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Viele "FuT"-Leser, besonders solche aus Süddeutschland und der Schweiz, haben Paul Kiene persönlich gekannt und erinnern sich dankbar an ihn.
Andere sind durch seine Schriften, vor allem durch den Bildband "Das Heiligtum Gottes in der Wüste" gesegnet worden und werden sicher daran interessiert sein, etwas aus seinem Leben zu erfahren. Schließlich mahnt uns auch die Schrift, der Führer zu gedenken, ". . . die euch das Wort Gottes verkündigt haben, und, den Ausgang ihres Wandels anschauend, ahmet ihren Glauben nach" (Hebr. 13,7). Mit den folgenden Erinnerungen möchte ich daher nicht einen Menschen verherrlichen, sondern daran erinnern, wie der Herr an diesem Bruder und durch ihn wirken konnte. Zunächst ein kurzer Lebensabriß: Der junge Paul wurde mit 19 Jahren durch eine radikale Bekehrung aus einem Leben der Sünde gerissen. Sein Vater, der wenige Jahre vorher nach verirrten Lebenswegen dem Herrn sein Leben übergeben hatte, war ihm dabei eine große Hilfe. Als der Vater 1929 starb, mußte Paul seinen Beruf als Landwirt auf einem Gutsbetrieb aufgeben, um zu seinen Angehörigen zu ziehen und als Fabrikarbeiter mitzuhelfen, sie zu ernähren. 1931 heiratete er und ab etwa 1937 stellte er seinen Urlaub zur Verfügung, um dann 30 Jahre lang in Freizeitlagern junge Menschen zum Herrn zu führen und sie in Gottes Wort zu unterweisen. 1954 trat er nach seinem 25jährigen Dienstjubiläum aus der Firma aus, um von nun an, im Vertrauen auf den Herrn, ganzzeitig für, das Werk des Herrn zur Verfügung zu stehen. Drei Jahre später begann er die Bibelwochen für Erwachsene in dem Ferienheim "Heimetli", die er bis 1982, also 25 Jahre, durchführen durfte. Von 1959 - 1964 war Onkel Paul vor allem damit beschäftigt, ein Modell der Stiftshütte zu bauen, welches in seiner Kunstfertigkeit und Exaktheit, was Maße und Material betrifft, wohl einzigartig ist. Dieses Modell verwandelte nach der Fertigstellung sein Studierzimmer in einen Unterrichtsraum, in dem viele Besucher (Bibelschüler, Jugendgruppen usw.) unvergeßliche Eindrücke von der Weisheit und Größe Gottes und Seines Erlösungswerkes bekamen. Manche sind dort durch die "Gegenstandslektionen" zur Erkenntnis der Sünde und zu der frohen Gewißheit des Heils gekommen. Im Laufe der Jahre begann Onkel Paul neben seinen sonstigen Aufgaben an vielen Orten in der Schweiz Bibelklassen, in welchen er monatlich Alt und Jung systematisch in Gottes Wort einführte. Seine originelle, zuchtvoll-strenge und doch sehr liebevolle Unterrichtsmethode ließ dabei keine Langeweile aufkommen. Seit Mai 1982 wurde Onkel Paul immer schwächer. Konnte er nun keine Bibelklassen mehr durchführen, so empfing er doch Besuche, führte Telefongespräche und zeugte bis zuletzt von seinem geliebten Herrn. Es war wohl im Juni, als er mich anrief und sich per Telefon von mir verabschiedete, weil er wußte, daß der Herr ihn bald heimholen würde. Ich vergesse nicht, wie er mir sagte, daß er zurückblickend nur voller Dankbarkeit sein und vorausblickend nur jubeln könnte. Sein einziger Wunsch wäre nur noch, daß er den Herrn durch seinen Heimgang verherrlichen möchte. Seine Frau Lilly, die der Herr ihm 1968 nach dem Tod seiner ersten Gattin geschenkt hatte, erzählte mir nach seinem Heimgang, daß