Zeitschrift-Artikel: Disciple Camp - Schoppen 2007

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Titel: Disciple Camp - Schoppen 2007
Typ: Artikel
Autor: Daniel Bühne
Autor (Anmerkung):

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Titel

Disciple Camp - Schoppen 2007

Vortext

„Eine strenge Disziplin in der Jugend, welche dem Menschen Entbehrung und Kampf auferlegt, hat die größten Männer gebildet.“
Adolph Diesterweg (1790–1866), deutscher Schulreformer

Text

Eine Freizeit der etwas anderen Art erlebten diesen Sommer eine Woche lang 46 Jungs im Alter zwischen 13 und 19 Jahren. Der „Klassiker“ unter den Schoppen Freizeiten (die Große-Jungen-Freizeit gibt es schon seit ca. 35 Jahren!) kam dieses Mal als Disciple-Camp daher … ‚Disciple‘ ist das englische Wort für Jünger – und enthält den gleichen Wortstamm, der auch im Wort Disziplin steckt. Um beides ging es in der Freizeit. Zum einen hatten wir Mitarbeiter den Wunsch, dass aus den Jugendlichen treue Jünger Jesu werden, zum anderen wollten wir uns gemeinsam darin üben, ein in allen Lebensbereichen diszipliniertes Leben zu führen. Das beide Aspekte einander bedingen, war für die Umsetzung des Freizeitmottos von großem Vorteil. Alle Teilnehmer wurden im Vorfeld über das Motto und die im Folgenden beschriebenen täglichen Disziplin-Übungen informiert. Trotz des für manchen sicherlich zunächst abschreckenden Freizeit Mottos war das Interesse an der Freizeit riesengroß: Ca. hundert Anmeldungen gingen bei mir ein, von denen leider nur 46 berücksichtigt werden konnten.

Das „Comeback“ einer Tugend …

Bevor ich detaillierter auf die Jungenfreizeit eingehe, möchte ich noch einige Gedanken zum Leitmotiv der Freizeit äußern. Die aktuelle Generation von Jugendlichen hat einige Stärken, von denen Erwachsene lernen können. Viele Jugendliche vertreten selbstbewusst ihre Meinungen, stehen zu ihren Überzeugungen und haben hohe Ziele für ihr Leben. Bei der Umsetzung der vielen guten Ideen hapert es allerdings leider allzu oft. Durch die vielen passiven Beschäftigungen (PC-Spiele, Internet, DVDs, …) und das Realisieren des vielfach angepriesenen Lebensstils ‚Chillen‘ haben viele junge (und vielleicht auch ältere) Menschen die Kraft verloren, sich aufzuraffen, Dinge zu ordnen, aus eigenem Antrieb zu lernen, sich zu sportlichen Aktivitäten zu animieren usw. – also Dinge zu tun, die Selbstdisziplin verlangen. Nicht selten scheitern hochbegabte Schülerinnen und Schüler kläglich, weil sie es schlichtweg nicht mehr schaffen, erfolgreich gegen ihre Passivität und mangelnde Motivation anzukämpfen. Nun hat die deutsche Geschichte ganz sicher gezeigt, zu welchen Katastrophen und Abgründen es führen kann, wenn Disziplin und Gehorsam zum höchsten Prinzip erhoben werden, aber die Jahre nach dem zweiten Weltkrieg (man erinnere sich z.B. an die 68er-Bewegung und ihre Folgen) haben auch gezeigt, wie sehr es mit einer Gesellschaft bergab gehen kann, wenn Disziplin und Gehorsam verteufelt werden. Deshalb kann man der nachwachsenden Generation nur wünschen, dass alle Eltern, Erzieher und Verantwortlichen in unserem Land endlich wieder ein gesundes Verhältnis zu den Chancen und Gefahren von Disziplin entwickeln. Wenn wir es schaffen könnten, uns selbst und die Jugend zur Selbstdisziplin zu erziehen, wäre das ein Segen für uns alle und für unser Land.

