Zeitschrift-Artikel: Dankbare Erinnerungen an die Brüder Busch

Zeitschrift: 154 (zur Zeitschrift)
Titel: Dankbare Erinnerungen an die Brüder Busch
Typ: Artikel
Autor: Wolfgang Bühne
Autor (Anmerkung):

online gelesen: 1773

Titel

Dankbare Erinnerungen an die Brüder Busch

Vortext

Text

In diesem Jahr jähren sich die Todestage der Brüder Johannes und Wilhelm Busch. Johannes starb vor 60 Jahren am 28.1.1956. Zehn Jahre später – also vor 50 Jahren – wurde sein älterer Bruder Wilhelm am 20.6.1966 von Gott heimgerufen. Durch seine vielen Bücher – darunter der Bestseller „Jesus unser Schicksal“ – und durch seine häu gen Evangelisationen ist Wilhelm heute der bekanntere von den Busch-Brüdern. Beide haben die meiste Zeit ihres gesegneten Lebens und Dienstes im „Ruhrpott“ verbracht. Johannes in Witten und Wilhelm im benachbarten Essen. Leiblich, geistlich und freundschaftlich eng miteinander verbunden, wur- den sie in diesem dichtbevölkerten Gebiet bekannte und prägende Persönlichkeiten. Dass in den Nachkriegsjahren durch ihren Ein uss im Ruhrgebiet – und besonders in den Städten Essen, Witten und Mühlheim – Zentren erwecklichen Lebens entstanden, kann man sich heute kaum noch vorstellen.

› „Ein Busch ist mehr wert, als ein ganzer Wald voll Pastoren!“

Der bekannte, originelle und kantige Pastor Heinrich Kemner, der in jungen Jahren als Vikar in Witten entschei- dend durch Johannes Busch geprägt wurde, schreibt in seinen Lebenserinnerungen „Da kann ich nur staunen“ treffend über die Brüder Busch: „Bei den Buschs konnte man sehen, wie natürlich Glaube und Christentum Menschen prägen können. Man sagte damals: Ein Busch ist mehr wert, als ein ganzer Wald von Pastoren...“ Aber auch über das Ruhrgebiet und ganz Deutschland hinaus wurden Johannes und Wilhelm Busch durch ihre Evangelisationen und Vorträge bekannt. Schließlich wurden sie auch durch ihre Bücher Generationen von jüngeren und älteren Menschen bis in unsere Zeit zu Vorbildern und Wegweisern, unserem Herrn Jesus Christus nachzufolgen. Johannes Busch starb als Vater von sechs Kindern recht früh im Alter von 51 Jahren an den Folgen eines tragischen Autounfalls. Auf dem Weg zu einer Evangelisation raste ein angetrunkener Autofahrer, der von einer Karnevalsfeier kam, in sein Auto. Wenige Wochen später starb er an den Folgen der schweren Verletzungen.

