Zeitschrift-Artikel: Hiskia

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Titel: Hiskia
Typ: Artikel
Autor: Wolfgang Bühne
Autor (Anmerkung):

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Titel

Hiskia

Vortext

„… und er zertrümmerte die eherne Schlange, welche Mose gemacht hatte; denn bis zu jenen
Tagen hatten die Kinder Israel ihr geräuchert, und man nannte sie Nechustan.“ (2Kö 18,4)

Text

Wenn’s ans „Eingemachte“ geht …

Nachdem der gottesfürchtige König Hiskia zu Beginn seiner Herrschaft die „Höhen“, „Bildsäulen“ und „Aschera“ in Juda ausgerottet und damit dem offensichtlichen Götzendienst im Volk Gottes ein Ende bereitet hatte, legte er nun seine Hand an einen etwa 700 Jahre alten Gegenstand, der in Juda höchstes Ansehen genoss und entsprechend verehrt wurde. Es war die „eherne“ oder „kupferne“ Schlange, durch die Gott ziemlich am Ende der Wüstenreise des Volkes Israel – also vor vielen Jahrhunderten – Heilung und Rettung geschenkt hatte (4Mo 21,8-9). Damals hatte das Volk Israel „wider Gott und wider Mose“ geredet, sich bitter beklagt und das Manna, das „Brot aus dem Himmel“, als eine „elende Speise“ bezeichnet, vor der sie sich ekelten. Gott hatte als Reaktion auf dieses Murren „feurige Schlangen“ unter das Volk geschickt, deren Biss einen brennenden Schmerz verursachte und tödlich endete. Wie schon so oft trat Mose wieder als Mittler für das Volk ein und flehte zu dem Herrn. Gott ließ sich erbitten und befahl Mose, eine kupferne Schlange herzustellen und sie für alle sichtbar auf einer Stange zu befestigen, damit jeder sie sehen konnte. Wer gebissen war und im Glauben auf diese eherne Schlange blickte, wurde geheilt und blieb am Leben. Diese Geschichte ist uns gut bekannt, zumal der Herr Jesus in seinem Gespräch mit Nikodemus an diese Begebenheit erinnerte und sie als ein Bild für das deutete, was wenige Monate später auf Golgatha geschehen sollte: „Und wie Mose in der Wüste die Schlange erhöhte, so muss der Sohn des Menschen erhöht werden, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe“ (Joh 3,14-15).

Was aus einem Symbol der Gnade werden kann …

Natürlich war diese Geschichte auch im Volk Israel gut bekannt und wahrscheinlich wurde sie von Generation zu Generation weitererzählt und dabei erwähnte man vielleicht auch den Ort, wo man dieses denkwürdige Zeugnis der Gnade Gottes besichtigen konnte. Wo und wie man diese Schlange aufbewahrte, wird in der Bibel nicht erwähnt. Ob man damals schon so etwas wie einen „Wallfahrtsort“ zu Ehren der Schlange eingerichtet hatte oder ob es einen Schrein gab, in dem diese Schlange aufbewahrt und besichtigt werden konnte, wissen wir nicht. Vielleicht gab es auch einen Gedenktag, an dem man sich im laufenden Jahr an dieses Ereignis erinnerte – jedenfalls wurde über Jahrhunderte hinweg diese Schlange verehrt und ihr „geräuchert“. So wurde schließlich aus dem Symbol der Gnade und des Erbarmens Gottes ein Gegenstand, dem geopfert und welcher angebetet bzw. verehrt wurde. Aus diesem geschichtsträchtigen Symbol wurde mit der Zeit ein Götze, was der junge König Hiskia als solchen entlarvte und den er sicher zum Entsetzen vieler seiner Untertanen zermalmte und damit für alle Zeiten unkenntlich machte. Wenn Hiskia – wie wir in der letzten Folge betrachtet haben – die „Höhen“, die „Bildsäulen“ und die „Aschera“ zerstörte, können wir das wahrscheinlich gut nachvollziehen und auf die gegenwärtige Situation in unseren Gemeinden anwenden – auch wenn ein dankbarer Leser von „Fest&treu“ beklagte, dass wir versäumt hätten, in diesem Zusammenhang etwas über den „Weihnachtsbaum“ und seinen heidnischen Hintergrund zu schreiben, was mir allerdings das kleinste Übel von allen „Bildsäulen“ zu sein scheint. Doch was können wir für unsere Zeit aus der Zerstörung der ehernen Schlange lernen? Gibt es Personen oder Dinge, die Gott zum großen Segen der Gemeinde gegeben hat und die trotzdem zu Götzen werden können und eine Verehrung genießen, die ihnen nicht zusteht?

