Zeitschrift-Artikel: Bill Bright und "die kommende Erweckung"

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Titel: Bill Bright und "die kommende Erweckung"
Typ: Artikel
Autor: Mark Schibli
Autor (Anmerkung):

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Titel

Bill Bright und "die kommende Erweckung"

Vortext

EIN OFFENER BRIEF AN CAMPUS FÜR CHRISTUS E.V.

Text

Liebe Mitarbeiter von Campus für Christus! 1. März 2001 Gegen Ende des Jahres 1997 erhielt ich von Ihnen das Buch mit dem Titel „Die kommende Erweckung“, geschrieben von Bill Bright, dem Gründer und Präsidenten von Campus für Christus International (CfC). Ich interessierte mich damals für dieses Buch wegen der im Titel enthaltenen prophetischen Aussage. Obwohl mich diese eher misstrauisch stimmte, wollte ich mir kein Urteil erlauben, ohne das Buch aufmerksam gelesen zu haben, denn ich schätzte Campus für Christus als nüchternes und biblisch fundiertes Missionswerk ein. Nachdem ich das besagte Buch gelesen und seinen Inhalt mit dem Wort Gottes verglichen hatte, war ich leider doch ziemlich erschüttert. Schreibt Bill Bright doch tatsächlich auf S. 18: Seine (Gottes) Botschaft an mich an diesem Morgen war unmißverständlich und klar. ... der Heilige Geist hatte mir gesagt: „Amerika und weite Teile der Welt werden vor Ende des Jahres 2000 eine große geistliche Erneuerung erleben! Und diese Erneuerung wird die größte geistliche Ernte in der Kirchengeschichte hervorrufen.“ Und einige Zeilen weiter auf Seite 19: Ich habe über 50 Jahre damit zugebracht, das Wort Gottes zu studieren und auf Gottes Stimme zu hören. Seine Botschaft an jenem Tag hätte nicht klarer sein können. Seite 80 und 81: Nur wenige scheinen fassen zu können, wie leicht Gottes Feuer der Erweckung sich auf der ganzen Welt ausbreiten wird, aber vergangene Erweckungen haben gezeigt, wie mächtig Gott wirklich ist. Die Erweckung wird bei Gottes Volk beginnen, aber dann werden sich wie nie zuvor überall Scharen von Nichtchristen Christus zuwenden – in der Regierung, im Bildungswesen, in den Medien, in Hollywood. Glauben Sie bitte nicht, dass ich etwas gegen Erweckung habe. Den Wunsch danach teile ich mit Bill Bright und mit jedem aufrichtigen Christen von ganzem Herzen. Als ich die oben erwähnten Zitate las, konnte ich nur mit dem Propheten Jeremia ausrufen: „Amen! Der HERR tue also! Der HERR bestätige deine Worte, die du geweissagt hast!“ (Jer 28,6) Doch genau so wie damals ein falscher Prophet namens Hananja Befreiung und Rückkehr aus der babylonischen Gefangenschaft verkündigt hatte, so kam es mir auch in diesem Fall vor. Hananja hatte gesagt: „So spricht der HERR der Heerscharen, der Gott Israels: Ich zerbreche das Joch des Königs von Babel. Nach zwei Jahren bringe ich alle Geräte des Hauses des HERRN an diesen Ort zurück, die Nebukadnezar, der König von Babel, von diesem Ort weggenommen und nach Babel gebracht hat.“ (Jer 28,2-3) Weil sich zur Zeit Hananjas und Jeremias natürlich jedermann in Israel nach einer schnellen Beendigung des göttlichen Gerichtes und nach der Rückkehr der verschleppten Juden sehnte, hörte man viel lieber auf Hananja. Doch Gott hatte durch Jeremia bereits eine 70-jährige Gefangenschaft und – was noch schlimmer war – eine Zerstörung Jerusalems und des Tempels vorausgesagt (Jer 19,1-15; 25,8-11; 27,19-22), was sich dann ja auch alles wortwörtlich erfüllt hat. Nun ist die Frist, welche Bill Bright für seine Erweckung genannt hat („vor Ende des Jahres 2000“) schon seit zwei* Monaten abgelaufen. Natürlich läuft das Wort Gottes und das Evangelium wie eh und je und wir preisen den HERRN für jede gerettete Seele. Aber von der „größten geistlichen Erneuerung in der Kirchengeschichte“ kann nun wirklich nicht die Rede sein. Das muß doch jeder halbwegs nüchterne Beobachter, wenn auch mit traurigem Herzen, zugeben. Die Tage der Apostel, die Zeit der Reformation, das 18. Jahrhundert mit den Erweckungen in England und Amerika, sowie das 19. Jahrhundert, welches zu recht als das goldene Zeitalter der Weltmission bezeichnet wird – wo finden wir heute „in Amerika und weiten Teilen der Welt“ Größeres, als in jenen gesegneten Zeiten? Anstelle von „ ... Scharen von Nichtchristen – in der Regierung, im Bildungswesen, in den Medien, in Hollywood – die sich Christus zuwenden“ erleben wir in Europa und Amerika doch genau das Gegenteil. Antichristliche Toleranzgesetze greifen die christlichen Glaubensgrundlagen an. Der Okkultismus macht riesige Fortschritte und unterwandert die ganze westliche