› „Johannes Busch – ein Botschafter Jesu Christi“

Unter diesem Titel erschien bereits sechs Monate nach seinem Heimgang seine Biografie, von seinem Bruder Wilhelm geschrieben. In diesem Buch schildert er auf ergreifende Weise, in welch eine Segenslinie sie als Brüder hineingeboren wurden und welch ein Geschenk gottesfürchtige, echte, ansteckend fröhliche Eltern und Großeltern für nachkommende Generationen sein können. Das sollte uns heute Mut machen. Inzwischen hat sich vieles geändert. Nicht nur das Ruhrgebiet ist heute nach über 50 Jahren kaum wiederzuerkennen. Auch der CVJM, von dem in diesem Buch viel die Rede ist, hat sich stark verändert. Ämter wie „Bundeswart“, Veranstaltungen wie „Bundeszeltlager“ und „Bundesposaunenfest“ usw. klingen ziemlich antiquiert und weit weg. Wahrscheinlich reibt sich auch mancher Leser verwundert die Augen, wenn er liest, dass Johannes Busch tatsächlich ein Synodaler der EKD war, auf dessen Wort gehört wurde und dessen vollmächtige Schlussandachten eine tiefe Wirkung auf die anwesenden hohen Herren hatten. Auch das kann man sich heute, wo sich fast jeder bekennende, bibelgläubige Pastor auf einer Art Schleudersitz befindet, selbst in kühnsten Träumen kaum vorstellen. Tatsächlich war und blieb Johannes Busch damals ein „Mann der Kirche“, in die er sich von Gott hineingestellt fühlte. Tröstlich, dass sein Freund, Pfarrer Rudolf Schmidt aus Meinerzhagen, in der Nachversammlung bei der Beerdigung über ihn sagen konnte: „Er hat in 20 Jahren zwei Worte nicht verwechselt: Er hat niemals das Wort »Kirche« gesagt, wo er das Wort »Jesus« sagen musste.“ › Was eine Biografie bewirken kann... Für mich als damals 15jähriger, aufmüpfiger Teenager war diese Biographie ein Augenöffner. Von CVJM und EKD hatte ich damals keine Ahnung und ein Leben mit und für Gott schien mir in keiner Weise loh- nenswert. Aufgewachsen in einer konservativen, gut bürgerlichen Brüderversammlung in Schwelm und in einem Elternhaus, in dem Vater und Mutter vorbildliche Christen waren, schien mir dennoch ein Leben als Christ äußerst langweilig und öde zu sein. Was mir Spaß machte, das wurde mir verboten und was mir erlaubt wurde, das machte mir keinen Spaß... Bis mir diese Biographie in die Hände geriet und das kam so: Auf dem Weg zu meiner Lehrstelle als Drogist musste ich mich immer im Eingang einer Buchhandlung unter- stellen wenn es regnete, während ich auf die Straßenbahn wartete, die mich nach Wuppertal brachte. Es war im Frühjahr 1961 – und es regnete oft. Im Schaufenster der Buchhandlung el mir ein rotes Buch mit einem großen Glatzkopf auf der Titelseite in die Augen. Es war wohl das einzige christliche Buch in der Auslage, mit dem Titel: „Johannes Busch – ein Botschaf- ter Jesu Christi.“ Der Autor: Wilhelm Busch. Tage- oder wochenlang stand dieses Buch dort und fast jeden Morgen sahen mich ernste, durchdringende Augen an. Mit dem Namen und dem Titel konnte ich nichts anfangen. Wilhelm Busch war mir als Humorist gut bekannt und sein Gedicht über den „Nöckergreis“ kannte ich auswendig. Doch dieser Busch hier konnte wohl kaum etwas mit ihm zu tun haben. Aus irgendeinem Grund prägte sich mir der Kopf und Titel des Buches ein. Ich wurde etwas neugierig und als meine Mutter mich fragte, ob ich irgendeinen Wunsch für meinen bevorstehenden Geburtstag hätte, sagte ich spontan: „Schenk mir dieses Buch da aus der Buchhandlung. Dieser Glatzkopf hat mich nun schon so lange angeschaut dass ich mal lesen möchte, wer dieser Mann ist.“ Meine liebe Mutter hat mir sehr gerne diesen Wunsch erfüllt und so las ich diese Lebensgeschichte, die mein falsches Bild von Christsein völlig auf den Kopf stellte. Ich lernte per Buch ein Christenleben kennen, das so erfüllend, beneidenswert und herausfordernd war, wie ich es mir bisher in keiner Weise vorstellen konnte. Die Folge war, dass ich mir in den nächsten Wochen alle damals lieferbaren Bücher der Brüder Busch nach und nach besorgte und mit großer Freude und oft feuchten Augen verschlang. Gott hat diese Bücher benutzt, um mir die Augen für meine eigene Verlorenheit und die Einzigartigkeit unseres Erlösers zu öffnen. Für mich begann damit ein neues Leben, die „Umwertung aller Dinge“...

