Zeitschrift-Artikel: Ein Missionar im Rollstuhl

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Titel: Ein Missionar im Rollstuhl
Typ: Artikel
Autor: Andreas Fett
Autor (Anmerkung):

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Titel

Ein Missionar im Rollstuhl

Vortext

Schon häufiger haben wir unseren Lesern von Helmut und Geli Mehringer berichtet, zum Beispiel in Heft 3/2013 vom Verlust fast all ihrer Habseligkeiten beim Untergang eines Containerschiffs! Die zwei leben in Bamberg, waren aber über zwölf Jahre als Missionare in Indonesien tätig. Bei einer Bibelstudier-Freizeit in Schoppen führten wir folgendes Interview mit ihnen:

Text

Wir kennen uns schon viele Jahre. Aber jetzt sitzt du im Rollstuhl, Helmut. Was ist passiert? Helmut: Es war am 15. Dezember 2015 als ich morgens, buchstäblich aus heiterem Himmel, das Bewusstsein verloren habe. Ich wusste nicht mehr, was los ist. Als ich wieder aufgewacht bin, lag ich im Rettungswagen und dann auf der Intensivstation. Dort wurde mir gesagt, dass ich wohl einen Schlaganfall hatte. Es stellte sich heraus, dass ein Hirnbluten der Auslöser war. Die Folge davon: Die linke Seite ist gelähmt, bis zu dieser Zeit noch – wahrscheinlich auch noch länger. Und deswegen sitze ich im Rollstuhl. Das liegt jetzt ein Jahr zurück. Emp ndest du schon eine leichte Besserung, oder ist dein Zustand etwa gleich geblieben? Helmut: Vom Arm her ist es noch etwa Status quo. Mit dem Bein versuchen wir – dank meiner persönlichen Therapeutin hier neben mir (lacht) – ein bisschen Gehen zu üben, mit Gelis Hilfe. Da geht’s ganz ein bisschen auf- wärts. Aber im Prinzip ist es etwa so geblieben. Habt ihr euch mit diesen starken Einschränkungen abge- funden? Oder steckt ihr noch in einem Prozess, euch in einem völlig veränderten Alltag zurechtzufinden? Geli: Das musst du beantworten ... Helmut: Was mich betrifft, ehrlich gesagt habe ich mich damit abgefunden. Es wird mich natürlich weiterhin bei allem hindern, aber, wenn der Herr das so will ... Er hat es so zugelassen. Die Ratschlüsse des Herrn sind gut, auch wenn wir sie nicht verstehen. Liebe Geli. Nicht nur, dass dir jetzt oft die männliche Stütze fehlt, der starke Mann an deiner Seite – du musst jetzt seine Stütze sein. Wie kommst du damit klar? Geli: Unterschiedlich, an manchen Tagen fällt es mir recht schwer ... (den Tränen nah). Ist euer Dienst, den ihr euch aus der Ferne an Geschwistern und Studenten in Indonesien vorgenommen habt, dadurch eingeschränkt? Helmut: Ja, freilich. Etwa zwei Wochen vor dem Schlaganfall sind wir gerade erst zurückgekommen von einem Besuch in Indonesien. Bis dahin haben wir zweimal im Jahr drüben die Geschwister besucht, um sie zu unterstützen und sie auszurüsten. Das ist jetzt nicht mehr möglich, denn iegen kann ich im Moment nicht. Geli: Mit dem Rollstuhl geht das da drüben gar nicht. Da hat der Herr ein Stoppzeichen gesetzt, zumindest im Moment mal. Helmut: Dank Telefon und E-Mail haben wir aber weiterhin Kontakt. Die Korrespondenz und Literaturarbeit geht über die Ferne weiter. Als Beamter hättest du jetzt Anrecht auf eine Invalidenrente und gute Versorgungsansprüche. Helmut: O wei. Genau. Ihr habt für euren Missionsdienst das alles aufgege- ben. Hat Gott sich euch gegenüber nicht als ein „harter Herr“ erwiesen? Helmut: Nee. Er hat verheißen, dass er uns alles, was wir brauchen, auch gibt. Das heißt auf gut Deutsch: Alles, was er uns gibt, das brauchen wir! Alles was er uns nicht gibt, das brauchen wir auch nicht. Geli: Er hat uns wirklich so viel gegeben, seit Helmut krank ist. Ein paar Beispiele: Wir fahren ein nagelneues Auto. Wir haben das nicht bezahlt. Das hat uns der Herr geschenkt. Unser Badezimmer wurde komplett behinder- tengerecht umgebaut. Ich hob zwar das Geld vom Konto ab, aber der Herr tat es wieder drauf (lacht). Der Herr hat uns gegeben, was wir brauchen. Helmut: Es ist natürlich ganz anders als bei einem pensionierten Beamten. Aber wir vertrauen weiterhin auf den Herrn, dass er uns trägt. Seit Dezember auf jeden Fall können wir nur sagen: Alles was wir brauchen, haben wir auch bekommen. Eigentlich sogar noch mehr. Erstaunlich! Paulus sagt: „Deshalb ermatten wir nicht, sondern wenn auch unser äußerer Mensch zerfällt, so wird doch der innere Tag für Tag erneuert.“ (2Kor 4,16) Stimmt das? Helmut: Ja! Stimmt! Der „äußere zerfällt“, sehr offensichtlich, wie man sieht (lacht). Der „innere wird erneuert“ ist die andere Seite: Dass dadurch die Beziehung zum Herrn eine ganz neue Qualität gewinnt. Dass man ihn ganz anders kennenlernt. Geli: Ich weiß noch, an dem Tag, als Helmut den Schlaganfall hatte. Da saß ich abends an seinem Schreibtisch. Da klebte so eine kleine Karte: „Sei still und erkenne, dass ich Gott bin!“ (Ps 46,11) Das war der erste Vers, der mir in dieser Not begegnet ist. Er ist mir voll ins Auge gesprungen. Dann hab ich gebetet: „Okay, Herr. Ich will still sein, und Helmut kann jetzt sowieso nur still sein. Aber lass uns bitte dabei erkennen, dass du Gott bist – jetzt in der ganzen Situation!“ Helmut: Eine andere Sache auch noch. Was mir an geistlichen Wahrheiten neu aufgegangen ist: Der Herr Jesus als Hoherpriester! Sein Dienst für uns – das tägliche Rauchopfer, das er bringt, 24 Stunden am Tag. Hebräer 8: „Wir haben einen solchen Hohenpriester ... als Diener des Heiligtums“. Oder sein Gebet in Johannes 17 als ein Beispiel dafür, wie er sich für uns verwendet. Und was ist dabei der Zusammenhang mit dir? Helmut: Ganz einfach: Als ich mit Gehirnbluten auf der Intensivstation gelegen habe und als ich hörte: „Ausfallerscheinungen, Sprachverlust und so weiter. Keiner weiß, ob die Einblutung aufhört oder nicht.“ Da war mir klar: Morgen wache ich vielleicht auf und weiß gar nichts mehr – kann mich an nichts mehr aus der Bibel erinnern, weiß nichts mehr von meinem Herrn, kenne vielleicht meine liebe Frau nicht mehr – da war mir deutlich im Bewusstsein: Aber er erinnert sich an mich. Er betet ... Und dann war nach dem Aufwachen doch alles anders (muss weinen). Ich konnte wieder sprechen und mich erinnern. Der Herr betet unaufhörlich für mich, er trägt mich über die Ziellinie. Danke sehr für das Interview. Danke auch, dass ihr in alledem so standhaft und glaubensmutig seid und noch immer trostreiche Mails verschickt. Trotz aller Rückschläge und erneuten Herausforderungen!

Nachtext

Was Jesus will, habt ihr gewollt – IHM gabt ihr euer Gold. In fernstem Land habt ihr gelehrt, mit Weihrauch IHN geehrt. Nun werdet nicht an Bitt‘rem irre – gebt IHM auch noch die Myrrhe.

Quellenangaben