Zeitschrift: 98 (zur Zeitschrift) Titel: Erweckung unter den Kasachen - Ein Reisebericht Typ: Artikel Autor: Wolfgang Bühne Autor (Anmerkung): online gelesen: 1542 |
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Titel |
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Erweckung unter den Kasachen - Ein Reisebericht |
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JAHRHUNDERTE LANG GAB ES SO GUT WIE KEINE CHRISTEN UNTER DEN KASACHEN! Sie galten in den Augen der Europäer als ein etwas minderwertiges Nomadenvolk. Sie waren gut genug, um in der Zeit der sowjetischen Herrschaft als Viehhirten, Landarbeiter oder Hilfskräfte eingesetzt zu werden. Auch die Evangelikalen zeigten in der Vergangenheit wenig Interesse, diesen Menschen das Evangelium zu predigen. Die Kasachen gehören dem Islam an, ohne allerdings fanatische Vertreter dieser Religion zu sein. |
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Mitte der 70er Jahre hörte man von den ersten Kasachen, die zum Glauben kamen. Erst nach der politischen Wende wurden die Christen auf dieses Volk aufmerksam, begannen für sie zu fasten und zu beten, evangelistische Schriften und Bibelteile in kasachischer Sprache zu drucken und Kontakte zu knüpfen, um ihnen die Frohe Botschaft zu bringen. Gott schenkte in den 90er Jahren im Süden des Landes eine Erweckung unter den Kasachen, die sich langsam auch auf den Norden ausbreitet. Inzwischen gibt es einige Tausend Kasachen, die Jesus Christus als ihren Herrn und Heiland bekennen und ihm folgen. In den letzten drei Jahren konnten wir Gottes Volk und Gottes Wirken in Kasachstan näher kennenlernen. Im September 2001 hatten wir ja schon die Möglichkeit, eine Konferenz kasachischer Geschwister mitzuerleben, welche vor ihrer Bekehrung fast ausschließlich Moslems waren und nun ein brennendes Herz haben, um ihre ungläubigen Volksgenossen für das Evangelium zu gewinnen. Vor einigen Wochen - Ende Mai 2002 - folgten Jakob Römmich und ich einer Einladung in den Norden Kasachstans, den wir bisher noch nicht kennengelernt hatten. In Schutschinsk, einer kleinen Stadt, waren wir in der Bibelschule der baptistischen Geschwister untergebracht. Nach zwei Tagen Unterricht haben wir von dort aus die Gemeinde am Ort und Gemeinden in der weiteren Umgebung besucht. Ein Jugendtag mit etwa 170 jungen Leuten, eine Konferenz mit ca. 60 kasachischen Besuchern und ein Gemeindetag für Geschwister aus den umliegenden Gemeinden mit etwa 350 Teilnehmern fanden jeweils am Wochenende statt. Die wirtschaftlich/soziale Situation Der nördliche Teil Kasachstans, der an Sibirien grenzt, ist der kältere und ärmere Teil dieses großen Landes, das 7mal so groß wie Deutschland ist, aber nur etwa 15 Mill. Einwohner hat. 60% der Bevölkerung sind Kasachen - der Anteil der Russen schwindet ständig, weil die meisten von ihnen nach Russland umsiedeln und der aufkommende kasachische Nationalismus für viele bedrohlich wirkt. In den letzten Jahren hat man versucht, alle wichtigen Stellen in der Verwaltung und Wirtschaft, so wie im Schul- und Universitätsleben usw. mit Kasachen zu besetzen, so dass z.B. junge Russen sich im Ausland um einen Studienplatz bewerben mussten, weil im Land alle Plätze für Kasachen vergeben waren. Der früher große Anteil der Deutschen an der Bevölkerung reduziert sich immer mehr. Deutsche Dörfer gibt es kaum oder gar nicht mehr, weil nach der Wende der große Exodus begann. Bedingt durch die Abnabelung von Russland kamen zahlreiche Industriebetriebe in große Schwierigkeiten. Weil keine Zulieferer mehr vorhanden waren, musste die Produktion oft eingestellt werden und so erscheinen manche kleinen Städte und Dörfer wie ausgestorben. Viele große Häuserblocks stehen leer und zerfallen, weil die Leute weggezogen sind, oder die Heizkosten zu hoch wurden. Riesige Fabriken, die früher teilweise Tausende von Arbeitern beschäftigt haben, konnten sich nicht mehr halten und rosten nun vor sich hin. Was noch irgendwie brauchbar schien, wurde abmontiert und gestohlen. Manche Orte erinnern an