Zeitschrift-Artikel: Sichtbarer Erfolg

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Titel: Sichtbarer Erfolg
Typ: Artikel
Autor: Johannes Pflaum
Autor (Anmerkung):

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Titel

Sichtbarer Erfolg

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Wenn es um Erfolg im geistlichen Bereich geht, möchten wir gerne etwas vorweisen können. „Viele Menschen fanden zum Glauben an Christus!“, sagen wir in diesem Zusammenhang und sprechen von einer „gesegneten Evangelisation“, wenn wir entsprechende Zahlen vorweisen können. Das Wachstum einer Missions- oder Gemeindearbeit wird ebenfalls häufig als ein geistlicher Erfolgs- und Gradmesser angesehen.

Wenn unser Herr Jesus echte Bekehrungen schenkt, wollen wir uns darüber freuen und ihm von Herzen dankbar dafür sein. Bei vielen ist jedoch mit dem Segen Gottes in diesem Sinn auch ein frommes Erfolgsdenken verbunden. „Segen“ und der damit verbundene „fromme Erfolg“ (z.B. Bekehrungen, Gemeindewachstum etc.) werden dabei als ein Prinzip von Ursache und Wirkung gesehen und gelten dann als Ergebnis von Gehorsam, Hingabe und Gebet.

Umgekehrt wird häufig als Ursache von ausbleibendem „frommem Erfolg“ auf einen Mangel an Gehorsam, Hingabe, Gebet oder auf das Fehlen anderer geistlicher Faktoren geschlossen. Sichtbarer „frommer Erfolg“ oder „Segen“ ist damit indirekt zum „christlichen Gütesiegel“ für Methoden, Bewegungen und Personen geworden. Wenn Gott sichtbar segnet, scheint eine Sache über jede Kritik erhaben zu sein. Wer es dennoch wagt, kritisch nachzufragen, bekommt schnell den Stempel eines „entmutigenden Miesmachers“ oder eines „lieblosen Kritikers“. Fehlt der „fromme Erfolg“ hingegen, werden Gemeinden, Personen usw. von vornherein kritischer betrachtet. Es muss doch irgendeine geistliche Ursache für diesen Mangel geben – (z.B. fehlendes Gebet, Retterliebe etc.), wenn Gott eine Arbeit nicht durch Bekehrungen oder Wachstum zu segnen und zu bestätigen scheint.

Nun klingt ein derartiges Denken sehr fromm, plausibel und einleuchtend. Aber trotzdem stellt sich die Frage, ob solche frommen Denkmuster auch wirklich den Lehren der Heiligen Schrift und dem Handeln Gottes entspringen oder eben nicht.

Gehorsam und Misserfolg in der Bibel

Wenn wir unter diesem Blickwinkel in die Bibel schauen werden wir feststellen, dass es einige Glaubens-Vorbilder gab, die in großer Hingabe und in treuem Gehorsam ihrem Herrn dienten, aber keinerlei „frommen Erfolg“ vorzuweisen hatten.

Noah, der Prediger der Gerechtigkeit (2Petr 2,5), war für das vorsintflutliche Geschlecht 120 Jahre ein glaubwürdiges Zeugnis. Trotz seines vorbildlichen Glaubenslebens und Zeugnisses konnte er keinen einzigen Menschen außer seiner Familie mit in die Arche nehmen. Der Prophet Jeremia wirkte in Juda unter schwierigsten Umständen und persönlichen Anfeindungen. Durch alles hindurch tat er seinen schweren Dienst in großer Treue und predigte immer wieder neu das ihm aufgetragene Wort Gottes. Jedoch blieb seinem Leben und Dienst ein „Segen“ in Form eines geistlichen Aufbruchs oder vieler Bekehrungen völlig versagt. In dem Apostel Paulus haben wir den großen Missionar der Heiden. Durch seinen Dienst und seinen brennenden Missionseifer rettete der Herr Jesus viele Menschen und es entstanden verschiedene Gemeinden. Aber auch er kannte trotz seiner Hingabe erfolglose Evangelisationen, wie z.B. in Lystra (Apg 14) und auf dem Areopag in Athen (Apg 17).

