Zeitschrift-Artikel: Erweckungsluft in Albanien

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Titel: Erweckungsluft in Albanien
Typ: Artikel
Autor: Walter Adank
Autor (Anmerkung):

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Titel

Erweckungsluft in Albanien

Vortext

Text

Völlig unerwartet wurde ich für eine Evangelisation nach Tirana, der Hauptstadt Albaniens, eingeladen. Mit Sack und Pack fuhr ich mit einigen Brüdern per Schiff von Bari nach Durazzo, wo wir nach Stunden turbulenter Überquerung des Adriatischen Meeres ankamen. Auf der ca. 30 km langen Straße von Durazzo nach Tirana sahen wir das sehr fruchtbare Ackerland brach und unbebaut vor uns, übersät mit betonierten Schießscharten, die wie unzählbare, riesige Maulwurfhaufen aussehen. Von der Sorte gibt es in diesem kleinen Land (Fläche = 28.748 km ) über 600.000 Stück!

45 Jahre Schreckensherrschaft!

Man kann sich kaum vorstellen, was es bedeutet, 45 Jahre von Furcht geplagt unter der Schreckensherrschaft eines irren Diktators leben zu müssen. Das soziale Elend ist unbeschreiblich. Albanien ist mit seinen 3,2 Mill. Einwohnern das ärmste Land Europas. Durch die massiven Hilfsaktionen der europäischen Staaten ist die Versorgung mit den wichtigsten Lebensmitteln für's erste gesichert. Doch Anarchie, Mord und Raub nehmen zu.
Auch im medizinischen Bereich ist die Not unbeschreiblich groß. Es sind fast keine Medikamente erhältlich. Ich besichtigte in Tirana die größte Frauenklinik Albaniens. Außer Betten, Sauerstoff-Flaschen und einer Isolette gibt es keine medizinischen Einrichtungen. Für die Albanerinnen steht im ganzen Land ein einziges Ultraschallgerät zur Verfügung. Monitore und andere wichtige Apparate gibt es nicht. Häufig fehlen im Krankenhaus Wasser und Elektrizität. Man wundert sich daher nicht, daß die Sterbeziffer der Frauen und Kinder die höchste Europas ist.

Die albanische Verfassung enthielt folgende Aussage: "Albanien ist der einzige atheistische Staat der Welt." Jede Form von Religiösität war untersagt. Ein öffentliches Bekenntnis zu Gott bedeutete Gefängnis. Die mehrheitlich aus Moslems bestehende Bevölkerung, sowie die orthodoxen und katholischen "Christen" wurden zu Atheisten umerzogen.
Aus diesem Grund sind die Albaner heute wie unbeschriebene, leere Blätter, auf die man Gottes Botschaft schreiben kann. Die Leute haben keinerlei Hoffnung, sind ohne Lebensfreude und wissen nicht, was sie denken sollen. Das alles bewirkt offene Herzen für das Evangelium, das nun in nie dagewesener Freiheit gepredigt werden kann.
Die Regierung fördert die Evangelisation, indem sie die Arbeit der Gläubigen sogar mit der juristischen Anerkennung besiegelt hat. Das staatliche Fernsehen hat über die Evangelisationeinen sehr guten Bericht in den Acht-Uhr-Abendnachrichten und am Ende der Vortragsreihe ein 15- minütiges Interview mit dem Redner gesendet.
Eine Gruppe Christen aus Süditalien arbeitet seit zwei Monaten in Tirana. Sie verteilen hauptsächlich Neue Testamente, die so begehrt sind, daß man einige davon auf dem Schwarzmarkt gehandelt hat. Ein in der Schweiz gedruckter Kurs über das Lukas-Evangelium wird eifrig gelesen. Weitere Literatur gibt es auf Albanisch kaum. Darum können die Geschwister dem unermeßlichen Hunger nach christlicher Literatur in keiner Weise gerecht werden.
Etwa zwanzig wiedergeborene, nach Gottes Wort hungernde junge Christen haben sich in die Nachfolge Jesu gestellt und es kommen täglich neue hinzu. Die meisten von ihnen sind eifrige, intelligente, fähige junge Männer. Jüngerschaft vorzuleben und zu vermitteln ist nun das wichtigste an der ganzen Arbeit.

Albanien - das Missionsland der Süditaliener

Vielleicht einmalig in der Geschichte der Mission ist die Tatsache, daß ein Volk die Sprache der Missionare gelernt hat und nicht umgekehrt die Missionare die Sprache des Volkes. Jahrelang war das italienische Fernsehen der einzige Bezugspunkt der Albaner zur Außenwelt und viele haben deswegen italienisch gelernt. Während des grausamen Regimes von Enver Hoxa mußte man mit einer Gefängnisstrafe rechnen, wenn man beim Italienisch-Lernen ertappt wurde. Heute kann man in Tirana auf italienisch predigen und 80% der Bevölkerung versteht die Botschaft. Aus diesem Grund ist Albanien das Missionsland der italienischen Geschwister. Um sie auf Albanien aufmerksam zu machen, ließ Gott im vorigen Jahr zwei große Flüchtlingswellen zu. Betet, daß der eingeschlafene Missionsgeist unter Gottes Volk in Süditalien wachgerüttelt wird.

Für das Evangelium sind alle Türen offen. Ein Bruder, der auf der Straße mit einem älteren Herrn über Gottes Wort redete, wurde aufgefordert, in der Universität den Studenten zu predigen. Es war ein Universitäts-Professor. Die Schwestern besuchen täglich Schulen und dürfen dort frei das Evangelium verkündigen. Schulleiter, Lehrer und Schüler hören ihnen dabei ernsthaft und mit großem Interesse zu.
Acht Vortäge über das Lukas-Evangelium fanden in einem öffentlichen Saal im Zentrum Tiranas statt. Jeden Tag waren zwischen 150 und 300 Personen anwesend. Nach den Vorträgen wurden Fragen beantwortet. Bereits am ersten Abend wurden 38 intelligente Fragen schriftlich formuliert und soweit wie möglich beantwortet. Einige der Zuhörer haben mit prekären Verkehrsmitteln 70 km Wegstrecke zurückgelegt, um Gottes Wort kennenzulernen. Viele von ihnen sind das erste Mal mit Gottes Botschaft konfrontiert worden.

Nach einer 53-stündigen Odyssee sind wir schließlich über Triest wieder zu Hause angekommen.

Nachtext

Betet für Weisheit in der Arbeit. In Tirana weht "Erweckungsluft".
Die leitenden Brüder, Salvatore Corcelli und andere, brauchen unsere Fürbitte besonders! Betet für die Missions-Ehepaare. Betet für uns.

Quellenangaben