Zeitschrift-Artikel: Maria die Mutter Jesu

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Titel: Maria die Mutter Jesu
Typ: Artikel
Autor: Armin Lindenfeiser
Autor (Anmerkung):

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Titel

Maria die Mutter Jesu

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Text

Maria was löst dieser Name, wenn wir ihn hören oder lesen, bei uns aus? Als Christen, die einen biblischen Standpunkt in der Beurteilung ihrer Person in heilsgeschichtlicher Sicht einnehmen, denken wir vielleicht sofort an die furchtbaren Irrlehren, die mit ihrem Namen verbunden wurden. Und wir tun uns schwer, über diese Frau zu reden ohne auf die gotteslästerlichen Irrtümer der römischen und orthodoxen Kirche hinzuweisen.

Doch laßt uns einmal weit zurückgehen in unseren Gedanken, in die Zeit vor allem Irrtum bis in die Zeit, die uns in den Evangelien beschrieben wird. Die Bibel zeichnet uns ein sehr deutliches Gemälde vom Charakter dieser wirklich einzigartigen Frau, die Gott auserwählt hatte, die Mutter des schon in 1. Mose 3,15 verheißenen Samens (Jesus der Retter) zu werden.

So wie wir in der vorletzten Ausgabe von Fest und Treu (Nr. 2/95) die Eigenschaften von Josef, dem Zimmermann aus Nazaret, als Vorbild von einem Mann nach dem Herzen Gottes betrachtet haben, wollen wir uns anhand dessen, was die Heilige Schrift über Maria sagt, einige Gedanken zu den Eigenschaften machen, die Gott an einer geistlichen Frau schätzt und achtet.

Es wird seit einigen Jahrzehnten viel über die Rolle der Frau in der Gesellschaft aber auch in den christlichen Gemeinden nachgedacht. Manches ist darüber geschrieben worden, und leider haben viele Christen die Lehre der Schrift über die Stellung von Mann und Frau in der Schöpfung Gottes verlassen. Auch wird viel über Frau- oder Mannsein geredet und geschrieben (man beachte die Bücherflut zu diesem Thema in den evangelikalen Verlagen) und wenig geistlich gelebt. Und so leiden wir heute in den Gemeinden unter einem chronischen Mangel an Männern und Frauen, die geistliche Vorbilder sind.

Maria war eine vorbildliche Frau für ihre Umgebung damals und auch für uns heute. Warum war sie als Frau geeignet, Mutter des Messias zu sein?

Geistliche Gemeinschaft (Lk 1,39ff)

In unserer Gesellschaft und auch in der Gemeinde wird heute viel über den Begriff >Beziehungsfähigkeit< nachgedacht. Viele Menschen sind heute nicht mehr in der Lage, Beziehungen herzustellen und sie aufrechtzuerhalten. Die Auswirkungen dieses primär gesellschaftlichen Phänomens reichen bis in die Gemeinden hinein.

Maria war eine Frau, die bewußt in ihrer Situation Beziehungen zu Menschen aufgenommen hat. Da war einerseits ihr Verlobter Josef, den sie natürlich ins Vertrauen zog. Andererseits sehen wir ihren Umgang mit Elisabeth, mit der sie nicht nur verwandtschaftliche, sondern offensichtlich auch freundschaftliche Beziehungen unterhielt. Das geistliche Gespräch dieser beiden schwangeren Frauen ist einzigartig in seiner Harmonie und Tiefe.

Diese Begebenheit ist ein Vorbild für geistliche Zweierschaft. Jemand hat die Begegnung Marias und Elisabeths als die erste Frauenstunde bezeichnet.

Maria hat - das sehen wir deutlich in den Evangelien - nach dem Tode ihres Mannes die Familie zusammengehalten. Oft war sie mit den Brüdern Jesu unterwegs. Später in Apostelgeschichte 1 sehen wir sie dann mit ihren Kindern ihren Platz in der Gemeinschaft der ersten Gemeinde in Jerusalem einnehmen.

