apo­stel begleiteten, waren noch größer, als die, die der Herr Jesus getan hatte (Luk. 13,6-9).

Desungeachtet wurde auch diese letzte Chance von den Juden im Land Kanaan verworfen. Die Steinigungdes Stephanus bildete für sie das Ende dieser außerordentli­chen Epoche. Dennoch: alle, die außerhalb des gelobten Landes an dem Gesetz von Moses festhielten, standen in Wirklichkeit außerhalb dieser Angelegenheit der Verwer­fung. Es war gerecht, daß diese auf dem Boden des Al­ten• Testamentes stehenden Juden, genau wie diejenigen in Kanaan, erst ein Angebot erhielten vom Heil des Christus, bevor sich die Prediger an die Heiden wand­ten. Wie jedoch konnten diese Juden und Judengenossen wissen, daß dies wirklich eine Botschaft von Gott war? Für Juden galt, daß die Ankunft des Messias verbunden sein würde mit Zeichen und Wundern. Solange es noch eine besondere Botschaft für das Judentum gab, zeigte die Gemeinde von daher auch in der Anfangszeit messia­nische Merkmale und Kennzeichen. Es gab Zeichen und Wunder sowie Kräfte. Ganz in Übereinstimmung mit die­ser Situation wirkte Philippus Gottes Werk und Wirken. Apg. 8,6 spricht von "Zeichen…, die er tat." (S. auch Vers 7).

Für uns gilt, daß mittlerweile die Zeit angebrochen ist, in der das Prinzip herrscht: ". . . Glückselig sind,  die nicht gesehen und (doch) geglaubt haben" (Joh. 20,29). Je weiter man in der Apostelgeschichte liest, de­sto weniger liest man über Wunder. In Rom angekom­men, hat Paulus, soweit wir wissen, kein einziges Wunder mehr getan, und von diesem Augenblick an ist dem Vorrecht des ausländischen Judentums durch die Predigt des Evangeliums ein Ende gesetzt (siehe in diesem Zu­sammenhang auch Apg. 18,6 u. 28,25-29).

Für jeden, der einen Dienst für den Herrn tun möchte, ist es notwendig, genau zu wissen, was man wo und wann tun muß! Daß dies bestimmt nicht immerdasselbe sein wird, ergibt sich bereits aus dem Alten Testament. Von den Männern von Issaschar lesen wir, daß sie "die  richtigen Zeiten kannten, so daß sie wußten, was Israel  tun mußte" (1. Chron. 12,32).

Nur dann ist man imstande, Gottes Werk (=Wirken) zu wirken!

VIII.         Er bewirkte Freude

In Apg. 8,8 lesen wir: "Und es war eine große Freude in  jener Stadt"! Wir tun gut daran, wenn wir eifrig sind im Dienste des Herrn, aufzupassen, welche Wirkung unser Dienst erzeugt. Nicht, daß wir die Früchte zählen müs­sen, um uns dann selbst auf die Schulter zu klopfen. Aber wir sollten wohl den Folgen unseres Auftretens nachgehen. Einige, die meinen, dem Herrn zu dienen, würden zurückschrecken, wenn sie einmal zur Besinnung kämen und die Folgen vor Augen hätten! Dies gilt so­wohl für die Evangelisationsarbeit als auch für die Ar­beit unter den Gläubigen.

In Philippus haben wir einen anderen Diener vor uns. Es bestand die Gefahr, daß sich Feinde einschlichen - Si­mon, der Zauberer, liefert den Beweis! - . Aber deshalb lief Philippus noch nicht herum wie ein pessimistischer Inquisitor, der mit einem finsteren Gesicht über nichts anderes zu sprechen wußte, als über "kleine Kraft" und "Tage des Verfalls". Nein - Philippus vertraute, daß Gott durch eine kleine Kraft große Dinge tun konnte, und sah ein, daß die Tage des Verfalls erst recht eine gute Gelegenheit waren, um über die unvergängliche Größe seines Meisters, des kommenden Christus, zu sprechen! Und die Predigt rief "große Freude" hervor; -es sind dieselben Worte wie die der Engel auf dem Fel­de von Ephrata: "Siehe, ich verkündige euch große Freu­de". Können wir die Freude im Herrn vor uns ausbrei­ten, weil wir selbst das Wort des Paulus zu Herzen ge­nommen haben: "Freue dich im Herrn, wiederum sage  ich dir, freue dich!" ?

