Zeitschrift-Artikel: Ein Wagnis des Glaubens - KINDERERZIEHUNG IN SCHWERER ZEIT

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Titel: Ein Wagnis des Glaubens - KINDERERZIEHUNG IN SCHWERER ZEIT
Typ: Artikel
Autor: Wolfgang Bühne
Autor (Anmerkung): Illustriert von Amram und Jochebed

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Titel

Ein Wagnis des Glaubens - KINDERERZIEHUNG IN SCHWERER ZEIT

Vortext

Text

Eine feindliche Welt Ein grausamer Despot herrschte in Ägypten, als Mose geboren wurde. Pharao sorgte eifrig und mit allen Mitteln dafür, das ihm die Israeliten als Sklaven erhalten blieben um mit ihrer kostenlosen Arbeitskraft seine gottlosen Ziele zu verwirklichen. Damit sie sich nicht zu sehr vermehrten und dadurch zu einer Bedrohung seiner Sicherheit wurden, befahl er, alle männlichen Nachkommen bei der Geburt zu töten bzw. dem Nil-Gott zu opfern. Auch wir leben heute als Christen in einer Welt, deren Herrscher Satan, der Widersacher Gottes ist, dem die Dezimierung des Volkes Gottes und die Versklavung unter seine Herrschaft wichtigste Ziele sind. „Euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge.“ (1. Petrus 5,8) Ich erinnere mich noch gut an die Begebenheit, als bei uns die Geburt des fünften oder sechsten Kindes bevorstand und ein mir befreundeter Evangelist kopfschüttelnd sagte: „Wie könnt ihr es verantworten, Kinder in diese gottlose Welt zu setzen!“ Auch zur Zeit Mose gab es – wie heute – viele vernünftige Gründe, eine Empfängnis zu verhüten. Die Überlebenschancen eines Sohnes standen damals ziemlich schlecht. Ein versklavtes Volk Gottes Aber nicht nur die feindliche Umwelt machte die Erziehung eines Kindes sehr schwer. Auch im Volk Gottes sah es traurig aus. Sie waren nicht nur elende Sklaven der Ägypter, sondern schienen sich auch im Laufe der Jahre tatsächlich mit der Sklaverei abgefunden zu haben. Einerseits lastete der harte Dienst schwer auf ihnen, so dass sie in ihrer Not zu Gott schrieen, aber andererseits schmeckte ihnen die Kost Ägyptens – Knoblauch, Zwiebeln Melonen usw. so vorzüglich, dass sie sich später in der Wüste oft sehnsuchtsvoll an die „guten, alten Zeiten“ in Ägypten erinnerten. Zwischen zwei Welten Genau diese Gespaltenheit können wir heute vielerorts in den Gemeinden erkennen. Obwohl von der Welt und der Sünde betrogen und ausgenutzt, ist weitgehend nicht Gottesfurcht und Hingabe zum Herrn das Markenzeichen „bibeltreuer“ Christen, sondern halbherzige Lauheit, Weltförmigkeit, Weltliebe und Resignation. Wenig Vorbilder, müde und schläfrige Gemeinden und weit und breit wenig Interesse, den guten Kampf des Glaubens zu kämpfen. Vorbildliche Eltern Die Eltern des Mose hätten also in Bezug auf die feindliche Welt und im Blick auf den jämmerlichen Zustand des Volkes Gottes jede Menge Gründe gehabt, keine Kinder in eine solch gefahrvolle Welt zu setzen. Aber sie sahen und beurteilten die Umstände nicht mit der Brille des Kleinglaubens sondern machten ihrem persönlichen Namen Ehre. Augen der Liebe Der Name des Vaters Amram bedeutet: „Das Volk ist erhaben“ und der Name der Mutter Jochebed (2Mo 6,20) lautet: „Gott ist Herrlichkeit“! Erstaunliche Namen in einer solchen Zeit! Von der Herrlichkeit Gottes war damals herzlich wenig zu sehen und von der Erhabenheit des Volkes Gottes schon gar nicht. Trotzdem trugen die Eheleute diese Namen und es scheint auch, dass sie nicht nur selbst den Wert des Volkes Gottes schätzten und einen tiefen Eindruck von der Herrlichkeit Gottes hatten, sondern diesen Eindruck in der Erziehung auch ihren Kindern vermitteln konnten. Mit welchen Augen sehen wir heute das Volk Gottes? Schätzen und lieben wir unsere Mitgeschwister, auch wenn wir nicht blind sind für unsere und ihre Fehler und Mängel? Können unsere Kinder an unseren Worten, unserer Haltung und unseren Handlungen Liebe zu unserem Herrn und Achtung und Fürsorge unseren Mitgeschwistern gegenüber erkennen? Augen des Glaubens An drei Stellen in der Bibel wird uns der Glaubensblick der Eltern Moses bezeugt: In 2. Mose 2,2, Hebräer 11,23 und Apostelgeschichte 7,20. Sie sahen, dass ihr Sohn „schön“ und „schön für