Körperliche und geistige Disziplin


In allen wesentlichen Persönlichkeits-Bereichen sollte während der Freizeitwoche ein diszipliniertes Leben geübt werden. Morgens um 8.00 Uhr wurden die Teilnehmer geweckt, um 8.15 Uhr war dann jeden Morgen Appell zum Schoppen Runden-Lauf (ca. 1,4km). Wer nicht rechtzeitig zum Lauf bereit war oder die Sache zu locker anging (z.B. von den Läufern, die freiwillig zwei Runden liefen, überrundet wurde), wurde sofort in den Teich geworfen. Einige Teilnehmer durften trotz regnerischen Wetters die Bekanntschaft mit dem kühlen Nass machen. Ein positiver Nebeneffekt dieses Programmpunktes war, dass zur Andacht um 8.30 Uhr alle frisch und aufnahmefähig erschienen. Des Weiteren galt es jeden Mittag nach der Mittagspause, sich an einem der verschiedenen Arbeitsprojekte zu beteiligen. Verschiedene Gräben wurden mit Hacken und Schaufeln ausgehoben, Hecken vom Unkraut befreit, Holz gehackt – und das jeden Tag zur gleichen Zeit, egal wie das persönliche Befi nden bzw. das Wetter war. Neben den wertvollen Erfahrungen aller Freizeitteilnehmer profi tierte natürlich auch das Freizeitheim Schoppen von dieser Maßnahme. Als geistige Herausforderung für diese Woche war geplant, die deutsche Übersetzung des englischen Gedichtes „If – The unforgiven minute“ von Rudyard Kippling auswendig zu lernen (s. S. 17). Einige Teilnehmer schafften es, die wertvollen Zeilen bis zum Abschlussabend zu verinnerlichen. Ebenfalls einen geistigen Kraftakt bedeutete es für viele Teilnehmer, eine Woche lang auf jegliche elektronische Unterhaltung (MP3-Player, Gameboy, Radio etc.) zu verzichten. Einer der Stimmungshöhepunkte der Freizeit war sicherlich das Spiel „Tut er¸s oder tut er¸s nicht?“: Die vier großen Turniergruppen mussten pro Runde einen Jungen nominieren. Dieser wurde dann hinaus geschickt und der Restgruppe dann die jeweils bevorstehende Mutprobe vorgestellt. Nun musste geraten werden, ob der Kandidat die Mutprobe bestehen würde oder nicht. Im Spielverlauf konnte man Zeuge mehrerer Meisterleistungen im Bereich Mut bzw. Disziplin sein. So brachten es beispielsweise drei Jungen fertig, jeweils eine dicke, lebende Schnecke zu verzehren.

Geistliche Disziplin

Die Wichtigkeit geistlicher Disziplin wurde in den Morgen-Bibelstunden und Abend-Vorträgen herausgearbeitet: Nur Gott kann einen Charakter verändern, nur er kann etwas Lobenswertes in einem Menschen erzeugen, nur er kann ungläubige Menschen zu sich ziehen. Im Grunde ist das Einzige, was man als Christ tun kann, dieses, dass man sein ganzes Leben mit allen seinen Bereichen diszipliniert auf Gott ausrichtet. Diese Wahrheit ist heute bedeutsamer denn je, da die vielen Medien, der aktuell populäre Lebensstil (chillen, relaxen, sich selbst verwirklichen) und die viele Freizeit die heutigen Jugendlichen stark beeinfl ussen. Auch viele junge Christen haben großes Wissen und ehrenwerte Ziele, sind aber nicht mehr in der Lage, ihre Grundausrichtung, ihre Gedankenwelt und ihre Zeit so zu ordnen, dass sie zu brauchbaren Werkzeugen für Gott werden können. Kurzum: Es fehlt überall an Disziplin! Aber auch die Grenzen und der Missbrauch von Disziplin wurden thematisiert, außerdem ging es einen Abend um Heuchelei und Doppelleben. Beim evangelistischen Abend dachten wir über das menschliche Herz nach und am letzten Abend stand das geistliche Prinzip „Verlieren, um zu gewinnen“ im Mittelpunkt. Passend zum Motto durften wir uns einen Morgen über den Besuch des ehemaligen Fremdenlegionärs Kurt Becker freuen, der über die harte Zeit bei der Fremdenlegion berichtete und daraus Anwendungen auf die Kämpfe im geistlichen Leben zog.

Eine für alle bereichernde Erfahrung

Insgesamt war die Woche sicherlich für alle Beteiligten eine wertvolle Erfahrung. Sprüche wie „Das Arbeiten hat irgendwie Bock gemacht“ zeigten, dass diszipliniertes Arbeiten vor allem in einer Gruppe sehr viel Spaß machen kann. Letztlich kann man nur hoffen und beten, dass Auswirkungen von dieser Freizeit auf den jetzt wieder beginnenden Alltag der Jugendlichen und der Mitarbeiter festzustellen sind. Besonders erfreulich war der geistliche Neuanfang mehrerer Jugendlicher sowie die Bekehrung eines Teilnehmers, für den schon viele Jahre gebetet wurde.

Nachtext

Als vor Jahrzehnten Rudyard Kipling vor einer Abgangsklasse von Studenten der McGill-Universität sprach, warnte er seine Zuhörer davor, zu sehr auf materiellen Reichtum zu setzen: „Eines Tages“, sagte er, „werdet ihr einem Mann in die Augen sehen müssen, für den alle diese Dinge bedeutungslos sind, und dann wird euch mit Schrecken bewusst werden, wir arm ihr seid.“

Quellenangaben