Zeitschrift-Artikel: Hiskia

Zeitschrift: 133 (zur Zeitschrift)
Titel: Hiskia
Typ: Artikel
Autor: Wolfgang Bühne
Autor (Anmerkung):

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Titel

Hiskia

Vortext

Bibeltext: 2Chr 31,15-21

Text

Nachdem in Jerusalem das Passah und das Fest der ungesäuerten Brote mit großer Freude gefeiert und das Volk gesegnet worden war, wurden auch die letzten Überbleibsel von Götzendienst in Juda und Benjamin, wie auch in Ephraim und Manasse zerstört. Die vollzogene Heiligung und die erlebte Freude am Herrn hatte ihnen eine Qualität der Entschlossenheit und
Kraft für diese Arbeit gegeben, wie man es wenige Wochen zuvor nicht für möglich gehalten hätte.
Nachdem nun jeder wieder in „sein Besitztum“ (V. 1) zurückgekehrt war, sorgte Hiskia dafür, dass nun auch der Gottesdienst der Priester und Leviten im Tempel nach den Vorschriften Gottes ausgeübt wurde.
Hiskia selbst gab von seinem Besitz „das Teil des Königs“ (V. 3) für den
Gottesdienst und die jährlichen Feste, „wie es im Gesetz des Herrn vorgeschrieben“ war.


Über Geld spricht man nicht!?

Nun folgt ein hochinteressanter und aktueller Abschnitt, in dem es fast buchstäblich ans „Eingemachte“ geht: Hiskia gab deutliche Befehle an das Volk, nun auch die vorgeschriebenen
Abgaben für den Dienst im Tempel, wie auch für die Versorgung der Armen und Bedürftigen zu geben.
Er selbst war mit gutem Beispiel vorangegangen und hatte dadurch auch die moralische Autorität, seinen Untertanen eindeutige Anweisungen zu geben. Ein weiser Mensch kam zu der Überzeugung: „Es ist leichter, Fußspuren zu folgen als Befehlen!“(1)
In den folgenden Versen geht es um das „Hebopfer“, den „Zehnten“, um die „Erstlinge“ und um den „Zehnten von den geheiligten Dingen, die dem Herrn, ihrem Gott geheiligt waren“ (V. 5-6) und auch um „freiwillige Gaben“ (V. 14).

Wo bleibt der Protest?

Zunächst einmal fällt auf, dass dieser Befehl vom Volk weder mit Murren noch mit Weigerung quittiert wurde. Im Gegenteil: Man bekommt fast den Eindruck, dass die Leute darin wetteiferten, so viel wie eben möglich für den Herrn und sein Werk zu geben.
In den Versen 6-10 tauchen Worte wie „reichlich“ und „in Menge“ auf. Da wird berichtet, dass die Gaben „in Haufen aufgeschichtet“ wurden, so dass Hiskia den Hauptpriester Asarja erstaunt nach der Bestimmung dieser Fülle von aufgestapelten Naturalien fragte. Die bewegende Antwort Asarjas lautete:
„Seitdem man angefangen hat, das Hebopfer in das Haus des Herrn zu bringen, haben wir gegessen und sind satt geworden und haben übrig gelassen in Menge, denn der Herr hat sein
Volk gesegnet; und das Übriggebliebene ist diese große Menge“ (V. 10).
Schließlich mussten auf Hiskias Anweisung sogar Vorratskammern gebaut werden, um all den Segen lagern zu können (V. 11). Es wurde also viel mehr gespendet, als zum Unterhalt der Priester und Leviten nötig war.