die letzten Wochen vor seinem Tod besonders gesegnet waren. Raum für Trauer und Schmerz war nicht vorhanden, weil Onkel Paul sich innig auf die Begegnung mit seinem geliebten Herrn freute und ER der Gesprächsgegenstand war. Einer Schwester sagte er am Telefon: "Ich bin jetzt noch im Wartezimmer" und seine letzten Worte waren an eine Nachbarin gerichtet: "Ich bin auf dem Heimweg". Vier Stunden später war er bei seinem Herrn und durfte Ps. 17,15 erleben: "Ich, ich werde dein Angesicht schauen in Gerechtigkeit, werde gesättigt werden, wenn ich erwache, mit deinem Bilde." So konnte die Beerdigung auch keine Trauerfeier sein. Viele Geschwister aus nah und fern kamen zusammen. Für Kurt und mich, die wir recht früh zum Friedhof kamen, war es nicht nur eine Überraschung, wie getrost und freudig uns seine Frau begrüßte und zur aufgebahrten Hülle ihres Mannes führte, sondern wir stellten auch erstaunt fest, daß fast alle Trauergäste mit einer dankbar-frohen Haltung zu dieser Beerdigung kamen, um sich an Onkel Paul zu erinnern, vor allem aber, um Dem zu danken und zu loben, Den er geliebt und Dessen Verherrlichung er in seinem Leben gesucht hatte: unseren Heiland und Herrn Jesus Christus!
8400 Winterthur, u. August 1982 Friedenstrasse 10
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«... erlöst mit dem
kostbaren Blut Christ, als eines Lammes ohne
Fehl und ohne Flecken ...» I. Petr. 1, 18.19
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«Sei es, dass wir leben, wir leben dem Herrn; Sei es, dass wir sterben, wir sterben dem Herrn.
Sei es nun, dass wir leben, sei es, dass wir sterben, wir sind des Herrn.»
Röm. 14, 8
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Tief bewegt teilen wir mit, dass mein herzlich geliebter Gatte, unser Bruder, Schwager und Onkel
Paul Kiene
nach längerer Leidenszeit heute im 76. Lebensjahr «durch Jesum entschlafen» durfte. 1. Thess. 4, 14
Im Paradies bei Christo wartet er mit allen Heimgegangenen der Auferstehung des Leibes in Herrlichkeit.
Wir sind getröstet durch die gewisse Hoffnung des ewigen Lebens.
Lilly Kiene-Sigg
Familie Mathilde und Paul Ramp-Kiene Anverwandte und Freunde Deshalb wurde auch am Grab der bekannte Bibelvers gesungen: "Dem, der uns liebt und uns von unseren Sünden gewaschen hat in seinem Blute, und uns gemacht hat zu einem Königtum, zu Priestern seinem Gott und Vater: ihm sei die Herrlichkeit und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen." (Of fb. 1,5). Nun noch einige persönliche Erinnerungen: Ein Mann heiliger Kompromißlosigkeit
Es war wohl 1961, als ich Onkel Paul in einem Ferienlager in der Schweiz kennenlernte. Damals war ich 15 Jahre alt und mein Verhältnis zum Herrn war - wie das der meisten Teilnehmer - ziemlich unklar. Wenn es eben möglich war, machten wir einen Bogen um Onkel Paul; aber manchmal, besonders nach den Bibelstunden, in denen es uns durch Mark und Bein ging, konnten wir einer Begegnung nicht ausweichen. Er blickte uns dann mit seinen durchdringenden Augen, vor denen Heuchelei und Doppelherzigkeit wenig Chancen hatten, an und stellte einige gelielte, ziemlich persönliche Fragen. Nach dieser peinlichen Visite konnte man zwar befreit aufatmen, war aber doch im Gewissen getroffen. Damals habe ich Onkel Paul mehr gefürchtet als geliebt.