Wir können daher zusammenfassend sagen, dass es in der Bibel keinen automatischen Zusammenhang zwischen Glaubensgehorsam und äußerem Erfolg gibt. Wir finden etliche Menschen, die voller Hingabe und Liebe ihrem Herrn dienten und ihn bezeugten, aber keinen sichtbaren „frommen Erfolg“ und in diesem Sinn kein „segensreiches Wirken“ vorzuweisen hatten.

Ungehorsam und Erfolg in der Bibel

Erstaunlicherweise finden wir in der Bibel „fromme Erfolge“, die Gott schenkte, obwohl die betreffenden Personen in offensichtlichem Ungehorsam gegenüber dem HERRN standen.

So segnete Gott das Volk Israel in Meriba- Kadesch mit viel Wasser aus dem Felsen, obwohl Mose und Aaron im Widerspruch zu Gottes Befehl gehandelt hatten (4Mo 20). Durch den Verführer Bileam (2Petr 2,15; Off 2,14) offenbarte der HERR im Alten Testament eine der gewaltigsten Verheißungen auf den kom- menden Messias (4Mo 24,17). Der gottloseste König im Nordreich Israels, Ahab, bekam von Gott zweimal Sieg über Aram geschenkt (1Kö 20). Jona können wir aufgrund seines Verhaltens als einen widerspenstigen Propheten bezeichnen. Obwohl er dem Auftrag Gottes zunächst ungehorsam war, kam dadurch eine Schiffsmannschaft zum Glauben (Jona 1,16). Auch wenn er später keine Liebe zu den verlorenen Menschen Ninives hatte, wurde ihm mit seiner Verkündigung der wahrscheinlich größte Erfolg unter allen Propheten geschenkt. Eine Stadt mit über 120.000 Menschen tat geschlossen Buße (Jona 4,11).

Damit zeigt uns die Bibel, dass Gott sehr wohl ein ”segensreiches Wirken” und ”wachstümlichen Erfolg” sowie ”Bekehrungszahlen” schenken kann, obwohl die entsprechenden Werkzeuge im Ungehorsam gegenüber seinem Auftrag und Wort handeln.

Gott ist und bleibt souverän!

Alle die selbstgemachten frommen „Erfolgs- Rezepte“ und Erklärungs-Versuche, die einen direkten Zusammenhang zwischen Segen, Erfolg, Zahlenwachstum und Gehorsam bzw. Ungehorsam sehen, haben eine biblisch-göttliche Grundwahrheit außer Acht gelassen: Gottes absolute Souveränität! Er kann äußeres Wachstum und entsprechenden Segen auch dann schenken, wenn die entsprechenden ”Werkzeuge“ im Ungehorsam und Widerspruch zu seinem Wort handeln. Auf der anderen Seite kann Erfolg und zahlenmäßiges Wachstum ausbleiben, obwohl Menschen im Gehorsam Gott gegenüber leben und in großer Treue und Liebe sein Wort weitergeben. Die Souveränität Gottes finden wir auch bei dem starken Wachstum der ersten Gemeinde in der Apostelgeschichte bestätigt. Als das starke Wachstum nach Pfingsten einsetzte, wurde dies als ein souveränes Handeln Gottes bezeugt: „ ... und es wurden an jenem Tag etwa 3.000 Seelen hinzugetan.“ (Apg 2,41) „Der Herr aber tat täglich hinzu, die gerettet werden sollten.“ (Apg 2,47) Im Weiteren wird das richtende Eingreifen Gottes im Zusammenhang mit der Sünde von Hananias und Saphira geschildert. Niemand wagte sich daraufhin der Gemeinde anzuschließen. Im nächsten Vers lesen wir dann, dass „ ... viele hinzugetan wurden, die an den Herrn glaubten.“ (Apg 5,13-14) Damit haben wir einen eindeutigen Hinweis auf das souveräne Handeln Gottes. Auch im Zusammenhang mit dem segensreichen Wirken des Apostels Paulus können wir die freie Gnadenwahl und Souveränität Gottes erkennen. In Apg 13,48 steht diesbezüglich: „ ... und es glaubten, so viele zum ewigen Leben verordnet waren.“

Biblische Unterscheidung ist notwendig!