Die Kennzeichen echter Erweckung

Die Befolgung der im 4. und 5. Buch Mose von Gott verordneten Abgaben war ein Indikator für den Herzenszustand des Volkes Gottes. Dadurch wurde deutlich, wie es um ihren Gehorsam, ihre Dankbarkeit und ihre Liebe in Bezug auf ihren Schöpfer, Erlöser und Gott bestellt war:
1. Der „Zehnte“ 1. von allem Vieh und von der „Frucht des Erdbodens“ sollte zum Tempel nach Jerusalem gebracht werden und den Israeliten bewusst machen, dass sie nur Verwalter und nicht Besitzer der materiellen Güter waren, die Gott ihnen anvertraut hatte.
Der „Zehnte“ diente außerdem dazu, den Lebensunterhalt der Leviten – die in der Stiftshütte bzw.
im Tempel dienten – zu sichern (vgl. 4Mo 18,21.24).
2. Die „Erstlinge“ von allem Vieh und der „Frucht des Erdbodens“ sollte der Israelit zum Tempel bringen, sie „vor Gott niederlegen“ und sich daran erinnern, aus welcher Knechtschaft das Volk Gottes befreit wurde und dass Gott sie in ein Land geführt hatte, „das von Milch und Honig fließt“.
Diese „Erstlinge“ sollten mit den Leviten und den Fremden geteilt und in der Gegenwart Gottes mit Dankbarkeit und Freude gegessen werden (vgl. 5Mo 26,1-11).
3. In jedem dritten Jahr sollte zusätzlich der „Zehnte“ von allem Ertrag „dem Leviten, dem Fremden, der Waise und der Witwe“ gegeben werden, die sich in der direkten Umgebung befanden.
Dieser Zehnte sollte also nicht zum Tempel gebracht werden, sondern diente zum Unterhalt der Leviten und der Bedürftigen in ihrer Umgebung (5Mo 14,28-29; 26,12).

Darüber hinaus konnte jeder Israelit aus Dankbarkeit und Freude „freiwillige Gaben“ in unbegrenzter Höhe leisten.
Gott hatte seinen besonderen Segen für das Befolgen dieser Abgabe-Gebote verheißen. Der treue und gehorsame Israelit würde durch diese Abgaben nicht ärmer werden – ganz im Gegenteil (vgl. 5Mo 14,29; 26,15).
Aus Mal 3,8-10 wird deutlich, dass die Vernachlässigung des Zehnten und des Hebopfers bedeutet „Gott zu berauben“!

„Gnade vor Gesetzlichkeit?“

Interessant ist, dass der Zehnte schon vor der Gesetzgebung bei gottesfürchtigen Männern üblich war. Abraham gab Melchisedek den Zehnten (1Mo 14,20) und Jakob versprach Gott:
„… von allem, was du mir geben wirst, werde ich dir gewiss den Zehnten geben“ (1Mo 28,22).
Der Zehnte als Zeichen dafür, dass wir nicht Besitzer, sondern nur Verwalter anvertrauter Güter sind, hat also nichts mit Gesetzlichkeit, sondern mit einer Herzenseinstellung zu tun.
Wer wirklich den Reichtum der Gnade Gottes erkannt und in seinem Leben erfahren hat und – wenn auch mit Abstand – den Fußspuren des Herrn folgen möchte, wird sich nicht knauserisch fragen: „Wie viel muss ich von meinem Einkommen geben?“ sondern dankbar überlegen: „Wie viel darf ich von meinem Einkommen für mich behalten, ohne das Geld des Herrn zu veruntreuen?“
Randy Alcorn schreibt dazu sehr treffend:
Der Trumpf ‚Gnade vor Gesetzlichkeit’ sticht nicht, wenn damit versucht wird, es für normal zu erklären, dass reiche Christen weniger geben als der ärmste Israelit. Sie geben sich einen hochtheologischen Anstrich, sagen aber effektiv, dass Gott seine Normen, was das Geben betrifft, gesenkt habe und die Macht der neutestamentlichen Gnade schwächer sei als die des Gesetzes. Eine solche Sichtweise ist eine Beleidigung für das rettende und befähigende Werk Christi. […]
Wir müssen unser Herz prüfen, um zu merken, ob wir, wenn wir sagen: ‚Der Zehnte gilt heute nicht mehr‘, nur die Gnade als Freibrief benutzen, um uns umso mehr an materiellen Reichtum zu klammern. Das Neue Testament zeigt deutlich, dass Christen dazu berufen sind, noch opferbereiter und großzügiger zu geben, und nicht das Gegenteil, davon.“(2)


Wirkungsvolle Ermutigung!

