Zeitschrift-Artikel: Hiskia

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Titel: Hiskia
Typ: Artikel
Autor: Wolfgang Bühne
Autor (Anmerkung):

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Titel

Hiskia

Vortext

„Er tat die Höhen weg und zerschlug die Bildsäulen und rottete die Aschera aus und zertrümmert die eherne Schlange aus Kupfer, die Mose gemacht hatte; denn bis zu jenen Tagen hatten die Kinder Israel ihr geräuchert, und man nannte sie Nechustan.“ (2Kö 18,4)

Text

In der letzten Ausgabe haben wir uns damit beschäftigt, in welch einer trostlosen Zeit und Umgebung Hiskia aufwuchs. Doch diese deprimierenden Umstände hinderten Gott nicht daran, eine Erweckung zu schenken, die mit dem jungen König Hiskia begann. Ihn formte Gott zu einem Werkzeug seiner Gnade. Er orientierte sich an dem Vorbild seines Ur-Ahnen, des „Mannes nach dem Herzen Gottes“ und „tat, was recht war in den Augen des Herrn, nach allem, was sein Vater David getan hatte“. In unserer Zeit, in der im Volk Gottes – ähnlich wie damals – ermutigende Vorbilder fehlen, können wir für unser geistliches Leben wertvolle Impulse aus Biographien von Männern und Frauen aus den vergangenen Jahrhunderten der Kirchengeschichte bekommen. Vor allem aber soll uns die „Wolke von Zeugen“ an das vollkommene Vorbild unseres Herrn Jesus erinnern und uns herausfordern, vor allem Ihn nachzuahmen. „Seid nun Nachahmer Gottes als vielgeliebte Kinder, und wandelt in Liebe, wie auch der Christus uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben hat als Darbringung und Schlachtopfer, Gott zu einem lieblichen Wohlgeruch.“ (Eph 5,1.2) Während 2Chr 29,3 berichtet, dass Hiskia im ersten Jahr seiner Regierung die verschlossenen Türen des Hauses Gottes öffnet, den Tempel reinigt, renoviert und damit den Gottesdienst wieder möglich macht, schildert 2Kö 18,4, dass Hiskia zu Beginn seiner Amtszeit jegliche Form von Götzendienst im Volk Gottes konsequent ausrottete. Es ist nicht eindeutig zu erkennen, in welcher Reihenfolge Hiskia gearbeitet hat – zuerst den Götzendienst zerstört und dann den Gottesdienst im Tempel möglich gemacht hat, oder umgekehrt. Auch wenn es in der Bibel und in der Kirchengeschichte einige Ausnahmen gibt, so scheint doch im Allgemeinen eine Erweckung mit Umkehr, Buße und Reinigung zu beginnen.

