Zeitschrift-Artikel: Elisa – einer von Gottes Segensträgern Teil2

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Titel: Elisa – einer von Gottes Segensträgern Teil2
Typ: Artikel
Autor: Wolfgang Bühne
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Titel

Elisa – einer von Gottes Segensträgern Teil2

Vortext

Und er ging von dort weg und fand Elisa, den Sohn Saphats, der gerade mit zwölf Joch Rindern vor sich her p ügte, und er war beim zwölften; und Elia ging zu ihm hin und warf seinen Mantel über ihn. Und er verließ die Rinder und lief Elia nach und sprach: Lass mich doch meinen Vater und meine Mutter küssen, so will ich dir nachfolgen. Und er sprach zu ihm: Geh, kehre zurück! Denn was habe ich dir getan? Und er kehrte von ihm zurück und nahm das Joch Rinder und schlachtete es, und mit dem Geschirr der Rinder kochte er ihr Fleisch und gab es den Leuten, und sie aßen; und er machte sich auf und folgte Elia nach und diente ihm. 1Kö 19,19-21

Text

› Gottes weise Seelsorge Elia, dieser vollmächtige Prophet, war nach seinem großen Triumph über die Baalspriester auf dem Berg Karmel in eine tiefe Depression gefallen. Isebel, die Frau des gottlosen Königs Ahab, hatte ihm unverblümt eine Todesdrohung zukommen lassen. Und der Prophet, der noch vor wenigen Tagen den Mut besessen hatte, als Einzelner gegen alle auf der Seite Gottes zu stehen, floh vor den Drohungen dieser Frau in die Wüste und wollte dort sterben. Doch Gott hatte noch einige wichtige Aufgaben für seinen lebensmüden und gedemütigten Propheten. Nachdem er dem Elia auf dem Berg Horeb einen tiefen Eindruck seiner Gnade und Wahrheit vermittelt hatte, sandte er ihn nun zurück mit dem Auftrag, Elisa, den Sohn Saphats, als Prophet – und damit auch als seinen Nachfolger zu salben. Es scheint so, dass Elia den jungen Farmerssohn Elisa kannte – möglicherweise gehörte er zu den „Söhnen der Propheten“ – und auf jeden Fall zu den Siebentausend in Israel, „die ihre Knie nicht vor dem Baal gebeugt hatten“. Es ist bewegend, die weise Seelsorge Gottes in dieser Begebenheit zu beobachten. Der Einzelgänger und Einzelkämpfer Elia bekommt in dem letzten Abschnitt seines Lebens und Dienstes einen jungen Freund zur Seite, der ihm „Wasser auf die Hände goss“ – wie wir später in 2Kö 3,11 erfahren – und der dem alten Propheten in jeder Beziehung eine Erfrischung und Ermutigung wurde. „Gott wusste, welche Gefahren das mit sich bringt, wenn man in seiner einsamen Größe frieren muss!“, bemerkt H. Dannenbaum treffend zu dieser Stelle1. › Eine folgenschwere Begegnung Während Elia sich gehorsam auf den tagelangen Fußmarsch nach Abel-Mehola begab, pflügte Elisa mit zwölf Joch Ochsen vor sich her. Es ist kaum anzunehmen dass er ahnte, mit welchem Auftrag Elia unterwegs war, aber die kurze Schilderung der ersten Begegnung lässt vermuten, dass Elisa irgendwie von Gott vorbereitet war. In seinem Verhalten können wir einige Charakterzüge erkennen, die eine wichtige Voraussetzung für jeden sind, der dem Herrn folgen und Ihm dienen möchte. › Treue und Fleiß im Alltag Männer und Frauen, die Gott in seinen Dienst gerufen hat, waren in der Bibel wie auch in der Kirchengeschichte keine Faulpelze, sondern aktive, fleißige Leute. Meist wurden sie während der Arbeit berufen – denken wir z.B. an Mose, Gideon, David, Petrus, Johannes, Jakobus und Levi. Fleiß bedeutet bereitwillig und gerne ausgeführte Arbeit und in unserer Geschichte sehen wir den jungen Elisa, der offensichtlich gelernt hatte, verantwortungsbewusst zu arbeiten. Er hatte elf Joch Ochsen vor sich, die jeweils von einem Knecht geführt wurden und er selbst hatte als Letzter den Überblick und die Verantworung. Der weise Salomo hat viel über Fleiß nachgedacht: „Nicht erjagt der Lässige sein Wild; aber kostbares Gut eines Menschen ist es, wenn er eißig ist.