Zeitschrift-Artikel: Ledigsein - aus der Sicht eines Mannes

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Titel: Ledigsein - aus der Sicht eines Mannes
Typ: Artikel
Autor: William MacDonald
Autor (Anmerkung):

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Titel

Ledigsein - aus der Sicht eines Mannes

Vortext

Vor einiger Zeit bat mich eine Leserin aus der Schweiz, einen Artikel über das Leben als Lediger aus der Sicht eines Mannes zu schreiben. Sie sagte, daß es schon eine ganze Menge Material gäbe, das von Frauen geschrieben wurde, aber sehr wenig aus der Feder von Männern. Deshalb ist das folgende nun aus der Sicht eines Mannes geschrieben.
Man hätte über die Hingabe und die Aufopferung von ledigen Frauen viele Bände schreiben können. Ihre Heldentaten für den Herrn Jesus sind gewaltig. Diese Ausführungen sollten daher keinesfalls so verstanden werden, als ob wir das schmälern oder unbeachtet lassen wollten. Das wäre unvorstellbar.
Viel von dem dargelegten Stoff trifft sowohl auf Frauen als auch auf Männer zu. Ändern Sie einfach das Personalpronomen, fügen Sie ein paar Superlative hinzu, und schon haben Sie die zutreffenden Aussagen über Frauen.

Text

Das Leben der Ledigen aus der Sicht eines Mannes

Wenn jemand ledig ist, so wird das oft als unnormaloder bemitleidenswert angesehen, oder man macht sich sogar darüber lustig. Aber lehrt das die Bibel? Genau das Gegenteil ist der Fall. Ledigsein wird dort weit mehr befürwortet, als es den meisten Christen lieb ist, oder als sie zugeben würden.
Es ist wirklich keine Übertreibung, wenn man sagt, daß die Heilige Schrift es als ideal, erstrebenswert und weitaus besser darstellt. Obwohl die Bibel anerkennt, daß die Ehe gut ist, betont sie doch auch, daß Ledigbleiben besser ist.

Was unser Herr über Ledigsein gesagt hat

Der Herr Jesus, der selbst ein lediger Mann war, lehrte, daß es eine heilige und hohe Berufung ist, wenn ein Gläubiger sich dazu entschließt, ledig zu bleiben, um Ihm und Seiner Gemeinde aus ganzer Kraft dienen zu können.
Er sprach von denen, die sich um des Königreiches der Himmel willen selbst verschnitten haben (Mt 19,12). Das bedeutet einfach, daß sie sich dazu entschließen, auf die Gemeinschaft und die Freuden der Ehe zu verzichten, damit sie die Interessen des Herrn besser vertreten können, ohne durch eine Vielzahl von familiären Pflichten behindert zu sein.

Diese Pflichten sind zwar durchaus berechtigt und legitim, aber sie erfordern Zeit, Anstrengung und finanzielle Mittel. Das könnte von einer höheren Verpflichtung ablenken.
Unser Retter fügte noch hinzu: "Wer es fassen kann, der fasse es." Das bedeutet, daß es eine erstrebenswerte Berufung ist, um des Königreiches der Himmel willen ein Verschnittener zu sein, und daß man dieses Ziel anstreben sollte. Seine Worte hier sind mehr als nur ein Vorschlag oder eine Empfehlung.

