Zeitschrift: 42 (zur Zeitschrift) Titel: Wiliam Kelly: »Christliche Einheit und Gemeinschaft« Typ: Buchbesprechung Autor: Alois Wagner Autor (Anmerkung): online gelesen: 1900 |
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Wiliam Kelly: »Christliche Einheit und Gemeinschaft« |
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Die im Herbst 1882 in der von ihm redigierten Zeitschrift "Bible Treasury" erschienene Artikelserie William Kellys über die Einheit des Geistes (engl. Titel: "The Unity of the Spirit") liegt nun nach hundert Jahren endlich auch in deutscher Übersetzung vor, was bestimmt von vielen begrüßt und hoffentlich ebenso vielen eine große Hilfe sein wird. In der bekannt präzisen und doch leicht verständlichen Sprache des Autors, der zu den begabtesten Schriftauslegern überhaupt zählt, wird die wichtige Ermahnung des Herrn behandelt, daß wir uns "befleißigen" sollen, "die Einheit des Geistes zu bewahren in dem Bande des Friedens" (Eph. 4,3). Bei dem Versuch der Verwirklichung dieses Wunsches unseres Herrn können wir als Gläubige leicht in zwei Extreme fallen: "Der erste Fehler besteht darin, eine Einheit herzustellen, die weiter ist als diejenige des Geistes; den zweiten Fehler begeht man, wenn man die Einheit enger macht als die Einheit des Geistes. Auf der einen Seite kann es weltliche Laxheit, auf der anderen bloße Parteilichkeit geben. Die Gefahr, in diese Extreme zu verfallen, ist so groß, daß nur der Geist Gottes durch das Wort unsere Blicke auf Christus gerichtet halten kann" (S. 11). Das eine Extrem besteht darin, daß man "geneigt ist, die Einheit zu erweitern. Man besteht darauf, außer den Gliedern des Leibes Christi noch weitere große Mengen aufzunehmen. Seelen werden als solche, die Christus angehören anerkannt, ohne daß man einen angemessenen Grund dafür hätte . . . Das ist der wohlbekannte Grundsatz der Landeskirchen" (S. 11,12). Das diesem entgegengesetzte andere Extrem liegt darin, daß Gläubige "durch den Mißbrauch von Lehre und Zucht eine Einheit bilden können, die nicht nur tatsächlich, sondern grundsätzlich und mit Absicht enger ist als die Einheit des Leibes Christi . . . Jede derartige Haltung nimmt die Gestalt, nicht von Landeskirchentum, sondern von Sektiererei an, die (anstelle zu weiter oder offener Grenzen) eher diejenigen aufzuspalten sucht, die zusammen sein sollten. Wenn Christen so zusammenkommen, dann geben sie durch ihre Gemeinschaft lediglich ihrer Verschiedenheit von ihren Brüdern Ausdruck; sie stehen in keiner Weise auf dem Boden der Einheit zusammen, die von Gott ist" (S. 15,16). Aber nun besteht auch noch eine dritte Gefahr, nämlich, daß Christen, die diese Dinge erkannt haben und sich nun ohne falsche Weite oder Enge allein zu dem Namen des Herrn zu versammeln bekennen, ihrerseits von denen, die sich mit ihnen zu versammeln wünschen, ein über den Grundsatz der Schrift hinausgehendes Maß an Erkenntnis verlangen: "Sollen wir angesichts dessen aus Vorsicht ein bestimmtes Maß an Einsicht verlangen, bevor wir jemanden aufnehmen? Gerade das ist ein Hauptunheil, das es stets aufmerksam zu verhüten gilt; es muß als ein grundsätzlicher Fehler, ja als eine Sünde gegen Christus und die Kirche behandelt werden. Nichts könnte unmittelbarer darauf hinauslaufen, die sektiererischste aller Sekten zu bilden, als von den Seelen, die hereinzukommen wünschen, ein richtiges Urteil über die von den Gläubigen am wenigsten verstandene Wahrheit zu verlangen . . . Wie unweise und ungeziemend ist es dann, wenn diese Männer nun von ihren Brüdern eine Erkenntnis verlangen, die weit über das Maß ihrer eigenen Anfangszeit hinausgeht! Sie verhindern so, daß Seelen in der Versammlung an einen Bergungsort gebracht und auf den Weg des Gehorsams gestellt werden, auf dem der Geist die ganze Wahrheit leitet" (S. 18,38). Diese Broschüre ist also für jeden Gläubigen äußerst lesens- und beherzigenswert, da zweifelsohne jeder von uns in der einen oder anderen der beschriebenen Gefahren steht. Doch sind mit den Warnungen vor diesen Gefahren auch positive und sehr ermutigende Hinweise verbunden, wie wir angesichts der Verwirrung in der heutigen Christenheit "nach Gerechtigkeit, Glauben, Liebe,. Frieden streben" können "mit denen, die den Herrn anrufen aus reinem Herzen" 2. Tim. 2,22). Zu bedauern an dieser deutschen Ausgabe ist allerdings, daß ohne ersichtlichen Grund einige nicht unwesentliche Abschnitte (rund fünf Seiten der deutschen Übersetzung entsprechend) ausgelassen wurden, unter anderem die Erklärung des Unterschiedes zwischen der Einheit von Joh. 17 und der von Eph. 4. Dies ist umso unverständlicher, als alle diese fünf Abschnitte in der im Vorjahr erschienenen holländischen Ausgabe ungekürzt enthalten sind. Des weiteren wäre sehr zu wünschen gewesen, daß die zahlreichen Schrift-Zitate und -anspielungen mit Kapitel- und Versangabe aufgeführt worden wären. Wenn schon dem heutigen Leser nicht mehr verständliche h i s t o r i s c h e Anspielungen durch erklärende Fußnoten des Übersetzers deutlich gemacht werden (was sehr zu begrüßen ist), warum dann nicht die mindestens ebenso wichtigen (und für den heutigen Leser - leider - oft ebensowenig erkenn- und lokalisierbaren) biblischen Zitate? Positiv zu bemerken sind jedoch neben den bereits erwähnten historischen Fußnoten vor allem die Fragenbeantwortung von William Kelly über die Grundsätze der Zulassung aus einer späteren Nummer des "Bible Treasury", sowie der Brief von John N. Darby zum selben Thema (als Anhang beigegeben). Insgesamt also ist die Broschüre äußerst hilfreich für alle Gläubigen: für die, denen der Wunsch des Herrn, die Einheit des Geistes zu bewahren, bisher noch gar nicht deutlich geworden ist; für die, die sich vor dem Herrn damit beschäftigen, wie sie sich der Bewahrung der Einheit des Geistes befleißigen können, ohne in die genannten Extreme zu fallen; und nicht zuletzt für die, die diesen Weg seit langem zu gehen bekennen, aber in der Gefahr stehen, "von ihren Brüdern eine Erkenntnis zu verlangen, die weit über das Maß ihrer eigenen Anfangszeit hinausgeht". Wir möchten daher diese Schrift allen Christen zum
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Nachtext |
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Quellenangaben |
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Heijkoop-Verlag, 47 S., DM 3.50 |