“ (Spr 12,27) Seine Vergleiche mit der Ameise sind uns von klein auf bekannt und die vielen Lebensbilder der Bibel machen deutlich, dass Gottes Ausbildung zum Dienst meist in der Alltagsarbeit beginnt und oft auch in schwierigen Lebensumständen. Hier – und nicht primär in Bibelschulen oder Seminaren – vollzieht sich Gottes Charakterbildung. Treibhausp anzen wachsen meist schneller, halten aber oft die widrigen Umstände im Freiland nicht aus. Schwierige Familienverhältnisse, unangenehme Kollegen, frustrierende Arbeitsbedingungen, ungerechte oder korrupte Vorgesetzte und Umstände, die uns absolut nicht gefallen, benutzt Gott oft als „Schleifsteine“ für unseren Charakter. Demut z.B. lernen wir leider meist nur durch Demütigungen und nicht durch Vorlesungen über dieses wichtige Thema. › Kein Individualist Im Gegensatz zu Elia war Elisa durch seine Alltagsarbeit geprägt worden, im Team zu arbeiten. Mit zwölf Joch Ochsen und einer Menge Knechte kann man nur erfolgreich und gerade pflügen, wenn man gelernt hat, teamfähig zu sein und Rücksicht zu nehmen. Einzelkinder haben es im Leben oft schwerer. Wer in einer Großfamilie aufgewachsen ist, hat schon in jungen Jahren Gelegenheit gehabt, schmerzliche Lektionen lernen zu können, die aber viele Beulen im späteren Zusammenleben mit anderen Menschen ersparen können. Wer sich ein wenig auf den Missionsfeldern auskennt, der weiß, dass die größten Herausforderungen der Missionare oft ihre Missionskollegen sind, die ihnen das Leben und den Dienst schwer machen. Individualisten müssen dann oft frühzeitig ihre Koffer packen. Elisas späterer Dienst als Prophet und der Umgang mit seinen „Propheten-Söhnen“ zeigt, dass er Teamgeist, Geduld mit Mitarbeitern und Bescheidenheit gelernt hat. › Entscheidungsfähig und vorbereitet Passivität, Unverbindlichkeit und Schwerfälligkeit im Entscheiden sind ein auffallendes Merkmal unserer heutigen Gesellschaft, vor allem bei der jüngeren Generation. Auch dieses Problem hat Salomo bereits zu seiner Zeit erkannt und treffend beschrieben: „Die Tür dreht sich in ihrer Angel: so der Faule auf seinem Bett.“ (Spr 26,14) Man hat einen gähnenden Menschen vor Augen, der sich im Bett von einer Seite auf die andere wälzt, während er sich alle möglichen Gründe durch den Kopf gehen lässt, die ihm erlauben, den Wecker abzustellen und liegen zu bleiben. Mir scheint, dass Trägheit und mangelnde Entscheidungsfähigkeit enge Verwandte sind. In unserer Geschichte ging Elia plötzlich und unerwartet auf Elisa zu, warf ihm seinen Mantel über und ging weiter. Elisa begriff augenblicklich die tiefe symbolische Bedeutung dieser Handlung und reagierte sofort: Er verließ Rinder und Pflug, lief hinter Elia her und bat ihn darum, sich noch von seinen Eltern verabschieden zu können. Wir sehen hier kein Zögern und nden keine Bitte um Bedenkzeit. Elisa hat blitzschnell erkannt, dass er sofort reagieren muss, um die vielleicht wichtigste Weichenstellung seines Lebens nicht zu verpassen. Bei der letzten Fußball-WM konnte man lernen, dass Mannschaften, welche das „schnelle Umschalt-Spiel“ gut beherrschen, kaum zu schlagen sind. In einem Moment die Situation zu erkennen und sofort richtig zu reagieren ist auch im geistlichen Leben ein Erfolgsrezept. • Elisa zeigte geistliches Interesse – offensichtlich kannte er den Propheten Elia. • Er wusste um die Bedeutung des Mantels. • Er war vorbereitet, einen Ruf von Gott zu bekommen. • Und er hatte schon längst vorher die Kosten überschlagen, die mit einem göttlichen Ruf verbunden sind und war bereit, auf ein abgesichertes Leben zu verzichten. Als er seine Rinder verließ, um Elia nachzulaufen, hatte er in dieser wichtigen Entscheidungsstunde seines Lebens die richtige Wahl getroffen. Die Führungen Gottes in unserem Leben können sehr verschieden aussehen. Oft führt Gott uns durch Begegnungen mit Menschen, manchmal durch unmissverständliche Umstände oder