Deutschland nach 1945. An vielen Orten beträgt die Arbeitslosigkeit 90%. Weil die Löhne so niedrig sind, dass man davon nicht leben kann, ist auch kein großes Interesse an einem Arbeitsplatz vorhanden. Man versucht lieber durch das Halten von ein oder zwei Kühen und anderen Kleintieren zu überleben und etwas Geld zu verdienen. Da vor einigen Jahren jedem Bürger ein Stück Land zur Verfügung gestellt wurde, versuchen manche auf dem sehr fruchtbaren Boden Weizen, Kartoffeln oder andere Gemüsearten zu ernten, um damit den Lebensunterhalt zu sichern. Von den reichen Vorkommen an Rohstoffen (Erdöl, Edelmetalle usw,) profitieren fast nur die wenigen Reichen und die Regierungsbeamten, die teilweise in unvorstellbarem Luxus leben. Die religiöse Situation Doch die Armut der Bevölkerung hat auch eine positive Seite: Es ist eine große Offenheit für das Evangelium vorhanden. Als wir die junge Gemeinde in Kolokolowka (einem Dorf mit etwa 1.000 meist kasachischen Einwohnern) besuchten, erfuhren wir, wie vor etwa 6 Jahren diese Gemeinde entstanden ist: Die Jahre 1995/96 waren von einer großen Hungersnot gezeichnet. Viele konnten ihre Wohnung nicht mehr halten oder heizen, es gab kaum etwas zu essen. Die Kinder mussten Holz mit in die Schule bringen, weil sonst die Schule nicht geheizt werden konnte. Damals hat die Not viele in den Selbstmord gestürzt. Aber dann kamen Christen aus den umliegenden Dörfern und haben in Kolokolowka Evangeliumslieder gesungen und auf der Straße gepredigt. Die Reaktion der Zuhörer war: "Kommt wieder und besucht uns in unseren Familien!“ Einmal pro Woche begann man dann in einem Wohnzimmer Bibelstunden abzuhalten, es kam zu Bekehrungen, zu Taufen, ein Haus wurde für die Zusammenkünfte gekauft und war bald zu klein, weil das Verlangen der Bevölkerung nach Gottes Wort so groß wurde. Eine Gemeinde entstand und eine Zeit lang wurde der Schulunterricht in das „Bethaus“ gelegt, weil hier geheizt werden konnte. Die Christen halfen der armen Bevölkerung mit Lebensmitteln, Kleidung usw. Für uns war es eine Freude feststellen zu können, dass die christlichen Gemeinden in dieser Gegend unter den Nichtchristen einen sehr guten Ruf haben, weil sie die Einzigen sind, die der notleidenden Bevölkerung praktische Hilfe leisten. Hindernisse für das Evangelium Der Volks-Islam der Kasachen hat die Konsequenz, das zumindest in den Dörfern und Kleinstädten, wo jeder jeden kennt, Christsein nicht erlaubt ist. Wenn ein Kasache zum Glauben kommt und sich taufen lässt, wird er wie gekreuzigt betrachtet. Er wird aus der Familie und Gesellschaft ausgestoßen, er bekommt keine Hilfe, er muss damit rechnen, dass sein Vieh abgeschlachtet und an sein Haus Feuer gelegt wird und böse Gerüchte über ihn verbreitet werden. Christsein bedeutet für den Kasachen zunächst nur, den „russischen Gott“ angenommen zu haben und es ist viel Geduld nötig, um den Kasachen zu erklären, dass der Glaube an Jesus nichts mit einem nationalen Gott zu tun hat. Nurlan, dessen Bekehrungsgeschichte wir im letzten f+t-Heft berichtet haben, erzählte uns, dass er in den nächsten Wochen viele evangelistische Einsätze unter den Kasachen hat. Er möchte die Zeit auskaufen, weil er den Eindruck hat, dass die Schwierigkeiten von Seiten der Moslems in der Zukunft größer werden. Wenn er sein Evangeliumszelt (eine „Jurte“) aufbauen möchte, wird ihm oft keine behördliche Erlaubnis gegeben, bzw. gesagt, dass er auf staatlichem Boden das Zelt nicht aufbauen darf. Wenn er die Erlaubnis bekommt, erlebt er oft, dass die Moslems von morgens bis abends das Zelt bestürmen, mit Zerstörung und Prügel drohen, um die Evangelisation zu verhindern. Trotzdem kommen im Norden des Landes immer mehr Moslems zum Glauben an den Herrn Jesus Christus. Allerdings entsteht ein weiteres Problem, wenn diese bekehrten Kasachen in die bestehenden Gemeinden kommen: Sie müssen sich der russischen bzw. europäischen Kultur anpassen – was Kleidung, Verhaltensweisen usw. betrifft – um angenommen und akzeptiert zu werden. Das ist für gläubige Kasachen schwer