Der zentrale Abschnitt

Der Apostel Paulus gibt die ausführlichste Belehrung über das Leben als Lediger in 1. Korinther 7. Manchmal hört es sich fast so an, als ob er gegen das Heiraten wäre. Er wurde deshalb als "Chauvinist" und "Frauenhasser" bezeichnet. Solche Aussagen verraten ein totales Unverständnis von dem, was er dort sagt. In allen seinen Schriften hält er die Ehe in höchster Ehre. Und seine tiefe Achtung vor christlichen Frauen wird aus Römer 16 deutlich. Aber er kommt zu dem Schluß, daß Ehe zwar gut, Ledigbleiben aber besser ist. Laßt uns ge meinsam das Kapitel durchgehen und die Verse herausgreifen, die im besonderen vom Leben als Lediger handeln.
Wenn Paulus in Vers 1 sagt, "so ist es gut für einen Menschen, keine Frau zu berühren", spricht er nicht von einer liebkosenden Zärtlichkeit, sondern vom ehelichen Akt selbst. Er drückt damit aus, daß es trotz des Segens, der mit der Ehe kommt, bestimmte Vorteile hat, wenn man ledig bleibt. Das sollten besonders die nicht vergessen, die von gutmeinenden aber unklugen Verwandten oder Freunden zum Heiraten gedrängt werden.
Einige Ledige halten es einfach für unmöglich, mit dem sexuellen Trieb zurechtzukommen. In einem solchen Fall sagt der Apostel: "Aber um der Unzucht willen habe ein jeder seine eigene Frau und jede habe ihren eigenen Mann" (V2) . Wenn man das herausgreift, scheint es kein sehr hohes Bild von der ehelichen Beziehung zu entwerfen. Sie scheint zu einem Sicherheitsventil heruntergespielt zu werden. Aber man darf es eben nicht herausgreifen. Es geht hier nicht um den Hauptzweck der Ehe, und Paulus gibt hier keinen Befehl , sondern ein Zugeständnis . Er sagt, daß für den Mann, der Reinheit und Ledigsein unmöglich kombinieren kann, die Ehe die beste Alternative ist.
Der Apostel wünscht sich, daß alle Männer ledig seien wie er selbst (V7) . Falls Paulus einmal verheiratet war, wie manche vermuten, so war er jedenfalls nicht verheiratet, als er das schrieb. Seine Vorliebe für das Leben als Lediger wird im ganzen Kapitel deutlich, obwohl ihm auch bewußt war, daß Ledigbleiben eine Gabe Gottes ist (V7), und nicht etwas, das durch Gesetz befohlen oder erzwungen werden kann.
Für Unverheiratete und Witwer ist es gut, in diesem Stand zu bleiben, wenn sie enthaltsam sein können. Wenn nicht, so sollten sie heiraten, denn heiraten ist besser, als vor Verlangen zu brennen (V8.9).
Wenn Paulus sagt, daß es besser ist "zu heiraten, als vor Verlangen zu brennen", will er doch auch hier nicht andeuten, daß der Hauptzweck der Ehe die sexuelle Befriedigung ist. Das wäre eine sehr niedrige Einschätzung einer heiligen Einrichtung.
Die Ehe soll eine lebenslange Liebesverbindung zwischen zwei Personen sein. Sie wurde als eine Beziehung entworfen, in der beide Partner die gegenseitige Hilfe und die Gemeinschaft des Zusammenlebens erfahren. Sie ist notwendig, damit die Menschheit sich fortpflanzen kann. Sie gibt auch wirklich Raum für Erfüllung in der männlichen und weiblichen Sexualität. Jemand hat sie als "eine wunderschöne Einrichtung für das Leben auf der Erde, eine wunderbare Idee Gottes" beschrieben.
In Vers 17 betont Paulus, daß es von der Berufung des Herrn abhängt, ob jemand heiraten oder ledig bleiben soll. Zu jener Zeit meinten einige Gläubige, daß durch die neue Geburt jetzt auch eine vollkommene Umkehrung ihres vorherigen Standes notwendig ist. Aber die Bekehrung zum Christentum verlangt keine Abwendung von irgendeinem ehrbaren Beruf oder von irgendeiner berechtigten Verbindung.