durch sein Wort. Aber immer wird deutlich, was Gott von uns erwartet und dann ist es wichtig, dass wir sofort reagieren und keine Zeit verlieren. Immer wieder wird von jungen Christen die Frage gestellt, wie man Gottes Führung erkennen kann, wenn man Ihm dienen möchte. Meine Rat ist: Sei treu und eißig an der Stelle, in dem Beruf, im Studium oder wo auch immer Du Dich jetzt be ndest. Bereite Dich durch Bibelstudium und ein intensives Gebetsleben für weitere Aufgaben vor. Nutze die Gelegenheiten in Deinen jetzigen Lebensumständen, um Gott zu ehren und Deinen Nächsten ein Segen zu sein. Dränge Dich nicht vor, um irgendeinen besonderen Dienst im Werk des Herrn zu tun, aber sei vorbereitet, wenn Er Dich ruft und dann sei gehorsam. › „Ehre Vater und Mutter ...“ Als Elisa sich von Elia die Erlaubnis erbat, sich von seinen Eltern zu verabschieden, war das keine Hintertür, um möglicherweise in sein bisheriges Leben zurückzukehren. Darin unterschied er sich von dem Mann, den unser Herr in Luk 9,59 in seine Nachfolge rief und der mit ähnlichen Worten um Aufschub bat. Offensichtlich war es Elisa ein wichtiges Anliegen, seine Eltern mit einer dankbaren, liebevollen Verabschiedung zu ehren. Ob er sie um ihren Segen gebeten hat, lesen wir nicht. Aber anscheinend haben sie ihm keinen Stein in den Weg gelegt, denn sie ermöglichten ihm eine Abschiedsfeier, in der er seinen bisherigen Mitarbeitern eine üppige Mahlzeit bereitete, bevor er sich endgültig verabschiedete. Das ist eine schöne und seltene Abschiedsszene: Ein junger Mann, zum Propheten berufen, ehrt seine Eltern. Und auf der anderen Seite sind Eltern, die bei allem Abschiedsschmerz ihren Sohn und möglicherweise auch ihren Versorger im Alter nicht klammern, sondern ihn für die Nachfolge Elias freigeben. Die Eltern zu ehren, wozu Eph 6,2 mahnt, ist mit einem besonderen Segen verbunden. Leider wird man in unserer Gesellschaft zu dieser alten und biblischen Tugend weder ermutigt, noch angeleitet. Eher wird man an Spr 30,11-13 erinnert, wo Agur eine Generation beschreibt, welche „seinem Vater flucht und seine Mutter nicht segnet ... dessen Zähne ihre Schwerter sind.“ Umgekehrt ndet man heute nicht selten Eltern, die zwar überzeugte Christen sind, aber große Probleme bekommen, wenn eines ihrer Kinder auf Studium, Karriere und ein abgesichertes Leben verzichten will, um im Vertrauen auf Gott z.B. einem Ruf in die Mission zu folgen. William MacDonald schildert im Gegensatz dazu in seinem kleinen Buch „Trachtet zuerst ...“ folgende ergreifende Szene: »Vor einigen Jahrzehnten saß ein Vater in seinem Arbeitszimmer, als es an der Tür klopfte. „Wer ist da?“ fragte er. „Ich bin’s, Ed.“„Komm rein, Ed.“ Ed kam herein, setzt sich hin, und nach einigen einleitenden Worten sagte er: „Papa, ich habe mich entschlossen, meine juristische Ausbildung abzubrechen, weil der Herr mir gezeigt hat, dass er mich in der Mission haben will.“ Der Vater sagte: „Komm, wir wollen darüber beten.“ Dort auf ihren Knien, befahl der Vater seinen Sohn Gott und dem Wort seiner Gnade an (Ap 20,32). Dieser Vater war Dr. T.E. McCully. Sein Sohn ging nach Ecuador und ließ sein Leben am Ufer des Curaray-Flusses ... Wenn Dr. McCully diese Geschichte erzählte, fügte er oft hinzu: „Wie froh bin ich heute, dass ich nicht ein Wort sagte, um Ed zu entmutigen oder zu hindern, als er mir von seiner Berufung in die Mission erzählte.