Zeitschrift-Artikel: Was nun, Kirche? Ein großes Schiff in Gefahr (Ulrich Parzany)

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Titel: Was nun, Kirche? Ein großes Schiff in Gefahr (Ulrich Parzany)
Typ: Buchbesprechung
Autor: Wolfgang Bühne
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Titel

Was nun, Kirche? Ein großes Schiff in Gefahr (Ulrich Parzany)

Vortext

Text

Diese aktuelle Neuerscheinung enthält eine geballte Ladung Kritik an der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), was ihre aktuelle theologische, ethische und auch politische Marschrichtung betrifft. Die Fakten, die U. Parzany hier darlegt, wobei er Ross und Reiter nennt, sind erschütternd und machen deutlich, wie die EKD-Führung sich ausgerechnet im Jubiläumsjahr der Reformation ungeschminkt und ausdrücklich von den Grundlagen oder Säulen der Reformation distanziert und verabschiedet hat. So zitiert er z.B. aus dem Grundlagentext des Rates der EKD „Rechtfertigung und Freiheit – 500 Jahre Reformation 2017“: „Seit dem siebzehnten Jahrhundert werden die biblischen Texte historisch-kritisch erforscht. Deshalb können sie nicht mehr so wie zur Zeit der Reformatoren als ‚Wort Gottes‘ bezeichnet werden. Die Reformatoren waren ja grundsätzlich da- von ausgegangen, dass die biblischen Texte wirklich von Gott eingegeben waren ... Damit aber ergibt sich die Frage, ob, wie und warum sola scriptura auch heute gelten kann.“ (S. 49–50) Während kirchliche Autoritäten unangefochten behaupten können, dass die „... unmündigmachende Schriftbindung der eigentliche Krebsschaden ist, an dem die Kirchen leiden“, behauptet Parzany mit Recht das Gegenteil: „Der Verlust der Bindung an die Autorität der Bibel ist der Krebsschaden der Kirchen“ (S. 50) und „Wir erleben aus Anlass des Reformationsjubiläums den Versuch der amtlichen Absetzung der ‚Königin‘ Bibel durch die Evangelische Kirche.“ (S. 58) Weiter zeigt der Autor, wie der „interreligiöse Dialog“ der EKD mit dem Wahrheitsanspruch Jesu nicht in Übereinstim- mung gebracht werden kann und geht dann auf die „Kontroverse um den stellvertretenden Sühnetod Christi“ ein, der den Kern des Evangeliums darstellt und daher für jeden Christen fundamental wichtig ist. Die Zitate, die U. Parzany von Theologie-Professoren anführt, die in der größten von der EKD finanzierten Zeitung „chrismon“ unwidersprochen veröffentlicht wurden, wären für mich Grund genug, unter deutlichem Protest aus dieser Kirche auszutreten – sie hat den Namen „Evangelisch“ in der Theologie und Ethik verleugnet. In den folgenden Kapiteln werden die Problem-Themen „Homosexualität“, „Segnung und Trauung gleichgeschlechtlicher Partner“ „Kindertaufe“ usw. biblisch beleuchtet und beurteilt, bevor der geschätzte Autor in den letzten Kapiteln darlegt, warum er trotz dieser fundamentalen Fehlentwicklungen in der EKD bleibt und inwiefern er bei den Landeskirchlichen Gemeinschaften und freien Werken eine Überlebenschance sieht. Obwohl U. Parzany volles Verständnis für jeden hat, der aus der EKD austritt in sich einer Freikirche anschließt, ist ihm wohl bewusst, dass es auch in den meisten Freikirchen mächtig brö- ckelt und die gegenwärtigen heftigen Entwicklungen in der EKD in Ansätzen auch schon in Freikirchen und der Deutschen Evangelischen Allianz sichtbar werden und mit einiger Verspätung dort zu Kontroversen führen werden (siehe dazu auch die Ausführungen von Hanniel Strebel auf den Seiten 19–20 dieser Ausgabe). Die Gründe, die der Autor für den Verbleib in der EKD anführt, sind meist pragmatischer Art und unter anderem folgende: • Er möchte seinem Ordinationsgelübde treu bleiben. • Er möchte den kirchlichen liberalen Funktionären ein „Stein im Schuh“ sein und ihnen mit einem Austritt nicht einen Gefallen tun. • Er sieht die Landeskirche nicht als eine „Ecclesia“, sondern als ein großes Missionsfeld mit vielen Möglichkeiten, das Evangelium bei Taufen, Hochzeiten, Beerdigungen im Konfirmanden-Unterricht usw. zu predigen. Sicher spielen bewusst oder unbewusst auch traditionelle Gründe bei dieser Haltung eine Rolle und die eigene Prägung, die U. Parzany damals in der Zeit des geistlichen Aufbruchs im Ruhrgebiet in Verbindung mit Wilhelm Busch und seiner gesegneten Jugendarbeit im „Weigle-Haus“ erhalten hat. Natürlich kennt Parzany auch eine größere Anzahl ent- schiedener gläubiger Pfarrer in Deutschland, die einen gesegneten evangelistischen Dienst tun und damit Gründe für den Verbleib in der EKD liefern können. Die große und entscheidende Frage ist jedoch , ob diese meist pragmatischen Gründe den Prinzipien des NT standhalten. Sein Ordinationsgelübde ist meines Wissens nach nicht an den Verbleib in der EKD gebunden. Und der immense geistliche Schaden, der durch liberale Pfarrer in weiten Teilen Deutschlands innerhalb der EKD geschieht, wird wohl kaum durch die relativ wenigen erfreulichen Entwicklungen durch bibelgläubige Pastoren ausgeglichen. Dass Gott in der Vergangenheit einzelne treue Zeugen berufen hat, auch in einer untreuen Kirche Zeugnis abzulegen, dafür bieten das AT und auch die Kirchengeschichte Beispiele. Diese mahnen uns, nicht vorschnell ein Urteil zu fällen, sind aber auch nicht automatisch eine Legitimation, in einer Kirche zu bleiben, die bewusst die unfehlbare Autorität der Bibel über Lehre und Leben ablehnt. Das Heilmittel für den „Krebsschaden der Kirche“, der in diesem Buch sehr deutlich aufgezeigt wird, kann nicht durch ein paar wärmende Aufgüsse behoben werden, sondern benötigt eine Radikal-Kur an Haupt und Gliedern. Gott schenke, dass durch die Lektüre dieses anregenden und hoffentlich auch aufregenden Buches eine Bewegung entsteht, die zumindest hier und da zur Besinnung und Neuausrichtung führt.

Nachtext

Quellenangaben

SCM Hänssler, geb., 202 S., € 16,95