genug, aber noch schwieriger wird es, wenn sie ihre unbekehrten Freunde mit in eine solche Gemeinde bringen wollen. Deshalb entstand im Einverständnis mit den Geschwistern der bestehenden Gemeinden folgender Plan: Dort, wo Kasachen zur Bekehrung gekommen sind möchte man ein kleines Haus kaufen oder mieten, um dort Versammlungen für Kasachen in einer Form abzuhalten, die es Kasachen leicht macht, Freunde und Bekannte mitzubringen. Man kann dort im „Schneidersitz“ Platz nehmen, darf beim Beten die Augen offen halten (geschlossene Augen deuten nach kasachischer Auffassung an, dass jemand böse Absichten hegt) und muss keine europäischen Verhaltensweisen einüben. So sollen dann überall im Land kleine Gemeinden von Kasachen entstehen, die aber mit der Zeit auch in Gemeinschaft mit den russischen Geschwistern gebracht werden sollen. Nurlan und seine Mitarbeiter sind überzeugt, dass man auf diese Weise viele Kasachen mit dem Evangelium vertraut machen kann. Das geplante Religionsgesetz Am 17.1.02 wurde dem kasachischen Senat und dem Präsidenten Nasarbajew ein Vorschlag zu Änderungen des Religionsgesetzes zur Unterschrift vorgelegt. Danach hätten sich alle „Religionsgemeinschaften“ staatlich registrieren zu lassen und könnten nur mit Anerkennung rechnen, wenn sie örtlich mehr als 50 Mitglieder aufzuweisen hätten. Die „Genehmigung religiöser Vereinigungen sollte nur nach der Empfehlung der muslemischen geistlichen Führung“ möglich sein. Weitere Forderungen: ? Teilnahme am Gottesdienst soll nur „volljährigen Bürgern“ erlaubt sein (das bedeutet ein Verbot aller Kinder- und Jugendarbeit) ? Verbot jeglicher Missionstätigkeit außerhalb der eigenen Gemeinderäume ? Kontrolle der Mitgliederlisten und Finanzen Als den Christen bekannt wurde, dass diese Gesetzesänderung geplant war, ging ein Aufruf zum Gebet durch die Welt. Einige Wochen später hatte Franz Thiessen (ein bekannter Evangelist und einer der Führer der Baptisten in Kasachstan) die Möglichkeit, vor dem kasachischen Parlament die Haltung der Baptisten zu dem geplanten Religionsgesetz mitzuteilen. Viele haben an diesem Tag für den Bruder gebetet, der sehr mutig und entschieden zur großen Verwunderung der Parlamentarier u.a. folgendes gesagt hat: ? Wenn das Gesetz verabschiedet wird, werden wir nach dem biblischen Prinzip handeln: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen (Apg 5,28-29). ? Wir werden dann in den Untergrund gehen und dort unsere Gottesdienste unverändert abhalten. Gläubige aller Altersgruppen werden daran teilnehmen. ? Die Predigt des Evangeliums ist uns von Gott befohlen und ist ein wesentliches Element des Dienstes der Gemeinde auf Erden. Wir werden ein Verbot nicht akzeptieren. ? Die christliche Erziehung und Weiterführung ist eine Sache der Eltern und der Gemeinde, der Staat hat kein Recht, sich in diese inneren Angelegenheiten der Gemeinde zu mischen. Offensichtlich hat diese eindeutige Erklärung Eindruck hinterlassen. Am 5.4.02 konnte man in der Zeitung „Kasachstanskaja Prawda“ lesen, dass der Änderungsvorschlag des Religionsgesetzes offiziell als unvereinbar mit dem kasachischen Grundgesetz abgewiesen wurde. Gott hat also die Gebete vieler Christen in aller Welt erhört: Der Ministerpräsident hat dieses Gesetz bisher nicht unterschrieben, so dass sich die vielen kleineren und größeren evangelikalen Gemeinden weiter versammeln können und auch die ausländischen Missionare nicht um ihre Aufenthaltserlaubnis bangen müssen. Wie wird es weitergehen? Doch auch wenn das Gesetz bisher nicht verabschiedet worden ist, so ist der „Geist des Gesetzes“ hier und da deutlich zu spüren, z.B. wenn Beamte des Staates Versammlungsräume in Beschlag nehmen oder sich Gemeindeeigentum aneignen wollen. Beten wir, dass der Herr den Christen weiterhin die Freiheit schenkt, sich ungehindert zu versammeln und weiterhin mit Eifer das Evangelium auch in die letzten Dörfer Kasachstans zu bringen. |
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Quellenangaben |
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