Höhen – Bildsäulen – Aschera

Gott hatte dem Volk Israel sehr deutlich und unmissverständlich eingeschärft, wie sie mit dem Götzendienst der heidnischen Völker im Land Kanaan umgehen sollten: „Ihr sollt alle Orte ganz und gar zerstören, wo die Nationen, die ihr vertreiben werdet, ihren Göttern gedient haben: auf den hohen Bergen und auf den Hügeln … und ihr sollt ihre Altäre niederreißen und ihre Bildsäulen zerbrechen und ihre Ascherim mit Feuer verbrennen.“ (5Mo 12,1-3) Interessant ist, dass wir hier die gleiche Reihenfolge von „Höhen“, „Bildsäulen“ und „Ascherim“ finden, in der Hiskia sie zerstört hat. Es scheint, dass wir hier eine wichtige und aktuelle Lektion über Götzendienst im Volk Gottes lernen sollen: Es beginnt mit den „Höhen“. Das waren Berge oder Hügel, also „erhabene“ Orte, wo die Heiden ihre Altäre aufgestellt hatten, um ihren Göttern zu dienen. „Höhen“ spielen auch im Volk Israel eine folgenschwere Rolle. So lesen wir z.B. in 1Sam 9,12-13, dass der Prophet Samuel auf einer „Höhe“ Schlachtopfer darbringt. Wahrscheinlich auf dem Brandopferaltar, der sonst im Vorhof der Stiftshütte stand, die zu jener Zeit aber offensichtlich nicht aufgebaut war. In 2Chr 1,3 lesen wir, dass die Stiftshütte zu Beginn der Herrschaft Salomos auf der „Höhe“ Gibeon stand, wo Salomo 1.000 Brandopfer opferte und Gott ihm in der darauf folgenden Nacht erschien und ihn segnete. Wir lesen nicht, dass Gott Samuel oder Salomo wegen ihrer Opfer rügte – im Gegenteil. Nachdem aber Salomo den Tempel gebaut und die Bundeslade ihren Platz gefunden hatte, verloren diese „Höhen“ ihre vorübergehende Berechtigung und für das Volk Israel gab es keinen Grund mehr, dort zu opfern. Gott hatte bereits sehr früh (2Mo 15,17) und auch kurz vor dem Einzug ins verheißene Land von einem „Ort“ gesprochen, den er erwählen würde, „um seinen Namen dahin zu setzen, dass er dort wohne, und dahin sollst du kommen. Und ihr sollt dahin eure Brandopfer … bringen.“ (5Mo 12, 5-7) Wenige Verse weiter lesen wir die ausdrückliche Warnung: „Hüte dich, dass du deine Brandopfer nicht an jedem Ort opferst, den du siehst!“ Der Gottesdienst der Israeliten sollte also nicht von äußeren Umständen, nicht von ihrer Phantasie und Kreativität, sondern von eindeutigen Vorschriften Gottes bestimmt sein, die sie nicht ohne Schaden missachten konnten. Leider war es ausgerechnet der König Salomo, der Erbauer des Tempels in Jerusalem, der wenige Jahrzehnte später „eine Höhe für Kamos, den Gräuel der Moabiter, auf dem Berg, der vor Jerusalem liegt“, baute (1Kö 11,7). Leider folgten viele der späteren Könige im Volk Israel seinem schlechten Beispiel. Allerdings finden wir in der Geschichte Judas auch die Situation, dass „das Volk noch auf den Höhen opferte, jedoch dem Herrn, ihrem Gott“ (2Chr 33,17) – obwohl der Gottesdienst im Tempel möglich war. Zusammenfassend kann man also feststellen:

• Vor dem Bau des Tempels in Jerusalem wurde auf den „Höhen“ offensichtlich auf dem Brandopferaltar geopfert – mit der Zustimmung Gottes.

• Am Ende der Regierung Salomos wurde sowohl im Tempel Gottesdienst abgehalten, als auch gleichzeitig auf den „Höhen“ Götzendienst praktiziert.

• Nach der Teilung Israels finden wir vor allem im Nordreich einen ausgedehnten Götzendienst auf den „Höhen“ „in allen ihren Städten, von den Türmen der Wächter bis zu den festen Städten … um den Herrn zu reizen; und sie dienten den Götzen …“ (vgl. 2Kö 17,7-18).

• Aber auch Ahas, der Vater Hiskias, schloss in Jerusalem „die Türen des Hauses des Herrn“ und errichtete in „jeder einzelnen Stadt von Juda Höhen, um anderen Göttern zu räuchern. Und er reizte den Herrn, den Gott seiner Väter.“ (2Chr 28,24-25)

• Ziemlich am Ende der Geschichte Judas lesen wir, dass das Volk Gottes sowohl im Tempel, als auch auf den „Höhen“ dem Gott Israels opferte.

Welche Lektionen können wir daraus für unsere Zeit lernen?

1. Auch heute finden wir innerhalb der Christenheit bei manchen ökumenischen oder auch bei „interreligiösen“ Veranstaltungen sogenannte „Gottesdienste“ statt, in denen alle möglichen heidnischen Gottheiten verehrt und angebetet werden. Jeder gottesfürchtige Christ, der die Bibel ernst nimmt, wird diesen heidnischen Götzendienst verabscheuen und ihn in keiner Weise unterstützen.

2. Aber auch viele gutgemeinte „Gottesdienste“ von uns Christen, die dem Herrn aufrichtig dienen möchten, gleichen denen der Israeliten, die auf den „Höhen“ ihrem Gott opferten, wenn wir die ausdrücklichen Anweisungen des Neuen Testamentes nicht beachten oder nach Gutdünken verändern. So wie es im AT schließlich nur noch einen Ort der Anbetung Gottes gab und nur einen Altar, auf dem die Opfer des Volkes dargebracht werden sollten, gibt es auch im NT nur das eine und verbindliche Muster der Gemeinde und des Gottesdienstes – „aufgebaut auf der Grundlage der Apostel und Propheten, indem Christus selbst Eckstein ist, in welchem der ganze Bau, wohl zusammengefügt, wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn“ (vgl. Eph 2,18-22). Besonders die Briefe des Paulus zeigen uns, wie Gott die Gemeinde sieht und wie ihr Gottesdienst und ihre sonstigen Aufgaben von der Autorität und Gegenwart Christi als Haupt der Gemeinde bestimmt werden sollen.