Die „immer jungfräuliche Gottesgebärerin“?

Hier ist nicht der Platz, um ausführlich über die Marien-Verehrung und Marien-Anbetung in der Römisch-katholischen Kirche und den Orthodoxen Kirchen zu schreiben. Allein die Tatsache, dass Maria in den katholischen Dogmen „Mittlerin zum Mittler“, „Gottesmutter“, „immer jungfräuliche Gottesgebärerin“, „Mutter und Königin der Welt“, „Himmelskönigin“, „Mittlerin der Gnade“ usw. genannt wird zeigt, dass hier eine Frau, die in ihrem Lobpreis Gott als ihren „Heiland“ (Lk 1,47) bezeichnet, eine Verehrung bekommt, die an Abgötterei grenzt. Maria war ganz sicher eine von Gott „Begnadigte“ (Lk 1,28), eine „Gesegnete unter den Frauen“ (Lk 1,42) denn Gott hatte sie erwählt und gewürdigt, Mutter Jesu zu werden. Aber an keiner Stelle im Neuen Testament wird aufgefordert, sie zu verehren. Ein letztes Mal wird sie in Apg 1,14 erwähnt, wo sie als „Mutter Jesu“ bezeichnet wird und mit ihren weiteren Söhnen, den Aposteln und einigen Frauen in einem Obersaal zum Gebet versammelt ist. In der jungen Gemeinde in Jerusalem war sie eine Schwester unter Schwestern – nicht mehr und nicht weniger! Als der schottische Reformator John Knox (1514-1572) 19 Monate als Sklave auf französischen Galeeren zubringen musste, kam eines Tages ein Priester auf das Schiff und verlangte von den „gotteslästerlichen Ketzern“, ein Bild der „heiligen Jungfrau“ anzubeten. Als die Reihe an ihn kam, spottete Knox: „Mutter? Die Mutter Gottes? Das ist doch keine Mutter Gottes, das ist nur ein Stück angemaltes Holz. Ich meine, das sollte man eher schwimmen lassen, als dass man es anbetet!“ Und mit diesen Worten schleuderte er das Bildnis in den Fluss. Wenn Hiskia damals die eherne Schlange zerstörte und sie „Nechustan“ („Kupfernes“) nannte, so sollten wir auch Maria als das sehen, was sie nach Gottes Aussagen wirklich war: „Mutter Jesu“. Alle anderen Lehren über die Bedeutung Marias und jede Art von Verehrung sind nicht mit dem Wort Gottes vereinbar.

Ein „eucharistisches Opfer“?