“«2 Aber auch Elia verhielt sich vorbildlich. Er stellte Elisa nicht unter Druck sondern machte ihm mit seiner Antwort deutlich, dass er seine Entscheidung vor Gott treffen musste – dem gegenüber er verantwortlich war. › Ein radikaler Bruch Bisher gehörte Plfügen zu den Aufgaben, die er treu erfüllte. Aber nachdem er in die Nachfolge Elias gerufen wurde, konnte ihm sein alter Beruf zum Hindernis werden. In dieser Situation zeigte Elisa eine vorbildliche Radikalität: Er setzte einen konsequenten Schlussstrich hinter seine Vergangenheit und sorgte mit dem Schlachten seiner Rinder dafür, dass sein ehemaliger Beruf ihn nicht mehr abhalten konnte, dem Ruf Gottes zu folgen. Er riss alle Brücken hinter sich ab und vertraute sich dem Gott des Mannes an, der ihm den Mantel übergeworfen hatte. Mit dieser Geste machte er auch deutlich, dass er nicht nur zum Propheten berufen war, sondern dass auch für sein Wohlergehen gesorgt würde. So machte Elisa mit dem Geschirr der Rinder ein Feuer, kochte darauf das Fleisch der geschlachteten Tiere und gab es seinen Leuten zu essen. „Geben ist seliger als nehmen“ (Apg 20,35) – das wird nun auch in Zukunft ein Charakterzug dieses Mannes sein, der keine Vorräte für sich hortete, sondern gerne das weitergab, was Gott ihm anvertraut hatte. › Ein bescheidener Dienst Bisher war Elisa gewohnt, Befehle zu geben und von seinen Mitarbeitern Gehorsam zu erwarten. Jetzt musste er in Gottes weiterführender Schule Unterordnung lernen. Das war mit Sicherheit keine leichte Lektion für jemanden, der in einem begüterten Elternhaus aufgewachsen war und Verantwortung für die Landwirtschaft trug. Worin seine ersten bescheidenen Dienste bestanden, wissen wir nicht. Wir haben uns schon daran erinnert, dass Elisa später als einer bekannt war, der „Wasser goss auf die Hände Elias“. Also in den Augen der Menschen ein nicht unbedingt anspruchsvoller Dienst, bei dem er selbst nicht glänzen konnte. Aber so formt und schult Gott seine Diener. Eine bekannte Lebensweisheit lehrt: „Wer das Kleine tut, als sei es etwas Großes, der wird auch das Große tun, als sei es etwas Kleines!“ „Gottes Hochschulen sind Tiefschulen“, pflegte Theo Lehmann zu sagen. Aus der Kirchengeschichte ist uns die „Herrnhuter Brüdergemeine“ bekannt und Graf Nikolaus von Zinzendorf als ihr geistlicher Vater. Bevor die „Gemeine“ in Herrnhut entstand, gab es vorher eine kleine Hausge- meinde („Schlossecclesiola“), die sich im Berthelsdorfer Schloss des Grafen gebildet hatte. Zu dieser kleinen Gemeinde gehörten einige sehr originelle, schlichte Leute. Unter ihnen die einäugige Kuhmagd Anna Helene Anders, die zu den „Erstlingen“ Berthelsdorfs gehörte. Von ihr liest man, dass sie „in Gottes Wort lebte und webte“ und eine „Seelsorgerin von ursprüglicher Kraft und Frische“3 wurde. Zinzendorf bekannte von ihr, dass „die Treue zu ihren Tieren zur Stufe in ein höheres Amt“ wurde. „Sie hat so viele Seelen unter den Frauen gewonnen, dass es unglaublich ist, und wenn eine Person in ihr Haus eintrat, so wurde sie schon für errettet angesehen.“4 Der schlichte, aber treue Dienst im Kuhstall wurde zu einer „Stufe“ in eine wichtige geistliche Aufgabe. Treue im Kleinen war eine der wichtigen Lektionen, die Elisa in der Lebensgemeinschaft mit Elia lernte. In einer Zeit, wo theologisches Studium in Seminaren und auf Hochschulen einen hohen Stellenwert hat, ist es wichtig zu betonen, dass in der Bibel eine geistliche Ausbildung vor allem in Lebensgemeinschaften stattfand, wo ein reifer, erfahrener Diener Gottes einen oder mehrere jüngere Männer anleitete und prägte. Denken wir z.B. an Mose und Josua, unseren Herrn Jesus und seine Jünger, Paulus und seine Begleiter, Petrus und Markus, das Ehepaar Priska und Aquila und Apollos.

Nachtext

„Die Zeit, die Christus damit verbrachte, seine Jünger zu lehren, brachte mehr dauerhafte Frucht hervor, als alle die Wunder, die er in der Gegenwart der Massen wirkte.“5 Arthur Pink

Quellenangaben

Anmerkungen 1 Hans Dannenbaum, Elia – ein Mann, der vor Gott stand (Gladbeck: Schriftenmissions-Verlag, 1975) S. 56. 2 William MacDonald, Trachtet zuerst ... (Bielefeld: CLV, 1991) S. 35. 3 Erich Beyreuther, Zinzendorf und die sich allhier beisammen nden (Marburg: Francke-Buchhandlung, 1959) S. 108. 4 Ebd.,S.109 5 Arthur Pink, Das Leben des Elia (Hamburg: BVB, 2002) S. 299.