Zeitschrift-Artikel: Menschen, die das Evangelium leben Das Evangelium in der Bourbon Street

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Titel: Menschen, die das Evangelium leben Das Evangelium in der Bourbon Street
Typ: Artikel
Autor: David Platt
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Titel

Menschen, die das Evangelium leben Das Evangelium in der Bourbon Street

Vortext

Text

Zuerst schließt Jüngermachen nach Jesu Worten ein, zu gehen. Es schließt ein, das Evangelium gezielt zu Menschen zu bringen, wo sie leben, arbeiten und spielen. Jüngermachen ist nicht der Aufruf an andere, zu uns zu kommen und die gute Nachricht zu hören. Sondern der Befehl an uns, zu anderen zu gehen und das Evangelium mit ihnen zu teilen. Ein Befehl an uns, in jedem Moment und jedem Kontext unseres Lebens Menschen zu sein, die das Evangelium leben und davon reden. Evangelisation in ungewohnter Umgebung Als meine Frau und ich nach New Orleans umzogen, fand ich mich schnell in einer ungewohnten Umgebung wieder. Die Stadt New Orleans hat nicht Ihresgleichen, und das Französische Viertel ist besonders auffällig. Dort liegt die Bourbon Street, und die Zusammensetzung der Bevölkerung dieses Stadtteils ist sehr facettenreich, um es vorsichtig auszudrücken. Ich erinnere mich daran, als ich das erste Mal durch das Herz dieses Viertels ging. Ich sah Männer und Frauen aus allen Gesellschaftsschichten Bars und Restaurants besuchen. Ich sah reiche Paare beim Spaziergang – vorbei an obdachlosen Männern und Frauen. Ich beobachtete innerhalb weniger Blocks, was mir eine Mischung aus Heterosexuellen, Homosexuellen, Bisexuellen und Transvestiten zu sein schien. Eines der bekanntesten Teile des Französischen Viertels wird Jackson Square genannt. Es schmiegt sich an eine riesige römisch-katholische Kathedrale an und ist immer mit Menschen gefüllt – Einheimischen und Touristen. Es wird gesäumt von Straßenkünstlern und Tischen mit Tarot-Karten-Lesern, Handflächen-Lesern, Wahrsagern und Voodoo-Heilern. Direkt neben der Voodoo-Königin … Einige meiner Freunde und ich begannen zu überlegen, wie wir das Evangelium im Französischen Viertel weitergeben könnten. Als wir uns bei den vielen Tischen um­sahen, an denen Leute sich niederließen, um ihre Handflächen deuten oder ihre Zukunft vorhersagen zu lassen, beschlossen wir, dort auch aktiv zu werden. Also bauten wir eines Tages unseren eigenen Tisch direkt neben der Voodoo-Königin von New Orleans auf. Wir bedeckten ihn mit einer Tischdecke, stellten ein paar Kerzen darauf und brachten ein Schild an: „Wir sagen Ihnen kostenlos die Zukunft voraus.“ Leute kamen an den Tisch und setzten sich mit einem neugierigen Blick: „Sie sagen mir die Zukunft voraus?“ „Garantiert“, gaben wir zurück. Wir waren versucht, sie ihre Handflächen ausstrecken zu lassen, aber wie entschieden, dass das zu weit gegangen wäre. Also begannen wir, Ihnen ein paar einfache Fragen zu stellen. Diese waren dazu gedacht, die Tatsachen zu belegen, dass sie Sünde in ihrem Leben hatten. Dann konnten wir sie ansehen und sagen: „Ihre Zukunft sieht nicht besonders gut aus.“ Danach begannen wir Ihnen zu sagen, wie sich ihre Zukunft durch Christi Werk am Kreuz ändern könnte. Das führte zu manchen interessanten Gesprächen, aber brauchte nicht lange, um zu merken, dass es sehr viel Zeit kosten und sehr viel Arbeit machen würde, das Evangelium im Französischen Viertel weiterzugeben. Wenn wir zum Beispiel auf obdachlose Männer und Frauen trafen, merkten wir schnell, dass sie gewohnt waren, die gute Nachricht oder zumindest gewisse Versionen davon zu hören. Sie bekamen immer wieder Traktate in die Hand gedrückt oder wurden mit Verurteilungen wegen ihres „sündigen Lebenswandels“ überschüttet. Meistens verschwand die Person, die ihm vom Evangelium erzählte, in der nächsten Minute wieder. Es geht darum, das Leben Christi zu teilen Als wir anfingen, die Gute Nachricht weiterzugeben, dachten die Menschen im französischen Viertel, wir seien genau wie all die anderen. Als wir dann am nächsten Tag wieder kamen, und in der nächsten Woche und dann in der Woche darauf und in der Woche darauf, veränderte sich ihre Sichtweise – und unsere. Wir begannen, sehr viel Zeit im Viertel zu verbringen. Wir nahmen Essen mit, wenn wir konnten. Wir hatten nicht viel Geld, und das billigste Essen, das wir finden konnten, waren Tacos von Burger King. Fragt mich nicht, warum Burger King Tacos verkaufte, aber sie waren billig. Also schnappten wir uns eine Tüte voll und gingen ins Viertel. Diese Tacos (und die Brathähnchen, die wir später mitbrachten) gaben uns die Gelegenheit, auf den Straßen von New Orleans zu sitzen und zu beginnen, Beziehungen aufzubauen. Von Menschen über ihr Leben zu hören, ihre Umstände, ihre Geschichte, ihre Familien, ihre Träume und ihre Kämpfe. Und über unsere eigenen Geschichten, Familien, Träume und Kämpfe mit ihnen zu reden. Obdachlose Männer und Frauen kamen nach und nach zum Glauben an Christus. Bevor der Hurrikan Katrina zuschlug, trafen sich jeden Sonntagmorgen bis zu 50 von ihnen im Französischen Viertel zum Frühstück und Gottesdienst. Kürzlich war ich mal wieder in New Orleans und traf zufällig einen der Männer aus dem Viertel, der zum Glauben an Christus gekommen und in der Gemeinde getauft worden war. Mit seinen über und über tätowierten Armen drückte er mich wie ein Bär und sagte: „David, ich möchte, dass du weißt, dass ich jetzt die Arbeit unter Obdachlosen im Französischen Viertel leite.“ Beim Jüngermachen geht es nicht um ein Programm oder eine Veranstaltung, sondern um eine Beziehung. Während wir das Evangelium weitergeben, teilen wir Leben mit, das ist der Kern des Jüngermachens. Das Leben Christi zu teilen.

Nachtext

Quellenangaben

Aus: David Platt: Keine Kompromisse, Jesus Nachfolgen – um jeden Preis, Meinersen: Frontiers 2017, S. 93–95, mit freundlicher Genehmigung des Verlages. Siehe auch „Buchbesprechungen“ in dieser Ausgabe, S.22.