Brot und Wein, die Symbole der Hingabe und Leiden unseres Erlösers, die der Herr Jesus in der Nacht seines Verrats als „Mahl des Herrn“ einsetzte, werden jedem Nachfolger Jesu kostbar und wichtig sein. Sie sollen uns immer wieder an das Opfer seiner Liebe und auch an seine Wiederkunft erinnern (1 Kor 11,23-26). Wenn allerdings aus diesem schlichten Gedächtnismahl ein „eucharistisches Opfer“ gemacht wird, in dem sich „durch die Weihe von Brot und Wein die Wandlung der ganzen Brotsubstanz in die Substanz des Leibes Christi, unseres Herrn, und der ganzen Weinsubstanz in die Substanz seines Blutes“1 vollzieht, dann führt diese katholische Irrlehre folgerichtig zu einer Anbetung materieller Dinge und damit zum Götzendienst: „Wir bringen in der Messliturgie unseren Glauben, dass Christus unter den Gestalten von Brot und Wein wirklich zugegen ist, unter anderem zum Ausdruck, dass wir zum Zeichen der Anbetung des Herrn die Knie beugen und uns tief verneigen. ‚Die katholische Kirche erweist der heiligen Eucharistie nicht nur während der heiligen Messe, sondern auch außerhalb der Messfeier den Kult der Anbetung, in dem sie die konsekrierten Hostien mit größter Sorgfalt aufbewahrt, sie den Gläubigen zur feierlichen Verehrung aussetzt und sie in Prozessionen trägt‘“.2 Wenn man vor Brot und Wein auf die Knie fällt – dann ist genau das Götzendienst im aufgeklärten 21. Jahrhundert!