Die „Bildsäulen“

Bekanntlich wurde im „zweiten Gebot“ (2Mo 20,4-5) jede Verehrung „eines geschnitzten Bildes“ oder eines „Gleichnisses“ (oder „Abbildes“) entschieden verboten. Die „Bilder“ oder „Bildsäulen“, die später in Israel auf den „Höhen“ errichtet wurden, waren nicht unbedingt Bilder von Götzen, sondern wurden zunächst meist als Symbole eingesetzt, um eine Hilfe bei der Anbetung Gottes zu sein. Sie sollten – wie das „goldene Kalb“ – eindrückliche, sichtbare, die Sinne ansprechende Bilder sein, die möglicherweise eine Eigenschaft Gottes symbolisch darstellen und zur Anbetung Gottes anregen sollten. Als Hiskia diese Bildsäulen kompromisslos zerschlug, geschah das sicher zum Entsetzen vieler „Sponsoren“, Kunstliebhaber und Ästheten in Israel. Die Geschichte des Christentums zeigt eine ähnliche Entwicklung. In den ersten Jahrhunderten der Christenverfolgungen feierte man in schlichter Weise Gottesdienst, wobei man keine anderen Symbole als die im NT vorgeschriebenen kannte. Doch bereits im 4. Jahrhundert, als die Christen unter Konstantin nicht mehr verfolgt, sondern teilweise sogar begünstigt wurden, entstanden die ersten christlichen Gebäude oder Kathedralen, die man „Kirche“ oder „Gotteshaus“ nannte. Damit war eine folgenschwere Begriffsverwirrung geschaffen. Es dauerte nicht lange, da reichten eindrucksvolle „Gotteshäuser“ nicht mehr aus und so suchte man in der Folgezeit die feierliche Stimmung und Anziehungskraft dadurch zu verstärken, indem man Elemente oder Symbole aus dem Heidentum übernahm, ihnen eine christliche Bedeutung verlieh und damit die „Kirchen“ schmückte und füllte. Farbenprächtige Gewänder, Weihwasser, Weihrauch, Altäre, Gemälde und geschnitzte Bilder, Feiertage und viele andere – die Sinne beeindruckende Gegenstände und Riten – hielten Einzug und entarteten teilweise im Mittelalter zu einem abscheulichen Götzendienst. In der Reformationszeit erkannte und verurteilte man diese Entartung des Christentums. An manchen Orten führte das zu den „Bilderstürmen“ und man zerstörte oder profanisierte die „heiligen“ Gegenstände und Symbole. Auch wenn diese Aktionen oft in schlimme Zerstörungswut ausarteten, die man auf gar keinen Fall rechtfertigen kann, so war das Anliegen der Reformatoren absolut berechtigt. Sie wollten die Kirche von allem heidnischen Unrat befreien und reinigen. C.H. Spurgeon hat das ziemlich kernig und etwas drastisch so geschildert: „Im Grunde handelten unsere Reformatoren gut und nach biblischen Vorbild, wenn sie auf die Götzen Roms Verachtung ausschütteten … Es war eine tiefe Bedeutung in ihrem Zerbrechen der Kreuze und Verbrennen der Heiligenbilder. Das weiße Leinen der priesterlichen Kleider diente gut zu Unterkleidern für die Armen, und Altarsteine waren vortrefflich für die Wand hinter dem Ofen … Heilige Wasserbehälter wurden in jenen praktischen Zeiten oft den Landleuten gegeben, um in Schweinetröge verwandelt zu werden. Die kleinen Glöckchen, mit denen früher bei der Erhebung der Hostie geklingelt wurde, wurden um die Hälse der Pferde gehangen, und das Kästchen, das die verabscheuenswerte Nachäffung unseres menschgewordenen Gottes enthielt, welche die Papisten am meisten anbeten, wurde in Stücke zerbrochen …“