Gott schätzt es, wenn Frauen mit dem Ziel an ihren Beziehungen arbeiten, sie geistlich zu vertiefen. Er schätzt Frauen, die ihre ehelichen, mütterlichen und freundschaftlichen Beziehungen erhalten und pflegen, die verbindliche Glieder der örtlichen Gemeinde sind.

Lobpreis und Weissagung (Lk 1,39-55)

Wenn wir den Lobgesang Marias untersuchen, ist es erstaunlich, wie umfassend sie prophetische Gedanken besonders aus dem Buch der Psalmen auf ihre Situation anwendet. Sicher war es auch der Heilige Geist, der sie zu diesem einzigartigen Lobpreis gedrängt hat. Dennoch ist eines sicher: Maria kannte das Alte Testament sehr gut.

1 Korinther 11 und auch das Alte Testament zeigen deutlich, daß Gebet und Weissagung etwas ist, was nicht nur das geistliche Leben des Mannes, sondern auch das der Frau kennzeichnet. Wenn auch Gott das öffentliche Gebet und die Weissagung in der Gemeinde auf die Männer beschränkt (1Kor 14,26-40; 1Tim 2,8-15), so gibt es doch außerhalb der Gemeindestunden für Schwestern viele Möglichkeiten, dem Herrn mit Gebet und Wort zu dienen.

Gott schätzt Frauen, die seine Anbeterinnen geworden sind, Frauen, die Gottes Wort studieren und auf ihr Leben und das Leben der Menschen, mit denen sie in Berührung kommen, anwenden können.

Er achtet Frauen, die bereit sind, seine Grenzen im Hinblick auf ihre Wirksamkeit zu akzeptieren und er umgibt sie mit größerer Ehre.

Frau mit Herz und Seele (Lk 1,47)

Mehrfach lesen wir von Maria, daß sie alles, was sie über Jesus hörte, in ihrem Herzen erwogen und bewahrt hat (Lk 2,19.51).

Sie war eine Frau mit einem Herzen voll der Gedanken des Ewigen. Dieses Herz sollte mit einem Schwert durchbohrt werden (Lk 2,35).

Sie lobte Gott mit ihrer Seele und ihren Emotionen, den Regungen (Empfindungen) der Seele. Gott hat uns mit der Fähigkeit dazu geschaffen. Unsere Empfindungen und Gefühle müssen unter die Kontrolle des Heiligen Geistes gebracht werden. Gott konnte Maria den Schmerz nicht ersparen, den sie empfand, als sie ihren Sohn in seinem Verhalten nicht verstand, aber sie lernte es, ihre Gedanken auch im Hinblick auf Freude und Schmerz ihm unterzuordnen.

Gott schätzt Frauen mit großen Herzen und geheiligten Emotionen, deren Seelen von Gott erfüllt und deren Leben die Empfindungen Gottes widerspiegeln.

Eine Mutter in Israel (Mt 13,55)

Maria war bis nach der Geburt des Herrn Jesus eine Jungfrau. Erst nach ihrer Niederkunft in Betlehem hatte Josef geschlechtlichen Umgang mit ihr (Mt 1,25). In den Jahren, in denen Maria mit ihrer Familie wieder in Nazaret wohnte, bekam sie noch mindestens weitere sechs Kinder. Viel wurde im Laufe der Kirchengeschichte unternommen, um diese Tatsache, die deutlich im NT gelehrt wird, zu verwischen. Als Jesus Christus mit etwa 30 Jahren an die Öffentlichkeit trat, scheint sie bereits Witwe gewesen zu sein. Aus verschiedenen Stellen in den Evangelien bekommt man den Eindruck, daß ihre weiteren Kinder zu dieser Zeit noch unverheiratet waren. Vielleicht war die Hochzeit zu Kana in Galiläa, wie einige meinen, die Hochzeit einer ihrer Töchter, was die Einladung der ganzen Familie, der Jünger Jesu und Marias Stellung und Verhalten gegenüber der Dienerschaft erklären würde.