Als ich ihn dann Jahre später besser kennenlernte, merkte ich, daß die Liebe zur Wahrheit und Wahrhaftigkeit bei ihm besonders ausgeprägt war. Christen, die Kompromisse liebten, wurde es in seiner Gegenwart ungemütlich. Ich vergesse nicht, wie wir vor Jahren bei ihm zu Mittag aßen und ein weiterer Gast etwas Negatives über einen nicht anwesenden Bruder weitergab. Sofort wurde er zur Rede gestellt: "Hast du geprüft, ob das wahr ist?" "Nein." "Hast du es dem Bruder schon persönlich gesagt?" "Nein." "Dann rede in meiner Gegenwart kein Wort mehr darüber!" - Die dann folgende peinliche Stille redete sehr laut zu uns allen. Entschiedenheit und Hingabe hat Onkel Paul nicht nur gepredigt, sondern auch gelebt. Seine Frau schrieb mir nach seinem Heimgang: "Alles was Paul tat, tat er gründlich, ganz hingegeben, exakt. Oft kam mir der Bibelvers in den Sinn, wo es von Boas heißt: " . . . der Mann wird nicht ruhen, er habe denn die Sache . . . zu Ende geführt" (Ruth 3,18). Einer, der seinen Herrn liebte Erlebte man aber Onkel Paul, wenn er an dem Modell der Stiftshütte etwas von den Herrlichkeiten des Herrn Jesu deutlich machte, oder wenn er in Vorträgen auf den Herrn zu sprechen kam, dann strahlte sein Gesicht, und man spürte, daß dieser Mann seine erste Liebe bewahrt hatte.
HEBRON HEISST "GEMEINSCHAFT"
Der Name ist dem eifrigen Bibelleser gewiß vertraut. Er findet sich 69 mal in Gottes Wort. Seiner Bedeutung nach erscheint er im Neuen Testament 15 mal und hat für das Herz des Gläubigen vertrauten Klang.
Die Gemeinschaft mit dem Sohne Gottes - ein Teil unserer gottgewollten Berufung (1. Kor. 1,9) - ist ein unerläßlicher Bestandteil echten Glaubenslebens. Ein heiliges Bedürfnis treuer Seelen, die solche Zuflucht über alles schätzen. Da ist Geborgenheit inmitten der Hast, des Trubels, der Nöte und der Versuchungen in dieser verderbten Welt. Wie kostbar ist diese Fürsorge unseres Gottes! Welch ein gesegnetes Vorrecht, dieses Teilhaben-dürfen an allem, was das Herz unseres treuen, hochgelobten Herrn bewegt. Seine Freude, Sein Friede, Seine Interessen, Sein Werk, Seinen Sieg - kurz, alles was Seine Liebe mit uns teilen will, bewußt in Anspruch zu nehmen und Ihn als den Vater damit zu erfreuen und zu ehren. David hat in Ps. 32,7 ähnliches zum Ausdruck gebracht. Seine glückliche Erfahrung lautet dort: "Du bist ein Bergungsort für mich, vor Bedrängnis behütest du mich; du umgibst mich mit Rettungsjubel".
Wollen wir darum nicht mehr wahrmachen, was wir aus Ps. 63,8 als Zufluchtsort der Geborgenen entdecken: "Meine Seele hängt dir nach!" P E K.
Die Liebe zu seinem Herrn drückte sich auch in seiner Liebe zu Gottes Wort aus. Wehe, wenn einer darüber leichtfertig redete oder schrieb!
Langsam und deutlich Gottes Wort lesen, auf jedes Wort achten, das mußte jeder lernen, der mit ihm zusammen war.
Sein letzter Dienst in der Versammlung war typisch für sein Anliegen: er sprach über 4. Mose 10, 1-10 und verglich die silbernen Trompeten mit Gottes Wort und forderte eindrücklich auf, diese Trompetenstöße zu hören und danach zu tun.