› Höhepunkte des Jahres

Zwei oder drei Jahre später besuchte ich dann so oft wie möglich die „Tersteegensruh- Konferenzen“ in Essen, zu denen Tausende von Teilnehmern aus allen Richtungen Deutsch- lands kamen, um dort die Bibelarbeiten und Missionsberichte von bekannten und begab- ten Brüdern zu hören. Wilhelm Busch leitete diese Konferenzen, die für mich und meine Freunde Höhepunkte des Jahres waren. Seine kurzen Wortbeiträge und wie er „den Sack zuband“ nach den Bibelarbeiten, war unvergesslich und prägte entscheidend diese Konferenzen. Während der letzten Konferenz, die er in Essen gelei- tet hat – wenige Tage vor seinem plötzlichen Tod – saß ich buchstäblich zu seinen Füßen. Der Saal war so überfüllt, dass es keinen anderen Platz mehr für uns jungen Kerle gab. Es ist mir unvergesslich, wie er sich am Ende der Konferenz mit warmen, ermutigenden Worten von einem jeden von uns verabschiedete. Gerne hätte ich ihm erzählt, wie sehr Gott ihn und seine Bücher gebraucht hat, um mich zu einem Kind Gottes zu machen und Liebe zu seinem Wort zu wecken – aber mir blieb voller Verlegen- heit und Dankbarkeit jedes Wort im Mund stecken. Nur 14 Tage später war ich unter den Tausenden von jungen und älteren Leuten, die seine Beerdigung miter- lebten. Damals war ich „Zivi“ in „Bethel“ (Bielefeld) und hatte die Ehre, mit dem alten, originellen Pastor Paul Tegtmeyer nach Essen zu fahren. Nach der Traueransprache in der völlig überfüllten Auferstehungskirche ging ein unübersehbarer Zug von Trauernden zum nahen Essener Ostfriedhof und von dort anschließend zum „Liebesmahl“ ins Weigle-Haus. Es war ein tränenreiches und dankbares Erinnern an einen Mann, den Gott zum Segen für viele Menschen gebrauchen konnte und dem ich bis heute dankbar bin. Aber es war auch ein vielstimmiger Dank an unseren Herrn, dem er gehörte, dem er diente, dessen Ehre er suchte und dem auch wir mit Freuden dienen dürfen.

› Verschieden in der Begabung– einig im Anliegen

Johannes Busch war ein begnadeter Seelsorger – selbst seine Evangelisationen waren stark seelsorgerlich geprägt und in seinen wenigen Büchern, die von ihm veröffentlicht wurden (u.a.: „Stille Gespräche“; „Ausländer auf Befehl“ und „Adam, wo bist Du?“) erkennt man deutlich seinen Herzschlag. Damit war er vor allem ungezählten jungen Männern in Deutschland eine entscheidende Hilfe. Wilhelm Busch war dagegen mehr der kämpferische Evangelist und einer, der in seinen vielen Büchern und auch in seiner vielgelesenen Monatsschrift „Licht und Leben“ sehr deutlich Stellung zu aktuellen, bedenklichen Entwicklungen in der Gesellschaft und vor allem natürlich in den Kirchen und Gemeinschaften bezog. Sein Freund Paul Deitenbeck aus Lüdenscheid drückte das in einem Nachruf so aus: „Wilhelm Busch hatte den Mut, gegen den Strom zu schwimmen und seine Haltung glaubwürdig einsichtig zu machen. Dabei ging es ihm um die abstrichlose Gültigkeit des Wortes Gottes ... Er war ein Feind aller Kompromisse in Fragen des Evangeliums und des Glaubens. Da ließ er nicht mit sich handeln, auch wenn er damit Anstoß erregte.“ Interessant ist, dass sein evangelistisches Buch „Jesus unser Schicksal“ bis heute in hohen Au agen und in vielen Übersetzungen weltweit verbreitet wird. Ob in China, Kuba, Russland, Brasilien, Kroatien, Bolivien und vielen weiteren Ländern wird dieses Buch nicht nur eißig ver- teilt, sondern auch gelesen und verstanden. Und immer wieder erfährt man überall in der Welt, dass Menschen durch das Lesen dieses Buches zum lebendigen Glauben an unseren Herrn Jesus gekommen sind.

› Und heute...?

Mit dem Heimgang dieser beiden Männer ist eine deutliche Lücke entstanden. Fast hat man den Eindruck, dass damit – besonders in den evangelikalen Gemeinden und Gemeinschaften – eine Ära zu Ende gegangen oder langsam ausgelaufen ist. Das Monatsblatt „Licht und Leben“ existiert inzwi- schen nicht mehr und die „Tersteegensruh-Konferenz“ wird in Essen zumindest nicht mehr unter diesem Namen und mit der früheren Breitenwirkung und Zielsetzung weitergeführt. Der „Westbund“ des CVJM hat sich stark verändert und auch die unter W. Busch und später unter U. Parzany blühende und ausgeprägt evangelistische Arbeit unter jungen Männern im „Weigle-Haus“ ist heute kaum wiederzuerkennen. Umso dankbarer sind wir, dass wir uns durch die Bücher der Brüder Busch erinnern und ermutigen lassen können, auch in unserer Zeit und in stark veränderten Umständen auf das Gottes Wort und die Kraft des Evangeliums zu vertrauen, das heute – wie vor Jahrzehnten – Menschen verändern und zu hingegebenen Zeugen Jesu Christi machen kann.

Nachtext

Durch diesen redet er noch, obgleich er gestorben ist. Hebräer 11,4b

Quellenangaben