Gesellschaft (Harry Potter, Halloween, Pokemon, etc.), homosexuelle Partnerschaften werden gesetzlich der Ehe gleichgestellt, mit menschlichem Leben wird verächtlich umgegangen (Klon-Gesetze) und weltweit expandiert der Islam mindestens so stark wie das Christentum. Die westliche Christenheit selbst ist oberflächlich, wundersüchtig, selbstverliebt, spassorientiert und lau wie noch nie. Sie geht erschreckende Kompromisse mit der römisch-katholischen Kirche ein (Ökumene, gem. Rechtfertigungslehre, etc.) und gleicht so mehr Babylon, der großen Hure (Offb 17), als der Braut Christi, die sich für ihren Bräutigam rein erhält und auf ihn wartet. So sehr wir uns wünschen, dass Bill Brights Vision in Erfüllung gehen möge, so sehr müssen wir uns zugleich unter die anders lautenden Aussagen des Wortes Gottes beugen, die zum Ende der Gemeindezeit nicht von weltweiter Erweckung sondern von einer weltweiten Verführung der Christenheit und dem Kommen des Antichristen reden: „Laßt euch von niemandem verführen, in keinerlei Weise; denn zuvor muß der Abfall kommen und der Mensch der Bosheit offenbart werden, der Sohn des Verderbens.“ (vgl. auch: Mt 24,3-5; 2Thess 2,1-12; Jud 1,3-19; 1Jo 2,18-19; 2Petr 2,1-22; 1Tim 4,1-3; 2Tim 3,1-9; 4,3-4; Offb 3,16-17) Wenn namhafte Führer evangelikaler Werke wie Bill Bright (er rühmt sich auf S. 26 immerhin, ein Werk gegründet zu haben, durch das „mindestens 1,5 Milliarden Menschen das Evangelium mitgeteilt und ... mehrere zehn Millionen zu einer Entscheidung für Christus geführt wurden“) solche falschen Prophezeiungen machen und diese dann noch mit einem so großen Aufwand veröffentlichen, wie es durch das in mehrere Sprachen übersetzte Buch „Die kommende Erweckung“ geschehen ist, dann entsteht dadurch ein unermesslicher Schaden. Erstens verlieren der „Prophet“ und das von ihm gegründete Werk an Vertrauenswürdigkeit und zweitens werden die Menschen, die in der biblischen Prophetie und ihrer unbestechlichen Genauigkeit Vertrauen zum Wort Gottes finden könnten, verunsichert. Das Kind (die biblische von Gott eingegebene Prophetie) wird mit dem Bad (den falschen Prophezeiungen der Schwarmgeister) ausgeschüttet und das Resultat ist, dass ernsthaft suchende Menschen gar nichts mehr von Prophetie wissen wollen. Die Bibel gibt uns einen eindeutigen Test, wenn wir uns fragen, was wir von einem selbst ernannten Propheten halten sollen: „Wenn der Prophet im Namen des HERRN redet, und es wird nichts daraus und trifft nicht ein, so ist es ein Wort, das der HERR nicht geredet hat; der Prophet hat aus Vermessenheit geredet, darum erschrick nicht vor ihm!“ (5Mo 18,22) Ich erinnere noch einmal an Bill Brights, schon zitierte Behauptung: „Ich habe über 50 Jahre damit zugebracht, das Wort Gottes zu studieren und auf Gottes Stimme zu hören. Seine Botschaft an jenem Tag hätte nicht klarer sein können.“ Für den nüchternen, wahrheitsliebenden Christen aber könnte nichts klarer sein, als die Tatsache, dass Bill Bright nach 5Mo 18,22 aus Vermessenheit und nicht durch den Geist Gottes geredet hat. Nun komme ich zum eigentlichen Grund meines Briefes und einer Anfrage an Sie. Da ich selber für ein Missionswerk arbeite, das in Afrika tätig ist, und wir auf den dortigen Arbeitsfeldern oft mit Campus für Christus in Kontakt stehen, wüsste ich gerne, ob Bill Bright zu seiner Prophezeiung nach Ablauf der von ihm genannten Frist irgendwie Stellung bezogen hat. Hat er über seine falschen Aussagen Buße getan und bekannt, dass er einem Irrgeist zum Opfer gefallen ist? Ein solches Bekenntnis würde von wahrer Größe und echter Demut zeugen. Gibt es darüber ggf. irgendwelche schriftlichen Unterlagen? Ich würde mich sehr darüber freuen und wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir diese zusenden könnten. Sofern sich Bill Bright zu alledem nicht geäussert haben sollte, bitte ich Sie um eine Stellungnahme ihrerseits, damit ich weiss, wie Campus für Christus Deutschland über diese peinliche Angelegenheit denkt. Ich grüße Sie herzlich mit den besten Segenswünschen für Ihren Dienst. Möge unser Herr Jesus Christus, dem wir dienen, uns alle stärken in der Liebe zur Wahrheit (2Thess 2,10) und im Kampf für den einmal überlieferten Glauben (Jud 3). Mark Schibli * siehe Datum des Briefes

Nachtext

Anm. d. Red.: Auf erneute Anfrage am 10. Juni wurde Mark Schibli telefonisch von CfC mitgeteilt, dass Bill Bright sich nicht zu dem Vorwurf geäußert habe. Auch CfC Deutschland hat bislang keine schriftliche Stellungnahme abgegeben.

Quellenangaben