Daß er, der seinen Herrn liebte, auch die Geschwister im Herrn liebte, wurde jedem klar, der mit ihm eine Begegnung hatte. Dann war er ganz für den anderen da und konnte sich mit den Freuenden freuen und mit den Weinenden weinen. Er hatte in der Schule Gottes gelernt, müde gewordene Geschwister durch ein Wort aus der Schrift aufzurichten. Unvergeßlich sind mir die Gebetsgemeinschaften mit ihm, in welchen er ganz kindlich und vertrauensvoll mit dem Vater sprach und alle Nöte der Geschwister vor Ihm ausbreitete.
GOLAN HEISST "FREMDE" ODER EXIL
Dieser sechste und letzte der von Gott bestimmten Zufluchtsorte trägt, seinem Namen nach, das Kennzeichen der Fremdlingschaf t. Abraham, unser Vater, hat einst nach Saras Tod den Kindern Heth bezeugt und gesagt: "Ich bin ein Fremdling und Beisasse bei euch". Dieses deutliche Bekenntnis hat jene Kanaaniter zu der Aussage bewegt: "Du bist ein Fürst Gottes unter uns" (1.Mose23,1-6).
Wie es scheint, war dies eine ehrfurchtsvolle Anerkennung seiner Würde. Mose betonte seinen
Fremdlingscharakter in Midians Gefilden, indem er seinen Erstgeborenen "Gersorn" ("Fremdling daselbst") nannte (2. Mose 2,22). Das Zeugnis der
Heiligen Schrift in Hebr. 11, 13-16 läßt uns wissen, was Gott von solchen treuen Glaubenszeugen denkt und wie Er sie ehrt, denn "sie bekannten, daß sie Fremdlinge und ohne Bürgerschaft auf der Erde seien. Denn die solches sagen, zeigen
deutlich, daß sie ein Vaterland suchen . . .". "Darum schämt sich Gott ihrer nicht, ihr Gott genannt zu werden . . . ". Wie hochbedeutsam muß diesen Treuen diese göttliche Anerkennung gewesen sein.
Der Fremdlingsstand ist eine Zuflucht und eine Bewahrung vor der verderblichen Vermischung mit der Welt. Wer ihn hochhält, darf mit der Verheißung Gottes rechnen in Ps. 146,9: "Jehova be wahrt die Fremdlinge .. . "
Wenn echte Christen sich ihrer Berufung gemäß als Fremdlinge verhalten, so ahmen sie das hohe Vorbild des Herrn Jesus nach, der deutlich gesagt hat: ". . . sie sind nicht von der Welt, gleichwie ich nicht von der Welt bin" (Joh. 17, 14.16).
Solche Gemeinschaft mit Ihm ist eine segensreiche, trostvolle Zuflucht. Ein Zeichen echter Pilgerschaft. Dabei wird wahr, was wir in I. Joh. 5,18 lesen: "Der aus Gott Geborene bewahrt sich und der Böse tastet ihn nicht an." Solch gesegnete Folgen hat für den Gläubigen ein Leben in
"Golan" und das Wohlgefallen des Herrn ruht darauf. Ein solcher darf den ermutigenden Zuspruch und die kostbare Verheißung in Anspruch nehmen, welche den Treuen gilt:
"Darum gehet aus ihrer Mitte aus und sondert euch ab, spricht der Herr . . . und ich werde euch aufnehmen; und ich werde euch zum Vater sein und ihr werdet mir zu Söhnen und Töchtern sein, spricht der Herr, der Allmächtige.“ P.F.K
Ein Mann mit einer unermüdlichen Retterliebe
War Onkel Paul von seiner Begabung her sicher mehr ein Lehrer mit dem Herzen eines Hirten, so fühlte er doch eine große Verantwortung für die Verlorenen. Wo er eine Möglichkeit sah, von Ihm zu zeugen, da packte er zu.
Auch in dieser Beziehung konnte es einem in seiner Gegenwart mulmig werden. Beim Spaziergang oder während einer Bahnfahrt war es selbstverständlich, daß er Traktate verteilte und Menschen in seiner höflichen, aber doch eindrücklichen Art an
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