Zeitschrift-Artikel: Anmerkungen zu den Leserbriefen

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Titel: Anmerkungen zu den Leserbriefen
Typ: Artikel
Autor: Wolfgang Bühne
Autor (Anmerkung):

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Titel

Anmerkungen zu den Leserbriefen

Vortext

Text

Ohne auf jedes einzelne Argument einzugehen, möchte ich den bisherigen Diskussionsstand zusammenfassen und einige Anmerkungen dazu machen. Die aus meiner Sicht wesentlichsten Argumente gegen den Artikel über „christliche" Popmusik sind:

1. Es gibt in der Popmusik unterschiedliche Richtungen, die man nicht alle über einen Kamm scheren kann.
2. Es kommt nicht auf die Musik, sondern auf den textlichen Inhalt an. Musik an sich ist neutral.
3. Die Behauptung, daß Popmusik Ausdruck einer bestimmten Weltanschauung ist, ist zu pauschal, Pop-Musik ist als Ausdrucksform verschiedener Lebenseinstellungen verwendbar.

Dem ersten Argument würde ich zunächst einmal zustimmen. Popmusik war vor 15 Jahren noch wesentlich leichter einzugrenzen als heute. Ursprünglich war sie die Ausdrucksform einer Jugendbewegung, die sich mit den gegebenen gesellschaftlichen Formen und Lebensinhalten, nicht mehr indentifizierte und stattdessen verschiedene Ausprägungen einer Gegenkultur entwickelte (z.B. Hippies, die Neue Linke, Drogen­kultur). Als sich herausstellte, daß sich diese Musik gut vermarkten ließ, haben sich allerhand, zum Teil kitschige Ausformungen, dieser Musikrichtung entwickelt, die den Zusammenhang zwischen Weltanschauung und künstlerischer Ausdrucksform weitgehend nicht beachtet haben.

Meine Befürchtung bzw. Beobachtung ist, daß „christliche" Pop-Gruppen genau auf dieser Vermarkts- und Kitschwelle mitschwimmen und christliche Inhalte durch eine Musikform ausdrücken wollen, die von ihrem Ursprung her Ausdruck einer anderen Weltanschauung ist und niemals ein angemessener Ausdruck für christliche Inhalte werden kann.

Natürlich ist es schwierig, eine eindeutige Grenze zu ziehen zwischen noch angemessenen und nicht mehr vertretbaren Stilelementen für eine „christliche Musik". Unterscheidungsmerkmale sind:

- ob die Musik den Text unterstreicht und in den Vordergrund stellt oder ob der Text durch Rhytmus und Melodie in den Hinter­grund gedrängt wird

ob die Musik Emotionen aufpeitscht oder eine sachliche Auseinandersetzung und Besinnung in Bezug auf den Text ermöglicht ob die Musik den Hörer entmündigt, indem sie ihn „einlullt" und über Kanäle beeinflußt, die er bewußt nicht mehr kontrollieren kann, oder ihn anregt, zur eigenständigen Auseinandersetzung mit dem Text.

Wenn man sich vergegenwärtigt, daß Musik sowohl die einen als auch die anderen Funktionen haben kann, wird klar, daß Musik an sich nicht neutral ist. Dem zweiten Argument möchte ich deswegen ganz deutlich widersprechen.

 

Dem dritten Argument liegt wieder die Schwierigkeit zugrunde, Pop-Musik genau abzugrenzen und zu definieren. Vielleicht ist es eindeu­tiger, wenn ich davon spreche, daß eine stark rhythmisierte Musik, eine Musik, die in erster Linie die Emotionen und den Körper anspricht und deren Beeinflußungsstrategien vom Hörer zum großen Teil nicht bewußt kontrollierbar sind, ungeeignet ist für die Vermittlung christ­licher Botschaft. Und nach meiner Einschätzung haben die meisten Gruppen und Solisten auf dem „christlichen" Pop-Sektor diese Gren­zen zum Negativen hin überschritten.
Wir hoffen, daß diese veröffentlichten Stellungsnahmen manchem Leser Anregungen und Mut gegeben haben, seine Sichtweise zu diesen Fragen den Lesern zugänglich zu machen. Wir betrachten die Diskussion jedenfalls noch nicht als abgeschlossen.

Nachtext

Quellenangaben