Hiskia begründet seine deutliche Aufforderung, den Priestern und Leviten die zum Lebensunterhalt nötigen Mittel zu geben, mit einem interessanten Argument: „… damit sie am Gesetz des Herrn festhalten möchten.“ (V.4)
Man sollte meinen, dass solche, die dem Herrn im Tempel dienen, geistlich genug sein müssten, diesen Dienst auch ohne ausreichende materielle Unterstützung zu praktizieren.
Aber Hiskia kannte offensichtlich die Tücken und Abgründe seines eigenen Herzens und damit auch die in den Herzen der Priester und Leviten.
Jeder Diener Gottes, der dem Herrn „vollzeitig“ dient – im Vertrauen darauf, dass Gott seine Versorgung garantiert hat – kennt die Anfechtung in Krisensituationen Kompromisse zu
machen. Oder aber geistliche Überzeugungen über Bord zu werfen, wenn scheinbar keine Mittel eintreffen, um notwendige und dringende Ausgaben bestreiten zu können.
Ich erinnere mich an den Besuch eines Evangelisten aus Sibirien – Vater von acht Kindern – der uns vor einigen Wochen besuchte. Ziemlich zerknirscht teilte er uns mit, dass wohl manche Gemeinden ihn mit Gaben für soziale Aufgaben im Rahmen seines Dienstes unterstützen, aber wohl kaum jemand daran denkt, dass er als Evangelist auch eine große Familie hat …
Abraham, der „Vater der Gläubigen“, zog während der Hungersnot in Kanaan allen Verheißungen Gottes zum Trotz nach Ägypten, wo er sowohl seine Frau als auch die Zusagen Gottes verleugnete (vgl. 1Mo 12,9-20).
In Nehemia 13 lesen wir, dass den Leviten nicht der Zehnte gegeben wurde. Die Folge: Sie flohen ein „jeder auf sein Feld“ (V. 10). Sie vernachlässigten ihre Aufgaben im Tempel, weil sie sich genötigt fühlten, selbst für ihren Lebensunterhalt zu sorgen.
Auch in unserer Zeit geschieht es nicht selten, dass von Gott begabte und beauftragte Brüder und Schwestern in Gefahr stehen, ihren praktischen Glauben im Lebensalltag zu verlieren, weil sie wenig oder keine materielle Unterstützung von ihren Mitchristen erfahren.
Hiskia war damals nüchtern genug, um dieser Gefahr vorzubeugen und wir tun gut daran, seinem Beispiel zu folgen.
Damals konnte jeder Israelit erfreut und dankbar feststellen: „… der Herr hat sein Volk gesegnet; und das Übriggebliebene ist diese große Menge.“
Die Freudigkeit zum Geben ist immer das Ergebnis einer persönlichen und gemeinschaftlichen Erweckung. Das beweist die Bibel im Alten und im Neuen Testament, wie auch die Kirchengeschichte in allen Jahrhunderten.


Treue ist gefragt …

In Verbindung mit der Verwaltung der reichlichen Gaben des Volkes ist in den Versen 11-20 dreimal von „Treue“ die Rede:
„… und sie brachten das Hebopfer und den Zehnten und die geheiligten Dinge getreu hinein…“ (V. 12)
„Und unter seiner Hand waren … Mamarja und Schekanjain in den Städten der Priester, mit Treue, um ihren Brüdern nach den Abteilungen zu geben, dem Größten wie dem Kleinsten …“ (V. 15)
„Denn in ihrer Treue heiligten sie sich, um heilig zu sein.“ (V. 18)
Es ist Treue nötig, um mit dem eigenen Einkommen als Verwalter geistlich umzugehen. Es ist ebenso Treue nötig, von Geschwistern anvertraute Gaben treuhänderisch zu verwalten.
Leider ist Veruntreuung von Geldern nicht nur in der Wirtschaft ein schockierendes, aktuelles Problem, sondern leider auch in christlichen Werken und Gemeinden.
Anvertrautes Geld ist „heiliges Geld“, das zu „treuen Händen“ übergeben wurde und mit Gottesfurcht und Treue verwaltet werden muss.
Auch hier gilt: „Im Übrigen sucht man hier an den Verwaltern, dass einer für treu befunden werde.“ (1Kor 4,2)
So schließt dieses wichtige und herausfordernde Kapitel aus dem Leben und Dienst Hiskias mit dem bewegenden Zeugnis Gottes:
„Und in allem Werk, das er anfing im Dienst des Hauses Gottes und im Gesetz und im Gebot, um seinen Gott zu suchen, handelte er mit ganzem Herzen; und es gelang ihm.“ (V.21)

Nachtext

Quellenangaben


(1) Randy Alcorn: „Geld, Besitz und Ewigkeit“, 3L, S. 411, siehe auch Buchbesprechung auf S. 22
(2) ebd., S. 253