Die gegenwärtige Not

Paulus erwähnt die gegenwärtige Not (V26), die Trübsal im Fleisch (V28) und die begrenzte Zeit (V29) als weitere Gründe, warum Ledige ledig bleiben sollten.
Was meint der Apostel mit "der gegenwärtigen Not"? Er meint die Schwierigkeiten des Lebens allgemein, nicht nur die Verfolgungen der ersten Christen. Drangsal ist ein andauerndes Kennzeichen dieses Zeitalters bis der Herr kommt.
Obwohl es für einen Menschen, der noch unberührt ist, keine Sünde ist, wenn er heiratet, möchte Paulus ihm doch die daraus folgende Trübsal im Fleisch ersparen (V25-28). Er erklärt nicht, was er mit dieser Trübsal meint. Aber sicher gehören die Schwierigkeiten dazu, sich an die Eigenheiten einer anderen Person zu gewöhnen, das Lernen, um des Friedens willen Kompromisse zu machen, die höhere finanzielle Verantwortung, das Trauma der Kindererziehung, mögliche Probleme mit den Schwiegereltern und der Verlust von Flexibilität und Beweglichkeit.
Paulus nennt auch die begrenzte Zeit als Grund für das Ledigbleiben. Um das zu erklären sagt er, "daß künftig die, die Frauen haben, seien, als hätten sie keine, und die Weinenden als weinten sie nicht, und die sich Freuenden, als freuten sie sich nicht, und die Kaufenden als behielten sie es nicht, und die die Welt Nutzenden als benutzten sie sie nicht; denn die Gestalt dieser Welt vergeht" (V29-31) .
Jedoch schlägt Paulus mit keinem Wörtchen vor, daß ein Ehemann seine Ehe vernachlässigen, oder es unterlassen sollte, seinen Verpflichtungen seiner Frau gegenüber nachzukommen! Er sagt vielmehr, daß wegen der Kürze der Zeit die angeführten Aktivitäten alle der großen Aufgabe, den Missionsauftrag zu erfüllen, untergeordnet sein sollten. Die Aufgabe ist immer noch nicht erledigt und die verbleibende Zeit ist kurz. So wie John Mott es einmal ausdrückte: "Die Arbeit hätte in Jahrhunderten getan werden können, doch jetzt bleiben uns nur noch die Stunden der Abenddämmerung übrig."
Unsere erste Priorität muß es sein, zuerst nach dem Reich Gottes und Seiner Gerechtigkeit zu trachten.
W.E. Vine schrieb:
"Ein Gläubiger muß es vermeiden, der Sklave von äußeren Umständen und sogar von Beziehungen zu werden. Der Ehestand ist schließlich doch auch nur vorübergehend, seine Umstände müssen im Licht des ewig Bleibenden gesehen werden ... Das bedeutet natürlich nicht, daß ein verheirateter Mann sich nicht so benehmen sollte, wie es sich für einen Ehemann gehört, sondern daß diese Beziehung seiner Beziehung zum Herrn, die wichtiger ist, völlig untergeordnet sein sollte. Der Herr muß den ersten Platz im Herzen haben. Der Ehemann darf es nicht zulassen, daß eine natürliche Beziehung seinen Gehorsam zum Herrn einschränkt oder behindert." (1)

C.H. Spurgeon und seine Verlobte

Vielleicht hilft uns hier eine Illustration weiter. Eines Abends fuhr der bekannte englische Prediger C.H.Spurgeon mit seiner Verlobten zu dem Saal, wo er sprechen sollte. Als sie ankamen, war er gedanklich so mit dem Gottesdienst beschäftigt, daß er sich durch die wartende Menge drängte, hineineilte und sie dabei ganz vergaß. Als er predigte, bemerkte er, daß sie nicht unter den Zuhörern war. Entrüstet war sie heimgefahren.
Nach der Veranstaltung fuhr Spurgeon zu dem Haus, in dem sie wohnte und bat darum, sie zu sehen. Sie war oben, schmollte und weigerte sich zuerst, herunterzukommen. Als sie schließlich auftauchte, sagte Charles zu ihr: "Es tut mir wirklich leid. Aber wir müssen jetzt eines klarstellen: zuerst gehöre ich meinem Herrn. Er muß immer an erster Stelle sein, und meine Verpflichtung Ihm gegenüber muß die wichtigste bleiben. Ich denke, daß wir miteinander sehr glücklich sein werden, wenn Du dazu bereit bist, den zweiten Platz einzunehmen. Aber es muß immer der zweite Platz sein - nach Ihm. Meine Verpflichtung Ihm gegenüber muß zuerst kommen."
In den folgenden Jahren berichtete Frau Spurgeon, daß sie in dieser Nacht eine Lektion gelernt hat, die sie niemals mehr vergaß. Sie hat gelernt, daß es jemand gibt, der im Leben ihres Mannes den ersten Platz einnimmt. Sie hatte nur den zweiten. In diesem Sinne sollten die, die Frauen haben, so sein, als hätten sie keine!
Im ganzen Abschnitt sagt der Apostel nicht nur, daß das Ledigsein eine akzeptable Lebensart ist, oder daß Ledige sich nicht selbst bedauern sollten, oder daß sie damit rechnen müssen, daß andere sie ihres Standes wegen bemitleiden. Sondern er sagt vielmehr, daß diejenigen, die sich dazu entschließen, sehr weise handeln und uns damit sehr deutlich demonstrieren, was der bessere Weg sein könnte.
Ein Lediger ist in einer besseren Situation, weil er dem Herrn ohne Ablenkung dienen kann. Der Verheiratete hat Sorgen und Pflichten in bezug auf seine Frau, die Kinder, das Haus oder die Wohnung und vieles anderes (V32-35).
Die Verse 36-38 erfordern ein klärendes Wort, weil es recht verschiedene Ansichten über ihre Bedeutung gibt. Einige meinen, daß es hier um die Strategie eines Mannes mit seiner jungfräulichen Tochter geht. Andere verstehen es als Anweisung, wie ein Mann mit seiner Verlobten umgehen soll, die eine Jungfrau ist.
Eine nicht so weit verbreitete Auslegung ist, daß es hier um die eigene "Jungfräulichkeit" des Mannes geht, also sein Ledigbleiben. Ich ziehe diese Erklärung vor, weil sie am besten in den Zusammenhang zu passen scheint. Der Gedanke ist, daß ein Mann, wenn er die sexuelle Reife erreicht hat und denkt, daß er mit seiner eigenen "Jungfräulichkeit" nicht richtig umgeht, nicht sündigt, wenn er heiratet. Aber wenn er in der Lage ist, Selbstkontrolle auszuüben und sich dazu entschlossen hat, ledig zu bleiben, so sollte er das auch tun. Der erstere tut etwas Gutes, der letztere tut das Bessere (V36-38).