IX.    Philippus kannte Gehorsam

Für einen Prediger kann Erfolg eine Gefahr bedeuten. Die Gefahr ist zweifach:

1.  Man läuft Gefahr, minder wachsam zu sein.

2.Man betrachtet und fühlt sich selbst als derjenige, der d a s alles bewirkt hat.

Aber der Hüter und Aufseher unserer Seelen kennt uns und weiß, was uns nützlich ist und was wir benötigen. Mitten aus seiner erfolgreichen Arbeit, die viele Bekehr­te hervorgebracht hatte und wo viel "Nacharbeit" nötig gewesen wäre, wurde Philippus durch den Herrn für einen anderen Dienst weggerufen. Und wie! ". . . Geh  gegen Süden auf den Weg, der von Jerusalem nach Gaza  hinabführt; derselbe ist öde" (Vers 26).

Philippus hätte noch so viele Einwände vorbringen kön­nen. Ein auf der Hand liegender wird ihm auf jeden Fall schon direkt aus den Händen geschlagen: "Wie kann Gott gesagt und mir den Auftrag gegeben haben, diese Stadt zu verlassen, wo ein solch großes Arbeitsfeld liegt? Weißt DU nicht, daß das ein öder, gefährlicher Weg ist, wo mir übrigens niemand begegnet?" Aber der Engel weiß schon Bescheid und hat schon im voraus fest­gestellt: ". . . derselbe ist öde!". Der Herr weiß genau, was ER tut. Und wir lesen nichts von einem murrenden Widerspruch des Philippus. Er bringt nicht eine Be­schwerde vor, im Gegenteil! Wir lesen über diesen Die­ner: "Und er stand auf und ging hin". Vielleicht wissen auch Sie etwas davon, daß der Herr Sie um etwas bit­tet, und Sie haben allerlei Ausreden parat, mit denen Sie sich entziehen zu müssen glauben. Nehmen Sie sich lieber ein Beispiel an Philippus!

X.Er war gewandt im Umgang

Ich wies bereits darauf hin, daß sich Philippus in die Gedankenwelt der anderen hineinzuversetzen wußte. Vers 29 lehrt uns in diesem Zusammenhang noch etwas Wich­tiges. Nicht nur in der Botschaft, die wir verkündigen, müssen wir die geistliche Situation der Menschen be­rücksichtigen, die wir erreichen wollen, nein, auch in un­serem Verhalten, in unserem Tun und Lassen, sollen wir uns fügen. Das eine Mal arbeitete dieser Prediger in den Lehmhütten von Samaria, ein andermal setzte er sich auf den Luxus-Wagen eines "Großen des Reiches". Wer sich weigert, das erste zu tun, und wer das zweite nicht in gebührender Weise tun kann, muß einsehen, daß das Gebiet, auf dem er für den Herrn brauchbar ist, da­durch stark begrenzt wird.

XI.   Er kannte das Wort Gottes

Die Prediger, die Gott uns in der Bibel zeigt, kamen meistens ganz anders zu ihrem Auftrag als viele Predi­ger heute. Oft wurden sie Unerwartet vor vollendete Tatsachen gestellt und hatten dann keine oder wenig Gelegenheit, sich vorzubereiten. Sie hatten kein vorbereite­tes Konzept, wie das jetzt oft geschieht! Das setzte na­türlich voraus, daß diese Prediger eine unerhörte Kennt­nis mitbringen mußten. Nun, die hätten sie mit Sicher­heit. Nicht geplagt durch die Furcht vor "Biblizisten", nicht geplagt durch die Furcht, von ihnen totgeredet zu werden, und nicht gebunden an die von den Vätern auf­gestellten Formulierungen, kannten und lasen sie den Buchstaben ihrer Bibel! Sie konnten einen Text nach dem anderen, den sich ergebenden Zusammenhang gut kennend, zitieren.

Ein wunderbares Beispiel davon liefert die Apostelge­schichte in den Kapiteln 2 und 3 in Ansprachen, die dort durch einen einfachen Fischer gehalten wurden. Muß sich die westliche Christenheit nicht tief schämen gegenüber diesen einfachen Menschen? Sie hatten da­heim oft keine eigene Bibel, sondern sie mußten alles während der Versammlungen in der Synagoge aufschnap­pen!

Wer wirklich durch Gott gebraucht wird für einen brei­ten und weitgespannten Dienst, erweist sich auch heute noch immer als jemand, der über umfassende Bibelkennt­nisse verfügt. Philippus wußte überhaupt nicht, welche Bibelstelle er auf dem Weg nach Gaza behandeln sollte.
Aber es erwies sich, daß, er die Bibel kannte.

(Schluß folgt)

 

 

Nachtext

Quellenangaben