Maria scheint eine sehr mobile Frau gewesen zu sein, da sie auch nach den unruhigen ersten Lebensjahren unseres Herrn oft im Land mit ihrer ganzen Familie unterwegs war und es verstand, ihre Kinder nach dem Tode ihres Mannes zu führen.

Gott schätzt Frauen, die um seinetwillen ihre Jungfrauschaft bewahren, Frauen, die bereit sind Mütter der Kinderschar zu werden, die Gott für sie bestimmt hat, die gerne die Verantwortung übernehmen, Männer und Frauen für Gott zu erziehen.

Maria war in der Geschichte der Menschheit die einzige Frau, die als Jungfrau ein Kind empfangen und geboren hat. 700 Jahre vor diesem Ereignis hatte es der Prophet Jesaja angekündigt: "Siehe, die Jungfrau wird schwanger werden und einen Sohn gebären, und sein Name wird Immanuel heißen" (Jes 7,14).

Als der Sohn Gottes in der Krippe lag, da hatte er - gezeugt durch den Heiligen Geist - wirklich menschliche Körper, Seele und Geist. Er wurde als Säugling gestillt, gewaschen, hatte Hunger, Durst und wie jedes andere Kind das Bedürfnis nach Geborgenheit. Maria umfing ihn mit ihrer mütterlichen Liebe. Sie mußte lernen ihn loszulassen als er größer wurde (Lukas 2,41 ff). Sie mußte schließlich erleben, daß er Dinge sagte und auslebte, die sie nicht verstand und manchmal wird sie sich wohl gefragt haben: Ist das wirklich mein Sohn Jesus, der all diese Dinge tut?

Wenn wir aufmerksam die Evangelien lesen wird uns auffallen, daß Jesus als erwachsener Mann seine Gebärerin nie mit "Mutter" angesprochen hat. Der gewöhnliche Titel mit dem er sie anspricht ist: Frau. Er setzt als der Sohn Gottes seine natürliche Beziehung zu ihr beiseite, um ihr und uns die wahre Familie Gottes in dieser Welt zu offenbaren - Menschen, die den Willen Gottes tun würden (Mk 3,35).

Voller Schmerz stand sie unter dem Schandpfahl des Kreuzes und sah ihren geliebten Sohn dort nackt und entwürdigt hängen.

Ein schreckliches, jähes Ende für die Liebe einer Mutter zu ihrem Kind. Tief und schmerzend war das Schwert Gottes, das dort in ihre Seele drang. Sie hat nicht verstanden, was dort geschah.

Sterbend vertraute der Sohn seine Mutter dem Jünger an, mit dem er ein vertrauteres Verhältnis hatte. Johannes nahm die Stellung des leiblichen Sohnes ein, für die Mutter Jesu zu sorgen.

Nach der Auferstehung des Herrn sehen wir Maria und die Halbgeschwister Jesu in der Mitte der Jünger, um ihren Platz unter denen einzunehmen, welche die Botschaft des Evangeliums Jesu Christi bis ans Ende der Welt tragen sollten. Die Bibel schweigt über ihren weiteren Lebensweg.

Wenn wir der Überlieferung der Kirchenväter Glauben schenken dürfen, hat Johannes die Mutter Jesu mit sich nach Ephesus genommen, wo sie auch in Christo gestorben und begraben sein soll.

Marias Vermächtnis, als Christin, versöhnt durch das Blut ihres Sohnes, bleibt in den Jahrhunderten der Geschichte der Christlichen Gemeinde dasselbe:

JOHANNES-EVANGELIUM 2,5

WAS IRGEND ER EUCH SAGEN MAG, TUT,

Nachtext

Quellenangaben