Leider kann man in unserer Zeit beobachten, dass selbst in evangelikalen Kreisen Bilder und Symbole, stimulierende Geräusche und Gerüche usw. wieder Einzug halten. In den Katalogen von manchen christlichen Verlagen werden immer mehr Gegenstände angeboten, die man eher auf einem mittelalterlichen Basar vermuten würde. Noch werden keine Reliquien gehandelt, aber wir sind anscheinend nicht mehr weit davon entfernt wenn man realisiert, dass der amerikanische „Prophet“ Chuck Pierce rechtzeitig zu Ostern sein Salböl „Freiheit“ mit dazugehöriger Kerze anbot. Der Preis: nur 20 US-Dollar! Es soll den Christen „… an Ostern erinnern. Wir nennen es ‚Öl der Freiheit‘. Salbe deine Türpfosten damit und proklamiere, dass jede Strategie des Feindes an dir vorübergeht und du für die Zukunft freigesetzt wirst. Benutze das Öl das ganze Jahr hindurch, bis du in dein neues Land eingetreten bist … Wenn wir dieses Öl verwenden, symbolisiert es unsere Bitte: ‚Herr, reinige mich und befreie mich von Sünde, so dass ich für die Freiheit einer neuen Ebene der Liebe und Leidenschaft für Dich erwache.‘“ Gott schenke uns wie damals dem Hiskia eine heilige Radikalität und Abscheu vor jeder Art von fromm getarntem Heidentum!

Aschera

Die Aschera („die Glückliche“ oder „Glücksbringerin“) war eine heidnische Fruchtbarkeitsgöttin, die durch geweihte Pfähle, Bäume und Bildnisse dargestellt wurde. Diese geweihten Gegenstände wurden oft neben einem Altar aufgestellt (vgl. Ri 6,25), wovor Gott in 5Mo 16,21-22 ausdrücklich gewarnt hatte: „Du sollst Dir keine Aschera pflanzen, irgendein Holz neben dem Altar des Herrn, deines Gottes, den du dir machen wirst. Und du sollst dir keine Bildsäule aufrichten, die der Herr dein Gott hasst.“ Bei der Aschera handelte es sich also nicht mehr nur um ein Bild oder Symbol, das möglicherweise an eine Eigenschaft Gottes erinnern sollte, sondern um eindeutig heidnische Götzenverehrung, die – wie manche annehmen – später in Verbindung mit der Tempel-Prostitution stand. Die Reihenfolge „Höhen“, „Bildsäulen“, „Aschera“ zeigten also eine bedenkliche Entwicklung von scheinbar gutgemeintem Gottesdienst bis hin zu direktem Götzendienst. Gott hatte ja das Volk Israel schon frühzeitig davor gewarnt, eine Aschera neben dem Altar aufzustellen und man fragt sich wie es möglich ist, dass genau so etwas in der Geschichte des Volkes Gottes praktiziert wurde: Ausgerechnet der Sohn Hiskias, Manasse, stellte „das geschnitzte Bild der Aschera“ in den Tempel Gottes (2Kö 21,7). Diese Entwicklung macht deutlich, wie wichtig es ist, den Anfängen zu wehren, die meist harmlos, pragmatisch und unschuldig zu sein scheinen. Die Geschichte des Christentums und auch ein Blick in unser eigenes Herz zeigen sehr deutlich, wie beides in unserem Leben und unseren Gemeinden nebeneinander stehen kann: der „Altar“ und ein Standbild der „Aschera“ – Gottesdienst und Götzendienst. Scheinbare Anbetung Gottes in Verbindung mit offensichtlich sexuellen Verirrungen. Das traurige Beispiel von Todd Bentley z.B. zeigt, wozu jeder von uns in der Lage ist, wenn der Herr Jesus nicht unser Herz erfüllt. Geistliche Kraft und Freude kann man nicht auf dem Weg unheiliger Kompromisse bekommen. Ein geteiltes Herz kann keinen vollen Segen empfangen! Hiskia stellte sich auf die Seite Gottes und lebte einen kompromisslosen Gehorsam. Folgen wir seinem Beispiel und lernen wir aus seiner Geschichte für unsere Gegenwart.

Nachtext

Wir bekehren Menschen zu einer kraftlosen Form des Christentums, die mit dem Neuen Testament wenig zu tun hat. Der durchschnittliche so genannte Bibelchrist ist nur eine traurige Parodie auf wahres Heiligsein! ... Wir müssen bei unseren Bekehrten auf neutestamentlicher Heiligung bestehen, auf nichts weniger; und wir müssen sie in einen Zustand der Herzensreinheit, feuriger Liebe, der Trennung von der Welt und völliger Hingabe an die Person Christi bringen. Nur auf diesem Wege kann der niedrige geistliche Zustand wieder bis auf das Niveau angehoben werden, das er im Licht der Schrift und der ewigen Werte erreichen sollte!

A.W. Tozer

Quellenangaben