Gott“ war. Und in dieser Haltung der Wertschätzung einer Gabe Gottes verbargen sie ihren Sohn zunächst drei Monate. Als sie ihn nicht länger verstecken konnten, bauten sie eine kleine Arche für ihn, um ihn dann dem Strom Ägyptens auszusetzen. Als ihnen durch Gottes wunderbare Führung der kleine Mose zur Ernährung und Erziehung zurückgegeben wurde, war Amram und Jokebed sehr bewußt, dass ihnen nur eine kurze Zeitspanne für die Erziehung ihres Sohnes blieb, denn bald sollte er einer noch gefährlicheren Umgebung ausgesetzt werden: dem Hof des Pharao mit allen Versuchungen und Verlockungen, Karriere in dieser Welt zu machen und die eigene, unrühmliche Herkunft zu verleugnen. Kinder – Geschenke auf Zeit Ich habe oft versucht mir vorzustellen, mit welch einem Ernst und Verantwortungsbewusstsein dieses Elternpaar ihren Sohn erzogen hat. Ihnen war klar: In wenigen Jahren müssen wir ihn endgültig abgeben und in dieser kurz befristeten Zeit muss er entscheidende Dinge für das weitere Leben gelernt haben, um nicht in Ägypten unterzugehen. Wie kurz und wie prägend ist die Zeit der Erziehung unserer Kinder und wie weitreichend sind die Auswirkungen für das weitere Leben. Und wenn dann Abschied genommen werden muss und ein Kind nach dem anderen das Elternhaus verlässt, wird einem jedesmal schmerzlich bewusst: Wie sind die Jahre vorbeigeflogen und wieviel hat man in der Erziehung versäumt, was man nie mehr nachholen kann. Haben wir ihnen mit Gottes Hilfe etwas vorleben und mitgeben können, was es ihnen leicht macht, auf Gott zu vertrauen und zu seiner Ehre zu leben? Nichts ist so demütigend, wie der Blick auf die eigene Kindererziehung. „Wenn Du Deine Vaterrolle ernst nimmst, wirst Du an jedem Tag wissen, dass Du dieser Aufgabe nicht gewachsen bist, nicht Du allein. Und das ist demütigend. Deinen Beruf kannst Du vielleicht spielend ausüben. Den Beruf des Ehemannes glaubst Du vielleicht ziemlich bewunderungswürdig auszuüben... Aber ein Vater zu sein, wird Dich auf Deine Knie zwingen, wenn nichts anderes es vermochte...“ (1) Wie oft habe ich mich an diese Sätze erinnern müssen, die Elisabeth Elliot ihrem Neffen schrieb. Das Vermächtnis Sein weiteres Verhalten und seine späteren Entscheidungen zeigen die gesegneten Ergebnisse dessen, was Mose in seinem Elternhaus gelernt und gesehen hat: Amram und Jokebed „fürchteten das Gebot des Königs nicht“ (Hebr. 11,23). Von ihrem Sohn Mose lesen wir, dass er vierzig Jahre später „die Wut des Pharao“ nicht fürchtete (Hebr. 11,27). Im Elternhaus hatte er wertvolle moralische und geistliche Maßstäbe für spätere Entscheidungen bekommen: ? Die Angebote und Karrierechancen am Hof des Pharao beurteilte er als „zeitliche Ergötzung der Sünde“ (Hebr. 11,25). ? Die „Schmach des Christus“ wertete er als „größeren Reichtum als die Schätze Ägyptens“ (Hebr. 11,26). ? Mit dem verachteten Volk Gottes „Ungemach zu leiden“ schien ihm attraktiver, als Anwärter auf den mächtigen Thron Ägyptens zu sein (Hebr. 11,25). Welche unauslöschlichen Eindrücke muss das Vorbild der Eltern auf den Charakter ihres Sohnes hinterlassen haben. Die Tochter von William und Catherine Booth – den Gründern der Heilsarmee – Evangeline Booth, äußerte sich einmal über den Einfluss ihrer Gott hingegebenen Eltern auf ihr eigenes Leben: „Meine Eltern brauchten mir nichts über das Christentum zu erzählen. Ich sah, wie es sich lebendig auswirkte.“ (2) Kann eine Tochter ihren Eltern ein schöneres Zeugnis ausstellen? Wie oft lesen wir in den Büchern der Könige und Chronika von jungen Königen, die „in den Wegen ihrer Väter“ oder „in den Sünden ihrer Väter wandelten“. In einigen Fällen wird auch der Name der Mutter betont, womit wahrscheinlich angedeutet wird, dass die Mutter einen entscheidenden Einfluss auf das Leben und Handeln ihres Sohnes hatte. Gott schenke, dass diese Beispiele uns den Wert und die Wichtigkeit guter Vorbilder und die weitreichenden Konsequenzen einer biblischen Kindererziehung neu bewusst machen.

Nachtext

Quellenangaben

(1) Elisabeth Elliot: Mann sein – Frau sein, Hänssler, S. 147 (2) Richard Collier: Der General Gottes – William Booth, SJD, S. 48