William Kelly übersetzt diese Verse so:

"Wenn aber irgend jemand denkt, daß er mit seiner eigenen Jungfräulichkeit verkehrt umgeht, wenn er das beste Mannesalter verstreichen läßt, und es so sein soll, so tue er, was er will; er sündigt nicht, laßt sie heiraten. Wer aber in seinem Herzen fest steht und keine Not hat und auch seinen Willen beherrschen kann, und in seinem eigenen Herzen beschlossen hat, seine eigene Jungfrauschaft zu bewahren, soll das Bessere tun. So tut also der, der heiratet ... etwas Gutes, und der, der nicht heiratet, tut etwas Besseres."
Die Living Bible umschreibt den Abschnitt so:
"Aber wenn jemand den Eindruck hat, daß er heiraten soll, weil es ihm schwer fällt, seine eigenen Gefühle zu kontrollieren, so ist es in Ordnung, es ist keine Sünde; laßt ihn heiraten. Aber wenn jemand die Willenskraft hat, nicht zu heiraten und das nicht will, so hat er einen weisen Entschluß getroffen. Wer also heiratet, handelt richtig. Besser ist es allerdings, nicht zu heiraten."

Zusammenfassung

Jetzt wollen wir versuchen, das bisher behandelte Material zusammenzufassen und die Ausgewogenheit von Gottes Wort über dieses Thema zu finden.
Es gibt bestimmte Vorteile für Ledige. Wenn jemand sich ohne Ablenkung dem Dienst für den Herrn widmen will, so ist das Ledigsein sicher vorzuziehen.
Obwohl der Apostel sich so für den ledigen Stand ausspricht, deutet er niemals an, daß Ehe nicht heilig oder nicht erwünscht ist. Kein Apostel Jesu Christi würde es wagen, der Schrift durch so eine Lehre zu widersprechen. Jeder, der verbietet zu heiraten, ist ein falscher Lehrer (lTim 4,3). Christen sind nicht dazu berufen, als Asketen oder als Mönche zu leben. Ein Verheirateter ist genauso heilig wie ein Lediger.
Die Fähigkeit, als Lediger zu leben, ist eine besondere Gabe Gottes : "doch jeder hat seine eigene Gnadengabe von Gott, der eine so, der andere so" (V7b). Die Entscheidung des Betreffenden spielt ebenfalls eine Rolle: "... und dies in seinem Herzen beschlossen hat" (V37) . Es gibt hier keinen Widerspruch zwischen der Gabe und der Gnade. Ein Mann mag die Gabe des Ledigbleibens haben, und sich doch entscheiden zu heiraten. Auf der anderen Seite mag jemand diese Gabe nicht haben, doch aus Hingabe an den Herrn könnte er sich dazu entschließen, ledig zu bleiben.
(Fortsetzung in der nächsten Ausgabe)

Nachtext

Quellenangaben