Zeitschrift-Artikel: Der Zerfall unserer Gemeinden - NEHEMIAS TRAUER ÜBER DEN ZUSTAND JERUSALEMS

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Titel: Der Zerfall unserer Gemeinden - NEHEMIAS TRAUER ÜBER DEN ZUSTAND JERUSALEMS
Typ: Artikel
Autor: Frank Ulrich
Autor (Anmerkung):

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Titel

Der Zerfall unserer Gemeinden - NEHEMIAS TRAUER ÜBER DEN ZUSTAND JERUSALEMS

Vortext

„... die Übriggebliebenen leben in großem Unglück und in Schmach. Und die Mauer von Jerusalem ist niedergerissen, und seine Tore sind mit Feuer verbrannt. 4 Und es geschah, als ich diese Worte hörte, setzte ich mich hin, weinte und trauerte tagelang. Und ich fastete und betete vor dem Gott des Himmels. 5 Und ich sprach: Ach, HERR, Gott des Himmels, du großer und furchtbarer Gott, der den Bund und die Gnade denen bewahrt, die ihn lieben und seine Gebote bewahren! 6 Lass doch dein Ohr aufmerksam und deine Augen offen sein, dass du auf das Gebet deines Knechtes hörst, das ich heute, Tag und Nacht, für die Söhne Israel, deine Knechte, vor dir bete und mit dem ich die Sünden der Söhne Israel bekenne, die wir gegen dich begangen haben! Auch ich und meines Vaters Haus, wir haben gesündigt. 7 Sehr böse haben wir gegen dich gehandelt und haben nicht die Gebote und die Rechtsbestimmungen bewahrt, die du deinem Knecht Mose geboten hast. 11 Ach, Herr, lass doch dein Ohr aufmerksam sein auf das Gebet deines Knechtes und auf das Gebet deiner Knechte, die gewillt sind, deinen Namen zu fürchten! Lass es doch deinem Knecht heute gelingen und gewähre ihm Barmherzigkeit...“ (Nehemia Kapitel 1)

Text

Diese Verse aus Nehemia 1 bewegen mich sehr. Nehemia hatte ein Verlangen zu hören, wie es in Jerusalem ging. Der Bericht über den schlechten Zustand der Stadt brach ihm fast das Herz. Aber was tat er, als er von diesen Zuständen hörte? Er setzte sich hin, weinte, trauerte Tage lang und flüchtete ins Gebet. Um diesem Gebet noch mehr Nachdruck zu verleihen, fastete er eine bestimmte Zeit. Wenn wir eine Predigt über diese Geschichte hören, werden wir an unseren großen Gott erinnert, der Nehemia Vollmacht gab, Jerusalem wieder aufzubauen und wir staunen über Gottes Führungen, über Nehemias Glauben und dann sehen wir auf die Uhr, ob es nicht Zeit ist, nach Hause zu gehen. Dort setzen wir uns an einen gedeckten Tisch, sprechen über Bruder X und Schwester Y und wenden uns dann einer der wunderbaren Sagas zu, die in unseren Buchläden in Fülle zu kaufen sind. Wir erlauben uns, zu spät zur Stunde zu kommen, weil berufliche Termine drücken. Unsere Jugend halten wir an, einen Beruf zu wählen, der ihnen eine sichere Zukunft bietet. Dabei kann der eine oder andere Dienst in der Gemeinde vernachlässigt werden. Unser gut bürgerliches Leben tragen wir zur Schau. Unsere hochpolierten Edelkarossen strahlen im Sonnenlicht. Trotzdem sind wir dem Herrn treu. Wir besuchen alle Stunden, lesen in der Bibel, und wenn uns ein Nachbar einmal fragen sollte, wo wir mittwochabends immer hingehen, können wir genau erklären, wo unsere Gemeinderäume liegen. Mich hat einmal ein Bericht über polnische Juden tief erschrocken. Diese Juden beobachteten das Treiben in Deutschland sehr genau. Sie hörten von schlimmen Entwicklungen und der Bedrohung der Nazis. Doch sie fühlten sich sicher. Sie konnten sich nicht vorstellen, dass ihre Nachbarn ihnen jemals so etwas antun könnten. Ich weiß, dass der Herr bald wiederkommt und wir nicht in die große Trübsal müssen. Aber wer von uns denkt daran, dass der größte Teil der Christen in dieser Welt gerade jetzt in einer schweren Trübsal lebt? Ist es zu weit hergeholt, dass wir für sie eine Verantwortung tragen? Ich möchte mit dem Reden aufhören. Ich bin nicht besser als alle anderen. Doch in mir weint jemand. Es ist der Geist Gottes. Er sieht mein Leben, meine Möglichkeiten, meinen Besitz, meine Kraft und wofür ich sie einsetze. Er kennt auch die, die mich brauchen, er weiß um das, was Gott mir schenken könnte, wenn ich wie ein Nehemia handeln würde. Aber ich bleibe sitzen. Ich stehe nicht auf. Ich will keinem zu nahe treten. Was werden sie zu mir sagen? „Was will der denn? Ist das nicht der, der immer nur querschießt? Der soll sich doch an seine eigene Nase packen.“ Herr, wo ist mein Glaube an Dich, den Allmächtigen? Herr, wo sind die Werke, die größer sind als Deine? Herr, wo ist mein beständiges Flehen, wie bei der Witwe vor dem Richter? Findest du bei mir solchen Glauben? Gibt es noch Christen, die weinen, fasten, arbeiten und nicht mit schwärmerischem Eifer nur sich selber dienen?

Nachtext

Quellenangaben