Eine biblische Unterscheidung und Differenzierung zwischen dem souveränen Handeln Gottes einerseits und unserem Glauben und Gehorsam gegenüber Gottes Wort andererseits ist dringend notwendig. Wo diese Unterscheidung fehlt, wird Gottes freie Souveränität und Gnade mit dem Werk von selbst gemachter menschlicher Frömmigkeit vertauscht. Außerdem besteht dadurch für die Gemeinde Jesu die Gefahr, trotz aller gut gemeinten Anliegen die Türen für verhängnisvolle und bibelfremde Einflüsse zu öffnen. In diesem Zusammenhang ist es sehr besorgniserregend, wie auch im deutschsprachigen Raum dieses unbiblische ”Erfolgs-” und ”Segensdenken” immer weiter um sich greift.

Durch die geistliche Stagnation und den allgemeinen Niedergang der letzten Jahre ist es vielerorts zu einen Wunsch nach geistlicher Neubelebung und zahlenmäßigem Wachstum gekommen.

Befreiung vom Erfolgsdenken!

So ist die Gefahr groß, nach Personen, Programmen und Methoden Ausschau zu halten, die rasche Wachstums- und Bekehrungszahlen versprechen. Aber anstatt die betreffenden Lehren oder Methoden gründlich anhand der Heiligen Schrift zu prüfen, werden Wirksamkeit oder auch beeindruckende Bekehrungszahlen oft als Beweis für geistlich- biblische Berechtigung der betreffenden Sache angesehen. Diese bedenkliche Tendenz erhält durch ein stark erfahrungs- und erfolgsorientiertes Christsein weiter Auftrieb. Damit wird einem nüchternen und schriftgebundenen Denken mehr und mehr der Boden entzogen. Eine gesunde geistliche Entwicklung kann es aber in Zukunft nur geben, wenn wir bereit sind, uns von allem menschlich-frommem aber unbiblischem Erfolgsdenken zu trennen.

Ein geistliches Spannungsfeld

Nach der Heiligen Schrift hat Segen und erweckliches Leben seinen Ursprung immer allein in Gottes Handeln und seiner freien Gnadenwahl (Esr 1,1+5; Joh 3,8). Wir können Gottes Wirken nicht einfordern. Aber die Bibel lehrt uns auch, dass wir es durch unseren Ungehorsam hindern können. In Eph 4,30 ermahnt Paulus deshalb die Gläubigen, den Heiligen Geist nicht zu betrüben. Die sieben Sendschreiben (Off 2+3) halten einen deutlichen Spiegel vor, in welchem die verschiedenen Gemeinden erkennen konnten, wo sie von ihrem erhöhten HERRN zur Buße gerufen werden mussten, damit sie ihr geistliches Leben und die Leuchtkraft für Christus nicht verlören! Damit befinden wir uns in einem geistlichen Spannungsfeld – denn göttliche Wahrheiten übersteigen oftmals unser menschlich- logisches Denken (Jes 55,8). Die Bibel zeigt, dass wir durch Ungehorsam gegenüber Gott und seinem Wort geistliches Leben verhindern können. Aber wenn geistlich-erweckliches Leben entsteht, ist dies niemals unser Verdienst, sondern allein Gottes souveränes Handeln und seine freie Gnadenwahl. Um es in einem Bild auszudrücken: Wir haben in einem Segelboot keinerlei Einfluss darauf, ob der Wind weht oder Windstille herrscht. Aber wir können die Segel setzen oder sie eingeholt lassen. Nur bei gesetzten Segeln wird ein Wind dann auch das Boot erfassen können. Wir brauchen eine Umkehr von unserem falschen ”frommen Erfolgsdenken” und unseren unbiblischen ”Erfolgs-Rezepten”. Wir brauchen eine Rückbesinnung auf die Anweisungen der Heiligen Schrift und einen neuen Blick für die uneingeschränkte Macht und absolute Souveränität Gottes. Lasst uns danach streben, ihm bedingungslos zu gehorchen, allein seine Ehre zu suchen und ihn zu verherrlichen. Lasst uns beten, dass unser Herr Jesus, wenn es ihm gefällt, doch noch einmal in unserer Zeit eine Neubelebung schenkt. Nicht um unserer Frömmigkeit und unserer Erkenntnisse willen – sondern allein, damit ihm und seinem Namen alle Ehre zuteil wird.

Nachtext

Quellenangaben