Kreuz und Kruzifix

Der Ausleger Henri Rossier (1835-1928) äußert in seiner wertvollen Betrachtung über unseren Text einige bedenkenswerte Gedanken, die man nicht weiter kommentieren muss: „Wie die eherne Schlange, so hat auch das Kreuz Christi zu abergläubischen Gebräuchen Anlass gegeben. Ein Stück des ‚echten Kreuzes‘ küssen, oder ein Stück Erz oder Elfenbein, das den auf dem Kreuz sterbenden Herrn darstellt, verehren, das ist allgemeiner Brauch in einem großen Teil der Christenheit. Der Mensch hängt sich an ein Symbol und erkennt ihm irgend einen Wert oder eine besondere Eigenschaft zu. Er macht aus dem Symbol seinen Gott. Ist das besser als der Götzendienst, der die Eigenschaften Gottes zu Göttern macht? Gewiss nicht; es ist eine ebenso große Abgötterei wie jene und eine noch gefährlichere, weil sie sich eines Gegenstandes bemächtigt, der noch geweihter, noch heiliger ist: des Kreuzes, des Mittelpunktes aller Ratschlüsse Gottes, des Symbols der ewigen Liebe, um daraus ein Götzenbild zu machen, das die Augen des Fleisches sehen und die Lippen küssen können, während es selbst weder Augen zum Sehen noch Ohren zum Hören hat. Der Glaube wirft diese Dinge beiseite und nimmt sie für das, was sie sind: nicht mehr und nicht weniger als ein Stück Holz oder Erz.“3 Nun werden für die meisten Leser die bisher genannten Verirrungen – die man um eine Vielzahl erweitern könnte – kaum eine Gefahr darstellen. Dafür gibt es aber andere Gefahren, deren wir uns vielleicht nicht bewusst sind. Wenn wir z.B. Männern, die Gott in der vergangenen oder gegenwärtigen Kirchengeschichte als Werkzeuge zum großen Segen seines Volkes benutzt hat, eine Autorität zuschreiben oder ihnen eine Verehrung zukommen lassen, die ihnen nicht zusteht und die sie selbst meistens verabscheuen würden. Spurgeon äußerte sich einmal in seiner Predigt „Der Bilderstürmer“ zu diesem Problem – wie gewohnt unverblümt und deutlich: „Wir sind alle zu sehr geneigt, als Christen ein Maß von Vertrauen auf Männer zu setzen, die Gott in seiner unendlichen Gnade zu Führern in der christlichen Gemeinde erweckt hat … Wenn Gott seiner Gemeinde einen Mann gibt, der tauglich ist, sie zu erweitern, zu kräftigen und zu befestigen, so gibt er ihm einen der reichsten Segen seines Gnadenbundes. Aber die Gefahr ist vorhanden, dass wir … auf ihn blicken mit einem Grad von – ich muss es so nennen – abergläubischem Vertrauen auf seine Autorität und Fähigkeit. Brüder, wir haben abgedankte Heilige, wir verabscheuen den Gedanken, sie zu verehren, und dennoch mögen wir ganz allmählich ins Kanonisieren hineingeraten und dem Wesen nach eine andere Reihe „Heiliger“ unter uns aufstellen. Ist es nicht wahr, dass manche fast St. Calvin und St. Luther anbeten? Über ihre Lehren hinaus können sie nicht gehen. Über andere schwingen St. John Wesley oder St. Charles Simeon ein ehrfurchtgebietendes Zepter … Wenn wir die Segnungen, die Gott uns in unseren Lehrern und Predigern gibt, überschätzen, so mag er sie von uns hinwegnehmen. Wir sollten nicht die Rohre erheben, sondern die Quelle. Nicht den Fenstern, sondern der Sonne müssen wir für Licht danken. Nicht den Korb, welcher die Speise enthält … sondern den göttlichen Meister, der das Brot segnet und vervielfältigt und die Menge speist … Liebt die Prediger Christi, aber verfallt nicht in die Form der Ehernen-Schlangen-Verehrung, die euch zu Knechten der Menschen erniedrigt.“ Als Paulus hörte, dass es in der Gemeinde von Korinth zu Parteiungen kam und eine Gruppe sich als „paulinisch“ bezeichnete, reagierte er sehr energisch mit den Worten: „Ist etwa Paulus für euch gekreuzigt, oder seid ihr auf Paulus Namen getauft worden?“ (1Kor 1,13) „Wer ist denn Apollos, und wer Paulus? Diener, durch welche ihre geglaubt habt …“ (1Kor 3,5) Als man in Lystra Paulus und Barnabas nach der Heilung des Lahmen als Götter verehren und ihnen zu Ehren Stiere opfern wollte, zerrissen die Apostel als Ausdruck ihres Entsetzens ihre Kleider und wehrten sich mit aller Kraft gegen diese Menschen-Verehrung, um Gott allein die Ehre zu geben (Apg 14,11-18). Wenn wir in unserer Zeit als „Lutheraner“, „Calvinisten“, „Mennoniten“, „Wesleyaner“, „Darbysten“ oder wie auch immer bezeichnet werden, dann sollten wir uns ebenso entschieden dagegen wehren wie Paulus. Der gesegnete Erweckungsprediger George Whitefield äußerte einmal in einer Situation, als sich Parteien um ihn selbst und um seinen älteren Freund John Wesley bilden wollten: „Mein Name möge allenthalben sterben, meine Freunde mögen mich vergessen, wenn dadurch die Sache des gepriesenen Jesus vorangetrieben wird. Ich will Seelen nicht zu einer Partei führen, sondern zu einem Empfinden ihrer Verlorenheit und zum wahren Glauben an Jesus Christus. Was ist Calvin, was ist Luther? Lasst uns über alle Namen und Parteien wegblicken und lasst uns in Jesus unser Ein und Alles sehen, damit Er gepredigt werde … Ich weiß, welches mein Platz ist: Der Diener aller zu sein. Ich will keine Leute haben, die sich nach meinem Namen nennen.“4 Der Herr schenke uns in einer Zeit, in der auch unter uns Christen zunehmend eine Form von Menschen-Kult geduldet oder sogar gepflegt wird, eine heilige Abscheu vor dieser harmlos und fromm scheinenden Abgötterei und einen heiligen Eifer für die Ehre Gottes, wie er im Leben Hiskias deutlich wird.

Nachtext

Quellenangaben

1 Konzil zu Trient, 1551, zit. in W. Bühne: „Ich bin auch katholisch 1 …“, CLV, 2006,
S. 72
2 Katechismus der Katholischen Kirche, Oldenbourg, 1993, S. 378
3 Henri Rossier: „Betrachtungen über das 1. und 2. Buch der Könige“, E. Paulus-
Verlag, S. 198-199.
4 Benedikt Peters: „George Whitefield”, CLV, S. 328